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Das neue Keynes-Buch.

-An demselben Tage, da der Kriegsschürer Raymond Voincare mit der Bildung des französischen Kabinetts be­baut wurde, ist in London das zweite Buch des englischen Volkswirtschaftlers John Maynard Keynes erschie- «en. Es ist betitelt:Eine Revision des Friedensver­trags."

Keynes operiert diesmal nicht soviel mit Ironie und Sarkasmus, dafür aber mehr mit Zahlen und Zusammen­stellungen, die jedem, der einsehen will, erkennen lassen, vast Deutschland unfehlbar nicht in der Lage ist, die For­derungen des ihm unter Bruch der Wasfenstillstands- bedingungen ausgezwungencn Be trags zu erfüllen. Als Lloyd George vor 37 Monaten seine Khaki-Wahlen cin- leitete, war davon die Rede, daß wir jährlich 28,8 Mil­liarden Goldmark zahlen müßten. Als am 5. September

1920 der französische Finanzminister Klotz vor der Kam­mer über Deutschlands Jahresvervslichtungen sprach, war die Summe bereits auf 18 Milliarden zusammenge­schrumpft; als die Wiederherstellungskommission im April

1921 sich erklärte, betrug die jährliche Zwangssorderung an das deutsche Volk nur noch 8,28 Milliarden und als im Mai v. I die Regelung in London erfolgte, hieß es nur noch 4,6 Milliarden Goldmark.

Keynes berechnet die dem deutschen Volk billigerweise «uszuerlegenden und von ihm ohne Schwierigkeit zu tra­genden Entschädigungslayen im ganzen auf 21 Milliar­ven Goldmark. Sie wären aus 30 Jahre mit 6 Prozent

verzinsen und abzuzahlen. Er kehrt sich scharf gegen die Von den berufensten Rechtslehrern und ande en anständi- «cN-Menschen heute als mit dem Buchstaben und dem Geist der Wasfenstillstandsbedingungen im Widerspruch stehende (von Lloyd George veranlaßte) Einbeziehung Der Pensionen und Hinterbliebenen-Entschädigungen, er bezeichnet die wirklichen Schadenersatzsordernngen als maßlos angcschwollen (französische Korrnplionsschiebe- reien), er wünscht Streichung aller britischen Forde­rungen; er will die italienischen durch Erlaß der Schul­den Italiens an England ausgleichen und die gesamten deutschen Leistungen tatsächlich zum Wiederaufbau in Bel­gien und Nordfrankreich verwenden.

Eine Bezahlung internationaler Verpflichtungen kann erfolgen in Gold, in Arbeit, in Waren. Deutsch­land besitzt kein Gold mehr, sein Angebot von fleißigen und geschickten Arbeitern wird abgelehnt, obwohl zuerst Clßmenceau den französischen Rachegeist erregt hatte mit d m Bild Hunderttausender deutscher Sklaven, die die Fluren von Flandern und Artois wieder Herstellen: so bleiben nur Warenlieferungen. Die Wirkung der deutschen Warenlieferungen auf den englischen Markt er­kennt man heute an der ungeheueren Ziffer der Erwerbs­losen in Großbritannien. Keynes malt aus, wie dieselben Regierungen, die aus dem deutschen Volk nicht genug Herauspressen können, andererseits darauf sinnen müssen, zich die dnrtschen Fabrikate vom Halse zu halten. Er schließt mit der Anregung, die Lösung der deutschen Entschädigunsfrage nicht in die Hände von Politikern gu legen, sondern Finanziers und Geschäftsleuten anzu­vertrauen, und erhobt besonders viel von der wachsenden Pinsicht der Amerikaner. Bon Lloyd George, der mit der vchuld an den Jrrgängen der drei letzten Jahre schwer Belastet ist, erwartet Keynes nicht eben viel.

Arbeiterlebe« im Bolschewistenstaat.

ImZeemann", dem Organ der holländischen Seeleuto­vereinigungEendracht", wird ein Bericht des Führers der holländischen Transportarbeiter, der vor kurzem eine Reise nach dem Sowjetstaate unternommen hat, über das Leben der Arbeiter in der bolschewistischen Gesellschaft Wiedergegeben.

Die Arbeiter so heißt cs in dein Bericht werde»» in bowjetrußland zur Arbeit gezwungen. Wer nicht arbeiten Will, wandert ins Gefängnis oder wird erschossen. Frauen Arbeiten vom 18. bis zum 40., Männer vom 16. bis zum PO. Lebensjahr. Kranke erhalten ärztliche Behandlung, «oft, Kleidung usw. unentgeltlich. Einmal im Jahre er­halten die Arbeiter ein Kleidungsstück, aber man muß »ehmen, was man bekommt, also oft etwas, was man Nicht braucht. Das har zur Folge, daß sich viele Leute gegenseitig betrügen und bewuchern. Dazu kommt noch, daß man, um den Anspruch aus ein Kleidungsstück zu er­werben, sechs Monate gearbeitet haben muß. Es geschieht daher häufig, daß Leute Hunderte von Meilen aus dem Üuuern des Landes reisen, um bei irgendeinem Werk

tätig zu sein, und nach getaner Arbeit ohne Kleider und . ' Unterkunft dastehen, weil die Arbeit keine sechs Monate s i gedauert hat. Biele sind dann auch der Verzweiflung ! ! nahe und Selbstmorde sind nicht selten. Stumpfsinnige ! f Entsagung liest man auf allen Gesichtern, und ich hatte f oft das Empfinden, daß keiner dem andern über den Weg traut. !

: Wenn ein Mann oder eine Frau fünfzig Jahre alt !

- »vird, so wird die Ueberweisung in ein Pfründnerheim an- ! geordnet, und es geht dort den Leuten genau so schlecht !

f wie zu Hause; es ist gleichgültig, ob sie Kinder haben oder k f nicht, sie müssen in die Versorgungsanstalt gehen. In s f einem Städtchen traf ich eine 55 Jahre alte Frau, die bloß ! j von den Abfällen lebte, die sie aus der Straße fand, denn i j sie war aller Rechte verlustig erklärt worden, weil sie sich s

- geweigert hatte, ins Versorgungshaus zu gehen. Frauen i f mit Kindern, die älter als sechs Jahre sind, und überhaupt i ; alle Frauen, die weniger als fünf Kinder haben, müssen f : auch arbeiten, so daß die Kinder jeder mütterlichen Er- ! f ziehung entbehren und sich selbst erziehen müssen. Bon > ^ hundert Leuten sind kaum zehn für. den Bolschewismus j

begeistert, aber sie müssen so tun,' als ob sie für ihn j ' schwärmten. . . " z

Der Arbeitstag umfaßt acht Stunden, doch steigt er j auch auf zwölf Stunden, wenn nicht genug Arbeiter vor- s . Händen sind, und sinkt auf sechs Stunden, wenn-viele-da f f sind. Wenn ich die Menge betrachtete, so konnte ich für ftr. i ! keine andere Bezeichnung nnden als schmutzige Bettel- ; z bande. Die meisten laufen in alten zerrissenen Soldaten- i ? klcidern herum. Heilmittel sind fast nicht erhältlich, in klci- : nen Orten sind sie nie aufzutreiben. Zimmerleute, i ! Schuster, Maurer, Holzarbeiter und Bureauangestellte er- ; ? halten ein Pfund Brot täglich, ferner vier Pfund Fisch s t monatlich und einen Monatslohn von 4000 bis 5000 ' ! Rubel. Bedeutend besser sind die Schisfsarbeüer daran, ! ! denn sie bekommen 31/2 bis 4 Pfund Brot täglich, eine : > große Menge Fisch monatlich und 40 000 bis 50 000 Rubel ! ! täglich (!), allerdings nur so lange, als sie arbeiten, sonst s sind sie auf dieselben Rationen wie die übrigen angeiviesen. ! Ich lasse zum Schluß eine Preisliste für einige Lebens- j ; mittel folgen. Die Preise der Lebensmittel sind sür ! f ein Pfund angegeben: Brot 4<X)0 Rubel, Zucker 25 000 i Rubel, Kartoffeln 1000 Rubel, Fisch 1000 Rubel, Salz ; 4000 Rubel, Tee 100000 Rubel, Butter 55000 Rubel, Pelzmützen 200 000 Rubel, Rock.800 000 Rubel, Schuhe i 100000 Rubel, Handschuhe 50000 Rubel, Stiefel 300000 j Rubel, Zündhölzchen (eine Schachtel) 20 000 Rubel, Tabak ! (ein Viertelpfund) 60000 Rubel, Scife (wenn überhaupt s erhältlich) 15 000 Rubel. Fleisch habe ich nie gesehen! j

Neues vom Tage. !

Gegensätze im Reichsausschuß für Auswärtiges. Berlin, 19. Jan. Gestern vormittag 11 Uhr trat der ! Ausschuß für Auswärtiges im Reichstag zu einer der- ! s traulichen Beratung zusammen. Ter Reichskanz- 1

> ler und Tr. Rathenau sprachen über Cannes. Abg. ! z Dr. Helfferich trat ihnen scharf entgegen. Rathenau !

antwortete. In der Nachmittagssitzung richtete S t i n - r nes scharfe Angriffe gegen Rathenau. Eine Erleich- i terung in der Entschädigungsfrage sei nicht erreicht i ' worden. Rathsnau verlange den Einkauf von Roh- j s Materialien in großem Stil, derartige Einkäufe im ; z Ausland werden aber die Valuta noch mehr herab- ! ! drücken, da in Deutschland wegen der Sachleistungen » ! keine Gegenwerte zu beschaffen seien. Dr. Rathenau s k schilderte ausführlich das Abkommen von Wiesbaden r : und die Folgen der Verhandlungen in London, Cannes

> und Paris. Es sprachen dann noch die Abgg. Tr. l Breitscheidt (Unabh., nach dessen Ausführungen j der Reichskanzler die Sitzung verließ, ohne das Wort i zu ergreifen), G 0 thein (Dem i, Dr. H sim (Bayer, i Volksp.), Dr. Helfferich und Dr. Rathenau.

! DiePol. Parlamentarischen Nachrichten" (sozial- ; demokratisch) berichten, in der Sitzung haben Helfferich

> und Stinnes an der auswärtigen Politik der Reichs- : regierung Kritik geübt; wenn ein gewisser Wandel ein­getreten sei, so sei er nur der Wucht der wirtschaft-

! lichen Tatsachen zuzuschreiben. Bei der Reichsregierung ! und Tr. Rathenau liege persönliche Unsicherheit und ! Wechsel des Standpunkts vor.

! Deutscher Industrie- und Handelstag.

? irttu, 19. Jan. Die 42. Vollversammlung des

> Deutschen Industrie- und Handelstags wurde gestern

> vormittag unter dem Vorsitz des Bankiers Dr. v. j Mendelssohn in der Berliner Handelshochschule i eröffnet. Reichskanzler Dr. Wirth hielt eine An- , spräche, in der er es nach den letzten schweren Jahren - als einen Erfolg bezeichnet^, daß die Völker sich wie-

ver in Genua als greichverechtigt versammeln wo"en. auch Deutschland sei dazu geladen. Er hoffe, daß Han­del und Industrie es als ihre vornehmste Aufgabe betrachten, die Staatsautorität wieder aufbauen zu helfen. Der preußische Handelsminister Siering wies darauf hin, daß es gelte, Rußland als Absatzgebiet zu gewinnen. Auf seine Sraatsfocm komme es nicht an. In einer Erklärung gedachte die Versammlung der gewaltsam von Deutschland losgerissenen Landesteile.

Kohlennot in Berlin.

Berlin» 19. Jan. Die Wiederherstellungskommissio« in Paris hat ihr Verbot, daß Deutschland außer Hol­land und der Schweiz nach keinen anderen neutralen Ländern mehr Kohlen verkaufen dürfe, vorläufig auf­gehoben. Das Reichsfinanzministerium verkauft nun möglichst große Kohlenmsngen ins Ausland, um De­visen für die Entschädigungszahlungen an den Verband zu beschaffen. Dadurch verschärft sich der Kohlenmangel im Innern und die Eisenbahnverwaltung sah sich ge-i nötigt, Kohlensendungen nach Berlin für sich zu be­schlagnahmen. Die Berliner Gaswerke haben infolge­dessen nur noch einen Kohlenvorrat für zwei Tage und werden genötigt sein, ihrerseits die Kohlenvorräre der Industrie zu beschlagnahmen, um die Gaserzeu­gung sicherzustellen. Ter Oberbürgermeister von Ber­lin hat beim ReichswirLschaftsministerium dringende Vorstellungen erhoben.

Eine Rede des Grafen Westarp. !

Dresden, 19. Jan. Graf Westarp sprach gestern in einer Reichsgründungsfeier der Deutschnationalen. Volkspartei und betonte, daß dis deutsche SoZialdemr > kratie, die die deutsche Monarchie an die Feinde am- geliefert habe, jetzt drauf und dran gehe, auch das deutsche Kapiral an den französischen, englischen und amerikanischen Jmperiansmus auszuliefern. Die Versammlung nahm einstimmig eine Entschließung ge­gen die Auslieferung Deutscher an die Verbündeten au.

Lnthcrscicr in Wittenberg.

Halle, 19. Jan. Am 15. März ds. Js. wird i« Wittenberg eine große Reformationsfeier stattfinden. An diesem Tag werden es 400 Jahre sein, seit Lu­ther von der Wartburg nach Wittenberg zurückgekehrt ist. An der Feier werden alle evangelischen Landes­kirchen und ausländischen evangelischen Kirchen teil­nehmen. Im Anschluß an die Feier soll eine Ver­einigung aller großen evangelischen Kir­chen einge«eiret werden. __

Eine neue liberale Partei in Vuglanv.

Amsterdam, 19 Jan. Aus London wird gemeldet: Der Konferenz der jetzigen Koalitions-Liberalen wid­men die Londoner Zeitungen große Aufmerksamkeit Man erwartet, daß Lloyd George als Führer der li­beralen Gruppe der Koalition am Samstag eine be­deutsame Erklärung über die innere Po itik abgeben wird. Es soll beschlossen worden sein, eine neue li­berale Partei zu gründen, die den Gedanken des Li­beralismus sowohl in der inneren als auch in der internationalen Politik verfolgt.

Sinken des französischen Kredits in Amerika.

London, 19. Jan. Eine Meldung desNew Bork Expreß" weist auf das beständige Sinken des Kurses der französischen Wertpapiere auf dem amerikanischen Markt hin und bezeichnet es als eine allgemeine An­sicht, daß Poincare recht bald den amerikanischen Truck gegen seine abenteuerliche Politik, für die schließlich ja doch nur die Gläubiger Frankreichs zahlen müßten, zu spüren bekomme.

Die geplante Reichsgetreide-A G.

Berlin, 19. Jan. Der Vorstand des Deutschen Bunds für Gewerbe, Handel und Industrie beschäftigte sich in Berlin mit der beabsichtigten Gründung einer Reichs-Getreide-A. G. und sandte eine Eingabe an di« Reichsregierunq, an das Reichsfinanz-, daS Reichs- wirtfchafts- und das ReichsernährungS-Ministerium, worin erklärt wird, die Nachricht von der beabsichtigten Gründung einer Reichsgetreide-A. G. habe in den Krei­sen der Erzeuger, des Handels, der Bäckereibetriebe so­wie -er Verbraucher lebhaft« Beunruhigung hervorgerufen. Die Hast, nnt der anscheinend die Grün­dung der Getreide- und Futtermittel-A. G. durchgeführt werden soll, lasse befürchten, daß genau wie bei der Kriegs- und Zwangswirtschaft nur ganz be­stimmten bevorzugtenKreisen ein überragender, monopolartiger Einfluß auf die zukünftige Getreide und Fnttermittelversorgung zugesichert werden soll. Es wird dringend gebeten, vor der endgültigen Grün­dung und Beteiligung des Reichs an der Reichsgetreide- A. G die breiteste Oeffeutlichkeit genau zu unterrichten und auch die nötige Zeit für eine Stellung nähme frei-nibalten.