stellten fabrikmäßig Bauten her, sodaß wir in den Besitz von Häuservierteln kamen, die aussehen, als ob mit den Stilarten aller Zeiten und Länder Komödie gespielt worden wäre. Als Beispiel dafür führte der Redner die gedankenlose Uebernahme ganz oder halb flacher Bedachung von den Bauten südlicher Länder auf unsreHäuser, für oie das steile Dach als naturnotwendig doch gleichsam anerschaffen ist, „von dem Regen und Schnee abgleiten kann, dessen Bodengelaß reichlich Raum bietet zum Hegen und Bewahren, und dessen schützendes, bergendes Aussehen endlich Behagen in die Seele des Menschen strömt." Redner nannte das flache Dach auf deutschen Mietskasernen oder Landhäusern eine Ziererei, oder ein Bild ärmlicher, kläglicher Notbehelfwirtschaft. Mit der Einfühung dieser fremden Bauweise sei bald jedes Gefühl für unsere einheimische Bauweise verloren gegangen, sowohl in Bezug auf den einzelnen Bau, als auch auf die Gestaltung von Stadtanlagen, Anordnung von Plätzen, Führung von Straßen und Anlagen von Gärten, Friedhöfen usw. Die Art, wie in den letzten 50 Jahren gebaut worden sei, bedeute eine entsetzliche Entstellung unseres Landes. Es hätten in neuerer Zeit Bestrebungen eingesetzt, die der Verstümmelung Einhalt gebieten würden, und die würt- tembergische Regierung sei es, die hauptsächlich durch die Einsetzung der Beratungsstelle für das Baugewerbe hier vorbildlich vorangegangen sei. Den Weg zur neuen Heimatkunst gab der Vortragende mit dem Worte Rich. Wagners an: Man dürfe nur wissen, was man nicht wolle, so erreiche man aus unwillkürlicher Notwendigkeit sicher das, was man wolle. Unsere heutige Zeit solle sich von allem Stil lossagen und in unserer Heimatart bauen; das bedeute aber nicht altdeutsch oder altschwäbisch sich einzurichten, sondern auf der überlieferten alten Baukunst weiter bauen und daraus Neues erschaffen.
^ Den Kurs für Organisten, der in der Zeit vom 25. August bis 18. September in Stuttgart abgehalten wird, werden insgesamt 12 Teilnehmer besuchen, darunter drei aus dem hiesigen Bezirk. Es sind dies die Herren Hauptlehrer Pfrommer -Calw, Buchfink-Aichhalden und Reiff-Neuweiler. Leiter des Kurses ist Seminaroberlehrer Schaffer in Heilbronn.
8cd. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist zwar noch zeitweilig trübes, aber meist trockenes und wärmeres Wetter zu erwarten.
Brief aus Bad Liebenzell.
? Wenn auch das schon längst ersehnte beständige Wetter noch nicht eingetroffen ist, werden von der städt. Kurverwaltung immer wieder neue Veranstaltungen auf das Programm gesetzt, um den hier anwesenden Kurfremden den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. So fand letzten Freitag, vom Wetter begünstigt, in den König Wilhelm-Anlagen einKinder- gartenfest für Klein und Groß statt. Schon bald nach dem Mittagessen fanden sich Kinder mit ihren Angehörigen auf dem Festplatz ein, wo um 4 Uhr unter den Klängen der Kurmusik das wirklich gut besuchte Fest begann. Es war eine Lust, den vor Freude strahlenden 000 Kindern zuzusehen. Aus dem Festplatz entwickelte sich bald ein munteres Treiben, Spiele aller Art wurden gemacht und mit freudigen Herzen drängten
sich die Kinder an den Gabentisch, auf welchem für jedes einzelne ein Geschenk bereitgehalten war. Das im Laufe des Nachmittags veranstaltete japanische Tgesseuerwerk bot ein äußerst interessantes Schauspiel. Den Glanzpunkt des Festes bildete aber die Aufführung von „Hän- sel und Eretel". Lange vor Beginn waren die bereitgestellten Bänke und Stühle besetzt und ein dichter Personenkreis umstand die vor der Wandelhalle angebrachte Theaterbllhne, um das in jeder Hinsicht trefflich gelungene und von sämtlichen Mitwirkenden tadellos und Wahrheitsgetreu gespielte Stück mitanzusehen. Daß auch dem von der Kurverwaltung nach Schluß des Theaters vorgesehenen Chocolade-Kränzchen für Kinder, bei welchem jedes Kind bis zu 12 Jahren eine Tasse Chocolade mit Kuchen auf Rechnung der Kurverwaltung erhielt, sehr zugesprochen wurde, geht daraus hervor, daß 200 Tassen Chocolade und ebensoviele Kuchen zur Verteilung kamen. Zum Schluß wurde noch von der Tanzgelegenheit ausgiebig Gebrauch gemacht und hochbefriedigt verließen die zahlreich Erschienenen die Anlagen. — Am letzten Samstag abend fand im vollbesetzten Adlersaale ein Ehrenabend für Herrn Theaterdirektor Vlumau statt, wobei das mit dem Raimund- Dichterpreis ausgezeichnete Volksstück „Gebildete Menschen" in bekannt guter Weise zur Aufführung gelangte. Welche Beliebtheit Herr Blumau hier genießt, und wie sehr seine alles mit sich reißenden Leistungen anerkannt werden, zeigt nicht nur der überaus zahlreiche Theaterbesuch anläßlich seines Ehrenabends, das geht auch aus den ihm übergebenen zahlreichen Blumenspenden und den nicht enden wollenden Beifallskundgebungen hervor. —Das am Sonntag nachmittag veranstaltete Gartenfest nahm einen recht schönen Verlauf. Der Besuch war ein sehr guter und es wurde auch von der verhandenen Tanzgelegenheit recht ausgiebiger Gebrauch gemacht.
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Ein ander Bild! Sonntag abend. Die Schatten des Abends senken sich ins Tal hernieder, die Konturen der Schwarzwaldberge vermischen sich mit dem dunkeln Horizont, dem da und dort Wolkenberge ein ernsthaftes Relief verleihen. Aus Bergen und Höhen strömt es ins festliche Tal zurück, wogende Massen drängen zum Kurgarten, in welchem sich glänzende Schauspiele vorbereiten. Schon ist die Zahl der Gäste ins Große gewachsen und immer noch strömt die Flut mit ungemin- derter Macht. Unermüdlich drehen sich die Paare beim Tanze vor der Wandelhalle, fast schien es, als ob der Platz vor der Wandelhalle für die immer zählreicher werdenden Paare zu klein würde ... Da in die Aufregung der Riesenmenge ein donnernder Schlag, das Zeichen, daß eines der glanzvollsten Schauspiele der heurigen Saison seinen Anfang nehmen werde: Da flimmern surrende Feuersonnen aus dem Dunkel der Nacht auf, Mosaiksterne gießen ihr mildes Licht über den von etwa 1400 Personen umsäumten Platz. Front auf Front ersteht vor dem trunkenen Auge, das sich nicht satt sehen kann an all der Farbenpracht, die in einer großartigen Front von elektrischem Regen, feenhaft beleuchtend, blendend weiße Perlen bis zur Erde rollend, ihren Höhepunkt erreicht. Dieses Meisterwerk macht seinem Erfinder, dem Hoffeuerwerkstechniker Fischer in Cleebronn, alle Ehre. Dazwischen ein Bukett farbenprächtiger Raketen, Pots a feu, Prachtbomben, Tourbillons
Das zweite Bliihen auf dem ZiirWerg.
Von Fritz Müller (Zürich).
Kürzlich hieß es: Der Zürichberg blüht! Das weiße und das rote Frühlingswunder des Zürichberges, die duftgesättigte Frühlingspracht, ward beschrieben. Es waren begeisterte Worte. Und der Zürichberg im Frühling hat sie auch verdient. Reichlich und redlich.
Inzwischen sank die Frühlingspracht dahin. Inzwischen ward es zur grämlichen Gewißheit: Hunderttausende von jenen Blütenträumen reifen nicht. Hunderttausende von jenen Blütenträumen waren eine Täuschung.
Und ich war eben dabei, Ihnen, verehrte Redaktion, eine traurige Epistel darüber zu schreiben, da Hub — ein neues Blühen an, da blühte der Zürichberg zum zweiten Male.
Ja, ja, zum zweiten Male. Auch wenn Eie den Kopf darüber schütteln, verehrte Redaktion. Und wenn ich es recht überschaue, so will es mich bedünken, als ob dies zweite Blühen länger dauern würde als das erstemal. Den ganzen Sommer über dauern würde, weit in den Herbst hinein, und — hier bin ich ein Prophet, der aus Erfahrung spricht — und noch im Winter seh ich's rot und weiß vom Zürichberge leuchten.
Es sind eigene Blüten, die ich meine. Nicht still und träumend hängen sie an Bäumen wie die Frühlingsblüten. Meine Blüten sind nicht starr an einen Ort gebannt und müssen nicht geduldig warten, ob sie reifen oder fallen. Nein, meine Blüten können mehr als warten, meine Blüten sind lebendiger. Sie können trippeln, trappeln. Flink und zierlich, mit Nachdruck und manierlich. Plappern können sie und schnattern. Und sie können singen. Jawohl auch singen, liebe Redaktion.
Ich sehe schon, Herr Redakteur, wie Sie am grünen Tische lächeln, wie Ihre Lippen halblaut sprechen: „Na,
der Phantast!" Oder, für den Fall Sie auch ein Münchner sind wie ich: „Aber den hat's".
Es liegt mir nichts daran, verehrte Redaktion, — sagen Sie es immerhin. Denn ich bin meiner Sache sicher. Und wenn ich jetzt gleich meine Blüten, die zweiten Blüten von dem Zürichberge, an Ihrem grünen Tische vorbeischneien lassen könnte, so fünf Minuten oder eine Viertelstunde lang, ich bin gewiß, Sie wären gär nicht bös, Herr Redakteur, und würden mir bezeugen: „Recht hat er — er hat wirklich recht!" Oder, falls Sie eben Münchner sind: „Weiß der Deixel — 's stimmt!"
Aber leider muß ich Ihnen den Beweis jetzt schuldig bleiben. Sinetmalen diese Blüten sich nicht mir nichts, dir nichts transerieren lassen. Und alldieweilen diese Blüten eben jetzt vor meinem Fenster den Zürichberg hinauf-, hinübertrappeln, -krabbeln, singen und den ganzen Berg lebendig überziehen.
Die Kinder vom Zürichberge sind es, die Schulkinder der Stadt Zürich sind es.
Die Schulkinder der untern Klassen haben nämlich in Zürich ein herrliches Reservatrecht. Ihre Lehrer und Lehrerinnen haben es in der Gewalt, an einer erklecklichen Anzahl von Vormittagen oder Nachmittagen vom Katheder herabzusteigen, weit die Tür aufzumachen und zu sagen: „Kinder, heute wollen wir aber einmal —" Weiter kommen sie nicht mit dem Reden. Denn es bricht ein Jubel los, ein Jubel. . . Und aus den Bänken quillt es, über die Gänge flirrt es, die Treppen hinunter schießt es, aus den Toren strömt es, und über den Zürichberg flutet es.
Und denkt einmal: Der Tag, wo der Lehrer solches zu den Kindern spricht, wird nicht von einer Schulbehörde festgesetzt, wie in — wie in — na, sagen wir einmal, wie anderswo. Kein Lehrerrat beschließt
rc., eine feenhaft bengalische Beleuchtung — und das glänzende Schauspiel, das reichsten Beifall fand, ist zu Ende. Die Nacht hat all die Schönheit in sich ausgenommen. In die dichtgedrängten Massen kommt wieder Bewegung, alles drängt sich dem Tanzplatz zu, und ein gemütliches Tänzchen bildet den Schluß des Tages.
A) Ostelsheim, 18. Aug. Wir leben heute in einer Zeit der Vereine und der Versicherungen. Da ist die staatliche und private Versicherung gegen Feuersgefahr, die Versicherung gegen Hagel, Alter und Invalidität, Haftpflichtversicherung und wie sie alle heißen. Sodann die Vereine: Konsum- u. Darlehenskassenvereine, Viehversicherungsvereine usw. Es soll nicht bestritten werden, daß durch diese Vereine und Versicherungen da, wo sie richtig und in selbstloser Weise geleitet werden, schon viel Gutes gestiftet und schon manchen Schaden gemildert wurde. Der Beitritt zu diesen Versicherungsvereinen wird denn auch den Landwirten dringend empfohlen. Nur schade, daß die Einnahmen, über die der Landwirt heutzutage verfügt, den Beitritt zu allen diesen Vereinen unmöglich machen. Bei uns in Ostelsheim besteht schon seit mehreren Jahren ein Viehversicherungsverein. Muß ein Stück Vieh geschlachtet werden, so wird unter regelmäßigen Umständen das Fleisch unter die Mitglieder nach der Stückzahl des Versicherten Viehbestandes zu entsprechendem Preis verteilt. Kürzlich mußte nun hier eine Kuh geschlachtet werden, deren Fleisch nach oberamtstierärztlichem Urteil als ungenießbar verlockst werden mußte, während von verschiedenen hiesigen Bürgern das Fleisch als gesund und genießbar erklärt wurde. Für 1 Stück versichertes Vieh mußte deshalb von jedem Mitglied 1 Mark ohne jede Gegenleistung bezahlt werden! — Dieser Fall ist ganz dazu angetan, den hiesigen Landwirten die Lust am Viehversicherungsverein gründlich zu nehmen und demselben einen bedenklichen Stoß zu versetzen, der dessen Fortbestand sehr in Frage stellt!
Schömberg OA. Neuenbürg, 19. Aug. Gestern nacht' brannte das Wohnhaus des Bäckers und Landwirts Jukob Fuchs vollständig nieder. Der Schaden beträgt etwa 15000 ^l.
Pforzheim, 19. Aug. Gestern nacht )411 Uhr bemerkte man hier ein leichtes Erdbeben, welches mit einem 6—8 Sekunden anhaltenden Erschüttern und fernen Rollen begleitet war.
Württemberg.
Plochingen, 16. Aug. Der württembergische Gerberverein hielt am Sonntag hier seine gutbesuchte 16. ordentliche Mitgliederversammlung im Saale z. „Waldhorn" ab. Handelskammersekretär Schäsfer-Reutlingen erstattete Bericht über die Tätigkeit des Vereins innerhalb der letzten 3 Jahre, die infolge der unerquicklichen Vorgänge am Rohwarenmarkt Zei fortgesetzt steigenden Häutepreisen arg bewegt waren. Assistent W. Mensing an der Versuchsanstalt der deutschen Gerberschure in Freiberg in Sachsen hielt einen Vortrag über Aescher- Anschärfungsmittel und ihre Anwendung in der Gerberei. Ueber Errichtung neuer Kläranlagen von Gerbereiabwässern erstattete Fabrikant Schweizer-Backnang Bericht. Ueber Tätigkeit der Kommission für Arbeiterangelegenheiten berichtete deren Vorsitzender Fabrikant Ammer-Reutlingen. Bräuchle jr.-Metzingen referierte
vorher: In Anbetracht des derzeitigen Sonnenscheins und unter tunlichster Würdigung des registrierten Thermometerstandes habe heute nachmittag . . . Nicht die Idee davon, ihr Freunde. Der Hergang spielt sich vielmehr so ab: Eben läßt der Lehrer dividieren. Dividieren ist eine elende Sache. Bei den Großen und den Kleinen. Bei den Großen, wenn der Portemonnaie- Inhalt davon betroffen wird, so gegen Monatsende, oder wenn bei einer Erbschaft der Divisor groß und immer größer wird. Bei den Kleinen, wenn die Sonne draußen scheint, oder wenn mit einemmal ein Vögelchen durchs vordere offene Fenster des Klassenzimmers fliegt, rasch und trillernd dem Erstaunen Ausdruck gibt, daß an einem solchen Tage so viel kleine Menschenkinder auf der Schulbank angenagelt sind, und mit einem „Kidi- witt!" als Lockruf durch das letzte offene Fenster wieder aus der Klasse schwirrt. In einem solchen Augenblick ist es, daß der kleine Bindschedler Maxel im Dividieren plötzlich stecken bleibt, daß der Lehrer prüfend aus dem Fenster nach dem Himel sieht, die Divisionen von der Tafel wischt und anstatt der Division eine Exkursion auf den Zürichberg ankündigt. Einfach aus dem Handgelenke, und ohne die geringste Anordnung von oben — es sei denn die vom Himmel. Wie würden sich darob in — in — na, sagen wir halt wieder: anderswo, die Rektorenbrauen runzeln und Erlasse aus den Ministerien in die Klaffenzimmer rascheln: „Wo kämen wir da hin? — Wir bitten zu bedenken — und überhaupt — da hin? — Wir bitten zu bedenken — und überhaupt —" Beruhigt euch. Auch in Zürich ist ein Limitum. Oder vielmehr zwei. Einmal das schlechte Wetter, das es auch in Zürich gibt. Und dann: Der Lehrer kriegt am Jahresanfang eine Handvoll solcher Tage zuge- gebilligt, die er nicht überschreiten darf. Freilich, aus der Handvoll dieser Tage schöpft er wie ein König.
(Schluß folgt.)