Beendeter Streik.

^ Greifswald. 24. Juli. Die hiesigen Zeitungen mel­den, daß der Landarbeiterstreik im Kreise Greifswald völ­lig zusammengebrvchen ist. Aus sämtlichen Gütern wirk wieder gearbeitet. Auch im Bezirk Bunzow, wo aus 12 Gütern gestreikt wurde, ist die Arbeit bedingungslos wieder ausgenommen worden.

Hilfe für Rußland.

Berlin, 24. Juli. Halbamtlich wird mitgeteitt, di« Reichsregierung m»erde eine Deutsche Hilfeleistung für das von Hungersnot bedrohte Rußland aus jede Weise unter- Aützen.

Landtag.

Stuttgart, 23. Juli.

Die Beratung des Pfarrbesoldungsgcsetzes wurde heute in 2. Lesung fortgesetzt, aber trotz vierstündiger Sitzung nicht zu Ende gebracht. Die Anträge des Finanzausschusses lauten sämtlich auf Zustimmung zur Regierungsvorlage und wurden vom Berichterstatter Dr. Beisjwänger (B P.) dahin ausgelegt, daß der Ge­samtaufwand für die evangelischen Geistlichen sich für 1920 um 4 Millionen, für 1921 um 5 Millionen und für die katholischen Geistlichen entsprechend unter An­wendung des Paritätsmaßstabes sich erhöht. Die ka­tholische Kirche bekomme durch den Entwurf ziemlich mehr als 44 Prozent wie bisher.

Kultminister Dr. Hiebek versuchte darzulegen, wes­halb die wichtigste Frage, ob die katholischen Geist­lichen mit den evangelischen gleichgestellt werden sol­len, nicht wie in Preußen und Bayern entschieden wer­den konnte. Das bischöfliche Ordinariat und der ka­tholische Kirchenrat habe die Gleichstellung befürwortet, aber in Württemberg sei eine Mehrzahl von katholischen Geistlichen vorhanden. Auch die Wünsche des evan­gelischen Psarrvereins auf Vermehrung gehobener Stel­len hätten nicht erfüllt werden können. Die evange­lischen und die katholischen Kirchenbehörden hätten Wi­derspruch dagegen erhoben, daß vom 1. April 1923 an die Kirchen ihre Lasten selber tragen müßten. Die­sen Widerspruch erklärte der Kultminister unberech­tigt, damit die staatlichen und rechtlichen Interessen gewahrt würden.

Abg. Dr. Egelhaaf (D.VP.) empfahl die Annahme des Entwurfs und rechtfertigte die Bedeutung der Re­ligion gegen die gestrigen Angriffe des Unabhängigen Ziegler.

Abg. Heymann (S.) sprach von moralischen Vorlesun­gen Egelhaafs und verlangte die Auseinandersetzung zwischen Staat und Kirche. Die Kirchen sollten sehen, wie sie ihre Geistlichen bezahlen. Um den Ertrag der Pfründen braucht sich der Staat nicht zu küimyern. Tr beantragte, den außerordentlichen Zuschuß von 900 000 Mk. für die katholischen Geistlichen zu streichen.

Abg. Dr. Bauer (Z.) dankte Egelhaaf für sein Ein­treten zugunsten der Religion, erkannte an, daß das Diensteinkommen der kath. Geistlichen verbessert wurde, bedauerte aber, daß nicht grundsätzliche Gleichstellung ver evang. und kath. Geistlichen erreicht wurde. Die Zahl der kath. Geistlichen in Württemberg beruht aus der Gliederung des Landes und der geschichtlichen Ent­wicklung. Er beantragte deshalb, den außerordentlichen Zuschuß so zu erhöhen,datz eine Gleichstellung der Geist­lichen beider Konfessionen möglich werde.

Abg. Schees (D.d.P.) bestritt die sachlichen Bedürf­nisse dafür. Die Vorlage möge dem inneren Frieden dienen.

Abg. Bolz (Z.) beantragte über die Bauer'schen und

Heyneannffchen Anträge namentliche Abstimmung ln der nächsten Sitzung.

Nachdem noch Ziegler (USP.) von einem Nebenfluß an Pfarrern gesprochen und Dr. Bcißwänger (B P.) , bemängelt hatte, daß die evangelischen Geistlichen nicht ! in die gleiche Gruppe kommen wie die anderen Aka­demiker, bemühte sich der Kultminister nochmals um ! die Zustimmung der Bürgerparter zur Vorlage.

^ Die Abstimmung erfolgt am Mittwoch nachmittag um j 4 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen außerdem kleine i Anfragen, Nachtragsgesetze, Pfarrbesoldungsgesetz,

! Schulgeldgesetz und Wohnungsumlagegesetz.

»

. Dem Landtag ist ein 7. Nachtrag zum Staatshaus­haltplan für 1921 zugegangen, der bei den Kapiteln 84, 56 und 60 den Anteil am Schulgeld auf 2 838 OOS Mk. berechnet, ferner die Erträge der Erhöhung der Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer auf 8 350 00» Mk. und die der Sporteln und Gerichtskosten mit 650 000 Mk. in Einnahmen setzt. Bei der Verwaltung des Innern sollen zur Förderung des Wohnungsbaus 100 Millionen Mk. ausgegeben werden, von denen 40 Millionen durch die Wohnungsabgabe und 60 Mil­lionen durch Anleihen gedeckt werden sollen.

Das Staatsministerium hat dem Landtag den Ent­wurf eines 8. Nachtrags zum Staatshaushaltplan für 1921 vorgelegt, worin für die forstliche Versuchsanstalt 160 000 Mk. gefordert werden. Die Versuchsanstalt ist infolge der Verlegung des forstlichen Unterrichts von Tübingen nach Freiburg neu anfzübauen und in Ver­bindung damit soll auch das forstliche Versuchswesen Württembergs neu geordnet werden. Die Pläne hie- für sind in einer der Vorlage beigegebenen Denkschrift dargelegt.

Aus Stadt und Land.

INItttleiL. SS. Juli ISA.

' Waldkonzert. Dos am gestrige» Sonntag Nachmittag vom hiesigen Liederkranz unter Mitwirkung der Harmonie und der Stadtkapelle veranstaltete Watdkonzert nahm einen sehr schöne» und befriedigenden Verlauf. Der Platz ouf der Höhe beim Hirschg aben war vorzüglich geeignet und das Weiter in seiner unerschütterlichen Standhaftigkeit günstig, so daß alle Vorbedingungen zu diesem Waldsist, das zugleich rin gemütliches Volks- und Kinderfest um de, erfüllt waren. Als eS im Zug vom unteren Marktplatz unter den Weisen der Stadtkap lle zum Waldfefiplotz ging, schloffen sich schon zahlreiche Teilnehmer am Waldfeft an und oben am K«st- plotz selbst war bald eine große Menschenmenge in allen Altersstufen von hier und den Nachbarorten vertreten, zwang­los in Gruppen oder einzeln auf dem Boden deS Waldes lagernd, die Musik und den gebot-nen Gesang genießend, aber auch die Erfrischungen und S ä kungen, für die der Liederkranz selbst in ausreichender W--se gesorgt und durch seine Mitglieder geboten hotte. Mir dem dcuischen Sänger- grüß «öffnete der Liederkranz das Waldfest »ad nach der Empfangs- u. Begrüßungsansprache von Haupt! hier Schwarz boten Liederkranz und Harmonie unter der trefflichen L itung deS Dirigenten Frucht eine lange Reihe prächtiger Lieder, wie sie für das Waldkonzert ganz besonders geei net waren, so durch den Männerckor .Wer hat dich du schöner Wald*, Waldabendschein*, .Deine Wälder hört ich rouichen' und »Wanderschaft*, durch den gemischten C or:Waldeson- dacht', ,O Täler weit, o Höhen* etc., Lieder, die zu Herz und Gemüt gehen und die im Wald gesungen ihren beson­deren Zauber ausüben. Er freu'ich war, daß auch die hiesige ' Muükkapelle unier der Lelung ihres «fügen Dirigenten

Die gegenwärtige Krise hat zu einem Sieg der Obersten! Heeresleitung über den Reichskanzler Bethman» Holl­weg geführt, der durch seine Unentschlossenheit in altert geradezu verderblich wirkte".

Neues vom Tage.

Deutsch-englische Sonderunterharrvlurrgen.

Berlin, 24. Juli. DerLökalanzeiger^ berichtet aus LLmdon: Vorgestern wurde bekannt, daß hinter den Ku­lissen mit der deutschen Regierung Verhandlungen ge­pflogen werden, die allerdings einen vertraulichen und vor­läufig unverbindlichen Charakter besitzen. Diese Verhand­lungen beschäftigen sich mit zw^ Punkten. Erstens will' die englische Regierung die deutschen Beweise kennen lernen, die Deutschland zur Ent­lastung der von französischer Seite erhobenen Anklagen bereithält. Zweitens will die deutsche Regierung den englischen Standpunkt in dieser Frage kennen lernen, da dies für die Abfassung der deutschen Antwort außer­ordentlich wichtig ist- Wenn man auch hier in London eine Verstärkung der Besatzung in Oberschlessen nach wie vor nicht für notwendig hält, und die Einberufung des Obersten Rats für die allernächste Zeit fordert, so will man doch im Falle einer Veröffentlichung der fran­zösischen Beweise sich nicht von vornherein aus einen deutschfeindlichen Standpunkt fest­legen. Da es sich in der Hauptsache um die angeb­liche Scheinauflösung des deutsÜM Selbstschutzes han­delt, ist dieser Gegenstand der Einflußsphäre der Vev- bandskommission zu sehr entrückt, weshalb es unmög« sich war, Informationen von Oppeln unmittelbar zu er­halten. Von deutscher Seite soll überdies der Wunsch nach einer vorherigen Verständigung mit England aus­gesprochen worden sein, da die deutsche Regierunc hofft, auf diese Weise Sicherheiten zu er­langen, daß ihre Antwort keiner Mißdeu­tung begegnet. Es erscheint indessen fraglich, ol dem Botschafter Sthamer es gelingen wird, die englisch,, Regierung zu einer derartigen genauen Darlegung ihres Standpunkts zu veranlaßen. Man glaubt, daß die Winke die er vielleicht erhalten wird, von Einfluß auf dis Abfassung der deutschen Antwort sein werden.

Aus dem besetzten Gebiet.

Langeulorsheim, 24. Juli. Vom Militärpoljzeige- richt irr Mainz wurde der Veterinärarzt Jäger von hier, der m einem Gespräch mit Franzosen auf den Vorwurf, daß deutsche Soldaten in Belgien und Frank­reich Kinder verstümmelt hätten, Bemerkungen über das Verhalten der Franzosen in Oberschlesien gemacht hatte, wegen Beleidigung Frankreichs zu 15 Tagen Ge'ängniS und 2000 Mk. Geldstrafe verurteilt.

Die Lage i« Oberschlesien.

Berlin, 24. Juli. Die Meldungen über den angeb­lichen Schritt des italienischen Botschafters Fracatti bei der deutschen Regierung in der oberschlesischen Ange­legenheit werden von derDeutschen Allgemeinen Ztg." dahin richtig gestellt, daß Frasatti kein Wort von ein« deutschen Truppenzufammenziehung an der obe: schlesische« Grenze gesagt hat. Der Botschafter hat lediglich i« freundschaftlicher Weise dem auch vo nder deutschen Re­gierung gehegten Wunsch Ausdruck gegeben, die weiter« Entwickelung rn Oberschlesien möge frei von Konflikte« bleiben, die etwa zu neuem Blutvergießen führen könn­ten. Von einer Unterstützung des französischen Schritts durch die italienische Regierung ist also nicht die Red« gewesen.

Der Doppelgänger.

Roman von H. Hill.

(30) (Nachdruck verboten.)

»Ja enic -Könne von der Insel Wighr ist an Bord gekommen, um tue die Carmeliterinnen zu sammeln. Ich wollte ihr ein Zwanzigmarkstück geben, aber sie war ganz beleidigt über die Zumutung, sich mit solchem Almosen, wie sie es nannte, zu begnügen und sagte, daß sie aus eine er­hebliche Summe gerechnet hätte. Weil sie nicht auf Deine Wiederkehr warten konnte, habe ich ihr ein« Adresse angebe» müssen, wohin sie Dir schreiben könnte, um ihr Anlieg«« vorzutragen."

Und was für eine Adresse hast Du ihr genannt, lieb« Tante?-

Ich sagte, sie solle postlagernd Gibraltar schreiben, weil wir diesen Punkt bei unserer Mittelmeerreise doch sicherlich berühren würden. -

Hertha schwieg ein paar Sekunden lang, dann sagte ße ruhig:

Ihr Brief wird vermutlich niemals in meine Hände gelangen, denn ich habe mich inzwischen anders besonnen. Man hat mir gesagt, daß der Golf von Biskaya um dies« Jahreszeit sehr unruhig und für eine Vergnügungsreise wenig geeignet sei. Weshalb sollen wir uns also ohne Not den Unannehmlichkeiten der Seekrankheit und vielleicht ernst­lichen Gefahren aussetzen? Ich meine, wir bleiben besser in den englischen Gewässern und legen nach unserm Gefallen bald in diesem, bald in jenem Hafen an. Als unsere nächste Station habe ich mir Exmouth gedacht. Bist Du damit einverstanden. Liebster?*

Burkhardt hatte natürlich nichts dagegen einzuwenden. Vielleicht war es in der Tat viel bester, in unmittelbarer Nähe der Küste zu bleiben. Denn wenn er eines Tage- Henha sein Geständnis ablegen mußte, und wenn ste daraufhin, wie er es befürchtete, alle Beziehungen zu ihm abbrach, würde sie in diesem Fall nicht genötigt sein, noch tagelang die Qual keiner Gesellschaft zu ertragen, sondern würde innerhalb weniger

Stunden, die zur Erreichung des nächsten Hafens genügten, von ihm befreit werden können.

So sind wir also im Reinen,* sagte Hertha auf seine zn-timmende Erwiderung.Ter Kapitän erfährt unsere ver­änderten Dispositionen ja noch früh genug bei der Abfahrt. Ader ich muß vorher noch ein Telegramm an nieinen Sach­walter in Berlin senden, damit er über unseren Aufenthalt unterrichtet ist, falls er mir irgend welche wichtigen Mittei­lungen zu machen haben sollte."

Sie setzte sich an ihren kleinen -Schreibtisch, um dis Depesche auszusetzen. In diesem Augenblick trat Marie, die sich bis dahin, von keinem beachtet, im Hintergrund der Kabine zu schaffen gemacht hatte, bescheiden auf sie zu.

Ich bitte um Verzeihung würden gnädige Frau mir vielleicht gestatten, noch einmal an Land zu gehen? Ich möchte mir noch ein paar Kleinigkeiten besorgen, deren Fehlen ich auf der Reise sehr unangenehm empfinden würde.-

Jch habe nichts dagegen einzuwenden,* erwiderte Hertha, ohne sich nach ihr umzusehen.Können wir doch ohnedies nicht früher in See gehen, als bis der Bote mein Telegramm an Land besorgt hat."

Darf ich nicht vielleicht diese Besorgung übernehmen?* fragte Marie diensteifrig. Aber als Hertha sich jetzt umdreht« und ihr fest ins Gesicht sah, schlug sie unwillig die Auge« nieder und kleminte die Unterlippe zwischen die Zähne.

Nein!- erwiderte die junge Frau beinahe hart.Ich ziehe es vor, einen von den Leuten der Jachtmannschaft damit zu betrauen.-

Marie knickste und ging hinaus, ohne daß ein Ausdruck beleidigter Empfindlichkeit aus ihrem Gesicht gewesen wäre. Erst als die Tür der Kabine hinter ihr zugefallen war, ver­änderte sich ihr Aussehen. Ihre Brauen zogen sich zornig zujammen, und ein häßliches Zucken ging um ihre Lippen.

Sie täte fürwahr viel besser, es nicht mit nur zu ver­derben," murmelte ste vor sich hin.

17. Kapitel.

* Auf dem Kai, in dessen Nähe die JachtDlbion* vor Anker gegangen war, gingen zwei Herren in eifriger Unte» Haltung auf und nieder.

Der eine von ihnen wies plötzlich auf die Wasserfläche hinaus, auf der sich ein kleines Boot, das eben von der Jacht abaestoßen war, dem Ufer näherte-

Da kommt sie, Voules.- sagte er es war Jolin Fermor in englischer Sprache.Sie hält Wort, wie immer."

AlS wenige Minuten später der kleine Nachen an der Böschung anlegte, gingen sie der aussteigenden Marie entgegen. Eie wechselten ein paar hastige Worte der Begrüßung uni» schlugen dann gemeinsam den Weg nach einem nahe gelegene» Gaühause ein. Der Kellner führte ste auf ihre Frage nach Berrhe Roumier in ein Zimmer des ersten Stocks.

Die Französin, die sie offenbar bereits erwartet hatte, wandte sich bei ihrem Eintritt sogleich an Marie:

Nun, haben Sie noch irgend etwas Besonderes i» Er­fahrung gebracht?- fragte ste hastig.

O, ich glaube wohl, daß es Ihnen von einiger Wichtig­keit ist, was ich zu berichten habe. Es betrifft die Reise­route der JachtAlbion".

Berthe lachte überlegen.

Diese Reiseroute ist uns bereits bekannt. Die alte Dame, die mir so bereitwillig ins Garn ging, hat mich zur Genüge darüber aufgeklärt.*

Aber die Herrschaften haben ihre Absichten inzwischen geändert. Sie fahren nicht nach dem Mittelmeer, sondern wollen in den englischen Gewässern bleiben.-

Und ste berichtete ausführlich, was ste vorhin in der Kabine erlauscht hatte.

Der Entschluß schien der gnädigen Frau ganz plötzlich i gekommen zu sein,- fügte sie hinzu.Sie sprach davon mt,

! als ihr die Tante von ihrer Unterredung mit Ihnen erzmilt ! halte. Und dann wollte ich Ihnen noch etwas mitteilcn. ^ Da ist ein junger Mann als Steward an Bord gekommen, der kein anderer ist, als der Liftjunge auS dem Hotel ta der Wilhelmstraße."

Die drei Komplizen wechselten bedeutsame Blicke, a»S Leslie Voules meinte:

So haben ste also doch wieder di« Hilfe jenes Unbe­kannten erbeten, der uns bereits so unbequem gewesen ist. Ter Bursche hat sicherlich den Auftrag, über RaudowS Kicher- beit z» wacken.-

Fvrisetzung folgt.