HchwarzwAder Tageszeitung. Für die O.<A.< Bezirke Nagold, Freudenstadt und Talw.
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Donnerstag, de« LS. November
Unsere Zeitung beftettenl
Der entlarvte Wilson.
Tie überwältigende Ablehnung der Wilsonschen Politik Sei den letzten Novemberwahlen ist nicht zum wenigsten dadurch mitbestimmt worden, daß Amerika in der Ami» fchenzeit überzeugt worden ist, daß Wilson schon in oen ersten Kriegsmonate n eine bewußte Kriegspolitik gegen die Mittelmächte, besonders gegen Deutschland, getrieben hat. Den Anstoß M dieser Erkenntnis bot der Franzose Hanotaux, der m seiner Geschichte des Krieges von 1914 Enthüllungen macht, die in Deutschland schon im Frühjahr 8. I. bekannt waren, die aber in Amerika unter luftdichtem Verschluß gehalten wurden; das belastende Schriftwerk wurde in Amerika sogar auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt. Nunmehr scheint Amerika doch in den Besitz der Hanotauxschen Enthüllungen gekommen zu sein, denn der „Dearborn Jndepedant". der in Tearborn im Staate Michigan erscheint, druckt in seiner Nummer 49 vom 2. Oktober 1920 die Stelle im Wortlaut ab, und zwar, wie das Blatt sagt, zum erstenmal in Amerika. Daß die Wilsonsche Regierung alles Interesse daran hatte, diese Offenbarungen aus dem Geheimschrank des Weißen Hauses dem amerikanischen Wähler- Publikum zum mindesten bis nach den Wahlen vorzuenthalten, begreift man, wenn man aus ihnen das Folgende erfährt: Hanotaux teilt mit, daß den Alliierten is den Septembertagen von 1914 das Versprechen eines amerikanischen Eingreifens an der alliierten Seite gegeben worden sei, und daß diese Hilfezusage den in naher Sicht stehenden Frieden Frankreichs mit Deutschland im Herbst 1914 verhindert habe. Gerade in dem Augenblick, als die französische Regierung von Paris nach Bordeaux floh, kam der neue amerikanische Botschafter Sharp, der den bisherigen Botschafter Herrick ablösen sollte, in Havre an; zu gleicher Zeit landete dort auch der Vorgänger von Herrick, Bacon, Herr Whitney Warren und verschiedene andere französischgesinnte Amerikaner, um die französische Sache auf französischem Boden zu fördern. Der damalige Botschafter Herrick hatte von Anfang an kein Hehl aus seiner Zuneigung zu Frankreich gemacht; er hatte die Untersuchung der ersten Bombenwürfe auf Paris betrieben, und er hatte das Wohlwollen Amerikas angeregt, das sich nachher so unerschöpflich erwies. Als er von der französischen Regierung angegangen wurde, sein Bestes für den Schutz von Paris zu tun, äußerte er die historischen Worte: „Ich will lieber sterben, als daß ich dulden werde, daß der Feind Paris unter meinen , Angen zerstört". Die Zusammenkunft der'drei Botschafter in Paris unter solchen bezeichnenden Umständen war an sich selber von hoher Bedeutung. Einer von ihnen, ein naher Freund Roosevelts, machte in einer Unterhaltung mit Hanotaux die denkwürdige Bemerkung: „Es gibt in Amerika 50000 Leute, die wissen, daß es für die Vereinigten Staaten unvermeidlich ist, ohne Verzug in den Krieg au ihrer Seite einzutreten. Wer es gibt 100 Millionen Amerikaner, welchen dieser Gedanke fremd ist. Unser Zweck ist, diese Zahlen in ihr Gegenteil zu verkehren und die 50 000 in 100 Millionen zu verwandeln. Wir werden es erreichen!" Hanotaux schließt: „Seit Frankreich nichts mehr zu fürchten hatte von Spanien und Italien, brauchte es auch (nicht länger etwas^von jenseit des Atlantischen Ozeans zu fürchten, im Gegenteil, es war von einer großen ' Quelle der Angst befre it."
So bedeutsam diese Enthüllung auch ist, und so Helles Licht sie auf die wahre Politik Wilsons schon im Sep- i tember 1914 zu werfen geeignet ist/so hat sie doch, woraus die „Köln. Ztg." mit Recht hinweist, noch eine andere Erkenntnis im Gefolge. Sie erklärt nämlich die bis jcht unerklärte Wandlung Roosev'elts- im.November 1914.
' Rovsevelk hatte noch ln den letzten Oktobertagen im i Newyvrker „Outlook" den Einmarsch Deutschlands in Belgien* verteidigt und hatte unter anderem den Satz geschrieben: „Was in Belgien getan worden ist, ist sicherlich im Einklang mit dem gewesen,, was Deutschland ohne. Frage aufrichtig als den Weg seines Verhaltens ansah, der ihm durch seinen Kampf ums Leben aufgezwüngen worden war." Und im September hatte er sich dahin vernehmen lassem. „Es ist unbedingt wünschenswert, daß wir völlig neutral bleiben sollten." Erst als sein Freund Bacon von ider Drei-Botschafter-Konferenz aus Paris znrückkehrte.
verlieh vtoosevelt den Stand der Neutralität'und wurde zu dem wütigen Kriegs trei ber, als der er schließlich gestorben ist. Ohne die Zusammenkunft der drei amerikanischen Botschafter in Paris im September l 1914 wäre der Verlauf der Weltgeschichte anders geworden. Oder wie der „Dearborn Jndepedant" es aus- ! drückt: „Tie Erklärung Hanotaux' erhärtet die Tatsache, ; daß vier Wochen nach Ausbruch des Kriegs die Wort- sichrer von 50000 Amerikanern die Verantwortung für die Fortführung des Kriegs und tatsächlich auch i für seine Führung übernahmen, einen Frieden im Herbst 1914 verhinderten und einen Dauerkrieg einleiteten, die neun Millionen Leben kostete und sengend über ganz Europa hinlief, wenn er nicht die Zukunft der ganzen weißen Rasse aufs Spiel setzte." Vom 2. Oktober 1920 bis zum 2. November waren mehr als vier Wochen Zeit. Tie Wirkungen dieser vier Wochen nach der Entüllung der Rolle Wilsons im September 1914 haben sich im Ausgang der Wahlen klar gezeigt-
Reues vom Tage.
Krieg im Osten.
" Moskau, 24. Nov. Das Bolschewistenblatt „Jvestija" fordert Amerika auf, gemeinsam mit Rußland dem Bestreben Japans, die Ost-Küsten Asiens zu erobern, ent- aegcnzntreten.
Bewachung der Rheinschiffahrt".
! Berlin, 24. Nov. Am 10. Juni hatte die deutsche j Regierung der Botschafterkonferenz eine Note überge- ; ben, worin die Zurücknahme der Militärkommandos in l Duisburg, Mannheim und Karlsruhe verlangt worden war, da sie dem Versailler Vertrag widersprechen ! Die Botschafterkonferenz hat diese Maßregel nunmehr - aaH reichlich! 6 Monaten abgelehnt. Sie behanp- j tet, daß die bettreffenden Truppen keine Besetzungstrup- > prn, sondern nur Kontrollposten seien, die auf Grund der Zusätze zum Waffenstillstandsabkommen und aus § Grund des Artikels 212 des Versailler Vertrags ein- : gerichtet seien, „um die Schisfahrt auf dem Rhein zu i bewachen". (!) Wie wir hören, wird dieser Stand- c Punkt von der deutschen Regierung nicht anerkannt. Die Verhandlungen sollen sortgeführt werden.
Allerlei Erbauliches von den Besatzungen.
Berlin, 24. Nov. Der, Vorsitzende der Ueberwa- chungskommissionen, General Noll et, hat gegen den Gutsbesitzer und Major a. T. von Paczensky Strafan- irag gestellt, weil dieser einen französischen Kraftwagen- jührer wegen rasenden Fahrens „Cochon" genannt hatte. Da der Strafantrag aber in französischer Sprache gestellt ivar, die Gerichtssprache in Deutschland aber deutsch ist, wurde der Antrag als rechtsungültig abgewiesen. — Die Franzosen dürfen die Deutschen „Boche" (Saukopf) schimpfen und General Nollet selbst.hat dies schon getan, aber einen Franzosen ein „Cochon7 (Schwein) zu heißen, das i'st ein Verbrechen.
Koblenz, 24. Nov. Nach dem Bericht des amerikanischen Generatstabschefs betragen die Kosten der amerikanischen Besatzung in Deutschland 257 Millionen Dollar, tvoöon Deutschland 32 Hs Millionen (nach heutigem Kurs rund 20^Milliarden Mark) bezahlt habe. — Tie Stärke der- amerikanischen Truppen wurde von einem Blatt neulich auf 13 000 Mann angegeben.
Das Bcsatzungshesr im Nheingebiet soll am 1. Dezember um zwei weitere französische Bataillone verstärkt werden.
London, 24. Nov. Ter „Standard" stellt mit Erstaunen fest, daß der belgische Oberkommissar im besetzten Gebiet 25'0000 Franken ohne die. sogenannten Repräsentationsgelder beziehe, während das Einkommen eines belgischen Ministers nur 41 000 Franken betrage. — Warun^die Entrüstung? Tie englischen Herren im Rheinland^ind wohl nicht schlechter gestellt, als ihre Kollegen von der andern Ration.
Bayer» und der Kronprinz.
Amsterdam, 24. Nov.. Aus die schriflliche .. ^>ge eines Abgeordneten erklärte der holländische Minister des Innern, die Regierung habe alle Gründe anzunehmen, daß die Gerüchte über eine monarchische Bewegung in Bayern, die eine schärfere Ueberwachung des Kronprinzen nötig machen würde, vollkommen haltlos seien.
Deutsche Studenten verlassen Prag.
Prag, 24. Nov. 276 reichsdeutsche Studenten haben infolge der tschechischen Verfolgungen die Universität .Prag verlassen.
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Vom Völkerbund.
Gens, 24. Nov. In der Sitzung der Abrüstnngs- kommission erklärte Leon Bourgeois (Frankreich, Vorsitzender des Völkerbundsrats), daß vor der Durchführung der Abrüstung die Entwaffnung Deutschland durchgeführt und folgende vier Voraussetzungen erfüllt sein müssen: 1. Notwendige Ausführung des Friedensvertrags; 2. Organisation einer ständigen verbindlichen Kontrolle über alle Rüstungen; 3. Vorlage eines Berichts der besonderen militärischen Kommission; 4. Austausch aller die militärischen Rüstungen betreffenden Angaben durch alle Mächte.
Aus Vorarlberg ist eine Abordnung in Genf eingetrosfen, die in einer Denkschrift vom Völkerbund das Sekbstbestimmungsrecht in politischer und wirtschaftlicher Beziehung verlangt.
Rcnhork, 24. Nov. Senator Mac Cormick wird im Einverständnis Harbin gs nach Europa reisen und mit den führenden Staatsmännern über einen gemeinsamen Boden zum Aufbau des PölkerbnWS Fühlung nehmen.
Der Kampf gegen Irland.
Dublin, 24. Nov. Die Zahl der Toten bei den letzten Kämpfen beläuft sich auf über 40, die Zahl d«r Verwundeten auf 180. Der Sinn-Feiner, Graf Tir- perary, wurde getötet.
Tie in Dublin ermordeten englischen Offiziere werden ans Kriegsschiffen nach England überführt und gemeinsam in London bestattet. In ganz Tnblii': wurden gestern Haussuchungen veranstaltet und viele hundert Personen verhaftet.
Trei Führer der Sinn-Feiner, die angeblich aus dein i Gefängnis auszubrechen suchten, wurden getötet, i London, 24. Nov. Im Unterhaus teilte Churchill mit, ! daß den irischen Freiwilligen seit dem 1. Januar bei s Neberfallen auf Kasernen usw. im ganzen drei Maschie- ! nengewehre, 197 Gewehre, 182 Revolver und etwa ; 60 ÖÜO Patron.» in die Hände gefallen sind.
? Flugzeuge beschlagnahmt
Ha.«-.vttvg, 24. Nov. Durch die .der
, Ablieferung der beiden Zeppelin-Luftschisfe „Bodensee" und „Nordstern" wird unserer Flugzeug-Industrie von seiten der Entente ein schwerer Schlag versetzt. Wie ^ jetzt verlautet, droht aber ein weiterer Anschlag j aus die Flugzeugindustrie dadurch, daß die*im Hamburger Hafen liegenden 11 neuen Junker- ^ Metall-Flugzeuge, die von Amerika bestellt f worden sind und zur Verschickung bereit liegen, von der s interalliierten Lustüberwachnngskommission beschlagnahmt z worden sind. Tie Entente stützt sich bei ihrem Vorgehe» c auf das im „Friedensvertrag" vorgesehene Bauver- ! bot für Luftfahrzeuge. Dieses ist aber im „Vertrag" ausdrücklich auf eine Frist von 6 Mon aten nach Abschluß des Friedens beschränkt.
Belgiens Aufgaben.
Brüssel, 24. Nov.^Jn der Kammer verlas der neue Ministerpräsident Carton de Viart die ministerielle Erklärung. Belgien werde gemeinsam mit Frankreich und England, die Aussührunng des Versailler. Vertrags überwachen: Das militärische Mkommen zwischen Frankreich und Belgien gelte dieser Sicherung. Belgien dürfe seine Verteidigung nicht schwächen. Der nächste Jahrgang werde eine Dienstzeit von 10 Monaten zu leistar haben.
Tie Regierung beabsichtigt, eine Prämienanleihe von 1 Milliarde aufznleqcn, deren Betrag für den Wiederaufbau bestimmt ist.
Die »eue Regierung in Griechenland
Athen, 24. Nov. Um die Aufrichtigkeit seiner Gesinnung gegenüber der Entente zu beweisen, ist das Kabinett bereit, der Entente alle notwendigen Sicherheiten zu. geben. (Gezwungen?)
London, 24. Nov. Nach einer Meldung aus Wen ist dort eine halbamtliche Erklärung'veröffentlicht worden, in der es heißt, die Regierung werde, da sich der Wille des Volks bei den Wahlen deutlich gwußert habe, eine entschiedene Haltung mit Bezug ans «sie Rückke'n König Konstantins einnehmen. Die Regierungen ter Mächte, die den Grundsatz des nationalen Selbstbestim- mungsrechts angenommen hätten, müßten sich'nach dem Vertrag von Versailles jeder Einmischung in die inneren Angelegenheiten Griechenlands enthalten.
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Dublin, 24. Nov. Das Haus des Erzbischofs Wal sch wurde durchsucht, ein Kammerdiener verhaket