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Prozent. 'Der Ertrag der Nachkriegssteuer war aus
3 Milliarden Papiermark geschätzt worden. 3. Das zweite Drittel des Reichsnotopfer s soll nur bis
4 0 Prozent, wie die Regierung vorgeschlagen hatte, erhoben werden. 4. Der Veranlagung der Vermögenssteuer wollte die Sozialdemokratie den gemeinen Wert zugrunde legen, während die Regierungsvorlage und mit ihr die bürgerlichen Parteien den Ertrags wert als Grundlage vorsehen wollten. Die Sozialdemokratie ist jetzt aber damit einverstanden, daß dieser strittige Punkt osfen bleibt und daß die Vollversammlung endgültig darüber zu befinden hat. (Da in der Vollversammlung aber voraussichtlich auch die Teutschnationalen für den Ertragswert stimmen werden, so läßt sich schon jetzt sagen, daß die Forderung nach dem gemeinen Wert von der Sozialdemokratie fallen gelassen ist.) 5. Bei der Erbschaftssteuer soll die Geld entwertung entsprechend berücksichtigt werden.
Nach Schluß der Verhandlungen erstatteten Vertreter ihren Fraktionen Bericht. Tie Sozialdemokratische Fraktion nahm das Uebereinkommen an unter der Bedingung, daß die Zwangsanleihe in den ersten fünf Jahren unverzinslich bleibe. Die endgültige Entscheidung wird von den fünf Fraktionen erst heute Donnerstag in Gegenwart des Reichskanzlers getroffen, doch ist an der Zustimmung der Fraktionen nicht zu zweifeln.
Das Blatt der Deutschen Volkspartei „Die Zeit" schreibt, die Partei verlange, daß sachliche und persönliche Sicherheiten gegeben werden, daß die durch die Zwangsanleihe aufgebrachten Werte nicht verschleudert und nicht für den ordentlichen Reichshaushalt herangezogen werden. Post und Eisenbahn und die Wirtschaftsbetriebe d:s Reichs müssen so fachmännisch verwaltet werden, daß auch wirklich eine Gesundung unserer Finanzen eintritt.
Neues vom Tage.
Der Finanzplan ist fertig.
Berlin, 26. Jan. Der von der WiederherstellungS- kommission verlangte Plan über die Entschädigungszahlungen und die Sicherheiten ist mit Ausnahme der Punkte, die von der Steuerverständigung abhängig sind, fertiggestellt. Das Reichskabinett hat heute vormittag über die Festsetzung der Antwort beraten.
Die JnlnndsGScnsmrttcl den Einheimischen.
München, 26 Jan. Zur Regelung des Fremdenverkehrs hat das bäuerische Landwirtschaftsministerium den Grundlak ausgestellt, daß die Jnlands^ebensmittel den Einheimischen gehören und für die Fremden die Auslandslebensmittel zu beschaffen sind. Sollten die Fremdenverkehrsvereine für diesen Zweck nicht eine anaemellene Menge aus'ändischer Lebensmittel freiwillig übernehmen, so wird das Ministerium dies durch Verordnung vorschreiben.
Zur Papstmahl.
Be'lin. 26 Jan. Die ..Verl. Ztg." meldet aus Rom: Die Vorbereitungen des Konklave werden immer eifriger betrieben In der sirtinischen Kavelle sind alle Bilder verhängt, damit sie nicht zu Schaden kommen. Auch der Altar ist entfernt worden. Nm den Nachfolger des toten Papstes macht die italienische Presse ungewöhnlich viel Lärm mit dem Endzweck, alle Nichtitaliener auszuschließen. Vorsichtige Verdächtigungen und warme Empfehlungen für und gegen die einzelnen Kandidaten setzen ein.
Gegen eine Annäherung an Italien. ^
Innsbruck, 26. Jan. Die hiesigen Zeitungen wenden sich dagegen, daß die italienische Grenzzollstation vom Brenner nach Innsbruck verlegt werden soll und erklären. daß, solange nicht Nordtirol mit Südttrol wieder vereinigt sei, die Tiroler für eine politische Annäherung an Italien nicht die geringste Neigung haben können.
Hilferuf Nansens für Rußland.
Gens. 26. Jan. Auf der ersten Konferenz des Internationalen Komitees für die Rußlandhilfe schilderte Nansen die furchtbare Hungersnot in Rußland, die unaufhörlich weiter um sich areise. 00 Millionen Menschen seien vom Tod b-drobt, davon 15 Millionen jedenfalls rettungslos dem Tod verfallen. Nansen erklärte. alle diese Menschen hätten gerettet werden können, wenn sein Aufruf im September gehört worden wäre. _
Erweiterung der Koalition?
Berlin, 26. Jan. Wie verlautet, würde im Fall einer Erweiterung der Koalition der frühere hessische Finanzminister Dr. Becker von der Deutschen Volks- Partei als Reichsfinanzminister vorgeschlagen werden, der als Steuersachmann einen großen Ruf genießt.
Zur Schnldfrage.
Berlin. 26. Jan. Nach einer Warschauer Meldung erklärte der frühere russische Minister des Auswärtigen, Sassonow, gegenüber einem dortigen Blatt, mit Bedauern müsse er feststellen, daß die in Berlin gedruckten Dokumente über die Vorgeschichte des Kriegs echt seien. (Poincare hatte sie dieser Tage abgeleugnet.)
Der sächsische Eisenbahnerstreik.
Dresden, 26. Jan. Die Eisenbahner haben in Dresden die Arbeit wieder ausgenommen. In der Betriebswerkstätte Leipzig-Engelsdorf wird weitergestreikt, in Zwickau hat sich der Ausstand ausgedehnt.
Sozialistische Regierung in Braunschweig.
Brannschweig, 26. Jan. Wie die „Neuesten Nachrichten" melden, hat das sozialistische Kabinett des Freistaats nach Verkündigung des endgültigen Wahlergebnisses beschlösse^, da eine Mehrheit von zwei Stimmen für die sozialistischen Parteien auch im neuen Landtag vorhanden sei, keine Aenderung der Kabinettszusammensetzung vorzunehmen.
Aus Stadt und Land.
?>', .'»rrriK, S7. Januar 1*?«
>«r>av« der Sl»I«mm<mpe«rriettel für 1920. Es wird uns geschrieben: Daß der Steuerzettel höher ausgefallen ist als siüher, ist aus den großen Bedarf des Rüche- und auf die Geldentwertung zurückzuführen. Im allgemeinen werden die steuerbaren Einkommen für 1920 auf das 6 fache von früher gestiegen sein. Im Steuer betrog ist der Anteil für das Land und für die Gemeinde mitrn halten. Ist nun der Eteuerzettel i- die Hände der Steuer pfl chtigen gelangt, dann beginnt bekanntermaßen ein Vergleichen dei Steuerbe- tragS mit der Steuerschuld der nächsten Bekannten, Verwandten u. Nachbarn. Und dies» Vergleichung ruft meistens Mißstimmung und den Vorwurf der Ungerecht! keit der Einschätzung durch den Steurrauischvß (früher EinschätzungS- komwisfiov) hervor. Der Landwirt ist gewohnt, die steuerliche Leistungsfähigkeit ausschließlich nach der Größe deS Areals an Feld und Wald sowie des Viehbestands seiner Mitbürger zu beurteilen. Vom Steueravsschuß wird der nichtbuchführende Landwirt zunächst mit dem sog. Normal- satz auch nach der Größe der Fläche seiner Felder geschätzt, wozu von Fall zu Fall Zuschläge für Obstertrag, Ferkelzucht, Schafzucht, Walderlrag, Brenn erei, Fuhr werksbetrieb, Schindel Herstellung, Schindelhandel, Holzhandel, Sägmühleanteil und andere Nebeneinnahmen gemacht werden. AuS dem so er- rechneten steuerbaren Einkommen wird di, tarifmäßige Steuer angesetzt und an dem Sieuerbetrag sind die gesitzlichen Abzüge für den Steuerpflichtigen, seine Ehefrau uud seine unselbständigen Kinder zu machen. Daher kommt eS, daß oft ein sonst wohlhabender Landwirt mit Frau und mehreren unselbständigen Kindern einen kleinen Steuerzeltel erhalten kann, während ein lediger Arbeitnehmer oder ein Witwer mit bereits selbständigen Kindern von einem größeren Steuer-
)m Aampf um Liebe.
Roma» von Rudolf Zollinger.
(63) (Nachdruck verboten.)
16. Kapitest
Als Inge Holthausen nach Verlauf einiger Minuten wieder auf der Schwelle erschien und ihm ein Zeichen machte, ihr zu folgen, fühlte Rodeck eine Beklemmung, wie er sie ähnlich kaum je in seinem Leben empfunden hatte. Er war ja schon an manches Krankenbett und auch an manches Sterbelager von Menschen getreten, die seinem Herzen teuer waren, aber es war das erstemal, -aß er zu einem lebendig Toten ging, zu einem Manne, -er nach allem, was er soeben gehört hatte, nur nach <-as SußereAbbild dessen sein konnte, den ereinst gekannt und geliebt hatte. Er hatte sich während der letzten Minuten allerlei schreckhafte Vorstellungen gemacht von der Verwüstung, die die grauenhafte Krankheit auch im Aussehen des ehemaligen Freundes angerichtet haben mochte. Und es wirkte auf ihn wie eine dankbar empfundene Erleich- terung, als der erste Blick in das Krankenzimmer ihn «an der Grundlosigkeit wenigstens dieser Befürchtung überzeugte.
Gerhard Holthausen ruhte, von Kissen gestützt, kn einem bequemen Lehnsessel, den man nahe an das halb geöffnete Fenster gerückt hatte, und er sah wohl aus wie «m körperlich hochgradig Erschöpfter, doch keineswegs wie «in Wahnsinniger. Sein Gesicht war hager und einge- sallen, t>7ch so hatte es Rodeck ja auch schon bei ihren letzten Begegnungen gesunden, und die schlaffen Züge erschienen ihm im Gegenteil heute viel ruhiger und friedlicher als damals, wo ihnen zeitweilig heftige, tief aufwühlende Leidenschaften ihr Gepräge aufgedrückt hatten. Nichts von dem unheimlichen Flackerglanz, nichts von dem leeren, stieren Blick des Irren war in seinen tief eingesunkenen, dunkel umschatteten Augen. U, d als er sich jetzt dem eintretenden Besucher zukehrte, glitt sogar flüchtig ein beinahe freudiges, fast kindlich liebenswürdiges Lächeln über lein Gelickt.
»So bist du doch endlich gekommen!" sagte er mit schwacher, aber vollkommen klarer und ruhiger Stimme. „Aber ich habe es freilich gewußt, daß du mich nicht ganz verlaßen und veraeffen würdest l" -
Rooeck hatte sich heilig gelobt, all seine Willenskraft aufzubieten, um dem Kranken nicht zu zeigen, was an Schmerz und Trauer in seiner Seele war, und er fand die Durchführung dieses Vorhabens nun leichter, als er es zu hoffen gewagt hatte. Herzlich ergriff er die dargebotene, abgezehrte Hand, und seine Stimme hatte ihren alten, frischen Tonfall, da er erwiderte:
„Natürlich wäre ich schon um vieles früher gekommen, wenn ich nicht erst jetzt erfahren hätte, wo du eigentlich steckst. Vergessen aber hatte ich dich gewiß nicht. Und nun wollen wir uns darüber freuen, daß wir wieder mal beieinander sein dürfen."
„Ja, das wollen wir," nickte Gerhard Holthausen,» während es wieder wie der Schatten eines Lächelns um seine Mundwinkel huschte. „Wir haben uns ja sicherlich mancherlei zu erzählen. Möchtest du uns nicht ein Viertelstündchen allein lassen, liebste Inge 7"
Das junge Mädchen hatte sich auf eine solche Aufforderung wohl schon gefaßt gemacht; denn sie war an der Tür stehengeblieben, und nun zog sie sich nach einem stumm beredten, bittenden Blick auf Rodeck ohne Widerspruch zurück. Gerhard Holthausen sah ihr lange noch, und Nodeck fühlte sich tief bewegt von der Zärtlichkeit, die seine Augen spiegelten. Wohl eine Minute war vergangen. ehe der Kranke wieder das Wort nahm- " "„Sie ist ein Engel, Rodeck l Und darum wird es ihr Schicksal sein, zu leiden, wie das Gute und das Schöne auf Erden immer leiden mußl Ich kann es ihr nicht ersparen. Aber es ist mir ein Trost, zu denken, daß sie wenigstens von der Last meines Lebens nun bald erlöst sein wird."
„Was für sündhafte Reden sind das, mein Alter! Ich weiß, daß sie dein Leben nicht als eine Last, sondern als einen Trost empfindet. Darum solltest du dich schämen, etwas Derartiges auszusprechen."
„Sündhaft?" wiederholte Holthausen, ihm langsam sein Gesicht zuwendend. „Ist es sündhaft, wenn der Jäger Lein angeschossenen Wild, das er in Qualen auf seinem Wege findetz den Gnadenstoß gibt? Willst üu mir viel- leicht die Ruhe mißgönnen nach all der namenlojen Pein ?"
zeitel überrascht wird. Also die Familien-Abzüge fallen oft schwer in die Wagschale und deren Wirkung wird vom Lüe, vielfach unte> schätzt oder als ungerecht e» Pfunden. Hinsichtlich der ladw. Haussöhne und Haustöchter, welche mit ihrer Arbeitskraft den Eltern einen sonst notwendigen Knecht oder eine Magd ersetzen, wurde es von den Steuerausschüssen für zweckmäßig erachtet, dieselben trotz Taschengelds und Wert- anschlaps der freien Station steuerfrei zu behandeln, wodurch aber ein Abzug an der Steuer bet der Veranlagung des ^ landw. Einkommens deS HaushalturrgtvorstandS natürlich nicht mehr in Betracht kam. Schließ! ch sei noch bemerkt, daß erhobene Emspiüche nur dann Erfolg haben können, > wenn die Unrichtigkeit der Et-schätzung vom Steuerpflichtige« ! zahlenmäßig bewiesen werden kann. ArdernfallS ist mit ge- bührenpfl chtiger Abweisung des Einspruch- zu rechnen. Daher wird empfohlen, sich vor Einlegung des Einspruchs entweder beim Orlrv rsteher oder beim Finanzamt mündlich über obwaltende Zweifel und Unklarheiten rechtzeitig zu erkundigen.
?. S Ge«ri»derat-fitz«»s vom 28. Ja»»«». Anwesend der Vorsitzende, sowie die Mitglieder der Gemeinderats vollzählig. Das Erg, bnis eines am 25. ds. Mts. stattgrhabte« Verkaufs von 689 Fstm. Siammholz aus Stadtwald Hag. wald und Hafnerwaio wird bekannt gegeben. Die einge- gangenen Höchstgebote belaufen sich auf 383 bis 404 Proz. gleich einem Durchschnittsrrlös von 393 Proz. der Forsttoxe j G samtau»gebot Mk. 171113.—, Sesamterlös Mk. 672 430; der Verkauf findet Genehmigung. Zur Erwrirerung der Pflanzschule im Stadtwild Geiseltann ist die Umrodung einer abgeholzten Waldfläche vorzunehmen, diese Arbeiten werden dem Unternehmer Stümpert übertragen. Nach einer Verfügung vom Ministerium deS Innern hat mit Wirkung ! ab 1. Ja, uar 23 eine Neuregelung der Flerschbeschaugebüh- ren statizi staden; darnach sind die bisherigen Sätze zu er> höhen ans Mk. 15 — für Großvieh, Mk. 7.50 für Schweine, und Mk. 6— für Kälber, Schafe und Ziegen. Die durch früheren Gemeinderatsbeschlr-ß genehmigte Uebernahme der Hälfte der S baugebühren auf die Sladikaffe kommt in Weg- fall. Mit Rücksicht auf die vermehrten Unkosten beschließt der Gemeinderat auch die Schlachthausgebühren ab 1. Febr. 1923 zu erhöhen und zwar auf Mk. 40.— für das Stück Großvieh, Mk. 15.— für Schweine, Mk. 8 — für Kälber und Mk 5 für Schaf« und Ziegen. Zur Vergebung kommt die Beifuhr von ca. 800 cbm Walzschotter in die Post. u. Bahnhofstraße an Gü erbefü,derer Henßler, ebenso die Bei- s» fuhr von ca. 400 cdm Wasischotter in die Heselbronner Steige an einige Fuhrunternehmer in Ueberberg. Gewerbe- schulrat Keppler befürwortet die Anschaffung eine- Lichtbilder- Apparats für Schul- und VereinSzw.cke. Der Gemeinderat beschließt demgemäß. Zur Prüfung der vorgelegten L ste über die Gabenewpfänger aus der Mittelstandshtlfe wird ein« ! Kommission bestimmt. Mit einer Aussprache über Woh- i nungssragen findet die Sitzung ihren Abschluß. I
— Ter Austritt aus der Kirche. Eine gemeinsame Beran::imachung der bayerischen Ministerien der Ju- strz, des Innern, des Unterrichts und der Finanzen bezieht sich auf den Vollzug des Par. 17 der Verfassungsurkunde über den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft. Danach ist bei einer schriftlichen Austrittserklärung die öffentliche Beglaubigung durch einen Notar, eins Ortspolizeibehörde oder eine Bezirkspolizeibehörde notwendig. Einem Kind steht vom vollendeten 14. Lebensjahr an selbst die Entscheidung über die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu. Es hat daher seinen Austritt selbst zu erklären. Hat das Kind das 12. Lebensjahr vollendet, so können die Berechtigten seinen Austritt nur mit seiner Zustimmung erklären. Diese Erklärungen der Kinder sind persönlich abzugeben.
— Schlechte Gesundheit am Jahresende. Die Gesundheit der deutschen Großstädte war während des , » -- . .- . .—
„Du wirst gesund werden, Gerhard! Und du wirft! Frieden und Ruhe finden, ohne zu-"
Der Arzt schüttelte den Kops.
„Ohne zu sterben — meinst du? Nein, mein Lieber, für mich gibt es kein anderes Heilmittel als dies. Unreiner von euch kann ahnen, wie große Sehnsucht ich habe, es endlich zu empfangen. Unsereins kokettiert nicht mehr mit dem Gedanken an den Tod — unsereins klammert sich an ihn als an die schönste und beglückendste aller irdischen Gewißheiten."
Rodeck fragte sich in der Stille seines Herzens, ob dies denn nun wirklich die Reden ein Wahnsinnigen sein könnten, und es fiel ihm ein, daß er von Geisteskranken gelesen batte, die kurz vor ihrem Ende wieder zu voller Klarheit des Geiste» gelangt waren. Aber das war doch wohl nur in Romanen oder in Theaterstücken gewesen, wo es auf die eine oder die andere Weise der poetischen Gerechtigkeit zum Siege verhelfen sollte. Ob auch die Wissenschaft von solchen Fällen zu erzählen wisse, war ihm nicht bekannt und dünkte ihn sehr zweifelhaft.
Wahrscheinlich handelte es sich bei Holthausen nur um einen jener lichten Augenblicke, denen die Verwirrung nur um so erschütternder zu folgen pflegt. Rodeck zitterte insgeheim vor diesem unvermeidlichen Umschlag, und er juchte mit ängstlicher Vorsicht seine Worte zu wählen.
„Glaubst du, daß ich hierher gekommen, um mir derartige trübselige Dinge erzählen zu lassen?" sagte er mit einem ziemlich unglücklichen Versuche, einen heiteren Ton anzuschlagen. „Als Arzt solltest du doch am allerbesten wissen, daß der Patient vor allem daran verhindert werden muß, sich selbst aufzugeben."
Eine freundlich abwehrende Handbewegung begleitet« Gerhard Holthausens Erwiderung.
„Gib dir keine Mühe, mein guter Rodeck! Mir Mut einzusprechen, hat wirklich keinen Zweck. Und wir wollen die kostbare Zeit nicht damit vergeuden I Es gibt Situationen, in denen jede Phrase, auch die bestgemeinte, vom Uebel ist. Und wir dürfen getrost annehmen, daß wir uns in einer solchen Situation befinden! Es geht nämlich schneller zu Ende, als Inge und der Kollege zu sehen scheinen. Hättest du deinen Besuch noch um weitere vierundzwanzig Stunden yinausgeschoben, so wärst du höchstwahrscheinlich ru lvät gekommen l"
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