Tie politisch« Aussprache <

Wird fortgesetzt. Mit ihr verbunden wird noch ein . von den Kommunisten eingebrachtes Amnestiegesetz. l

Ubg. Marx (Z ): Wir kämpfen um unsere Existenz ? und dann finden wir noch Zeit, uns die Köpfe heiß zu machen durch gegenseitige Beschuldigungen und Verdächtigungen. Unsere Rettungsplanke ist die Vs'c- ! fassung. Wir lehnen zurzeit jede Aenderung der Ver- ; fassung ab und werden uns allen Versuchen auf ge- S waltsame Aenderung widersetzen. Die Deutschnatio- < ualen lassen allen Sinn für die realen Dinge ver­missen. Die Verordnung des Reichspräsidenten ist keine ^ Ausnahmebestimmung; sie richtet sich gegen alle Staatsbürger, die Verbrechen begehen. Der Kanzler ! hat treu und ganz seines Amtes gewaltet. Die Zen- ; trumspartei geht geschlossen hinter Dr. Wirth. Einen j Eingriff in die Rechte Bayerns können wir allerdings l nicht mitmachen. Wir danken dem Kanzler, daß er j die Sache mit Bayern in Ordnung gebracht hat. Ge- , Witz sind bei den Zeitungsverboten manche Fehler vor- s gekommen. Manche Feiern sind auch veranstaltet wor- ? den, die nicht dem reinen Nationalgefühl dienten. ! Wir müssen eben damit rechnen, daß wir von den j Fremden beherrscht werden. Auch eine Uniform kann herausfordernd wirken. Die monatelange Hetze gegen i Erzberger hat die Atmosphäre geschaffen, die zum Mord .! führte. Wenn das so weiter geht, haben wir vielleicht i von der Hetze gegen den Reichskanzler ähnliches zu erwarten. Das Zentrum war seither eine Partei des ! Ausgleichs. Darum hat es das Kreuz der Regierung ; stets wieder aus sich genommen. Aber es kann die ^ Zeit kommen, wo unsere Geduld auch zu Ende ist, wenn ! unsere Männer in der Regierung immer wieder als Verräter hingestellt werden. Wir müssen uns ange- ! stchts des Grimms unserer Gegner die Hände reichen ; (Beifall im Zentrum).

Abg. Thiel (D.VP.) bedauert, daß die Ausnahme­bestimmungen sich gegen die Rechte gerichtet haben. Die praktische Anwendung brachte uns aber den Beweis, daß der Begriff Rechtsbolschewismus gegen alle Nicht­koalitionsparteien zur Anwendung gelangte. Die Po­litik der Straße nimmt erschreckende Formen an und setzt sich über alle gesetzlichen und polizeilichen Be­stimmungen hinweg. Die breite Oefsentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie sich die Preisgestaltung bei der Landwirtschaft gestaltet. Sozialistische Demon- s strationen und Gewalttätigkeiten in Kiel gegenüber l der verfassungsmäßig anerkannten schwarzweißroten ! Handelsflagge lassen in weiten Kreisen des Volks die i Befürchtung auskommen, daß die Staatsautorität in ; raschem Schwinden begriffen ist. Der Redner prote- i stiert gegen die Unterstellung, als ob seine Partei zu- - gegeben habe, daß die Deutschnationale Partei die ^ Sa-ttld an dem Morde Erzbergers trage. Wir glau- ! be.:, daß die arbeitswilligen Volksgenossen sich alle i auf dem Boden der Verfassung zusammensinden. Ver- ^ schwinden muß aber der Kampf gegen das schwarzweiß- rote Zeichen, das uns von Jugend an ins Herz ge- : wachsen ist. ?

Minister Gravnauer: Zweifellos ist unser öffentliches ! Le. sn zur Zeit aufgewühlt. Wir müssen uns aber s daciiber klar sein, daß alle diese Ereignisse die Folgen j der unseligen Tat von Griesbach gewesen sind. Gries- l bach war die Veranlassung der Ausnahmebestimmun- z gen. (Große Unruhe und Proteste rechts.) Das Verbot ! des Präsidenten richtete sich in Wirklichkeit nur gegen j den Rechtsbolschewismus; das wollen wir nicht ver- s gesfsn. Allerdings ist unter dem ersten Eindruck von > Griesbach gegen manche Versammlung der Rechten viel- s fach schärfer verfahren worden als dies jetzt noch für § nötig befunden wird. (Großer Lärm rechts.) Bei Ver- ( sammlungen sollte nicht ohne weiteres ein Verbot er- > folgen, vielmehr durch gütliche Verständigung mit der > Arbeiterschaft ein Modus gefunden werden. Auch die ^ Anke sollte bedenken, daß der Satz: Gleiches Recht für . alle noch heute Grundsatz der Regierung ist. Es ist j bereits eine gewisse Entspannung eingetreten. Das i Verdienst daran nimmt die Regierung für sich in An- ! ftrruch. Wir können jetzt nicht die leidenschaftliche . Kampfesweise der Rechten brauchen. Wir müssen un- ; sece Lage mit Würde ertragen. , >

Staatsminister a. D. Koch (D.d.P.): Wir brauchen ? eine Politik der Versöhnung, eine Politik der Mitte. § Wir verurteilen die Kugel, die Herrn Stresemann j zugedacht war, genau wie die Tat von Griesbach. Ueber f die Angelegenheit Wcitzmanu herrscht ein Dunkel. Hof- < fentlich wird das bevorstehende Reichsgesetz derartige j Erscheinungen in ihre Bahnen weisen. Wir können r aber keine gute Außenpolitik treiben, wenn unsere in- ! nere Politik nicht klappt. Die Gegensätze müssen ver­schwinden. Möge aus dem Kabinett der Erfüllung ein Kabinett der Versöhnung werden.

Aus Stadt und Land.

Memrettl. S. Oktober 1»L1.

* Bo» der Fe»r»»ehr. Am gestrige« Sonntag Nach­mittag fand die Schlußübung der hiesige» Freiwilligen Keuerrvehr und zugleich Inspektion durch den Bezirksfeuer- löschmspektor Köbele statt/ Die ziemlich schwierige Löschprobe wurde an de« Schatble'schen Anwesen dr der obere» Stadt vorgenommen. Am Schlüß derselben wurde der Feuerwehr durch de« Bezirttfeuerlöschinspektor die Anerkenrmng für die Leistungen zum AnsdruE gebracht, zugleich aber auch her- gehobe», daß di« Beteiligung an den Urbungen im abge- lanfene» Jahr eine unbefriedigende war «. der Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß ab kürrstig damit Kffer werden möge.

Für ein Zwanzigmartstück bezahlt die Reichsbank ! und die Post in der Woche vom 3. bis 9. Oktober 480 j Mark. 1 z

Kakao kein Nahrungsmittel? Der Reichsrat hak ' die vom Reichswirtschaftsrat beantragte Zollermäßt- j gung für Kakao abgelehnt, da Kakao kein Nahrungs- ! sondern ein Genußmittel sei wie Kaffee und Tee.

js Bötlinge», 3. Okt. (Fliegertag.) Die von den alten Angehörigen der hiesigen Fliegerformation veranstaltete Zu­sammenkunft hat einen schönen und völlig ungestörten Ver­lauf genommen. Die sozi Wischen Parteien haben um 3 Uhr nachmittags aus dem Postplotz eme Protestveisammlung abgehalten, bei der R den gehalten wurden, aber sonst nicht« Nennenswertes sich ereignete. Weder auf dem Fliegertag noch bei der Protestversammlung war die Nachricht von dem heutigen Ablebe« des früheren Königs bekannt.

Stuttgart, 2. Okt. (Zur Herstellung von M o st.) Die ftädt. Polizüdirektion Stuttgart erläßt fol­gende Vorschrift: Mostobstgetränke, die in Wirtschaften vertrieben werden, müssen folgendermaßen hergestellt sein: Obstmost aus Wenigsteils 6 Ztr. Obst zum Eimer; Brat- birnenmost aus wenigstens 8 Ztr. zum Eimer; Obstwein ist vergorener, reiner Apselsaft (hie und da irreführend als Saft" bezeichnet). Mostobstgetränke, die nicht dement­sprechend hergestellt sind, werden von der Nahrungsmittel­kontrolle beanstandet.

Cannstatt, 2. Okt. (Regiments tag.) Als eines der letzten hält das ehemalige Württ. Jnf.-Rcgt. 479 am 22. und 23. Oktober in Cannstatt seine Regimentsfeier ab. Die Feldgeistlichen der Division, Pfarrer Manch und Zentner werden der gefallenen Kameraden gedenken. Der Kommandeur des Regiments, Oberst Niethammer, hat sein Erscheinen zugesagt.

Backnang, 2. Okt. (Ursache des Fisch ster­be ns.) Die Untersuchung des Fischsterbens in der Murr im Juli hat ergeben, daß die Ursache Schwefelwasserstoff war, herrührend aus den hiesigen Gerbereien, die Schwe­felnatrium u. a. zum Enthaaren der Häute verwenden. Eine Reinigung der Murrwässer seitens der Stadt wird nunmehr eingeleitet.

Ludwigshafen, 2. Okt. Die Zahl der nicht er­kannten Leichen beträgt 65; die Zahl der Vermißten ist von 200 aus 177 zurückgegangen, da einige von ihnen doppelt gezählt worden waren.

Vermischtes.

Für die Erzberger-Sühnekapelle an der Mordstelle tm badischen Schwarzwald sind bis jetzt über 60 000 Mk. gezeinet worden.

ep. Ter Schnaps im neue» Deutschland. In der ersten Hälfte des Betriebsjahrs 192021 hat sich die Branntweinerzeugung in Deutschland gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs weit mehr als ver­doppelt. Sie ist von 378 847 Hektoliter auf 994 207 Hektoliter gestiegen. Davon wurde mehr als ein Drit­tel zu Trinküranntwein verwendet. Das sind für jeden Einsichtigen erschreckende Zahlen. Deutscher Wiederauf­bau mit Schnaps!

, 72 Mark Tagelohn fordern die Hamburger Hafen­arbeiter, indem sie den Tarifvertrag zum 1. Novem­ber kündigten.

Ansgesperrten-Nnterstiitzung. Die Stadtverordneten von Höchst a. M. haben nach demBerl. Lokalanz." zur Unterstützung der ausgesperrten Arbeiter der Höch­ste. Farbwerke '250 000 Mark bewilligt.

Geldfälscher. In Paris und den Vororten wurden Einrichtungen zur Herstellung falscher Zwanziafrank- scheine entdeckt. Eine Reihe von Personen wurde ver­haftet. '

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Wirtschaftlicher Wochenüberblick.

Geldmarkt. Diese Wache brachte einen weiteren Va^ lutasturz, der am Dienstag und Mittwoch seinen tiefsten Stand erreichte, dann aber wieder eine kleine auswärts gerichtete Korrektur erfuhr. (Am 28. September stand der Dollar auf 132 Mark.) Ob die Besserung anhält, ist zweifelhaft, da die bekannten Voraussetzungen für di« Entwertung der deutschen Mark unverändert fortbesteht. Am 30. September notierten 100 deutsche Mark in Zürich 4.95, gegen 5,35 Franken am 23. und 4,60 Franken am 27. September; in Amsterdam 2,70 (2,90) Gulden; in Kvpenhagen 5 (5,30), in Stockholm 3,90 (4,25) Kronen; in Wien 2177 (1697) Kronen; in Lon­don 4,36 (4,041/Z) Schilling; in Neuyork 0,85 (0,92)

13 s

Dollar und in Paris wie schon seit drei Wochen 13 Fr.

Börse. Der Spekulationstaumel ging auch in der neuen Berichtswoche weiter, bis schließlich die Aushebung^ der wirtschaftlichen Sanktionen durch die Entente ein«s Besserung der Markvaluta herbeiführte. Die Folge war! ein kurzer Rückschlag, der aber nur 24 Stunden an* hielt und alsbald durch neue Käufe und Kurserhühungen abgelöst wurde. Auch die Bankaktien sind jetzt in de»! Taumel hineingerissen worden, der im übrigen haupt­sächlich die Textilwerte und Papiere der Maschinen- und Metall-Industrie umfaßt. Kurssteigerungen von 50100 Prozent waren an der Tagesordnung. Der Anlagemarkt blieb demgegenüber völlig vernachlässigt. Die 4 «/«, Württ. Staatsobligationen waren am Freitag in Stuttgart MM Kurs von 70 ang.boten.

Produktenmarkt. Die Ermäßigung der Devisen­kurse wirkte am Berliner Produktenmarkt abschwächenö. Die Käufer legten sich gegen den Schluß der Woche Zurückhaltung auf und die Verkäufer waren zu Preis­nachlässe g neigt. Am 30. September notierten in Bes­sin die verschiedenen Produkte immerhin noch höher M vor 8 Tagen, weil sie während des Anfangs der Woche, noch meist gestiegen waren: Weizen 460466 (-j- 10), Roggen 362366 (-j- 10), Gerste 500-534 (-j- ZG Hafer 370380 (Z- 12) Mk. Mais wurde nrit 340 bis 350 gehandelt. An der letzten Stuttgarter Landes- Produktenbörse bezahlte inan für den Doppelzentner He» 160200 und für Stroh Stroh 5070 Mk. wie voll 8 Tag?».

Warenmarkt. Die Kohlen iverden knapper, doch blei­ben ihre Preise für den Oktober zunächst unverändert und' dürften erst in Verbindung mit dem neuen Kohlensteuev- gesetz die befürchtete weitere Erhöhung erfahren. Die Ei­senpreise sind großenteils erhöht worden. Der Geschäfts­gang ist in dieser Branche wie im Textilgewerbe, wo eben­falls 'rasche Preissteig rungen angekünbigt oder bereit­vollzogen sind, lebhaft. Es dürfte sich dabei um 1HD Proz.nl handeln. Auch die Aujwärtsbewegung der Häute setzt sich derart fort, daß alle Leder- und Schuhware» neuerdings anziehen.

" Biehmarkt. Die Meise sind durchweg fest, zum TM- Weiter steigend, mit Ausnahme der Milch- und Läuscv- schweine. Die verlängerte Weidezcit bei dem schöne» Kepbstwetter bewirkte große Ersparnisse an Futtervorräte» Md hat die Viehhalter Leim Angebot von Schlachtvieh etwas zurückhaltender gestimmt.

Holzmarkt. Die neue Rundholz-Campagne steht Ko­var und läßt schon jetzt ein Anziehen der Meise erkenne«. Die Sägewerke fordern jetzt 600 Mk. frei Versandplan aber das Geschäft ist noch ruhig.

Obstmarkt. Die Lage ist ungeklärt. Am Freitag Wurden in Stuttgart 105110 Mk. für den Ztr. bezahlt.

Weinpreise. Die Weinlese hat begonnen. Es gibt einen Ausstichwein. Der Einkauf vollzieht sich lebhafte aber die Preise sind meist noch nicht endgültig festgesetzt. Sie schwanken bis jetzt zwischen 2000 und 4000 ML für den Eimer.

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j Herbstnachrichten.

; Bom Remstal, 2. Okt. (Weinles e.) Die Vertreter der Remstalweinorte setzten den Beginn der allgemeine» Weinlese auf 5. Okt. fest. Das Gesamterzeugnis wurde auf 27 000 Hektoliter geschätzt. Am gleichen Tag be­ginnt auch in Winnenden die Weinlese, wo man 1000 , Hektoliter Schillerwein erwartet.

HeilSr-n«, 2. Okt. (Gin ausgezeichneter Tropfen.) Der von Wilh. Stahl, Salzstraße, am , Dienstag gelesene und am Donnerstag an der Bütt« r gewogene Portugieser hat das Gewicht von 115 Grad nach Oechsle.

Stuttgart, 1. Okt. (Marktbericht.) Dem Most- ' obstmarkt aus duf dem Wilhelmsplatz waren 4500 Ztr. Ulgeführt, die zu 100 110 Mk. abgesetzt wurden. AuS» gelesenes französisches Obst kostete 112115 Mk., e> batte aber 20 Prozent Verderb. Filderkraut kostete 58 i bis 65 Mk. der Zentner. Die Zufuhr auf dem Kav» j jpffelgroßmarkt betrug 200 Ztr. Preis 70 75 Mk.

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