ZS

Mg. Knreiger Ur äie kerlcke llsgolck, 6s!w umi freuckensisckt. Kmtsblstt iür äe« öeÄrk Ilsgolä unä Kr Mensteig-5tsät

kMS-r-resH, Bei der Post«, den Ngenteo drzosr^ vterkt'Mr!. ix Btt. SO Pfg., in Mtmstekg 18 M!.<8 Pfg. ! -l»rei-r»prri», Die IsMltlge Zeile deren Rmr« «0 P?-.. dir MtLmnezrilr 1 Mk> so dfg. Mtnkest- i^ Mchterscheinen brr Zeitunz iniolse höherer «rwalt sdrr Arrrieb»stök>>iag dkstidr tei» Anspruch auf Liefenmz. j detrag eines LustragS 8 LV. Net WÄerhodmge« Vt-chstt. Bei Zstzlunz-Nerzug M der Rsüalt hinfälli«.

Rr. rvS.

I

AlLekNeis» Samstag Sev 3 September.

Aahrgaag LSM.

Zur Lage.

Noch stehr alles unter dem Eindruck der Bluttat vom Kniebis, der der frühere Reichsiinanzmimfter, Reichsragsabg. Matthias Erzberger in der Mittags­stunde des 26. August zum. Opfer gefallen ist, während fein Parteifreund, Reichstagscibg. Diez aus Radolfzell, schwer, wenn auch glücklicherweise nicht gefährlich ver­letz! wurde. Ueber die Untat schwebt noch ein völliges Dunkel. Tie beiden Täter sollen, der eine ein großer blonder, der andere ein kleiner schwarzer Mann im Alter von 2530 Jahren gewesen sein. Solche Leute gibt es aber eine große Menge und die weiteren Angaben von Personen, die die Mörder kurz nach der Tat gesehen ha­ben wollten, haben sich fast durchweg als,unbrauchbar sür die Verfolauna erwiesen:

Ueber die Tat selbst herrscht in Deutschland wohl nur eine Stimme der schärfsten Verurteilung. Bis jetzt spricht alles dafür wenigstens sind stichhaltig? Gegengründe noch nicht bekannt, daß politische Beweggründe dahinter stecken. Dann aber war die Tat nicht nur ein Verbrechen, denn Mord bleibt Mord, sondern auch eine grenzenlose Dummheit. Sollte etwa verhindert wer­den, daß Erzberger wieder Reichssinanzininister oder gar Reichspräsident werde, oder daß er wieder den maß­gebenden Einfluß in der Reichspolitik mit seinen stark nach links gerichteten Bestrebungen zurückgewinne? Reichs­kanzler Wirth hat am Grabe Erzbergers bezeugt, daß di her selbst sich mit keinerlei solchen Absichten getragen labe. Die Zentrumspartei, innerhalb deren allerdings über Erzbcrgcr eine starke Meinungsverschiedenheit be­henden hatte, ist jetzt einiger denn je. Der 6l. Katho­likentag in Frankfurt hat das gezeigt. Auch die R.'gierungskoalition im Reich dürste an Festigkeit Zuge- rwinm-n und vielleicht eine Verschiebung des Schwer­punkts weiter nach links erfahren haben, worauf die Ver­ständigung zwischen den beiden bisher feindlichen soziali­stischen Parteien, Mehrheits- und Unabhängige Sozial­demokratie, hinweist in der allgemeinen Kundgebung sür den Kampf gegen die Reaktion und zum Schutz der Republik", die am Nachmittag des 31. August von der sozialistischen Arb.iterschast aller größeren Jndustrieplätze Deutschlands veranstaltet wurde.

Dazu kommt, daß die Reichsregiernng sofort nach der Mordtat Ausnahmeverordnungen von nie ge­kannter Schärfe erlassen hat. Die Abhaltung verbote­ner Versammlungen, das Sprechen daselbst und die bloße Beteiligung, die Herausgabe und Verbreitung verbotener Druckschriften usw. sollen mit Geldstrafen bis zu 500 000 Mark und Gefängnis belegt werden. Solche Strafen treffen auch! diejenigen, diedie verfassungsmäßigen Or­gane und die Einrichtungen der Republik in einer den inneren Frieden gefährdenden Weise verächtlich machen". Als solche Organe sind nach amtlicher Auslegung nicht nur die Beamten des Staats, sondern alle Leute an­zusehen, die glauben, in irgendeine r Weise ?ür die Republik eintreten zu müssen. Das Tragen von Uniformen ohne besondere Erlaubnis wird bei hohen Strafen verböten. Zugleich wurden ohne be­stimmte Veranlassung, auf Grund ihrer seitherigen Rich­tung, 10 rechtsstehende Zeitungen, darunter drei süd­deutsche, aus 14 Tage verboten. Namens der Reichs- regierurrg erklärte ein Vertreter ausdrücklich, daß die Ver­ordnungen speziell gegen die Rechte gerichtet seien. Das ist also derErfolg" der Mordtat, das Gegenteil dessen, was vielleicht von den Mördern erreicht werden wollte, wenn sie ans politischen Absichten gehandelt ha­ben sollten.

Es ist begreiflich, daß die Ansnahm'Verordnungen eine kehr geteilte'Aufnahme finden. Den Linksraoikalen gehen sie nicht weit genug, die Rechtsparteien sind empört, daß die Reichsregierung ihnen die Bedrohung der Ver­fassung znschreibt, während sie andererseits die Ausrührer von Mitteldeutschland begnadige und den Ausnahmezu­stand in dem Gebiet des Osteraufstands gleichzeitig mit dem Erlaß der Ausnahmeverordnungen gegen die Rechte aushebe. Besonders fühlt sich Bayern verletzt, von dem gleichfalls, wie es heißt, die Aufhebung des dortigen Ausnahmezustands verlangt wurde; nötigenfalls werde die Reichsregierung die Aufhebung verfügen. Die bayerische Regierung erhvb in Berlin Widerspruch gegen cllle Ausnahmevervednungen, die bürgerlichen Par­teien (einschließlich Zentrum (Bayer. Bolkspartei) und die ganze bürgerliche Presse unterstützen den Wider- Rand gegen Berlin; die Bundesstaaten dürfen sich ver­

fassungswidrige Uebergriffe der Reichsregierung in die Verwaltungs- und Justizhoheit nicht gefallen lassen, sonst sei es um ihre Selbständigkeit überhaupt geschehen. Da ist nun also der bekannte Gegensatz wieder da, zu einer Zeit, wo man alles eher brauchen könnte als Zwist im Innern. Es ist noch nicht abzusehen, wie die Sache ablänft, denn es handelt sich diesmal nichr um Dinge wie Entwaffnung usw., wo die Entente ein Machtwort sprechen kann, sondern um rein innerdeutsche Angelegen­heiten.

Inzwischen hat sich das Grab über Erzberger ge­schlossen. Er ist am 31. August in Biber ach mit fürstlichen Ehren zur letzten Ruhe bestattet worden. Reichs­kanzler Wirth hielt am Grab eine Ansprache, die wegen ihrer schneidenden Schärfe gegen die Rechtsparteien Aussehen erregte. Es war eine Kampfansage bis zum Aeußersten. Die ganze Erbitterung über den frevlen Mord und der Schmerz über den verlorenen Freund zit­terten in den Worten des Reichskanzlers nach. Das ist menschlich zu verstehen. Die Zeit wird aber auch hier ihre mildernde Wirkung ansüben.

Am 27. August, spät abends, ist in Wiesbaden das deutsch-französische Abkommen übe r die Sachleistungen von den Ministern Rathenau und Loucheur mit vorläufiger Gültigkeit unterzeichnet wor­den. Wie zu erwarten war, hat der Machtstandpunkt Frankreichs wieder obgesiegt und Herr Lokcheur hat die Bäderstadtsehr befriedigt" verlassen. Nach dem Ab­kommen, das noch der Bestätigung der beiderseitigen Re­gierungen und der Wiederherstellnngskommission unter­liegt, darf Deutschland bis 1. Mai 1926 Sachliefc- rnngen im Wert bis zu 7 Milliarden Goldmark au s Anforderung Frankreichs machen, ungefähr so viel, als der Anteil Frankreichs an den Kriegsentschädi­gungszahlungen in diesem Zeitraum beträgt, nämlich 52 Prozent von den Jahreszahlungen von 3 Milliarden Goldmark, also ungefähr 1 1/2 Milliarden Goldmark jähr­lich. Da es aber Frankreich nicht allein auf die Sach- liefernngen ankommt, so will es offenbar bis 1926 nur 1 Milliarde jährlich dafür in Anrechnung bringen und den Rest auf die Mieren Jahresbarzahlungen anrech­nen lassen, was bedeutet, daß Deutschland noch über die im Londoner Ultimatum festgesetzten Jahresleistungen hin­aus 5 Jahre lang für 1/2 Milllarde jährlich Sachleistun­gen liefern muß, wenn Frankreich es fordert. Die Sum­men werden aber Deutschland nur ungerechnet, nicht aus- bezahlt, vielmehr hat das Reich die liefernden deutschen Firmen zu bezahlen. Deutschland darf auch nur für den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete liefern. Die deutsche Ausfuhrindustrie wird also auf ein ganz bestimmtes Sondergebiet festgelegt, während in den fünf Jahren so rechnet Herr Loucheur die französische Industrie sich ungestört der bisherigen deutschen Ab­satzmärkte bemächtigen kann. Die V erwend n n g d e n t- scher Arbeitskräfte in Frankreich hat Loucheur ab­gelehnt. Als kleinen Ersatz hat ieoncheur etwas an den Viehablieferungen nachgelassen. Wie England, Ame­rn a, Italien und Spanien sich nun dazu stellen werden, daß an die Stelle des eben glücklich überwundenen deut­schen Wettbewerbs der französische treten soll, das ist eine andere Frage. Zunächst hat Deutschland die Sachleistungen auszusühren; wie die Verbündeten dann unter sich zu Streich kommen, das ist ihre Sache. Wirt- schgftssragen entwickeln sich nach ihren eigenen Gesetzen, sie lassen sich nicht von einer Amtsstube aus formen.

Der deutsch-amerikanischeFrieden" ist der Form nach geschlossen und man hat das wenigstens durch Kürze und Nüchternheit sich auszeichnende Schriftstück nunmehr kennen gelernt. Von Rechts wegen hätte der Frieden gemäß den 14 Punkten Wilsons und der bekann­ten Note des Staatssekretärs Lau sing vom 5. November 1.918 geschlossen werden müssen, aus Grund deren der Weltkrieg beendet wurde. Die amerikanische Regierung hat damals ihr Wort dafür verpfändet. Mer davon war jetzt gar keine Rede mehr. Der Friedensvertrag ist völ­lig einseitig. Amerika nimmt sich alle Rechte vor­weg, die sich ans dem Vertrag von Versailles herleiten lassen, ohne eine einzige Verpflichtung zu übernehmen. Ansgelassen ist nur der famose Völkerbund und die verschiedenen Gebiecsveränöcrnngen ans Kosten Deutsch­lands, die Amerika teils gleichgültig, teils unerträglich sind, wie diejenigen in Ostasien und in: Stillet! Welt­meer. Die von Deutschland gewünschte Anerkennung einer internationalen Regelung des achtstündigen Ar­beitstags usw. hat Amerika rundweg ab gelehnt.

Das deutsche Privateigentum bleibt solange be­schlagnahmt, bis Deutschland die amerikanischen Ent­schädigungsansprüche befriedigt hat. Die Grundlage des Amerika-Friedens ist somit durchaus der Friede von Ver­sailles und er ruht ebenso auf dem einst künstlich er­zeugten Kriegshaß. Wie schwer die planmäßige Ver­giftung einer Volksseele zu überwinden ist, das haben wir ja an anderen Beispielen erfahren. Eine Seuche, die so lies gefressen hat wie das Lügenwerk Northcclisses in Ame riia, läßt sich nicht von heute auf morgen heilen. Wir müssen aber der Zeit vertrauen. Ist der Menschheit erst einmal der Wahn von der Schuld Deutsch­lands genommen, dann wird auch Amerika aus seiner Betäubung erwachen und dann wird vielleicht nachgo- holt werden können, was heute noch unerreichbar ist. Amerika empfindet am eigenen Leib, was es heißt, wirt­schaftlich vereinsamt zu seM es erstickt im eigenen Fett und in dem Geld, das ihm von allen Weltecken zuströmt und dabei hat es 5 Millionen Arbeitslose. Was den Politikern und Diplomaten nicht gelang, wird den Wirt­schaftlern gelingen. Der Krieg war ein Wirtschafts­krieg, hat Wilson einmal in einer schwachen Stunde be­kannt. Und der Fried« tziird daher ein Wirtschaftsfriedv sein.

Neues vom Tage.

Aufruf an die württ. LaWwirie. ^

Stuttgart, 2. Sept. Die Württ. Landwirtschastskam- mer, der Landwirtschaftlich« Hauptverband Württem­berg», der Verband landwirtschaftlicher Genossenschaf­ten in Württemberg und der Schwäbische Bauernverein erlassen folgenden Aufruf: An unsere landwirtschaft­lichen Berufsgenossen. Nachdem die öffentliche Bewirt­schaftung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse bis auf wenige Reste aufgehoben ist, besteht in wetten Kreisen der Verbraucher die Befürchtung, daß die Preise für die wichtigsten Lebensmittel, namentlich für Getreide. Kartoffeln und Obst, übermäßig in die Höhe gehen könnten. Wenn von einzelnen Fällen berichtet wird, in denen sehr hohe Preise für landwirtschaftliche Pro­dukte bezahlt werden, so muß betont werden, daß solche Preissteigerungen in der Hauptsache durch die Käufer selbst, Händler und Verbraucher veranlaßt sind, die in Spekulationsabsicht oder in der Angst um die Ein­deckung ihres notwendigen Bedarfs bereit sind, über­mäßige Preise für landwirtschaftliche Produkte zu be­zahlen. Durch ein solches Vorgehen werden diejenigen Werbraucherkreise, die nicht über dieselben finanziellen Mittel verfügen, in eine begreifliche Unruhe und Sorge um die Beschaffung der notwendigen Lebensmittel ver­setzt. Wir richten daher, nicht allein im Interesse der Landwirtschaft selbst, an unsere Berufsgenossen die dringende Bitte, mit der Preisbemessung für landwirt­schaftliche Produkte nicht über den Rahmen hinaus­zugehen, der nach den Preisnotierungen des Groß­handels auf Börse und Märkten als angemessen er­scheint. Ferner sollte bei dem Absatz der Erzeugnisse möglichst darauf Bedacht genommen werden, daß in erster Linie der Bedarf der württ. Bevölkerung gedeckt wird.

Bom Ueberwachnngsaussch utz.

Berlin, 2. Sept. Heute beschäftigte sich der 8. Aus­schuß des Reichstags der sogenannte Ueberwachungs- ausschnß mit der Frage des Ausnahmezustands in Bayern. Der Vorsitzende des Ausschusses. Dr. Meer­feld (Soz.) wies darauf hin, daß der Ueberwachungs- ausschutz angerufen werden müsse, sobald mindestens 2 Mitglieder die Berufung beantragen. Das sei durch die unabhängigen Abgeordneten Dittmann und Dr. Rosenfeld geschehen. Eingeladen seien der Reichskanz­ler, der Reichsmintster der Justiz und der Reichsmini­ster des Innern, die auch anwesend seien. Abg. Ditt­mann (U S.) begründete alsdann ausführlich seinen Antrag betreffend die Aufhebung des Ausnahmezu­standes in Bayern.

Ausschreitungen »ei der Auudgebnug.

Speyer, 2. Sept. Bei der Kundgebung am Mitt­woch drang eine Anzahl Leute in das Regierungsge­bäude ein, wobei es zu Bedrohungen und Tätlichkeiten gegenüber einigen Beamten kam. Sie zogen von Zim­mer zu Zimmer und warfen die dort befindlichen Kö­nigsbilder und -Büsten auf die Straße.