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den. Tie Sozialdemokraten forderten als „sichtvares Opfer des Besitzes" mindestens eine sofortige Zwangsanleihe von einer Milliarde Gold (nach dem Auslandswert etwa 50 Milliarden Paprcr- mark) für die Kriegsentschädigung. Die Zwangsanleihe"soll von den Gewerbeverbanden aufgebracht und vom Reich 5 Jahre lang gar nicht, später zu 2 Prozent verzinst und die Heimzahlung der Industrie bzw. den Gewerbeverbänden selbst auferlegt werden. Tie Vertreter der Deutschen Volkspartei erklärten den Vorschlag für unannehmbar; das äußerste Zugeständnis sei die Erhöhung der Reichsnotopferabgabe bei Vermögen über 1 027 000 Mk. von 40 auf 05 Prozent. Tie Goldmilliarde würde von der Industrie nicht aufgebracht werden können, es wäre nur eine Verschleuderung des Volksvermögens ins Ausland, statt daß es zur nötigsten Beschaffung der Rohstoffe verwendet würde. Außerdem wäre die Weggabe nutzlos, da sie nur über das erste Jahr hinweghelfen würde, dann aber würde die verschleuderte Goldmilliarde unserer Wirtschaft und für die Entschädigungsleistungen erst recht empfindlich fehlen. Die demokratischen Vertreter sprachen sich gleichfalls gegen die sofortige Erhebung der Zwangsanleihe aus. Die Stellung des Zentrums ist noch unsicher, da die Ansichten innerhalb der Partei auseinander gehen. Eine längere Unterredung, die der Reichskanzler abends mit Dr. Heim (Bayer. Vp.) hatte, verlief sehr „lebhaft". Nach den Besprechungen fand eine Kabinettssitzung statt.
Heute vormittag traten die Fraktionen des Zentrums, der Deutschen Volkspartei und der Demokraten zu einer neuen Beratung zusammen. Laut „Vorwärts" hat der Reichskanzler den Führer der Unabhängigen Sozialdemokratie zu einer Besprechung eingeladen. Tie Unabhängigen haben sich noch nicht geäußert, ob sie im Falle einer Einigung zwischen Sozialdemokratie und Zentrum für dieses Steuerkompromiß stimmst Nn'lrdprr.
Vorschlag zur Lteucrverständigung.
Berlin, 25. Jan. Tie Fraktionen des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Demokraten und der Bayerischen Volkspartei haben sich im Beisein des Reichskanzlers und Rathenaus geeinigt, den Sozialdemokraten eine begrenzte Zwangsanleihe von 40 Milliarden Papiermark vorzuschlagen, die 5 Jahre verzinslich (unverzinslich ?) sein soll. Von einer weiteren Erhöhung des Reichsnotopfers soll dagegen abgesehen Iverden.
Tie kommunistische Rcichstagsfraktion gesprengt.
Berlin, 25. Jan. Nachdem noch die Abgeordneten Geher, Eichhorn, Maltzan, Braß, Fries, Pittner und Bertele zur komm. Arbeitsgemeinschaft (Gruppe Levy) übergegangen sind, hat diese mit 15 Mitgliedern Fraktionsstärke erreicht, während die nun auf 7 Mitglieder zusammengeschmolzene kommunistische Fraktion (K.P. D.) das Fraktionsrecht verloren hat.
Verhandlungen im sächsischen Eisenbahnerstrelk.
Berlin,- 25. Jan. Der Eisenbahnerstreik in Sachsen ist in der Lage unverändert. Es wird erwartet, daß im Lauf des Nachmittags Verhandlungen ausgenommen werden.
Nene Forderungen der Rheinlandskommission.
Koblenz, 25. Jan. Tie Rheinlandskommission hnt das Verlangen gestellt, ihr über die Vorräte an Vieh und Nahrungsmitteln im besetzten Gebiet statistische Unterlagen zu geben. Ter Reichskommissar soll gei- meindeweise Erhebungen über den Bestand zur Zeit des Hoch- und Tiefstands im Jahr 1921 veranlassen. Hierbei soll die Zahl oder die Menge an Ochsen, Kühen. Schaen, Getreide, Kartoffeln, Heu. Stroh und Habei; ftstgestellt werden.
Schadenersatzansprüche der Union.
Berlin, 25. Jan. Die „Voss. Ztg." meldet aus! Washington: Gestern fand im Weißen Haus eine Besprechung des Präsidenten Harding mit dem Staats- .sniabes und den Rührer > e beiden Senats-
frainonen über die Geltendmachung der ame:ika.Uschen Schadenersatzansprüche an Deutschland einschließlich der Lusitania-Kosten statt. Auf Grund deS Friedensvertrags von Versailles müßten die Vereinigten Staaten ihre Verhandlungen vor einem gemischten deutsch-amerikanischen Schiedshof zur Erörterung bringen. Man entschloß sich jedoch, in der Konferenz Mit Deutschland über einen besonderen Schiedsgerichts Vertrag zu verhandeln. Staatssekretär Hughes wurde beauftragt, in diesem Sinn diplomatische ! Schritte in Berlin zu unternehmen. Tie Behandlung des deutschen Eigentums in den Vereinigten Staaten wurde gleichfalls erörtert und es wurde festgestellt, sdaß der Friedensschluß der amerikanischen Regierung das Recht gebe, mit diesem Eigentum zu verfahren, wie es dem Kabinett politisch zweckmäßig erscheine.
Gegen eilte erneute Getreideumlage.
Berkin, 25. Jan. Gegenüber den Gerüchten, daß die Getreideumlage auch für das Wirtschaftsjahr 1922/23 beibehalten oder sogar erweitert werden soll, hat der Reichs-Landbund in einer Eingabe den Reichskanzler und den Reichsernährungsminister um die amtliche Zusicherung ersucht, daß mit derartigen Zwangsbewirtschaftungen des Getreides nicht Mehr zu rechnen sei. Von der Sicherheit werde es abhängen, ob nicht viele Landwirte den Getreidebau aufgeben oder einschränken und zu der weniger kostspieligen extensiven Weidewirtschaft übergehen. Auch werde die Bereitwilligkeit der Landwirtschaft, sich an dem großen „Hilfswerk" in Sachen der Entschädigungsleistungen zu beteiligen, durch die Aussicht auf freie Getreidewirtschaft unr gefördert werden.
Tie deutschen Rcformvorschläge.
London, 25. Jan. Die „Times" glauben zu wissen, daß die deutsche Reichsregierung vor nächsten Samstag die verlängten Pläne nicht übergeben wird, so daß die Wiederherstellungskommission erst am Montag mit der Prüfung beginnen kann.
Die Beisetzungsfeierlichkeiten des Papstes.
Rom, 25. Jan. Die Beisetzungsfeierlichkeiten des Papstes sind jetzt auf Mittwoch nächster Woche festgesetzt worden. Infolge Erkrankung einiger Kardinäle ist das Konklave für einige Tage verschoben worden.
Bisher machen sich, wie T. U. meldet, zwei Strö mungen der Kurien-Kardinäle bemerkbar. Die erste, geführt von Mereh del Val, verlangt einen mehr religiösen Papst, der gegen die- Verquickung von Religion und Politik Stellung nimmt sowie gegen die Nachgiebigkeit gegenüber der italienischen Regierung. Die zweite, geführt von Gasparrh und Viccö, Will die bisherige Politik weiter sortsetzen.
. Tic Wohnungsabgabe.
Berlin, 25. Jan. Der dem Reichstag zugestellte Nachtrag zum Wohnungsabgabegesetz will die ursprünglich vorgesehene Abgabe von 10 Prozent der Friedensmiete der vor dem 1. Juli 1918 fertiggestellten Gebäude auf 50 Prozent erhöhen, wovon je die Hälfte den Gemeinden und den Einzelstaaten als Baukostenzuschüsse zufließen soll. Die Zuschüsse sollen durch eine Anleihe aufgebracht werden, zu deren Verzinsung die Wohnungsabgabe dienen soll. Die zu erwartenden Mehrcinnahme aus der neuen Abgabe wird auf 2 Milliarden Mark geschätzt.
„Großschwaben".
Berlin, 25. Jan. Der Ausschuß für Gliederung des Reichs hat beschlossen, daß bezüglich des Anschlusses Hohenzollerns an Württemberg die weitere Entwicklung der Frage „Großschwaben" abgewartet werden müsse, ehe über die Zukunft Hohen- zollerns ein abschließendes Urteil gefällt werden könne. Dagegen empfahl der Ausschuß die Angliederung Wald- eck-Phrmonts an Preußen, da es ohnedies schon seit 45 Jahren von Preußen verwaltet wird.
Reichstag.
Verkitt, 25. Jan. ?
(159. Sitzung.) Präsident Lobe eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr und teilt mit, daß um Vs4 Uhr die Beratungen abgebrochen werden sollen, um den Fraktionen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den wichtigen politischen Angelegenheiten zu geben.
Auf der Tagesordnung steht zunächst eine Inter, pellation Hergt (D.natl.) über den Wagenmangel der Reichseisenbahn. Darin wird darauf hingewiesen, daß die deutsche' Reichseisenbahn in keiner Weise den Verkehrsansprüchen genüge. Landwirtschaft, Industrie und Handel leiden unter der unzuverlässigen Wagengestellung. Daraus ergeben sich verhängnisvolle Folgen für Volk und Wirtschaft.
Abg. Vogt-Hall (D.natl.) begründet die Interpellation. Er fordert vermehrten Wagenbau, raschere Reparaturen, schnellen WagenunUanf und schnellere Entleerung. Die Eisenbahnverhältnisse sind durch die Folgen des Kriegs, Ablieferung an die Entente und die Verschleppung vieler Güterwagen nach Polen erklärlich. Gerade aber bei dem Vorliegen solcher Schwierigkeiten müßte die Verwaltung ganz anders eingreifen. Mehr kaufmännischer Geist müsse in die Verwaltung einziehen. In einem Fall sind vom Hamburger Hafen englische Kohlen in deutschen Güterwagen nach der Schweiz geschafft worden. Da sollten doch deutsche Güterwagen vorhanden sein, um deutsche Koh len auf viel kürzerem Weg der deutschen Landwirtschaft zuzuführen. '
Neichsverkehrsminister Gröner gibt zu, daß die Reichseisenbahn den gesteigerten Anforderungen des Jahrs 1921 noch nicht gewachsen war. Der Kohlentransport von Hamburg nach der Schweiz hat keine Bedeutung. Die Gesamtleistung in der Wagengestellung hat gegenüber dem Vorjahr eine erhebliche Besserung erfahren. Wir hoffen, im neuen Jahr den Anforderungen im wesentlichen genügen zu können. Verkehrssperren sind mitunter notwendig. Im laufenden Wirtschaftsjahr wird die Zahl der neuen Güterwagen 70 000 erreichen. Auch für 122 ist die Beschaffung einer größeren Zahl neuer Wagen vorgesehen. Der Reparaturstand der Güterwagen ist jetzt fast so günstig wie vor dem Krieg, bei den Lokomotiven noch ungünstig. Eine Linderung der Kohlennot ist zu erwarten. Der Bedarf der Landwirtschaft an Düngemitteln wird voraussichtlich voll gedeckt werden. ,
In der Besprechung bedauert Abg. Quatz (D.VP.) schlechte Ausnutzung der Wasserstraßen. Gütersperren sind eine Bankerotterklärung. Wenn es dem Transportwesen nicht gelingt, unsere steigende Güterproduktion zu bewältigen, dann wird unser ganzes Wirtschaftsleben gelähmt. i
Abg. ten Hompel (Zentr.) fordert produktivere Arbeitsweise bei der Eisenbahn. Das Verkehrswesen ist das Nervensystem unseres Wirtschaftslebens. Es darf nicht versagen.
Die Besprechung der Interpellation wird nunmehr abgebrochen. Dje Vorschläge des Ausschusses auf bessere Berücksichtigung kultureller Interessen bei der,Festsetzung der Tarife werden angenommen.
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Wichtig fSr Kriegerelter». Die Frist zur Anmeldung des Anspruchs auf Eckernrevte läuft am 31. März 1923 ab. Gesuche um B-willigung von Kriegerelterngeld, die schon früher ablehnend beichieden worden sind, können wieder erneuert werden. R.
* Weitere eingegangene Zeit«»»«». Die „Jüterboger Zeitung' und der „FlämMsoote' in Jüterbog hoben ihr Erscheinen einoest'llt. — Noch 50 jäh »gern Bestehen ist am
)m Aampf um Liebs.
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Roman von Rudolf Zollinger.
(Nachdruck verboten.)
„Einen Verrat? — Ich?"
„Ja. — Sie dürfen eben nicht vergessen, daß es ein kranker Geist war. der sich die Dinge da auf seine Art zurechtlegte I Und Sie dürfen mir nicht zürnen, wenn ich TLnen nichts verschweigel Es ist meine Pflicht, Sie voll-, ständig auszuklären, ehe ich es geschehen lasse, daß -sie meinem Bruder gegenübertreten."
„Ich bin Ihnen dankbar dafür, Fräulein Inge! Und ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu versichern» daß Sie keinerlei törichte Empfindlichkeit zu fürchten haben! — Ihr Bruder hielt mich also für einen Verräter? Er zweifelte an der Aufrichtigkeit meiner Freundschaft?"
„Ja. Er glaubte, daß Sie aus eigensüchtigen Beweggründen gehandelt hätten, als Sie Luisa Magnus' Abreise begünstigten und ihn überredeten, seine Einwilligung dazu zu geben. Es gab damals eine Zeitspanne, in der Gerhard vielleicht keinen Menschen auf der Welt leidenschaftlicher haßte als Sie."
„Nun glaube ich zu verstehen, weshalb Sie mich nicht von seiner Erkrankung benachrichtigten. Sie wollten verhindern, daß ich ihm unter die Augen träte?"
Das junge Mädchen nickte.
„Damals hätte unter keinen Umständen eine Begegnung zwischen Ihnen und ihm stattfinden dürfen! Aber ens Eifersuchtsperiode war nicht von langer Dauer. Sie bildete «den nur eine der Entwicklungsphasen seiner unaufhaltsam fortschreitenden Krankheit. Und eines Tages änderte Gerhard sein Verhalten ganz unvermittelt so vollständig, daß ich zuerst an Verstellung glaubte. Er war plötzlich wieder der zärtlichste und liebevollste Bruder, bat mich wegen allen Unr- chts, das er mir zugefügt habe, um Verzeihung und erklärte, daß er jeden Gedanken an eins Verbindung mit Luisa ausgegeben habe. Weil er sich über die Gründe dieses plötzlichen Sinneswechiels nicht aussprechen wollte, wagte ich nicht, an seine Aufrichtigkeit zu glauben, bis ich allmählich dahinterkam, wie wenig Ursache ich hatte, mich über diese scheinbare Rückkehr zur Bernunkt zu treuen. Denn ball er keiwillig aut ein«
Vereinigung mit der Geliebten verzichten wollte, war lediglich die Folge einer neuen Wahnidee, die sich seiner bemächtigt hatte. Er wollte sie aufgeben, weil er sich ihrer nicht mehr für würdig hielt — weil eine Schuld, die in Wahrheit natürlich nur in seiner krankhaften Einbildung existierte, ihn für immer von ihr trennte."
„Und diese eingebildete Schuld, Fräulein Inge — sie steht also im Zusammenhang mit Jens Ienssens Tode?"
Wieder machte sie nur eine stumm zustimmende Kopfbewegung.
„Er redet sich ein, daß er den Erkrankten hätte retten können, wenn er es ernstlich gewollt hätte. Er will sich gegen seine ärztlichen Pflichten versündigt haben. -Und darum —"
Sie stockte, als ob es ihr mit einem Male an Atem fehle, das Entsetzliche auszusprecheu; dann aber raffte sie tapfer noch einmal all ihre Kraft zusammen und vollendete:
„Darum hält er sich für einen Mörder!"
Auch Rodeck mußte an sich halten, um seine tiefe Erschütterung nicht zu.offenbaren.
„Die Sinnlosigkeit dieser Selbstbeschuldigung ergibt sich doch schon daraus," sagte er, „daß noch ein zweiter Arzt als Leichenbeschauer zugezogen wurde, einer, der meinen Onkel zu Lebzeiten behandelt hatte, und der darum sicherlich imstande war, zu beurteilen, ob hier sträflich etwas versäumt worden war, was den Erkrankten hätte retten können."
„Ja. Weil ich noch an die Möglichkeit glaubte, Gerhard von seiner Wahnidee zu heilen, bin ich damals in meiner Verzweiflung zu dem Dokter Rathjens ge- gangen und habe ihn gebeten, meinem Bruder die schreckliche Einbildung auszureden. Er war auch sofort dazu bereit: aber als Gerhard sein Besuch gemeldet wurde, hatte er seinen ersten richtigen Tobsuchtsanfall, und auch später hat er sich immer auf das bestimmteste geweigert, ihn zu sehen."
„Wenn man sich in den Gedankengang meines unglücklichen Freundes hinein versetzt, läßt sich das ja »er- stehen. Aber daß auch Sie nicht die Macht hatten, das Gespenst aus feiner Seele zu scheuchen-"
„Ich hatte mich dieser Macht begeben durch das unüberlegte Wort, das ich an jenem Tage gesprochen — ein Wort, das sich tief in meines Bruders Gedächtnis eingegraben hat, und das er selber mir immer wieder entgegenhielt. wenn ich ihn zu beruhigen und zu überzeugen
veriuqre. Icy hatte ihm vorgehalten, daß seine Wünsche auf Jens Ienssens Tod gerichtet seien, und ich hatte hinzugefügt, daß eine verhängnisvolle Macht in solchem Wunsche sei. Wenn er in Erfüllung ginge, so würde Ienssens Tod lebenslang auf seinem Gewissen lasten, wie das Bewußtsein eines Verbrechens."
Bestürzt blickte Rodeck auf.
„Das sagten Sie ihm, noch ehe Sie etwas von meines Onkels Erkrankung wußten?"
„Ja," bestätigte sie mit einem Anflug schmerzlicher Bitterkeit, „und Sie können sich denken» daß es ungesprochen geblieben wäre, wenn ich geahnt hätte, eine wie schreckliche Prophezeiung damit über meine Lippen kaml^ Aber was einmal gesagt worden ist, läßt sich nicht mehr Zurücknehmen, wie schwer man es auch bereuen mag. Die Gedankensünde, an die ich dabei dachte, hat sich nun in meines Bruders wirrem Geiste nach und nach zur Tatsünde gewandelt. Anfangs bemühte er sich wohl noch, das vermeintliche Schuldgeheimnis in der eigenen Brust zu vetschließen und sich keinem anderen anzuvertrauen als mir. Mit dem arischreiten des Leidens aber wurde seine Widerstandskra't immer geringer. Er offenbarte sich auch' den Aerzten, die ihn behandelten, und wenn ich ver.Indern wollte, daß er sich bei Leuten, die ihn in seinen gesunden Tagen nicht gekannt hatten, in den Verdacht brachte, ein Mörder zu sein, so durste ich weder ein« ftemde Pflegerin zu ihm lassen, noch durfte ich gestatten, daß ihn jemand besuchte."
„Und Sie nahmen es heldenmütig aus sich, selbst die. Pflegerin Ihres Bruders zu machen! Wahrhaftig, Fräulein Inge, kein Wort der Bewunderung ist stark genug» Ihre Aufopferung nach Verdienst zu würdigen."
Mit einer abwehrenden Geste stand das junge Mäd-^ chen auf.
„Ich habe einfach meine Pflicht getan — nicht mehr und nicht weniger. Und mein Bruder ist in diesen letzten Monaten ein so geduldiger, rücksichtsvoller und sanftmütiger Patient gewesen, daß einzig der Schmerz über seinen hoffnungslosen Zustand meine Aufgabe zu einer grausamen gemacht hat. Nun, da Sie über alles unterrichtet sind, und da Sie wissen, welche Deutung Sie den etwaigen Bekenntnissen und Selbstanklagen Gerhards zu geben haben — nun werde ich mich darüber unterrichten» ob er imstande ist» Sie zu empfangen."
Fsrtschnnx f»lgt.