chwarzwälöev Tageszeitung

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MtenßeiU, Dienstag »e« 4. Oktober.

Jahrgang 1VL1.

Zum Hinscheiden unseres ehemaligen Königs.

Herzog Wilhelm hat in vorletzter Woche auf seiner Villa Marienwahl bei Ludwigsburg geweilt, von wo er am 20. Sept. nach Bebenhausen zurückkehrte. Er fühlte Brustschmerzen und der Leibarzt Geh. Obermedizinalrat Dr. von Gußmann muhte leider feststellen, daß es sich um eine ernstere Krankheit handle. Sofort wurde die Herzogin Charlotte, die in Nachod in Böhmen bei der Hochzeit einer Nichte weilte, benachrichtigt ünd sie traf am Dienstag ein, um an der Pflege des erkrankten Gemahls sich beteiligen zu können. Als der Zustand sich ver­schlimmerte, wurde auch die Tochter des Königs, Fürstin Pauline zu Wied mit ihrem Gemahl berufen. Als das fürstliche Paar an, Freitag abend in Bebenhausen eintraf, hatte den König bereits das Bewußtsein verlassen und dieser Zustand hielt an bis zum Abscheiden. Am Samstag kamen noch die Herzöge Albrecht und Philipp Albrecht und am Sonntag die Herzoge Robert und Ulrich und Fürst Karl von Urach. Eine Stunde vor dem Tode sprach Pfarrer Furch von Lustnau ein Gebet am Sterbe­lager. !

Der König liegt ini Sterbezimmer zwischen einen, Berg von Blumen und Kränzen, als ob er schliefe. Sein gütiges Antlitz ist nicht im geringsten entstellt. Auf dem Schloß weht die Flagge des Herzogs auf Halbmast. Im Dorf sind schwarzrote Fahnen mit Trauerflor ausgehängt.

Die Beisetzung wird auf dem alten Friedhof von Ludwigsburg an der Seite der ersten Gemahlin Marie, Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont (gest. 30. April 1882), erfolgen.

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Herzog Wilhelm zu Württemberg wurde als Sohn des Prinzen Friedrich, eines Neffen Wilhelms I. und der Prinzessin Katharina von Württemberg, Tochter zwei­ter Ehe des Königs Wilhelm I., am 25. Februar 1848 im Prinzenbau gegenüber dem alten Schloß geboren. Nach sorgfältiger Erziehung im Elternhaus bezog der junge

tzrinz 1865 die Universität Tübingen und machte den kur- Feldzug 1866 im württembergischen Hauptquartier mit. Darauf besuchte er die Universität Güttingen und 1868 wieder Tübingen. Im Frühjahr 1870 trat er auf Wunsch des Königs Wilhelm, des nachmaligen Kai­sers, als Leutnant beim ersten Garderegiment zu Fuß in Berlin ein und einige Monate später wurde er zun, Garde-Husarenregiment versetzt. Am 9. Mai 1870 starb sein Vater und Prinz Wilhelm wurde präsumtiver Thron­folger von Württemberg, da die Ehe des Königs Karl kinderlos blieb. Den deutsch-französischen Krieg machte der Prinz im Hauptquartier des Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit. 1875 verließ er den preußischen Heeres­dienst als Oberst und übernahm 1877 die Führung der 8. württ. Kavallerie-Brigade; 1879 wurde er General­major und 1883 Generalleutnant. Zum 50jährigen Mili­tärdienstjubiläum 1916 wurde er zum Generalseldmar- schall der preußischen Armee ernannt.

Im Jahr 1877 vermählte sich Prinz Wilhelm mit der Prinzessin Marie von Waldeck, geb. 23. Mai 1857 in Arolsen. Der Ehe entsproßten die Prinzessin Pau­line (geb. 19. Dez. 1877, vermählt mit dem Erbprin­zen Kiedrich zu Wied 1898) und Prinz Ulrich, geb. am 28. Juli 1880, der aber schon am 28. Dezember desselben Jahres starb. Am 30. April 1882 starb die Prinzessin Marie an den Folgen einer Totgeburt. Am o. April 1888 ging Prinz Wilhelm eine zweite Ehe mit Prinzessin Charlotte von Schaumburg-Lippe ein, die jedoch kinderlos blieb.

Am 6. Oktober 1891 starb der Oheim König Karl und der Prinz bestieg als Wilhelm II. den Thron. Unter herz­licher Teilnahme des ganzen Landes feierte das Königs­paar am 8. April 1911 die Silberhochzeit, und am 16. Oktober 1916, im Weltkrieg, das 25jährige Regie­gierungsjubiläum des Königs, aus welchem Anlaß dieser eine große Landesstiftung machte. Auf dm 70. Geburts­tag des Königs fielen schon Schatten von den Ereignissen, die im ganzen Reich eine so große Umwälzung bringen sollten und die auch ihn trafen. Mit Wilhelm II. ist die ehemals regierende evangelische Linie des Hauses Würt­temberg ausgestorben. Thronanwärter wäre jetzt die ka- cholische Linie, deren Haupt Herzog Albrecht ist und der auf sein« Rechte nicht verzichtet hat.

Stuttgart, 3. Okt. (Beileidskundgebungen der Staatsregierung). Staatspräsident Dr. Hie- ber richtete an die Frau Herzogin Charlotte zu Württemberg folgendes Beileidsschreiben: Euer Königliche Hobelt sind durch den Hingang Ihres hohen Gemahls in tiefstes Leid versetzt worden. Dos Staats­ministerium weiß sich eins mit dem Württemberger Volk, wenn es Ihnen, hochverehrte Frau Herzogin,

. und dem Herzoglichen Hause bei diesem von Regierung und Volk schmerzlich mitempfundenen Ereignis die innigste Teilnahme ausspricht. Niemals wird in den Herzen der Württemberger die dankbare Erinnerung ausgelöscht werden, welch ein edler und hingebender Fürst der Verewigte dem Land und Volk so lange Zeit gewesen und was er ihnen auch im Wandel der Zeit und der Verhältnisse in treuester Liebe bis zuletzt ge­blieben ist! Sein Andenken wird dankbar und treu bewahrt werden. Möge Ihnen, hochverehrte Frau Her­zogin, die Gewißheit der herzlichen Anteilnahme des ganzen Volks ein Trost in Ihrem schweren Leide sein. Ferner an die Frau Für st in Paulin ezuWied, Kgl. Hoheit, Neuwied, z. Zt. Bebenhausen: Euer König­liche Hoheit sind durch den Hingang des Herzogs Wil­helm zu Württemberg, Ihres Herrn Vaters, in tiefste Trauer versetzt worden. Das Staatsministerium fühlt sich gedrungen, Ihnen, hochverehrte Frau Fürstin, bei diesem schmerzlich mitempfundenen Ereignis sein innig­stes Beileid auszusprechen. Möge Ihnen in diesen schweren Tagen die aufrichtige Teilnahme des Würt­temberger Landes an dem Heimgang des hohen Ent­schlafenen und das Bewußtsein, daß er im Herzen des Volks in dankbaren: Gedenken bleiben wird, zum lin­dernden Trost gereichen.

Die bürgerlichen Zeitungen aller Parteirichtungen erscheinen mit Trauerrand und warmherzigen Nach­rufen für den verstorbenen König. In der König­straße sieht man zahlreiche Fahnen auf Halbmast, in einzelnen Schaufenstern auch die Bilder des Verstor­benen.

Beberrhausen, 3. Okt. (An der Bahre des Her­zogs.) Als der König im Sessel seines Zimmers, warm m Decken gehüllt, im Frieden eingeschlafen war, begannen die Klosterglocken eine Stunde lang zu läuten. Die Leiche liegt nun aufgebahrt in dem Schlafzimmer des Verewig­ten. Sie ist über und über mit Blumen bedeckt. Im Arbeitszimmer des Königs liegen noch ungeöffnete Briefe und die letzte Lektüre, der 3. Band von Bismarcks Ge­danken und Erinnerungen. Am Dienstag wird ßie Leiche im Sommerrefektorium des Schlosses öffentlich aufgebahrt. Noch am Sonntag setzte von Tübingen aus die Wallfahrt nach Bebenhausen ein. Es ist dort am Eingang des Schlosses eine Liste aufgelegt zur Ein­tragung der Trauerbezeugungen. Im Orte Bebenhausen herrscht stille Trauer. Auch Tübingen hat Trauerschmuck angelegt. Die Studenten-Korporationen haben auf ihren Häusern Halbmast gehißt.

Aus allen deutschen Gauen laufen Beileidskund­gebungen ein. Die deutschen Bundesfürsten sandten Telegramme, die Mitglieder der königlichen Familie stat­teten der Herzoginwitwe Charlotte und der Fürstin Wied Beileidsbesuche ab. Auch Ministerpräsident a. D. Dr Freiherr von Weizsäcker war hier anwesend. Die bür- ' erlichen Parteien des Landtags haben telegraphisch ihr 'eileid ausgedrückt.

l Bebenhausen, 3. Okt. (Die Beisetzung König Wilhelms.) Nach dem vorläufigen Plan wird die Bei­setzung Herzog Wilhelms am Freitag, vorm. 11 Uhr von Schloß Marienwahl in Ludwigsburg aus auf dem Alten Friedhof dort an der Seite seiner ersten Gemahlin stattfinden. Am Donnerstag abend wird in Schloß Be­benhausen eine Trauerfeier veranstaltet und in der Nacht zum Freitag die Leiche zu Wagen nach Ludwigsburg überführt. ^

Allerlei vom Herzog Wilhelm. Auf der Straße von Kornwestheim nach Ludwigsburg fährt eines Abends ein leichter Zweisitzerwagen, gelenkt von einem Herrn in Zivil. Er holt einen Soldaten ein, der im Lauf­schritt der Stadt zueilt. Dem Soldaten kommt ein rettender Gedanke; schnell entschlossen wendet er sich an den Wagenlenker:O Herr, wäret se net so guet und ließet me aufsitza, i mueß bis neune in meiner Kasern sei, und ischt schon spot!" Bereitwillig wird der Wunsch gewährt, und treuherzig öffnet der Soldat sein Herz mit mancherlei Beschwer über den Dienst und

die Vorgesetzten, mahnt auch den Herrn zu schnellerem Fahren, damit doch gewiß die Urlaubsstunde nicht über­schritten werde. Punkt 9 Uhr steht das Gefährt vor der Kaserne und der Soldat steigt aus mit höflichem Dank. Aber wie erstaunt ist er, als er von präsen­tierenden Schildwachen empfangen wird! Da bemerkt er, daß der Wagenführer im Abfahren den Schildwachen abwinkt. Da kommt es dem biederen Schwaben, daß er der Fahrgast des Brigadekommandeurs Prinzen Wilhelm gewesen sei.

In Friedrichshasen war's. Der König ging mit der Königin und einigen Herren und Damen vom Hofe spazieren, die beiden Weißen Spitzerhunde, die steten Be­gleiter des Königs, mit munterem Gebell voraus. Da trifft die Gesellschaft einen vierjährigen Knaben, der laut weint. Teilnehmend erkundigt sich die Königin nach dem Schmerz des Jungen. Keine Antwort. Da sagt der Kö­nig:Büble, warum heulscht?" Jetzt bricht der Klein« aus:Deine Sauspitzer hent mir meine Hosa Verriss«!" Große Heiterkeit. Der Kleine bekam andern Tags einen funkelnagelneuen Anzug.

Wozu Technische RoLhilfe?

Am 3V. September konnte die Technische Not­hilfe auf ein zweijähriges Bestehen zurückblicken. Viele Volksgenossen kennen diese Einrichtung aber nur, wenn sie Hilfe brauchen. Wozu hat denn der Staat eine Technische Nothilfe, denken manche. Die Nothilfe ist kein Beamtenapparat, sondern ein freiwilliger Zusammenschluß aller Tatfreudigen der Bevölkerung, der praktische Ausdruck des Willens der Gesamtheit, ihre gemeinsame Lebensbedürfnisse zu erhalten und zu sichern.

Diese freiwillige Hilfsgemeinschaft hat sich feste Grenzen gezogen, in denen ihr Handeln sich auswirkt. Das ist wie die Berliner ZeitschriftDie Räder" schreibt, die unbedingte Sicherstellung der Bevölkerung vor gesundheitlichen oder materiellen Schädigungen, gleichviel durch welche Vorgänge diese herbeigeführt werden. '

Daraus ergibt sich, daß ihre Hilfe erst in Frage kommt, wenn Lebensbedürfnisse der Allgemeinheit be­droht oder geschädigt sind. Einen Kernpunkt solcher Erscheinungen bilden die Streiks in den gemei n - nötigen Betrieben. Wärme, Licht, Gas fließen der Gesamtheit von einzelnen Kraftquellen aus zu. Auf deren regelmäßigen Zufluß ist das tägliche Leben von Millionen eingestellt. Das Aussetzen der normalen Zufuhr solcher Lebensbedürfnisse vermag der Starke zu tragen, für den Schwachen wird es eine Frage aus Leben und Tod. Das ist es, was der einfache Mann am Kessel, am Schalterbrett, vor den Retorten nicht immer sieht und nicht genügend beachtet. Andere, deren Frauen, Kinder oder Kranke es am Leibe spüren, wissen es und springen ein. Hilfe für die Kranken und Schwachen! Dies menschliche Gebot ist der erste Grundzweck der Technischen Nothilfe.

Neben ihren Lebensbedürfnissen besitzt die Gesamt­heit aber auch gemeinsame materielle Güter. Volks­werte sind heute alle Nahrungsmittel und alle Produk- tionsanlagen, da Arbeit wiederum für den größten Teil unserer Volksgenossen Brot bedeutet. Für die Nothilfe sind diese Werte Gemeingut, das der Bevölkerung erhalten werden muß, gleich wem es ge­hört. Diese Güter, die in ihrer Endwirkung gleich­falls Lebensbedürfnisse für die Allgemeinheit dar- stellen, müssen unantastbar, gleichsam heiliges Volks­gut sein. Das ist das Vieh, das ist die Ernte, sind alle landwirtschaftlichen Produkte, sind Kohlengruben, Hochöfen, Werksanlagen und ähnliche Nationaleigen- tume als Grundlage unseres wirtschaftlichen Daseins. Erhaltung der Grundlagen unserer wirt­schaftlichen Volkslebens, das ist der zweite Grundzweck der Technischen Nothilfe.

Unsichtbar, aber doch unlösbar mit beiden vorange­gangenen Zwecken verbunden steht das dritte Ziel der Technischen Nothilse. Die Rücksicht auf das Wohl der Anderen, die Erkenntnis der gemein­samen Güter seines Volks verwandelt die zersetzende persönliche Selbstsucht zum Gemeinschaftsgefühl. Das Einsetzen einer starken, von idealem Schwung getra­genen Macht aus der Mitte der Oeffentlichkeit heraus