Pforzheim, 27. Juli. In der ev. Diözesan- synode Pforzheim-Land unter dem Vorsitz von Dekan Haag in Weiler wurde das neue Kirchenbuch mit allen gegen 4 Stimmen abgelehnt, da die Synode meistens aus positiv gerichteten Geistlichen zusammengesetzt war. An Stelle des sich zur Ruhe setzenden Dekans Haag wurde Pfarrer Maurer in Ellmendingen zum künftigen Dekan der Diözese gewählt._
Württemberg.
Tagungen.
Ludwigsburg, 26. Juli. Die Landesversammlung des Vereins württ. Körperschaftsbeamter ist unter Oberbürgermeister Eöbel-Heilbronn hier abgehalten worden. Die üblichen Begrüßungen durch Kreisregierung, Stadtverwaltung usw. löste der Jahresbericht des Vorsitzenden ab, aus dem hervorging, daß die Anregungen des Vereins bezgl. der Gestaltung des neuen Pensionsgesetzes lt. Mitteilungen in der Zweiten Kammer, von dieser weitgehendste Berücksichtigung erfahren werden. Auch das wurde ausgeführt, daß der Andrang der Lehrlinge zum Verwaltungsfach merklich Nachlasse, eine Folge der Warnungen, die seit Jahren gegen die Ergreifung der Verwaltungslaufbahn unter die Jugend hinausgehen. Mehr als bisher darin zu tun, findet der Verein, entgegen der Aufassung des Vereins württ. Verwaltungsbeamter, nicht für notwendig. Erwogen wurde schließlich auch die Frage des Einiggehens mit den anderen Eemeindebeamten und Eemeindeunterbeamtenvereinen des Landes in grundsätzlichen Fragen. Der Kassenbericht, Bericht des Schriftleiters der Eemeindezeitung, Dr. Harten- stein-Ludwigsburg, wurden beifälligentgegengenom- men. Zum 1. Vorsitzenden wurde gewählt: Oberbürgermeister Dr. Göbel-Heilbronn, Stellvertreter: Oberbürgermeister Dr. Hartenstein-Ludwigsburg; als Beisitzer aus dem Neckarkreis: Schultheiß Ferdinand-Großgartach, Stadtschultheiß Hörmann- Sindelfingen, Stadtschultheiß Schmalzriedt-Mark- gröningen. In Kirchheim u. T. findet die nächste Landesversammlung statt. Vorträge hielten: Reg.- Baumeifter Dipl.-Jng. Mehl- Stuttgart über Sied- lungs- und Ortserweiterungsfragen; Schiffahrtskommissär Hoffmann- Heilbronn über die Kanalisierung des Neckars und Prof. Bels ch - Ludwigsburg über die Zeit vor 100 Jahren.
Heilbronn, 28. Juli. Der Verband der Schreinermeister von Württemberg und Hohenzollern hielt gestern und vorgestern seinen Verbandstag hier ab. Mit der Versammlung war verbunden eine Ausstellung von Werkzeugen und Materialien hiesiger und auswärtiger Firmen. Die Verhandlungen leitete Obermeister Kriech- Stuttgart. Der Verband zählt 1000 Mitglieder. Die im Vorjahr gegründete Beratungsstelle hat sich günstig entwickelt, und der Ausarbeitung von Preislisten wurde besondere Sorgfalt gewidmet. Einnahmen und Ausgaben gab es 1912 1465 und 1098 Ueber die Beteiligung an der Südwestdeutschen Holzberuss- genossenschast referierte Kassier K l u m p p - Stuttgart; das Submissions- und Kälkulationswesen behandelte Obermeister Sinn-Heilbronn. — Bei den Ausschußwahlen gab es keine wesentlichen Aenderungen in der seitherigen Zusammensetzung.
Eönningen OA. Reutlingen, 28. Juli. Am Fuße des hohen Roßbergs hielt die Fortschrittliche Volkspartei des 6. Reichstagswahlkreises gestern ein Som
merfest ab. Es sprachen Schulth. Feiger, Fabrikant Roth-Reutlingen, v. Payer, Landtagsabgeordn. Scheef- Tübingen-Amt, Landtagsabg. Fischer-Heilbronn, Handwerkskammer-Sekretär Herrmann-Reutlingen, Konrad Haußmann. Abends 6 Uhr schloß Fabrikant Roth die offizielle Feier.
Biberach, 28. Juli. Die Landesversammlung des Württembergischen Geometervereins tagte Samstag u. Sonntag hier, nachdem der Eesamtausschuß schon am Freitag eine Sitzung abgehalten hatte, unter dem Vorsitz von Obergeometer Schäfer. Der Verein zählt 530 Mitglieder, neun Zehntel der württembergischen Be- russgenossen. Der Jahresbericht erwähnt u. a. eine Eingabe des Vereins an die Rektorate der höheren Schulen, betr. ungünstige Verhältnisse im Geometer- berufe usw. Durch den Landtagsabgeordneten Dr. Späth wurde bekannt, daß über die Verstaatlichung des Katastergeometerwesens Landtagsabg. Graf bei der Volksvertretung Anträge gestellt habe. Katastergeometer K r e z d o r n - Schussenried sprach über die Ver- einödung in Oberschwaben. Abgelehnt wurde ein Antrag, der die Gründung einer Vereinigung württemb. Kat.-Eeom. verlangte. In Württemberg sind, lt. den von Kat.-Geom. M ü l l e r - Oehringen gegebenen Zahlen, von den geprüften Gehilfen in Privatstellung 34, bei Behörden 55, bei den ungeprüften Gehilfen sind die Zahlen 65 und 6. Vermessungstechniker sind in Privatstellung 92, bei Behörden 62, ständige Meßgehilfen bei Privatgeometern 28, bei Behörden 50. Von den Eeo- meterlehrlingen haben Primareife 14, Maturitas 13, zusammen 27. Als Ort der nächsten Hauptversammlung wurde Ellwangen und Reutlingen vorgeschlagen. Die Wahl bestimmt die Vorstandschaft. Bei den Vorstandswahlen wurden auf 3 Jahre gewählt: Zum 1. Vorsitzenden Karl Schmelz, Stadtgeometer, Stuttgart, zum 2. Vorsitzenden Katastergeometer Müller-Oehrin- gen, zum Schriftführer der technische Eisenbahnsekretär Schreyweiß in Sulz, zum Schriftleiter Linkenheil- Schramberg.
Stuttgart, 28. Juli. Da bei dem gestrigen Brand im Königlichen Proviantamt 8000 Ztr. Heu teils ganz vernichtet, teils ungenießbar wurden, und das große Magazingebäude vollständig ausgebrannt ist, wird der Brandschaden auf 50—60 000 -4l geschätzt, für die, da Versicherungen nicht in Betracht kommen, die Militärverwaltung einzutreten hat. Die Löscharbeiten wurden durch Wassermangel stark erschwert. Es mußten deshalb 2000 Meter Schläuche gelegt werden, und ohne die Automobilspritze wäre das Feuer nicht zu bewältigen gewesen. Die Räumungsarbeiten der bedrohten Magazine besorgten Mannschaften der verschiedenen Regimenter.
Stuttgart, 28. Juli. Der frühere Redakteur der ehemaligen „Badischen Landpost" und der Stuttgarter „Deutschen Reichspost", Adam Röder, wird Anfang September nach Karlsruhe übersiedeln und eine konservative Korrespondenz herausgeben. Die „Deutsche Reichspost" in Stuttgart, verbunden mit der „Badischen Post" geht auf 1. Oktober ein. An ihre Stelle wird in Stuttgart eine Zeitung großen Stils, die „Süddeutsche Zeitung" treten, nicht als konservatives Parteiorgan, sondern mehr als konservatives Sammelotgan der rechtsstehenden Elemente in Süddeutschland. Die Chefredaktion übernimmt Heinrich Heinz, der früher Chefredakteur an der „Konstanzer Zeitung" Und dann kurze Zeit nationalliberaler Parteisekretär in Baden, zuletzt Redakteur an der „Rheinisch-Westfälischen Ztg." war.
Stuttgart. 28. Juli. Der König hat den Vorstand der Forstdirektion, Präsidenten Dr. v. Graner, seinem Ansuchen entsprechend in den bleibenden Ruhestand versetzt und ihm das Kommenturkreuz des Ordens der Württembergischen Krone verliehen.
Tübingen, 28. Juli. Die Kgl. Domäne Einsiedel, die größte Württembergs, mit etwa 1000 Morgen unter dem Pfluge, die seit einer Reihe von Jahren von Oekonomierat Klein gegen einen Zins von jährlich 16 000 oK gepachtet war, und noch 5 Jahre in dessen Pachtung verbleiben sollte, ist mit Kleins Einverständnis an die Zuckerfabrik Böblingen verpachtet worden. Das ganze Areal, das bisher meist mit Reps bepflanzt war, wird nun dem Bau von Zuckerrüben dienen und in Zukunft 40 polnische Arbeiter beschäftigen. Das bisherige Personal und das gesamte lebende Inventar wurde mit übernommen. Der neue Verwalter ist bereits an Ort und Stelle. Oekonomierat Klein zieht hierher.
Baiersbronn, 29. Juli. Ein heftiges Gewitter verbunden mit Hagel und Wolkenbruch, ging am Sonntag über die Gegend Leimiß und Tonbach nieder. Die Schönmünz war hoch angeschwollen. Auch gestern ging ein starkes Gewitter nieder, das die Murg zum reißenden Strom machte.
Rottweil, 29. Juli. In einer gestern abend in Schwenningen abgehaltenen Vertrauensmännersitzung der Nationalliberalen Partei des hiesigen Bezirks wurde für die bevorstehende Landtagsersatzwahl wiederum Oberst Vlaul - Wellendingen als Kandidat der Nationalliberalen Partei bestimmt, die für die tatkräftige Unterstützung ihres Kandidaten durch die Volkspartei, wie schon bei der letzten Landtagswahl, entsprechend dem Wahlabkommen rechnet.
Von der Alb» 28. Juli. Eine derartige, fast endlose Verzögerung der Heuernte wie Heuer bildet zum Glück nicht die Regel. Seitdem die ersten Anfänge mit Heuen gemacht wurden, sind volle sieben Wochen verflossen, und noch ist ein ansehnlicher Teil des Heuertrags nicht geborgen. Längst sind zwar die Wiesen im Tal gelber, und dort ist außerordentlich üppig schon das Oehmdgras nach- gewachsen, aber die Bergwiesen konnten bis jetzt infolge des traurigen Heuwetters nicht ganz geräumt werden. Der Freitag und Samstag brachten endlich Sonnenschein, und es gelang, ein erkleckliches Quantum Dürrfutters in annehmbarem Zustand einzubringen. Auch am gestrigen Sonntag, der mit seinem klarem Himmel in der Frühe freudige Hoffnung erweckte, strömten Leute in Scharen aus die Höhe zur Feldarbeit. Aber schon im Laufe des Vormittags stellten sich Gewitter mit gewaltigen Regengüssen ein. Die Arbeit erlitt wiederum eine mißliche Unterbrechung.
Gmünd, 28. Juli. Heute nachmittag wurde unter großer Anteilnahme Stadtpfleger a. D. Karl Bommas zu Grabe getragen, der am Samstag im 84. Lebensjahr gestorben ist. Der Verstorbene war der Senior der hiesigen Beamtenschaft und 57 Jahre (1859 bis 1906) im städtischen Dienst, davon 43 Jahre als Stadtpfleger.
Welzheim, 28. Juli. Das Gewitter gestern nachmittag hat nicht nur auf 8er Alb, sowie am mittleren und unteren Neckar, sondern auch bei uns auf dem Welzheimer Wald streckenweise schlimm gehaust. In Althütte und Mannenberg gab es Hagelschlag, der an
klmina.
13) Roman von Gerhard Büttner.
„Das ist zuviel für eine kranke Seele," rief sie laut und neue Tränen brachen sich ihre Bahn."
„Sie fragten mich, Signora," fuhr nun Ben Hassan Omir fort, „wer mir den Ring gab. Ihr Gatte selbst! In den Armen Ihrer nun auch toten Mutter, drei Stunden früher nur, verblich Victor Tomaso in Durazzo an den Wunden aus den Kämpfen vor Tripolis und einer hinzugekommenen Pockenkrankheit, die auch Ihre treue Mutter miterfaßte. Tomaso hat als tapfrer Krieger für Ihr Vaterland, Amina, gegen sein Italien angekämpft. Im Schuldbewußtsein gegen Sie, hat er die Sühne im Kampfe für unsere Sache, im Heere Ihres Vaterlandes gesucht. Ehre seinem Andenken als Soldat; Ehre seinem Andenken als armer Sünder, der die Sühne suchte. Weinen Sie, o Freundin; weinen Sie um einen heißblütigen, aber reuigen Mann, um einen Christen voller Herz. Wie hat es mich gepackt, Amina, als er im Tode Ihnen noch die Treue schwören wollte. Durch mich sagt er der Gattin leise Lebewohl, auf Wiedersehn! Und Eiovanna-Refia soll ich grüßen. Darf ich das Kind sehn?"
Stumm und in Tränen aufgelöst wies Amina nach Alia, welche Eiovanna auf dem Schoße hatte. Wortlos trat Ben Hassan Omir zu dem Kinde und hängte ihm ein Kreuzlein um. Ein schwarzes, einfaches Hals- Kreuz.
„Dein Vater, Kleine, schickt es," sagte er dann, „und er läßt Dir noch sagen: Du sollst Dich einmal nach ihm umsehen, nach ihm, lieb Kindlein, wenn Du einmal in den Himmel kommst; was noch recht, recht
lange anstehen möchte. Bis dahin aber sollst Du Deine gute Mutter recht sehr lieben und den lieben Gott bitten, daß er sie auf allen ihren Wegen behüten möge."
Amina war aufgestanden und näher getreten.
Und indem sie auf das Kreuz wies, sagte sie:
„Mein Freund, Ihr brachtet Herzeleid genug hierher, was soll dies Kreuz?"
„Ihr Bruder schickt's, Amina. Ein christlich Zeichen für ein christliches Kind. Tomaso gab es ihm nach jenem Kampf, in dem er wund und elend ward. Für Eiovanna, hatte er gesagt. Ihr Bruder hat als Voten mich benutzt, das auszuführen, was ein nun Entseelter ihm in schwerer Stunde aufgetragen. Er hielt dafür, sogleich zu tun, was sich vollbringen läßt."
„Ich mag das Kreuz nicht sehen, nehmt es fort. Ihr seid mein Jugendfreund, Ben Hassan Omir. Ich kenne Euch nicht wieder. Wie hieltet Ihr den Halbmond immer hoch. Jst's heute anders? Hat Mohammed kein Recht in Eurem Herzen mehr?"
„Ich lebte lang in andern Ländern. Ich lernte viel, Amina. Und dann bin ich eines Tages Christ geworden . . ."
„Ihr ein Christ? Scherzt Ihr nach solchen Trauerkunden, wie Ihr eben sie mir brachtet, teurer Freund?"
„Ich bin ein Christ, Signora. Das ist kein Scherz, kein Traum, kein Trugbild, sondern Wirklichkeit. Und von Herzen bin ich's, Freundin; nicht wie Ihr durch eine bloße Zeremonie der Trauung . . . Nein! Bei mir begann's hier drin, Signora . . . tief im Herzen. Gelehrte Freunde halfen mir die letzten Zweifel tilgen, und ich erkannte bald, daß Christenlehre sonnige Wahrheit. Die Liebe ist der Grundton in dieser Religion. Auf diesen Ton ist alles dann gestimmt. Von dieser
Liebe geht die helfende und die strafende Göttlichkeit aus. Ja, auch selbst die ist Liebe . . . Und glauben Sie mir, ich bin ein wenig ideal veranlagt; aber es ist wahr: die idealen Seelen kommen zuerst zum gehaltvollen Eottesglauben des Christentums. — So stehe ich denn hier: ein Diplomat, ein Türke und ein Christ. Sie haben einen traurigen Blick für mich, Amina. Es ist, als ob Sie fragen wollten: auch du, mein Sohn Brutus? ...
Auch ich, Amina! Und andere vor mir, mit mir und nach mir ... Es wird Frühling in türkischen Landen. Frühling, sage ich. Und wenn Sie jetzt wieder einmal in Ihre Heimat kämen, dann ..."
Er stockte.
„Ich glaube kaum," sagte Amina in noch immer tränenerstickter Stimme, „ob ich in die Heimat zurückkehre, oder wie ein Jrrvögelein um die weite Welt segle. Ich weiß überhaupt gar nicht, wohin ich kann, weiß nicht, wohin ich möchte . . Ach, hierhin und dorthin; bloß nicht ins Menschenland. Ich fürchte mich vor den Menschen. Sie haben alle so ein schmeichelndes Etwas an sich und sind hinterher wie galliger Schaum. Ach, ich fühle mich überhaupt so elend. Nun erst recht, da Victor tot ist. Nun ist er gegangen und hat mir verziehen, bittet mich um Verzeihung durch seinen Tod . . . Schrecklich, Freund Hassan . . . Und ich habe ihn nicht mehr gesehen; habe ihm nicht mehr von Angesicht zu Angesicht verzeihen können? O, Allah, Du strafst Deine Tochter bitter, grausam, fast zu hart . . . Alia!"
„Herrin!"
„Was willst Du, rief ich Dich? Geh, mach, daß Du fortkommst. Ich habe Dich nicht gerufen . . . Oder