88. Jahrgang.

Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.

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Erscheinungsweise: k mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- öezirk Calw für die einspaltige BorgiSzeile IO Psg.. außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 2S Psg. Schluß für Jnseraiannahme 10 Uhr vormiliagS. Teleson 9.

Dienstag, den 29. Juli 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.2S vierteljährlich. Post» bezugSpreiS für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg-, in Bagern und Reich 42 Psg

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung

betreffend Flohsperre auf der Klein-Enz.

Wegen Reparaturen an Wasserwerken und Bach­räumungen bleibt die obere Klein-Enz (Neubachstube bis Agenbacherstube) für den Flohverkehr vom 1. August d. I. bis auf weiteres gesperrt (tz 29 der Flotzordnung vom 20. April 1883 Reg.-Bl. S. 47).

Sobald die erforderlichen Arbeiten vollendet sind, wird die Flohsperre wieder aufgehoben.

Calw, den 28. Juli 1913.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Der Aufstand in Süd-China.

Die Korrespondenz des Fernen Ostens veröffentlicht die folgenden amtlichen Depeschen: Präsident Juanschi- kai hat den Kampf, den ihm die Aufrührer des Südens angesagt haben, ausgenommen. In der Umgebung des Präsidenten nimmt man an, es werde ein langer Kampf werden, sein Ausgang könne aber nicht zweifelhaft sein. Schon lange wartete man darauf, dah die Auf­rührer den Kampf eröffneten. Seit langem ist auch die Regierung entschlossen und darauf vorbereitet, den Kampf aufs gründlichste auszufechten, um die aufstän­dischen Provinzen wieder unter die Botmähigkeit Pe­kings zu bringen und eine Regierungsform aufzurichten, die der (auswärtigen) Lage Chinas entspricht, das nach Juanschikais Ansicht nicht von dem schwankenden Willen einer allmächtigen Volksvertretung abhängig und da­mit der Zwietracht der Parteien ausgeliefert werden darf. Die Staatsregierung und die Gesetzgebung müssen gleichberechtigt nebeneinander bestehen. Die Vereini­gung der Nordtruppen hat begonnen; sie wird über eine Woche dauern. Ihr Ziel ist Nanking, wo der aufstän­dische Süden eine neue Regierung eingesetzt hat. Mit der Einnahme Nankings wird das Spiel für Peking ge­wonnen sein. In der Zwischenzeit suchen auch die Südler sich zu rüsten. Sie suchen sich des Zeughauses Kiangnan bei Schanghai zu bemächtigen, des bedeutend­sten Waffenlagers von Südchina; aber bisher haben sie damit kein Glück gehabt. Die Flotte unter Admiral Tseng ist Peking treu geblieben. Ihre Besoldung ist für Jahresfrist (durch die Zahlungen aus der Fünf- mächte-Anleihe) sichergestellt. Das beraubt die Auf­rührer einer ungemein wertvollen Hilfe in dem Kampf, der sich den Jangtse entlang abspielen wird. Nord­truppen sind aus der Mandschurei zurückberufen und nach Wutschangu nd Tientsin geschickt worden. Es ist möglich, dah der Marsch auf Nanking sich von Wutschang und von Tientsin aus gleichzeitig vollzieht. General Tschangshün in Jentschaufu hat eine Depesche an Juan- schikai gesandt, dah er mit seiner Division mit Un­geduld auf die Beschleunigung der Kriegsvorbereitungen und auf den Befehl warte, gegen die Aufrührer vor­zugehen. In Peking ist der Belagerungs­zustand erklärt worden. Es erschienen nämlich dort überall Flugschriften, wonach die verstorbene Kaiserin Lungju, die ja durch ihren Abdankungserlah erst die Republik legalisiert hat, an ihrem Todestage einen Ee- heimbefehl niedergeschrieben habe, der den Abdankungs­erlah widerrufe und die kaiserlich gesinnten Chinesen, sowie die Mandschu verpflichte, den Thron der Tsing- Dynastie wiederaufzurichten. Die Polizei hat eine Ee- genkundgebung hoher Würdenträger veröffentlicht, wo­nach der angebliche Erlaß der Kaiserin ein Machwerk der Aufrührer ist, die damit Uneinigkeit zwischen den Republikanern Juanschikais und den Kaiserlichen her­vorzurufen suchen. In Nanking haben die auf­ständischen Truppen sich in zwei Lager gespalten, in denen völlige Zügellosigkeit herrscht. Es gibt keinerlei anerkannte Behörde. Der Revolutionsgeneral und -kriegsminister Hwangtsching (der vielberufene Deut­schenfresser) hat (wie 1911 Hanjang) insgeheim Nan­king verlassen und ist nach Schanghai ausgerückt, wo er an der Spitze von bewaffneten Banden fünfmal ver­geblich versucht haben soll, das Zeughaus von Kiangnan

zu nehmen. Seine Leute sind jedesmal geschlagen wor-I

den. Sie machen jetzt, geschlagen, verfolgt und zerstreut, als Räuber das Land südlich von Schanghai unsicher. In Schanghai haben sich an den zwei letzten Tagen andauernde Kämpfe um das Zeughaus von Kiangnan abgespielt. Die Aufrührer haben frühmorgens und nachts angegriffen. Es gelang aber den Nordtruppen, die Südler nach Nantao, der südlichsten Vorstadt Schang­hais zu drängen und sich der Strahe von Schanghai nach Hangtschau zu bemächtigen.

London, 28. Juli. Die Kämpfe zwischen den Süd- und Nordtruppen am Schanghai dauern an. Die Kriegs­schiffe der chinesischen Regierung bombardierten gestern die Eingeborenenstadt und richteten großen Schaden an. Die Verwirrung, die während der Beschießung unter der Bevölkerung herrschte, wurde von vielen zu Plün­derung der Läden und Häuser der reichen Chinesen be­nutzt. Zum Schutz der Europäer sind insgesamt 250 Mann gelandet worden.

Stadt, Bezirk «nd Nachbarschaft.

Talw, 29. Juli 1913.

Baugewerbliche Wanderausstellung. Am Sonntag, den 3. August d. I., vormittags ll Uhr wird in der Turnhalle die im Aufträge der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel von der Beratungsstelle für das Baugewerbe veranstaltete 8. Vaugewerbl. Wanderaus­stellung eröffnet. Durch diese soll Gelegenheit geboten werden, die gesamte Tätigkeit der Beratungsstelle für das Baugewerbe (u. a. Beratung von Bauhandwerkern, Baugewerbetreibenden, Gemeinden und Bezirksbehör­den; Ueberarbeitungen von Entwürfen, Bebauungs­plänen, Modelle, Vorlagen, gute und neuere Bau­material- und Konstruktionsteile, Kurse, Wettbewerbe) kennen zu lernen. An der Ausstellung werden sich auch hiesige Architekten, Bauhandwerker und Baugewerbe­treibende u. s. w., sowie auswärtige Firmen mit ein­schlägigen Gegenständen beteiligen, was umso erfreu­licher ist, als der Ausstellungstermin etwas spät bekannt wurde. Die Ausstellung, die vom 3. bis 17. Aug. d. I. je einschließlich geöffnet sein wird, ist bei freiem Ein­tritt für jedermann zugänglich und es wird auch an dieser Stelle auf die Eröffnungsfeier wie die Aus­stellung selbst hingewiesen. (Einges.)

v. Erleichterung des Absatzes von Stein-Abfällen. Zur Erleichterung des Absatzes von ungemahlenem und ungewaschenem Steingrus (Steinsplitt), d. h. dem Ab­fall bei der Herstellung von Steinschlag aus Bruch­steinen und bei der sonstigen Bearbeitung von Steinen wurde für Wagenladungen ein besonders ermäßigter Ausnahmetarif von 128 württ. Stationen nach der badischen Station Weinheim-Tal eingeführt; unter die­sen Stationen befinden sich u. a. Calw, Hirsau und Weilderstadt.

8t. Die Medaille der König Karl-Zubiläumsstiftung

für tüchtige Arbeiter und Bedienstete, welche in einem und demselben Geschäft langjährige und ersprießliche Dienste geleistet haben, ist unterm 3. ds. Mts. an 454 Personen, 426 in gewerblichen und 28 in landwirt­schaftlichen Betrieben, verliehen worden. Darunter an drei Arbeiter der Vereinigten Deckenfabriken und zwar an: Andreas Haug, Färbereitaglöhner, Wilhelm Heile­mann, Appreteur. Ferner wurde sie an Jakob Schwämm- le, Arbeiter in der Baumwollspinnerei, verliehen.

v. Berittene Fußartillerie-Einjährige. Nachdem seit 1. Oktober vor'. Jahres auch dem Ulmer Fuß- artillerie-Bataillon eine Bespaünungsabteilung ange­gliedert wurde, werden wie bei allen deutschen Fuß- artillerie-Bataillonen mit Bespannungsabteilungen Heuer erstmals auch hier zum 1. Okt. berittene Fuß- artillerie-Einjährige eingestellt, die natürlich für die Gestellung des Pferdes mehr wie bisher aufzuwenden haben. Diese Gelegenheit dürfte übrigens von württ. Einjährigen umso eher benützt werden, als das seit 20 Jahren preußische Bataillon nächstes Jahr wieder an das württ. Armeekorps übergeht, also württ. Truppen­teil wird.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist meist trockenes und warmes, aber gewittriges Wetter zu erwarten.

v. Hirsau, 29. Juli. Eine bei dem hiesigen Kame- ralamt erledigte Kanzlistenstelle wurde dem Militär­anwärter und Hilfskanzlisten Warnecke hier übertragen.

H Bad Liebenzell, 28. Juli. Der Theaterbesuch war auch in letzter Woche ein durchweg guter. Es ist dies ein Beweis, daß die Künstler ihre Schuldigkeit tun.

Sogar die Wiederholung derPepi" am Tag vor dem großen Sommerfest sah ein volles Haus. Am Don­nerstag wurde das SchauspielJohannisfeuer" von Su­dermann gegeben. Die Aufführung dieses Stücks, das uns von den beiden letzten Sommern noch in guter Erinnerung ist, hat so recht den Unterschied vonEinst" undJetzt" gezeigt!

Bad Teinach, 28. Juli. Bad Teinach hatte ge­stern einen glücklichen Tag; das mit viel Arbeit und Mühe geschickt vorbereitete Jakobifest verlief schön zu allseitiger Zufriedenheit. Herrlich tiefblauer, wölken- ^

loser Himmel lachte frühmorgens über unsrem schönen Tale, reine erquickende Luft lockte Groß und Klein von nah und fern herbei. Schon die Frühzüge brachten Scharen von Touristen und Ausflüglern, von Stunde zu Stunde steigerte sich der Verkehr. Mittags konnte zwar der Wettergott es nicht unterlaßen, daran zu er­innern, daß er auch ein gewichtiges Wörtlein bei sol­chen Gelegenheiten mitzusprechen hat; er war aber sehr gnädig, beseitigte durch kurzen, energischen Guß den überflüssigen Staub, und schob die Wolkenwände schnell wieder auseinander. So brachte der Nachmittag noch weitere Menschenmengen, es entwickelte sich vor allem ein sehr reger Autoverkehr sicher weit über 50 sol­cher Fahrzeuge mögen in Teinach Rast gemacht haben.

^ Das Fest selbst wurde in althergebrachter Weise begangen. Der Festzug war etwas mager, es ist schade, daß die Beteiligung vor allem seitens der Landbevölke­rung aus dem Schwarzwalde in den schönen Trachten stets so schwach ist. Der Jakobifestausschuß gibt sich stets die größte Mühe, er läßt kein Mittel unversucht, um diesen Uebelstand zu beseitigen; leider ohne ge­nügenden Erfolg, die Trachten schwinden immer mehr und mehr, hier wie überall im lieben deutschen Reiche.

Es ist jammerschade! Welche Menge der schönsten, reizendsten Trachten könnten gerade in unserer Gegend in solchem Festzuge zusammengestellt werden! Wer weiß ein Mittel, die törichten Vorurteile aus den Köp­fen der Bauersleute zu vertreiben? Der Linden­platz beim Badhotel konnte kaum die schaulustigen, bei­fallsfrohen Menschenmengen faßen, die den drolligen Spielen der Jugend, den verschiedenen Wettrennen, dem Hahnentanz mit gespannter Aufmerksamkeit folgten.

In den späten Nachmittagstunden sorgte die originell kostümierte Bauernkapelle in der Laube durch flotte Tanzmusik für Unterhaltung und Abwechselung. Den Reigen schloß die Kurkapelle abends mit Tanzmusik.

Das Teinacher Jakobifest mit seinem originellen Hahnen­tanz hat seine alte Anziehungskraft auch in diesem Jahre bewährt. Obgleich in allen Nachbarstädten und Kurorten am gestrigen Tage ebenfalls verschiedene Kon­zerte u. s. w. lockten, kam Teinach doch voll zur Geltung, der Hahnentanz wird nicht von der Vildfläche ver­schwinden. Trotz der enormen Menschenmengen, des regen Verkehrs und der Hitze kamen keine Unfälle vor, manche Besucher mögen allerdings wohl am heutigen Montage mit etwas schwerem Kopfe erwacht sein.

G Ostelsheim, 28. Juli. Gestern war hier Vor­turnerstunde des Keplergaues. Aus diesem Anlaß feierte der Turnverein sein 4. Stiftungsfest, verbunden mit turnerischen Spielen und sonstigen Belustigungen.

Begünstigt von schönstem Wetter darf der Verein auf ein wohlgelungenes Fest zurückblicken.

Weilderstadt, 28. Juli. Auf der Würmbrücke stürzte ein Radfahrer, und verursachte dadurch, daß seine 3 Kameraden, Bierbrauer von der Leicht'schen Brauerei Vaihingen, über ihn stürzten, sodaß der Lrstere sich Ver­letzungen am Kopf zuzog und ein anderer eine Zeit lang bewußtlos war.