scb. Mutmaßliches Wetter. Für Donnerstag und Freitag ist vielfach trübes und kühleres Wetter zu erwarten.

Horb, 30. Juli. Der von hier stammende Musik­professor Jos. Scheel, Münsterchordirektor in Konstanz, ist zum Domkapellmeister in St. Gallen (Nachfolger von Stehle) ernannt worden. Scheel ist der zweite Sohn des Oberlehrers in Horb.

Württemberg.

Ebersbach, a. Fils, 29. Juli. Mit 276 von 482 Stimmen ist Stadtschultheißenamtssekretär Reichert von Nürtingen zum Schultheißen gewählt worden. Sein Gegenkandidat, Oberamtssekretär Arnold-Göppingen, erhielt 125 Stimmen.

Schorndorf, 29. Juli. Die Reblauskommission hat mit dem Bezirksobmann Lenz von Schnait das ganze hiesige Weinberggelände besichtigt. Der Bericht über das Ergebnis ist betrübend. Er lautet:Der heurige Stand der Weinberge ist traurig, von einem Herbst wird bei uns keine Rede sein. Die Witterung war für den Weinstock durchaus unzuträglich. Frost und Hagel, Hitze und Platzregen, Nässe und Kälte zur Blütezeit, das alles hat die Herbstaussichten zerstört. Die Pero- nospora ist sehr schnell und heftig aufgetreten und macht trotz des Spritzens immer Fortschritte infolge des un­aufhörlichen Regenwetters." Keine Kirschen, kein Obst, kein Wein das bedeutet für die Remstäler Wein­gärtner geradezu eine Katastrophe mit schweren, nach­haltigen wirtschaftlichen Folgen. Ueber den Stand der Weinberge berichtet schließlich das neueste (vor der Besserung der Witterung ausgegebene) Heft des Organs des württ. Weinbauvereins: Es ist traurig, wenn man sieht, wie das wenige noch Vorhandene mehr und mehr der Zerstörung anheimfällt. Nicht selten erfuhr der Peronosporaschaden eine Verschärfung noch durch den Heuwurm, der zu seiner Entwicklung die besten Ver­hältnisse vorfand. Faßt man die Meldungen der Ver­trauensmänner zusammen, so ergibt sich die überaus betrübende Tatsache, daß der Herbst auch da, wo man vor einem Monat noch einige Hoffnung hegen konnte, ein recht magerer werden wird.

Eerabronn, 29. Juli. Nach langer Krankheit, und nachdem er im Wilhelmsspital in Stuttgart mehrere- male operiert worden war, ist gestern, 60 Jahre alt, der volksparteiliche Abgeordnete Wilhelm Augst, Direk­tor des Fränkischen Kohlenkonsumvereins, gestorben. Er war gebürtig aus Jlshofen und von Beruf Kupfer­schmied, als der er sich von 1878 bis 1897 hier betätigt hat. In den Jahren 1895 bis 1903 gehörte er dem Reichstag an. Seit 1908 vertrat er den Bezirk Eera­bronn in der württembergischen Zweiten Kammer, nach­dem er als Nachfolger des Abgeordneten Friedrich Hauß- mann gewählt worden war. Bei der letzten Wahl 1912 ging er erst im zweiten Wahlgang mit 3014 Stimmen gegen den konservativen Landwirtsschaftsinspektor Baz- len als Sieger hervor, der 2071 Stimmen erhielt. Die Einäscherung findet am 31. Juli 1913, nachmittags 2 Uhr im Krematorium Stuttgart statt. Die Leiche ist im Leichenhaus des Pragfriedhofs aufgebahrt.

Kmina.

14) Roman von Gerhard Büttner.

Die Beiden schenkten seinem Lächeln keine Beach­tung und wie zwei vornehme Verwandte schritten sie dann Straße für Straße dahin.

Ben Hassan Omir berichtete unterwegs eifrig über den Krieg. Von den italienischen Grausamkeiten an Arabern und Türken berichtete er Amina, und sie hörte geduldig alle Schreckensnachrichten an.

Amina war in einen sonderbaren Zustand geraten. Sie hatte alles Weh und alle Trauer vergessen, und ihre Sinne weilten vollständig bei ihrem einstigen Jugend­freunde, der jetzt an ihrer Seite als ein türkischer Staatsmann schritt.

Bleiben Sie noch lange in Berlin?" fragte sie endlich.

Es waren die ersten Worte, die sie an ihn richtete, seit sie neben einander gingen.

Noch einige Tage; ich habe mehrere wichtige Mis­sionen zu erledigen. Morgen mache ich unserem hiesi­gen Gesandten einen Besuch. Wir wollen versuchen, ob nicht fremde Mächte zur Beilegung des Konfliktes zwischen Italien und uns gewonnen werden könnten, selbstverständlich derart, daß wir Italien keinerlei Avan­cen bieten. Nein, die Türkei muß ihre Souveränität behaupten!"

Sie gingen gerade durch eine sehr belebte Straße. Ben Hassan Omir wurde von zwei deutschen Offizieren gegrüßt.

Sie kennen diese Herren?"

Ja, ich habe vor einigen Jahren im preußischen Heere Dienst getan. Man behält sich in Erinnerung.

Amina schwieg wieder.

Sie kam sich unendlich glücklich vor neben einem Manne ihres Vaterlandes, der in dieser großen Stadt Berlin kein Fremder mehr war.

In längerer Unterhaltung erfuhr sie dann, daß er nicht allein Berlin, sondern ziemlich ganz Deutschland

Blaubeuren, 29. Juli. Ehe unsere Seminaristen nach zweijährigem Kurs unsere Stadt verlaßen, pfle­gen sie, alter Tradition getreu, ihre Schulhefte in mehr oder weniger feierlicher Weise zu verbrennen. Zu die­sem Zweck werden die Hefte auf einen Wagen geladen und unter Begleitung der ganzen mit Fackeln ausge­rüsteten Promotion auf denRuckenfelsen" gebracht, zu einem Haufen aufgestapelt und angezündet. Diese Ab­schiedsfeier lockt immer eine große Zahl von Teilneh­mern, alte und junge, herbei: Bei der gestern abend vorgenommenen Verbrennung war die Zahl der Teil­nehmer überaus groß und infolge des Gedränges wurde ein 8 Jahre alter Knabe, der Sohn eines hiesigen Handwerksmeisters, über den Felsen hinabgestoßen, ohne daß die ihm Zunächststehenden etwas davon bemerkt haben. Nach längerem Suchen fand man den bedauerns­werten Jungen heute früh am Fuß des Berges kalt und bewußlos mit einem schweren Schädelbruch blut­überströmt auf. Ob auch noch andere Verletzungen vorhanden sind, konnte noch nicht festgestellt werden, da der Körper infolge der kühlen Nacht wie gefroren war. Es besteht große Lebensgefahr für den Verun­glückten, der die ganze Nacht hilflos im Freien zubringen mußte. Der arme Knabe befindet sich im Krankenhaus. Der Arzt glaubt, daß er nicht am Leben erhalten werden kann.

Hasenweiler OA. Ravensburg, 29. Juli. Dieser Tage ist hier eine alleinstehende Frauensperson, die als sehr arm galt, gestorben. Zum größten Erstaunen aller Hinterbliebenen, besonders der lachenden Erben, fand man in der Wohnung außer verschiedenen Obligationen, Schuldscheinen usw. noch ca. 16 000 -K vor, teils in Gold und Papier, das die Verstorbene in allen denkbaren Winkeln ihrer Wohnung versteckt hatte. Ein Teil dieser Summe war in einer Schmalzbüchse vorgefunden, die doppelt und dreifach in einer Leinwand eingenäht war, der andere Teil war in Leder eingenäht, und einen Teil fand man im Bette vor, in dem sie gestorben ist.

Vom Oberland, 30. Juli. In der kleinen Vogel­welt hat man dieses Jahr eine eigentümliche Wahr­nehmung gemacht. Vögel wie Meisen, Staren, Finken, die sonst zweimal nacheinander brüten, hatten dieses Jahr nur eine Brut. Diese Erscheinung dürfte auf die regnerisch kalte Witterung und auf die damit in Zu­sammenhang stehende Knappheit an Nahrung, besonders Ungeziefer, welcyes bei dem naßkalten Wetter nicht auf- kommen konnte, zurllckzuführen sein.

Friedrichshasen, 29. Juli. Ueber ein neues Riesen- Zeppelin-Luftschiff für die Marine machen die Blätter folgende Mitteilungen: Der neue2" wird alle bis­herigen Zeppelin-Luftschiffe an Größe übertreffen. Wäh­rend die bisherigen ^-Schiffe im allgemeinen einen Durchmesser von 11 Meter aufweisen, wird das neue Schiff einen Durchmesser von 16,50 Meter haben. Die Länge beträgt ungefähr 150 Meter. Man rechnet da­mit, daß das neue Marineluftschiff sich mit Hilfe seiner vergrößerten Tragfähigkeit 72 Stunden in der Luft halten kann, ohne daß es gezwungen ist, eine Eas- erneuerung vorzunehmen. Das Luftschiff wird mit vier Motoren ausgerüstet werden, die insgesamt eine Moto­renkraft von rund 900 ?8 liefern werden. Mit Hilfe

und seine größeren Städte, desgleichen auch Frankreich und die Schweiz Studien halber bereist hatte. Auch das sächsische Erzgebirge und das Riesengebirge hätte er be­sucht und gerade das letztere in der angenehmsten Er- inerung behalten.

Viel," führte Ben Hassan Omir aus,hat mich der alte Kynast im Riesengebirge interessiert. Hoch schlug mir das Herz in den herrlichen Waldungen um die Katzbachquelle im Bobertale. Die dortigen Ansied­ler möchte ich fast um diese herrlichen Stätten beneiden. Wenn ich ein Krösus wäre . . ."

Sie könnten auch Luftschlösser bauen?" fiel Ami­na ein.

Nicht wahr," erwiderte er,das kommt Ihnen für einen Menschen, der im politischen Leben steht und im­mer ein so ernstes Gesicht aufsteckt, sonderbar vor? Ich gestehe es, ich fühle mich selbst fast in der ewigen diplo­matischen Maske unbehaglich. Man ist eben auch bloß ein Mensch, hat ein Herz wie alle Erdenbürger, emp­fänglich für alle harmonischen Schönheiten dieses Wel­tendaseins auch empfänglich für die Wunder und Märchen dieser Natur. Glauben Sie mir, Amina, das Leben ist eine Zwittergestalt! Ich meine damit nicht nur die Traurigkeit und die frohe Laune in ihrem immer wiederkehrenden Wechsel. Ich meine das Be­dürfnis der Menschen nach einem guten Teile Wahrheit und nach einem fast ebenso großen Teile Dichtung, Fan­tasie oder wenn Sie es wollen nennen wir es Lüge. Nicht nach der schmutzigen Lüge des gemeinen Menschen, sondern nach der Lüge der Fantasie der Geister, die sonst auch wahr und edel denken mögen: nach den philosophischen Lügen. Und dabei komme ich auf den Glauben der Welt zu sprechen, der in so viel­fachen Gestalten die Menschen erfüllt, bewegt und hin­reißt . . . Der Islam ist ebenso wie das Christentum eine Philosophie der Liebe, doch markante Unterschiede bringen sie einander in Gegensatz. Jene ist von einem Sterblichen eingesetzt und also vergänglich; diese ist von Gott selbst der Welt durch seinen Sohn übermittelt wor-

dieser großen Leistungsfähigkeit soll das neue Schiff jeder Windstärke, die auf dem Meer herrscht, gewachsen sein. Bereits in wenigen Tagen wird das Luftschiff sertiggestellt sein.

Au» Wett und Zeit.

Achern, 29. Juli. In Sasbach ist heute mittag °/»3 Uhr das Mitglied des Deutschen Reichstages Prälat Lender gestorben. Ein Zufall fügte es, daß Prälat Lender nach kurzer, aber schwerer Krankheit gerade an dem Tage in die Ewigkeit abberufen wurde, an welchem er sein 60jähriges Priesterjubiläum und das 40jährige Jubiläum der von ihm gegründeten, weithin bekannten Lehranstalt in Sasbach hätte feiern können. Prälat Lender stand im 83 Lebensjahre.

Elberfeld, 30. Juli. Der Bandwirker Fritz Klapp aus Barmen, der gestern hier in der Wohnung seiner Schwiegereltern seinen fünfjährigen Sohn erschossen und sich danach durch einen Schuß in den Mund schwer ver­letzt hat, ist heute früh gestorben. Frau Klapp hatte infolge wiederholter Streitigkeiten und Mißhandlungen ihren Mann vor etwa 14 Tagen verlassen und war zu ihren Eltern zurückgekehrt. Gestern nachmittag kam Klapp in die Wohnung seiner Schwiegereltern, wahr­scheinlich, um eine Aussprache herbeizuführen. Da seine Frau nicht anwesend war, ging er, ohne daß die übrigen Angehörigen etwas Böses ahnten, mit dem Kinde zum Abort und verübte dort die Tat. Klapp hat in den letzten Tagen seine Möbel größtenteils verschleudert. Zweifellos hat er mit dem Tode des Kindes, an dem die Frau sehr hing, ihr noch einen empfindlichen Schmerz zufügen wollen. Vielleicht hatte er der Frau auch eine Kugel zugedacht, wenn sie sich bei der Aussprache ab­lehnend verhalten hätte.

Nizza,' 29. Juli. Bei einem Einbruch in einen Goldwarenladen in der Bahnhofstraße erbeuteten Diebe Schmucksachen im Werte von 250 000 Francs. Der Einbruch wurde im Laufe des Sonntags verübt, indem die Einbrecher von einem benachbarten Haus ein Loch durch die Wand schlugen und in aller Ruhe den ge­schlossenen Laden plünderten.

Paris, 29. Juli. Der Senat hat heute das ge­samte Budget angenommen. Gleichfalls angenommen wurde mit 223 gegen 68 Stimmen ein Resolutionsent­wurf, der den Entschluß bekräftigt, in der nächsten Ta­gung einen Gesetzentwurf zu beraten, der eine allge­meine progressive Einkommensteuer einführt.

Odessa, 29. Juli. Hier sind mehr als 600 Mönche vom Berge Athos eingetroffen. Die russische Regierung hat ein Schiff zu dieser Mönchsrepublik hinbeordert und die Mönche des russischen Klosters arretieren lasten, weil sie von der Lehre abgewichen seien und Unruhe gestiftet haben. Unter den Mönchen befinden sich nicht wenige politische Flüchtlinge aus Rußland. Unter dem Dienstpersonal des Klosters befanden sich auch 8 ge­flüchtete Matrosen des KriegsschiffesPotemkin", die seiner Zeit an der Rebellion auf diesem Schiff beteiligt waren. Sie werden jetzt einem Kriegsgericht überant­wortet werden.

den zur Ewigkeitsdauer und zum Beweise dafür, daß Menschenwerk und Menschenliebe vor Gottes Werk und Gottes allmächtiger Liebe zurückstehen muß. Ich sagte es Ihnen schon, Amina, ich bin ein Christ geworden. Selbst unsere gelehrtesten türkischen Großen ahnten nie, daß Ben Hassan Omir das fertig brachte. Ich setzte mich vielen Gefahren mit diesem Schritte aus. Da ich im Staatsdienste stehe, so lag zunächst meine Entlastung nahe. Bis heute ist sie noch nicht erfolgt. Ich fürchte ihr Kommen nicht. Denn käme sie, dann würde ich mich als Privatmann mit meiner Ueberzeugung auf meinen Privatbesitz zurllckziehen. Und wollte man mit Staats­gewalt auch den mir nehmen, so wüßte ich als einfacher Mann mein Dasein auch noch durch irgend einen Han­del zu beschließen, etwa als Arbeiter in den Feldern unserer Heimat, Amina. O, ich fürchte mich nicht vor meiner Hände Arbeit, trotzdem ich nur gewohnt bin, fast ausschließlich als Diplomat mit dem Kopf zu arbeiten, zu denken und zu taten, was mir im Augenblick als das Notwendigste für mein Vaterland erscheint. Sie wissen, Amina, daß in mir viele leitende Fäden un­seres großen osmanischen Reiches Zusammentreffen... Ohne mich selbst Ihnen gegenüber als hervorragend charakterisieren zu wollen, ich habe erreicht, daß man mir und meinen Kenntnissen unbedingtes Vertrauen darbringt. Alle Völker, Amina, brauchen leitende Män­ner. Die Öffentlichkeit hat für sie das Merkwort führende Geister" geprägt. Zu ihnen rechnet man mich daheim und hier im Auslande. Ich bin so ehrgeizig, mich darüber zu freuen. Es gibt eben Herrschernaturen, die nur das Bewußtsein, bewundert zu sein, Anerken­nung gefunden zu haben, dazu macht; Herrschernaturen denen diese Charaktereigenschaften nicht durch den eige­nen Willen allein geworden sind, sondern mehr durch die Umstände, mit denen sie zu rechnen gezwungen wur­den, mehr die Zeit, in der sie leben. Auch unser Mo­hammed, Amina, war eine Herrschernatur. Aber er war einegeborene", nichtzufällige".

(Fortsetzung folgt.)

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