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Nltenftritz. Freitag Lea SV September.
Jahrgang LSL1.
Der dritte Band.
l Wann hat Bismarck die Veröffentlichung des dritten Kandes seiner Gedanken und Erinnerungen gewünscht? kinen Anhalt dafür gibt die Widmung, die lautet: „Den Whnen und Enkeln zum Verständnis der Vergangenheit «md zur Lehre für die Zukunft." Das hatte keinen rechten Kinn, wenn es des Verfassers Meinung gewesen wäre,- jein Werk sollte bis nach dem Tod Wilhelms II. ungelesen bleiben. Denn Wilhelm gehörte, an Bismarcks Alter gemessen, schon zum Geschlecht der Enkel.
Es wäre müßig, sich auszumalen, wie eine frühere Veröffentlichung gewirkt hätte; welchen Nutzen sie etwa gestiftet, welche verwirrenden Folgen sie gehabt haben könnte. Aber das muß! man schon sagen: nachdem Bismarcks Werk dr Trümmern lag, hatte eine längere Zurückhaltung jeden binn verloren. Wilhelm II. ist selten gut beraten gewesen, ganz gewiß aber nicht in dem Augenblick, als er gegen die Veröffentlichung Einspruch erheben ließ. Das ganze Ausland hat das Letzte, was Bismarck seinem Volk M sagen hatte, eher kennen gelernt, als das deutsche Volk. Das ist peinlicher als alles Peinliche, was im dritten Band über Wilhelm II. gesagt wird.
Auch am Prinzen Wilhelm hatte es sich gerächt, daß in den deutschen Schulen der 70er und 80er Jahre di« lnkurgische und die solonische Verfassung zwar sehr gründlich, die Verfassung des Deutschen Reichs aber — überhaupt nicht abgehandelt wurde. Die staatsrechtlichen Anschauungen, die der künftige Kaiser in seinen Briefen an Bismarck entwickelt, sind einfach ungeheuerlich. Nicht, ganz gewöhnlich sind allerdings auch die „Ueberhebung" und „Ueberschätzung", womit sie vorgetragen werden. Sie bestätigen durchaus die Befürchtung, die fein Vater, in seinem Schreiben an Bismarck, an das „rasche und zur Uebereilung neigende Urteil" seines ältesten Sohnes geknüpft hatte. Der nur zu berechtigte Wunsch des nachmaligen Kaisers Friedrich aus dem Jahr 1886, sein Lohn möge „vor allen Dingen die inneren Verhältnisse des eigenen Landes kennen lernen", bevor er auf die Auswärtige Politik losgelassen werde, ist leider nicht in !Erfüllung gegangen. Das deutsche Voll hat den Schaden davon gehabt.
Das Hauptstück des Buchs ist eine Schilderung des End- kainpfcs zwischen dem jungen Kaiser und dem Kanzler. Der eine von den Hauptgegenständen des Zwistes, der die deutsch-russischen Beziehungen zmnKenl- punkt hat, ist absichtlich aus politischen Gründen mehr im Dunkeln gehalten. Hell und grell tritt dagegen der andere hervor: das Verhältnis zur Sozialdemokratie. Beim Kaiser waren vorwiegend zwei Antriebe wirksam: einmal der natürliche Gegensatz, worin das junge Geschlecht zum alten steht, dann ein maß? loser, man ist versucht zu sagen krankhafter Ehrgeiz, den großen Kanzler durch blendend rasche Erfolge zu übertrumpfen. Deshalb wollte er da emsetzen, wo Bismarck gescheitert war, bei der Gewinnung der Sozialdemokratie Kr den Staat. An Stelle der Gewaltpolitik sollte eine Politik der Reformen treten.
Aber Bismarck täuschte sich, wenn er vorübergehend glaubte, den Kaiser für sein Programm gewonnen zu haben — das er dann in der Folge gern „das kaiserliche" nennt. Der Kaiser wollte keine Politik, an deren Ende, wenn auch nur als grause Möglichkeit, der Bürgerkrieg stand. Aber nicht daran ist der Kaiser gescheitert, daß er 1890 nicht gewollt hat, wie Bismarck wollte, sondern daran, daß er den Weg, den er 1890 betreten hatte, nicht mit überlegener Ruhe und Stetigkeit zu verfolgen imstande war. Der Kaiser halte 1890 auch die deutschen Bundesfürsten hinter sich. Daß die Fürsten hinter des Kaisers sozialem Programm standen, spricht Holstein — der doch auch zu den „Eingeweihten" gehörte — in einem Brief an Boetticher ganz offen aus. Daß die Nächstbeteiligten, als die schroffe Form der Verabschiedung ihre verheerenden Wirkungen zu offenbaren begann, keinen Wert darauf legten, ihren persönlichen Anteil am Titanensturz herauszustellen, kann man verstehen. Doch darf man vermuten, daß da in den sächsischen, bayerischen, badischen und anderen Archiven noch viel aufklärendes Material verborgen lieat. Sichtbar quittiert hat Bismarck jedenfalls für die Bemühungen deutscher Bundesfürsten um seinen Rücktritt, indem er seinem Buche jenen Brief des Prinzen Wilhelm vom 29. November 1887 einflocht, worin den „alten Onkels" d. h. den Bundesfürsten das „pariert muß iverden" in Aussicht gestellt wird.
Das dritte Hauptthema des Buchs ist der Sansibar- Vertrag und die Umstellung unserer auswärtigen Politik unter Caprivi. Seinen Nachfolger hat Bismarck ehrlich gehaßt, und er hat persönlich auch Grund dazu gehabt. Aber das Persönliche ist für uns, die wir unsere eigenen Sorgen haben, von weit geringerem Wert geivor- den, als es für die Zeitgenossen der bösen Kämpfe war. Uns interessieren vor allem Bismarcks „Gedanken" über die Politik seines Nachfolgers. Bismarck ist ein Gegner des Erwerbs von Helgoland gewesen. Er sah in der englischen Flagge über Helgoland den besten Schutz gegen einen französischen Angriff — zu einer Zeit, wo es eine deutsche Hochseeflotte noch nicht gab.
Ehrlicherweise werden wir aber doch bekennen müssen: der Generalstäbler Caprivi aus Moltkes Schule hat hier weiter gesehen als der große Staatsmann, der in zehn Jahren das Reich gebaut und ihm zwanzig Jahre lang den Frieden erhalten hatte. Er hat die Möglichkeit gesehen, daß England und Frankreich sich zu einer „Entente" gegen uns zusammenfinden könnten. Und er hat erkannt, daß diese Möglichkeit, einer Verstärkung unseres unversöhnlichen Gegners zu Lande durch die stärkste Seemacht, für uns lebensgefährlicher sei, als alle möglichen Landbündnisse gegen uns und daß sie hintanzuhalten für unsere Zukunft wichtiger sei als selbst der stärkste „Draht nach Petersburg". Sobald unser Anteil am Welthandel
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für unsere Wirtschaft schlechthin unentbehrlich geworden war, Hing unsere Freiheit am freien Zugang zum Welt- meer, zwischen Frankreich und England. Bon diesem Augenblick an brauchten wir England — da doch Frankreich nicht zu haben war -- nötiger als England uns brauchte. Jedenfalls war die englische Freundschaft fortan für uns wichtiger geworden als die russische. Das hat oer General Caprivi anscheinend sicherer gefühlt als der Festlandspolitiker Bismarck, für den das seefahrende Deutschland „eine ganz neue Welt" war. Wie man denn in den Kreisen des Generalstabs für die Unvermeidlichkeit der kriegerischen Abwehr des Panslawismus ein sichereres Vorausgefühl gehabt hat als in den leitenden politischen Kreisen. Moltke, Caprivi, Walder- see, Schließen, sie alle sahen den Russenkrieg kommen und rechneten mit ihm als etwas Unvermeidlichem. Daß wir die Veränderung der politischen Werte England und Rußland für das seefahrende Deutschland Wilhelms II., im Vergleich zu Bismarcks Festlaudstaat, nicht rechtzeitig und nicht richtig erkannt haben, das hat uns unsere Stellung als Großmacht gekostet.
Bismarck hat, wie Friedrich der Großle auch, gegen Ende seines Lebens wohl mit geheimer Angst empfunden, wie sehr sein politisches System auf die eigene, übermenschliche Persönlichkeit zugeschnitten sei. Er sah niG, daß Deutschland allein sein politisches Festlandssystem unmöglich werde festhalten können, wenn das qanze System des Völkerverkehrs ringsum sich wandelte. Noch weniger freilicher sah das der junge Kaiser, der den alten Wagenlenker herrisch vom Sitz gestoßen und voll Ucberheb- lichkei ^ ^.^Gierigkeiten hatte.
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Neues vom Tage.
^ Untcrsnchungsausschutz für Oppau. s
Berlin, 29. Sept- Der Reichstag beschloß, zur Untersuchung des Unglücks in Oppau einen besonderen Ausschuß einzusetzen. Der kommunistische Antrag, zu diesem Ausschuß Arbeiter aus Oppau beizuziehen, wurde abae- lehnt, ebenso ein Antrag Schwarzer (Bayer. BolkspH daß der Reichstagsausschuß mit dem UntersuchungsauK- schuß des bayerischen Landtags zusammenarbeitm soll. — Die nächste Sitzung beginnt am Freitag, mittags 12 Uhr.
Berkrauerrskundgebung für de« Reichskanzler. '
Düsseldorf, 29. Sept. Die Vorstände und Arbeiter- Sekretäre des Westdeutschen Verbands der kath. Arbeitervereine haben dem Reichskanzler telegraphisch im Namen der Arbeiter der Zentrumswählerschaft vollstes Vertrauen ausgesprochen.
Ter Völkerbmtdsrat für die Ssorzalinie?
Genf, 29. Sept. Der Schweiz. Dep. Ag. zufolge gehen Gerüchte, daß der Völlerbundsrat in der ober- schlesischen Frage sich etwa für die sogenannte Sforzalinie entscheiden werde. Der Rat sei in hohem Akaß beeinflußt von dem Gutachten, das in der Denkschrift der Amsterdamer Gewerkschafts-Internationale abgegeben wurde und an dem auch deP polnische Vertreter Askenash mitarbeitete. (Die Sforza- Linie ist ein Aufteilungsvorschlag des franzosenfreund!? lichen früheren italienischen Ministers des Aeußsrn Grafen Sforza, der den Polen nicht nur die Kreise Pleß und Rybnik im Süden, sondern auch noch einen namhaften Teil von Ostschlesten zugesprochen wissen will.)
Tie deutsche Mark ein Rätsel.
London, 29. Sept. „Evening Standard" schreibe der Sturz der deutschen Mark habe den ganzen Valuta markt in Aufregung gebracht. Es sei behauptet worden, die deutsche Industrie bedürfe zur Eroberung der ausländischen Märkte der entwerteten Mark; aber es gebe eine Grenze. Deutschland könnte sein ganzes finanzielles Ansehen einbüßen. Man könne vermuten, daß Deutschlo"d dem Zusammenbruch zutreibe, was ernste Folgc ,,ätte. Andererseits werde daraus hingewiesen, da,; Deutschland die Mark verkaufe, weil es die vor einem Monat gekauften Rohstoffe, Lebensmittel usw. bezahlen müsse. In diesem Fall würde vielleicht eine Hebung des Kurses eintreten, die so stark wäre, wie der gegenwärtige Sturz. Auf jeden Fall bleibe die deutsche Mark ein Rätsel.
Nenyork, 19. Sept. Die Gegnerschaft der demokratischen Senatoren gegen den Sonderfrieden mit Deutschland nimmt infolge der Umtriebe Wilsons zu, sodaß es in Frage gestellt ist, ob die Zweidrittelmehrheit, die für die Bestätigung nötig ist, im Senat zustande kommt. Ein ^eil der Demokraten ist indessen für den Vertrag, damit
'-Wiens der „Kriegszustand" beendigt werde.
Reue Fernsprechverbindung mit Schweden.
Bevli«, 28. Sept. Gestern wurde die von einem deutschen Hilfskabeldampfer vor einigen Tagen begonnene Legung eines zweiten Fernsprechkabeks zwischen Deutschland und Schweden vollendet.
Ti» Sachleistungen.
Paris, 29. Sept. Im Kammerausschutz gab Lauch eur Aufschluß über das Abkommen von Wiesbaden mit Rathenau. Die Preise für die von Deutschland zu liefernden Sachleistungen wurden zum französischen Durchschnitt (nach anderer Meldung zu den in Deutschland geltenden Preisen) berechnet und an der Kriegsentschädigung abgezogen. Die Preise werden von einem französischen, einem deutschen und einem dritten, vom Präsidenten der Schweiz zu ernennden Kommissions-Mitglied überwacht. — In einer Besprechung mit Vertretern der französischen Wiederaufbaugesellschaft sagte Loucheur, fehlende Arbeiter müsse man in Polen, in der Tschechoslowakei und besonders in Italien suchen. (Aber beileibe nicht in Deutschland!)
«ns Sem Eksaß.
Straßburg, 29. Sept. Die beiden Kommunisten Loe- per und Wagner sind wegen Verbrechens gegen die Sicherheit des Staats verhaftet worden. Wagner nahm als Vertreter der elsaß-lothringischen kommunistischen Jugendorganisation am Moskauer Kongreß
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