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Attenfteig, Samstag de« IS Nebruar

I Sahrgarrg 1921.

Zur Lage.

Der Reichsminister des Auswärtigen Dr. Simons -p am 13. Februar in Stuttgart eingetroffen, um auch in Süddeutschland die Richtlinien seiner Po­litik, die die des ganzen Reichskabinetts sind, zu dem Pariser Abkommen vom 29. Januar klarzulegen und seine bekannte Erklärung im Reichstag zu bekräftigen und zu ergänzen. Seine Worte in der großen Versammlung im Siegle-Haus waren an ganz Süddeutschland, an alle Deutsche, an den Verband, an die ganze Welt gerichtet und sie wurden überall gehört. Mag schlimmsten Falls das Pariser Diktat mit all seinen Folgen Wirklichkeit werden und das ganze Elend vollends über das deutsche Volk Hereinbrechen, die Verantwortung wird dann der Verband zu tragen haben und er mag sich den Kopf zerbrechen, wie er zu der geforderten unsinnigen Ent­schädigung kommt: wir werden nichts unterschrei­ben, was die Leistungsfähigkeit des deutschen Volks übersteigt. Dieses Programm fand iu Deutschland einen so kräftigen Widerhall der Zustimmung, daß die deut­schen Unterhändler zu der Konferenz am 1. März in dem Vertrauen reisen können, daß das ganze deutsche Volk hinter ihnen steht.

Auf dieses Vertrauen gestützt, bekannte sich Dr. Si­mons zu einem Optimismus, einer frohen Zu­versicht,in den Grenzen, in denen die schwere Lage un­seres Volks einen solchen überhaupt noch zuläßt." Um sich des Vertrauens zu vergewissern, hielt er es aber für nötig, Zweifel an der Festigkeit der Reichsregierung zu zerstreuen. Sein Optimismus wird ja gerade bekräf­tigt durch die Unvernunft, den Widersinn der Pariser Forderungen, die so, wie sie auf dem Papier stehen, un­durchführbar sind, es sei denn, daß die Feinde nicht nur uns, sondern sich selbst den schwersten Schaden zufügcn wollen. Die Verbündeten davon zu überzeugen und ihnen in Gegenvorschlägen, die den tatsächlichen Bedürfnissen Frankreichs Rechnung zu tragen; zu beweisen, daß Deutsch­land bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit zur Ent­schädigung bereit ist, dämm gehen die deutschen Unter­händler nach London.

Das steht fest, daß die Forderung von 2 26 Mil­liarden Gold-Mark neben sonstigen Gefällen in bar französischen Ursprungs ist,, während die Kne­belung der deutschen Industrie englischen Gedankenkreisen entsprungen ist, mögen sich auch nach­träglich Franzosen und Italiener um den Ruhm der Erfindung streiten. In erster Linie dient die 12prozen- tige Belastung der deutschen Ausfuhr, mag sie als Zu- schlag-Stnier in Deutschland oder als Abzug von dem Warenpreis im Ausland zugunsten des Beutels derWie­derherstellungskommission" gedacht sein in der Wir­kling läuft es auf das Gleiche hinaus, den bri­tischen Jnteresten, indem sie den deutschen Wettbewerb erstickt. Schrieb doch schon im Jahr 1911 die Londoner Sunday Review":Wenn Deutschlands Industrie und Handel vernichtet sind, so wird es niemand in Eng­land geben, der nicht um so viel reicher wäre." Die Rechnung stimmt lischt ganz, denn heute, nachdem das britische Ziel seit zwei Jahren schon erreicht ist, zählt man in England etwa I IOOOOO angemeldele Arbeits­lose und über 600000 Arbeiter sind nur 4 oder 5 Stunden täglich beschäftigt. Aber der deutsche Wettbe­werb wird für immer erledigt sein, wenn die geniale Erfindung her 12 Prozent-Steuer Tatsache werden sollte. Es ist übrigens interessant, zu beobachten, mit welcher Vorsicht England sich in dem betagten Erfinderstreit im Hintergrund hält und in welcher Bescheidenheit es anderen den Ruhm oder den Haß läßt, geradeso wie damals bei der Kriegserklärung von 1914, wo die Fäden doch alle in London zusammenliefen.

226 Milliarden verfangen die Franzosen, fast so diel als das ganze Volksvermögen in Deutschland betrug, als es 1914 auf der wirtschaftlichen Höhe stand. .Ein deutscher Fachmann der Volkswirtschaft hat diese Summe durch eine Umrechnung in Kohlenmengen an- schsulich gemacht. Wenn der Wert einer Tonne Kohle zum heutigen Preis von 20 Goldmark angenommen wird, so würden für die 226 Milliarden Goldmark 11,3 Mil­liarden Tonnen (zu je 20 Zentner) Steinkohlen zu kau­fen sein. Bei einer Jahresförderung wie im Jahr 1920 brauchte man rund 87 Jahre dazu, um diese Menge ans Tageslicht zu bringen und um sie fortzuschaifcn, Müßte man 750 Millionen Eisenbabnwaaen. also einen

Eisenbahnzug von 71/9 Millionen Kilometer haben oder lv Züge, die je von der Erde bis zum Mond reichten.

Rumänien hat soeben eine Entschädigung von 25 Milliarden Goldmark bei der Wiederhsrstel- lungskommission geltend gemacht, die eigentlich Eng­land bezahlen müßte, denn die rumänischen Erdölquel­len, Bergwerke, Fabriken usw. sind seinerzeit vor dem Einmarsch der deutschen Truppen von englischen Of­fizieren und Ingenieuren zerstört worden, wie die Haupt­schulden in Belgien und Frankreich bekanntlich durch die planlosen Trommelfeuer der englischen und fran­zösischen Artillerie angerichtet wurden. Wahrscheinlich werden noch andereAnmeldungen" Nachfolgen. Aber läßt man diese auch zunächst außer Betracht, so geht aus dem angeführten Beispiel schon klar hervor, wie sinnlos die französische Forderung und wie gefährlich die englische ist. Die eine möchte Dr. Simons we­sentlich herabgesetzt, die andere ganz gestrichen wissen.

Nebenbei mag bemerkt sein, daß den Franzosen bei der Aufstellung ihrer Entschädigungsforderung ein arger Be­trug nachgewiesen worden ist. Die Einschätzungskommis- sionen haben die zerstörten Häuser des Kampfgebiets um etwa das Zwölffache zu hoch veranschlagt^ die ehrenwerten Herren wurden nämlich für ihre Tätig­keit in der Weise entlohnt, daß sie von der Einschätzungs­summe gewisse Prozente erhielten. Das war natürlich eine mehr oder weniger stillschweigende Aufforderung der , französischen Regierung, den Schaden möglichst hoch zu nehmen. Und dre Einschätzungskommissionäre haben sich gewissenhaft daran gehalten und sind Millionäre gewor­den. Aus solchen Kniffen, die sich natürlich nicht auf die Häuser beschränken, ist die wahnsinnige Uebertreibung der Entschädigung leicht zu erklären. Aber obwohl, wie gesagt, der Betrug festgestellt ist, geht man mit den Forderungen nicht herunter.

Mit Bargeld können wir nicht dienen, da wir außer unseren Papierscheinen keines haben. Neben den Koh­len und etwa dem Kali bleibt nur unsere Arbeit, nach­dem die Feinde uns Vermögenswerte an Auslandbesitz, Provinzen, Kolonien, Schiffen, Waffen usw. mit etwa 250 Milliarden bereits genommen haben. Dr. Si­mons greift mm einen Plan von Hugo Stinnes auf, daß die Industriellen aller beteiligten Länder sich über eine Art von Kont in gentiernng und Kartel­lierung der Industrien einigen, d. h. über die Zuwei­sung von Rohstoffen und zu leistender Arbeit, über die Verteilung der Fertigsabrikate und des Arbeitsgewinns in der Weife, daß Deutschland eine starke Arbeitsbetä- tigung zufällt, ohne daß die andern zu sehr geschädigt werden. Gewiß eine nicht leicht zu listende Frage, die aber nach der Ueberzeugung Dr. Simons gegenüber den Pa­riser Forderungen immer noch den Vorzug hat, nicht phantastisch, sondern praktisch durchführbar zu sein.

Die optimistischen Hoffnungen des Reichsministers, die er in Stuttgart bei aller Vorsicht doch durchblicken ließ, scheinen nun aber infolge der schroffen Ablehnung seiner Stuttgarter Rede durch die Verbandspresse, besonders die Pariser Blätter, inzwischen stark herabgemindert wor­den zu sein. Man hat dem französichen Spießbür­ger vorgeredet: Der Boche wird alles bezahlen. Wird er das? Kann er das? Im französischen Volk stei­gen jetzt doch langsam Zw ifel aus. Die eigentlichen Macher der Politik wissen natürlich ganz gut, daß 6 Mil­liarden Goldmark jährlich aus Deutschland nicht her­auszupressen sind. Deshalb wird aber Briand in London sich doch nicht mit einem Weniger begnügen er ließ es sich doch in der Abgeordnetenkammer bestätigen, daß es dann mit seiner Ministerherrlich­keit vorbei wäre. Darum wird er dem französischen Volk statt der erträumten Milliarden als Reisepräsent die Sanktionen", die Eroberung der Rheinlande einschließlich derindustriellen Großstadt, die Bayern und Süddcntschland mit Kohlen versorgt", h.'imbringen wiollcn. Der ehrsame französischen Bürger wird in der Freude über den neuen Ruhmesglanz der großen Re­publik eine Zeitlang den versprochenen Goldsegen ver­gessen und die Herren Poincare, Foch. Lefevre, Tardieu und die hinter ihnen stehendenFinanzgruppen" werden zufrieden sein. Wenn Briand in London nachgeben würde so wird einem englischen Blatt aus Paris ge­schrieben, dann wäre er rasch durch Herrn Poincare ersetzt und der würde nicht zögern, die französischen Forderungen in Deutschland mit dem Ba­jonett einzutreiben. Es ist aber wohl keine Ge­fahr, daß Briandnachgibt". Zu aller Vorsicht bat

der Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten den Herrn Poincare, trotzdem er weder in London rwch in Washington gut angeschrieben ist, zu seinem Vorsitzen­den gewählt und ihn damit gewisserinaßen zum Wächter über Briand gesetzt. Poincare ist derjenige, der i obgleich er vielleicht mehr Dreck am Stecken hat als ! irgend einer immer am lautesten von der Schuld Deutschlands am Krieg redet und auf dieser Lüge seine Pläne des Hasses und der Rache und der Profit­sucht aufbaut.

Der Widerhall aus der feindlichen Presse und das Wiederauftreten Poincares im Vordergrund der poli­tischen Bühne scheinen die Erwartungen Dr. Simons stark herabgemindert zu haben. In einer Rede in Ka r ls- ruhe am 16. Februar sagte er:Ich sehe der Lon-i doner Konferenz mit wenig Optimismus ent-! gegen". Einige Hoffnung setzt er dagegen wohl noch) ^ auf einen Schiedsspruch Amerikas. In der Tat i ! möchte man geneigt sein, einige Vorgänge im politischen j Amerika als nicht ungünstig für uns zu deuten. So' ^ hat der Senator France eine Entschließung be- s antragt, gegen die Besteuerung der deutschen Ausfuhr^ s im amerikanischen Interesse Widerspruch zu erheben,

! das Eigentumsrecht Deutschlands auf seine Kolonien in s Afrika anzuerkennen diese sind bekanntlich zwischen i England, Frankreich und Belgien aufgeteilt worden,

> Deutschland eine Anleihe zu gewähren gegen das Vor- ! recht Amerikas, die afrikanischen Kolonien um 5 Mil­liarden Dollars zu eriverben; endlich soll Deutschland wieder in den Besitz seiner Kabel kommen/ die von Eng­land und Japan weggenommen worden sind. Schade i nur, daß der Antrag keine Aussicht hat, angenommen zu ? werden, aber bedeutungslos ist er doch nicht, weil er ein Gradmesser ist für die Spannung, die derzeit zwischen j England und Amerika besteht wegen der beiderseitigen j Scerüstungen und der zweideutigen Politik Englands, das i mit Japan techtelmechtelt und sich zugleich als den ! Freund Amerikas aufspielen möchte. Ferner wurde iw'

! Neuyork eine Finanzg esellschaft mit 100 Mil- i lionen Dollar Kapital gegründet, die Mitteleuropa, vor ^ Mem Deutschland Kredit zur Beschaffung Volt ! Lebensmitteln und Rohstoffen geben will, ver- l mutlich gegen Verpfändung gewisser Reichsbesitztümer wie der Eisenbahnen oder der Post, oder fiskalischer Gruben ! und dergl. Dieser Kredit wäre aber mit der 12pro- ; zentigen Ausfuhrsteuer und den PariserSanktionen",

, worunter das Verbot von ausländischen Anleihen ohne j Genehmigung der Wiederherstellungskommission fällt,

! schwer vereinbar. Es ergäben sich also auch hier Rei- ' bungsflächen zwischen den Verbands- und den amerlka- ! ni'chen Interessen, deren Tragweite noch nicht zu über- i sehen ist.

Der deutschen Abordnung wird in London nichts an- ! deres übrig bleiben, als abzulehnen, und die Reichs- i re^ierung wird abwarten, was die Feinde tun werden.

! Sie könnendie Sanktionen spielen lassen", dann mögen ! sie aber auch sehen, wie sie ihre Zahlungen erhalten. Je- : denfalls werden sie dieselben, wie bereits an dieser Stelle ) ausgeführt wurde, nicht flüssig machen können; kein i Neutraler wird auch nur einen Pfennig auf die Gut- ' scheine geben, wenn das Abkommen von Deutschland nicht j unterzeichnet ist. Die Stellung der Reichsregierung wird , aber umso fester sein, je sicherer sie sich von der ge- ' schlossenen Einmütigkeit des ganzen Volks getragen weiß, i Und daran soll es in dieser ernsten Stunde nicht fehlen.

Z Welcher Parteirichtung man auch zngehörcn mag: iu . dieser Sache, wo es um Ehre und Existenz geht, gibt es nur noch eine Partei, die des Vaterlands. Mit Genugtuung kann man daher auch feststellen, daß j die Krise, die sich aus der Spannung zwischen der Reichs- s regierung und Bayern zu entwickeln drohte, durch die loyale Anerkennung der verfassungsrechtlichen Ver­antwortlichkeit des Reichs seitens Bayerns als behoben betrachtet werden kan-

Neues vom Tage.

Die Postgebühren.

Berlin, 18. Febr. Im Reichs rat wurde gestern s die Vorlage über die Erhöhung der Postgebühren beraten, die von dem Fehlbetrag von 4 Milliarden etwa die Hälfte einbringen sollen. Es wurde aus­geführt, daß eine Verminderung des restlichen Fehl­betrags nur zu erwarten sei. wenn bei der Post wie-