Der deutsche Außenhandel im Juni.

Zum ersten Mal enthält die amtliche Außenhande.s- ftatistik des Deutschen Reichs Angaben über den Wert der Ausfuhr. Erst jetzt ist es möglich, ein einwandfreies Bild von der Handelsbilanz Deutsch­lands zu bekommen.

Die Gesamtmenge der Einfuhr hat von 15,4 Doppelzentner im Mai auf 18,2 Mill. Dztr. im Juni zugenommen, die Gesamtmenge der Ausfuhr von 11,5 auf 15,1 Dztr. Der Menge nach hat sich also der Einfuhrüberschuß von 3,8 auf 3,1 Mill. Dztr. ver­ringert. Dagegen ist der Wert der Einfuhr von 5,5 auf 6,4 Milliarden Mark, der Wert der Ausfuhr von 4,6 auf 5,3 Milliarden Mark gestiegen, so daß der Einfuhrüberschuß dem Wert nach mit 0,9 Milliarden Mar? sich auf der alten Höhe gehal­ten hat. Von einer Besserung der Handelsbilanz kann daher im Juni nicht die Rede sein. Vielmehr zeigt die Statistik, daß die Entwicklung unseres Außenhandels im Juni eine Bahn eingeschlagen hatte, die durchaus un­gesund war. Der Wert der Ausfuhr von landwirt­schaftlichen und bergbaulichen Rohstoffen ist von 519 auf 687 Mill. Mark gestiegen, also um 32 Prozent. Auf der anderen Seite ist der Wert der Ausfuhr hoch­wertiger Fertigfabrikate, Chemikalien und Maschinen, die die Hauptstützen unserer Ausfuhr bilden, nur von 1216 auf 1576 Mill. Mark gestiegen, also um 26 Pro­zent» mährend der Wert der Halbfabrikate aus un- Üblen Metallen sich Im Juni mit 1242 gegen 11S2 Mill. Mar? im Mai etwa gleich geblieben ist. Noch weniger hat die Textilindustrie zur Steigerung der Ausfuhr beigettagen. Der Wert der Textilaus­fuhr stieg von 626 auf 666 Mill. Mark. Die Hoch­schutzzollpolitik, die heute im ganzen Ausland, hauptsächlich gegen die Valutaschwachen Länder be­trügen wird, prägt sich in diesen Zahlen aus. Sie verhindert, daß wir das größte Aktivum, das unse­rer Volkswirtschaft heute noch geblieben ist, die Ar­beitskraft, in den Dienst unserer Reparationsverpslich- tungen stellen.

Di« Einfuhrstatistik zeigt, daß die Luxus­einfuhr auf den verschiedensten Gebieten leider noch zugenommen hat. Der Wert der Einfuhr von ferti­gen Kleidern und Putzwaren stieg von 1,9 aus 4,5 -Mill. Mk., von Schmuck, Federn, Fächern und Hüten von 6,1 auf 8,2 Mill. Mk., von Waren aus tierischen Schnitzstoffen von 8,8 auf 10 Mill. Mk, von Büchern, Bildern und Gemälden von 3,3 auf 6 Mill. Mk. Auch eine Reihe von Artikeln, die wir im Lande Herstellen können, ist in erhöhtem Matze eingeführt worden. Hier kommen besonders in Betracht: Maschinen, Fahrzeuge, Uhren, Papier und Papierwaren.

Holländische Stimmen zu« Markkur».

Einem Bericht von der Hehdt-Kerstens-Bank,Amster­dam, entnehmen wir:

Die wirtschaftliche Lage in Holland hat sich noch verschlimmert infolge des neuen deutschen Valuta- sturzes. Wenn auch die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland selbst sich einstweilen trüb anlassen, in­folge der fortgesetzten Wertverminderung der Papier­mark, die von den Kriegsentschädigungsan­sprüchen der Entente an erster Stelle bedingt wird, sv leidet man anderswo und namentlich in Holland an derfaulen Mark" noch mehr als die Deutschen selbst. Tie Papier-, die Wolle-, die Zigarren-, die Maschinenindustrie und viele andere mehr werden in ihrer Existenzmöglichkeit sehr stark durch die deutsche Konkur^-nz bedroht, zumal die Arbeitszeit, welche in

M cereir»«»». W

Ein Fensterlein znr Ewigkeit-

Die Wochentage kommen mir vor wie eine raüchgv- sHvärzte Kammer; der Sonntag ist das Helle Fenster- kein, durch das man Hinausgucken kann in die weite Welt, ja sogar ein wenig in die Ewigkeit hinein.

Rosegger.

Die Germanen vor Taettns.

Der greise Vorgeschichtsforscher Oskar MonteliuS, der bekannte schwedische Gelehrte, hielt dieser Tage an der Berliner Universität vor einer Hörerschaft von Ge­lehrten einen Bortrag über die alten Germanen der Vorgeschichte von den Zetten an, wo seine und unser« Vorfahren noch gemeinsam in Deutschland am Rand der Gletscher das Renntier jagten. Wie lange ist da­her und wann sind die Germanen zuerst in die von ihnen heute bewohnten Gegenden gekommen? Seit dem Ende der letzten Eiszeit, so berichtet dieD. TageSztg." über den interessanten Bortrag, finden wir in Mittek- und von da vordringend nach Nordeuropa dieselbe schlanke, langschädelige, großgewachsene Menschenrasse, die wir heute noch als Nordeuropäer kennen. Die rund- köpfige Rasse ist in unsere Gegend erst später ein­gewandert. Dem Renntter folgend zogen die Menschen hinter den schmelzenden Gletschern in die eisfrei wer­denden Gebiete ein. Unter Berufung auf verschiedene Beweisunterlagen, namentlich auf die sorgfältigen Lehmablagerungsmessungen des schwedischen Geologen Baron de Geer berechnet MonteliuS die Dauer seit der Enteisung Mitteldeutschlands auf rund 20 OOS Jah­re. Solange wohnen hier unsere Borfahren, die wir zwar noch nicht Germanen nennen können denn die Teilung in Germanen, Kelten, Slawen usw. erfolgte erst später die aber die geradlinigen Borfahren der Germanen waren. Auf ein paar hundert Jahren kann es bei solchen Berechnungen selbstverständlich nicht an«

Holland im Vorjahr gesetzlich auf höchstens 46 Stun­den in der Woche festgesetzt wurde, kürzer ist als in Deutschland. Bei der holländischen Regierung schwe­ben Pläne, die Gesetzgebung dahin abzuändern, daß die Arbeitszeit wieder verlängert werden kann. Eine allgemeine Besserung dürfte aber trotzdem erst erwar­ten sein, wenn man in Deutschland nicht länger ge­nötigt sein wird, die Lebensführung gewaltsam zurück­zuschrauben und wenn somit nicht mehr Deutschlands Elend eine Verelendung in den Nachbarstaaten be­dingen wird, soweit diese nicht zu hohen Schutzzöllen greifen werden, was in Holland einstweilen noch nicht der Fall ist.

Neues vom Tage.

Ueber die Kabinettsbildung.

! Eine Versammlung der Berliner soz. Parteifunktio« ! nüre hat mit Zweidrittelmehrheit den Beschluß de- j Görlitzer Parteitags betr. Zusammenarbeit mit der i Deutschen Volkspartei abgelehnt, j Die Zentrumsfraktion des Reichstags hat dem l Reichskanzler ihr Vertrauen ausgesprochen.

Als unerläßliche Voraussetzung der Gesundung der ^ politischen Verhältnisse sei eine starke und zielbewußte z Politik der Mitte auf breitester Grundlage. Die Frak« - tion erblicke in dem Schutz und der Pflege der christ­lichen Kulturideale nach wie vor ihre vornehmste Auf« I gäbe.

i Tie Novemberzahlung gedeckt.

! Berlin, 2. Okt. Nach einer amtlichen Angabe ist ! die am 15. November fällige Zahlung an den Ver­band gedeckt, wenn die seit Ende Mai gemachten Sach­leistungen und der Ertrag der Ausfuhrabgabe berück­sichtigt werden.

Reichstag.

(Schluß.)

Tie Antwort des Reichskanzlers.

Berlin, 30. Sept.

Abg. Tittman« (U.S.P.): Wenn die Deutsch- nationalen sich heute ein harmloses Mäntelchen um­hängen, so können sie niemand damit täuschen. Ihre Maulwurfsarbeit zur Wiederaufrichtung ihrer Herr­schaft, ihre Putschtaktik, ihre Schaffung bewaffneter Truppenkörper auf den einzelnen Gütern des Land­bunds seien bekannt. In Bayern und jetzt in Salz­burg sei das Zentrum des die Republik bedrohenden Elements. Kein Wunder, daß die Deutschnationalen ihr Lob aus das Kahr-Bayern singen. Dort fanden sie ihresgleichen. Dort nützen sie die Ausnahmebestim­mungen für ihre Zwecke aus.

Reichskanzler Dr. Wirth: Die Kennzeichnung der politischen Lage durch den Abg. Hergt als eine poli­rische Schlacht trifft zu. Die Schlacht ist geschlagen und nachdem ein friedliches Ergebnis mit Bayern er­zielt ist, besteht kein Anlaß mehr zu irgendwelchen Be­fürchtungen. Das Programm der Reichsregierung aber, den Ausnahmezustand in Deutschland, wo er auch noch bestanden hat, zu beseitigen, habe ich durchgeführt. ' Der bayerischen Regierung war kein Zweifel gelassen ! worden, daß bei einer Neuabstimmung im Reichstag i das Ausnahmegesetz Bayerns fallen würde. Angesichts dieser Sachlage sind wir zu einem Vergleich gekom- i man. Man nennt dieses einen Rückzug. Besser ein ; solcher als eine verlorene Schlacht. Jedenfalls bin ^

An Lichtbildern zeigte der Vortragende, welche Höhe der Bildung im germanischen Norden schon in der Steinzeit erreicht wurde. Die geschliffenen Steinbeile aus dem germanischen Norden, rund 5000 Jahre alt, finden ihresgleichen nicht auf der ganzen Welt. Aus Feuerstein geschlagene Dolche, die man in Skandina­vien und Nörddeutschland und nur da in solcher Schön­heit des Entwurfs und Sicherheit der Ausführung fin­det, find ohne Gegenstück, und auch die ägyptische Stein­zeit kann ihnen nichts ähnliches zur Seite stellen. Sie stammen aus der Zeit um 2000 v. Ehr. schon seit der Mitte des dritten Jahrtausends vor Christi be­stand die Weltverkehrsstraße Saßnitz-Trelleborg. Be­merkenswert war ein Bild, das ein neuerdings in Schweden von zwei jungen Herren, denen Graf Eric von Rosen feinen Wald zur Verfügung gestellte hatte, ganz mit steinzeitlichen Geräten erbautes Balkenhaus zeigte. Die beiden jungen Schweden hatten zeigen wollen, daß man auch heute noch, nur mit steinzeit­lichen Hilfsmitteln ausgerüstet, leben könne, und haben den Versuch mit guter Gesundheit einige Wochen lang durchgeführt. Seit dem dritten Jahrtausend v. Ehr. kennen wir auch die Getreidearten des Steinzeitmen­schen, denn nichts ist verkehrter, als der Glaube, daß diese hochentwickelten Völker nur Fischer und schwei­fende Jäger gewesen, seien. Man baut in Norddeutsch­land und Skandinavien seit der Steinzeit Hirse, Gerste und Weizen, d. h. dieselben Getreidearten wie in Ba­bylonien. Seit der Steinzeit stehen unsere Gebiete auch schon durch den Bernsteinhandel mit der weiten Welt in Verkehr. Ursprünglich ist Dänemark das Ausfuhr­gebiet, erst späterwird das Hauptkontor an die Weich- sekmündung verlegt". Früh beginnt die Schiffahrt: England und die jütische Küste stehen durch Einbaum- fkotten in regem Verkehr. Aber die Schiffe, so groß und prächtig sie auch wurden, wurden nur mit Ru­dern bewegt. Das Segeln haben die Germanen erst in geschichtlicher Zeit erlernt. Schon der Steinzeit- mensch hatte das Pferd gezähmt und den Zaum erfun­den, den er notgedvunVsn «« HM und Horn bi»ek.

ich He.rn von Lerchenfeld durch sein bereitwilliges Entgegenkommen herzlich dankbar. Herr Hergt ruft zur nationalen Sammlung auf. Haben die Auslas­sungen aus dem deutschnationalen Parteitag dem ent­sprochen? Hat nicht Herr Hergt heute seine ganze Rede aus die vertraulichen Auslassungen aufgebaut, die der Reichskanzler damals getan? An meiner nationalen Gesinnung zu zweifeln, haben Sie keinen Anlaß. Aber die Gedenktage, die die Deutsch nationalen für ihre Partei ausgenutzt haben, haben dem Interesse unserer Nation nicht immer genützt. Herr Hergt hat erklärt: Für uns Deutschnationale gibt es keine Erfüllung des Ultimatums, nicht einmal den Versuch dazu." Da scheiden sich die Geister. Aus unserem redlichen Ver­such zur Erfüllung uns ein Verbrechen zu machen, übersteigt alle Grenzen. Wir wollen gerne die alten Ruhmestage feiern, aber wir müssen alles vermei­den, was auch die jetzigen Verhältnisse berühren kann. Sie haben die Verordnungen der Regierung verhöhnt und verspottet. Die Befürchtung, daß die bislang von der Rechten getriebene Verhetzung zu Maßnahmen füh­ren müsse, ist Gemeingut des gesamten Kabinetts ge­wesen. Auch die badischen Enthüllungen haben un­sere Befürchtungen noch übertroffen. Greifen Sie doch bis nach Oberschlesien hinüber. Wir danken allen, die mit den Waffen in der Hand dort um die deutsche Scholle gekämpft haben. Die badischen Enthüllungen beweisen, daß es sich um den Versuch zu einem neuen Kapp-Putsch gehandelt hat. (Gelächter rechts. Lärm links.) Die Republik muß gegen die reaktionären Um­triebe geschützt werden. Die Erfüllung des Ultima­tums, die Entlassung der Offiziere und die Auslie­ferung der Waffen hat uns eine Aufgabe gestellt, die sehr schwer war. Zugunsten der Beamten und Offi­ziere, zugunsten des ganzen Mittelstands und auch der Arbeitslosen müssen wir etwas Entschiedenes tun. Andererseits wollen wir gern die Leistungen der Be­amtenschaft anerkennen, aber sie darf sich nicht in hetze­rischem Sinne betätigen. Sie darf nicht zu Gewalt­maßnahmen drängen. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Scheidcmann (S.): Abwehrmaßnahmen gegen Mörder und Mordhetzer mußte die Regierung tref­fen, sonst würde der Bürgerkrieg ausgebrochen sein. Der Räterepublik in Bayern folgte das Regime Kahr, das in Deutschland der Hort für die Herren Hergt» und Genossen wurde, die dort das Ausnahmegesetz erließen, das die Mörder von Gareis unbehelligt ließ. Daran tragen Sie (zur Rechten) die Schuld, genau wie au dem Mord an Erzberger. Sie haben diesen Mann gehetzt, bis er dalag. Sie haben ihn um Ehre, Einfluß, um alles und schließlich ums Leben gebracht. Er hat dabet sicher alles getan, um seinem Vaterland zu dienen. Wir haben nichts gegen die Regimentsseste, aber sie solle,: nicht zu deutschnationalen Kundge­bungen benutzt werden. Das System Kahr-Roth-Pöh- ner sei ein Unglück für Bayern. Dieses System sei nur das verkappte reaktionäre Preußentum. Wir brau­chen die Republikanisierung der Verwaltung und ein« Gesundung unserer Justiz.

Das Haus vertagt sodann die Weiterberatung <uch Samstag 10 Uhr.

Berlin, 1. Okt.

(137. Sitzung.) Präsident Löbe teilt mit, daß der Untersuchungsausschuß für Oppau aus 8 Mitglieder« bestehen soll. Jede Fraktion soll einen Vertreter ha­ben. Die Interpellation Hergt (D.natl.BP.) über den Stand der deutschen Valuta soll in der vorgeschrie­benen Frist beantwortet werden.

während die Bronzezeit bald prächtigeres Pferdegeschirr darbietet, als wir selbst heute gewohnt sind.

Zu beispielloser Höhe entwickelte sich die Kunst und das Kunstgewerbe in der nordischen Bronzezeit. Der Vortragende führt einen herrlich gepunzten Frauenhalsschmuck aus der Zeit um 14 000 v. Ehr. vor. Wiederum schwingt sich der Norden, trotzdem er die Kunst der Metallbearbeitung erst aus dem Süden erhalten hat, sehr bald zur technischen und künstlerischen Führung empor. MonteliuS gibt Beispiele von Bronze­schwertern und Bronzestreitäxten, wie sie kein anderes Volk unseren Vorfahren nachmachen konnte. Er zeigte Prunkstücke, die der Norden geschaffen hat,4000 Jahre vor König David dieses Eisenschwert",1000 Jahre vor der Gründung Roms diese reiche Bronzeschale". Solchen Gürtelschmuck trugen unsere Ahnfrauen an der Ostsee um die Zeit, wo die Königin von Saba den König Salomo« besuchen kam."So sieht der 3500 ! Jahre alte elegante Anzug eines Herren aus, den uns ein Torf-Moor so ausnahmsweise gut erhalten hat, daß man ihn heute noch tragen könnte." Ein Weitere- Bild zeigt die Luren, die 3000 Jahre alten, gewaltigen Bronzeblashörner, deren einige in so glücklicher Voll­ständigkeit ausgegraben werden konnten, daß man heute noch mit überraschender musikalischer Wirkung auf ihnen spielen kann. Dagegen ist kein Gießer der Ge­genwart imstande, sie auch nur nachzugießen! Int Norden erscheinen die ersten römischen Fundstücke. Da­mit stehen wir an der Schwell« der geschichtlichen, auch für unsere Gegenden Mt geschriebenen Urkunden be­sten Zeit. De« Römern ist e» nicht gelungen, die germanischen Länder zu unterjochen. Wenige aber wis­sen, daß Auguftus auch die Absicht hatte, Skandina­vien zu erobern und daß er eine Flotte um Jütland herum an die Küste von Schonen zur Kundschaft ge­schickt hatte. Leider wissen wir nichts von den Ergeb­nissen dieser Expedition. Daß sie stattgesunden hat,, ist uns nur durch «ine Tempelinschrist a«S Kleinasien überliefert. Dann eroberten die Germanen Nom «M damit begam« «ich De de» Norden eine gmip-ueue Ueit-t