lieblicher als die andere, nur dann und wann durch einen im strahlend lichten Sommeranzug männlichen Schützlingvergröbert", hielten Kostbarkeiten, Süßig­keiten, Speise und Trank, Blumen und Zigarrdn, Kuchen und Bier, Sekt und Mineralwasser, feil. Arme Geldbeutel. Und bald sah man auch die einzelnen Schö n h e i tsko n ku r r e nz e n", kenntlich an der Kette von roten Koupons um den Hals, im Menschen­gewühl sich ergehen, bestaunt, beneidet, je nachdem. Das Kurtheater durfte an solchem Tage natür­lich auch nicht das bescheidene Veilchen spielen. Es beschwor auf einer leider viel zu niederen Freilichtbühne den Geist Hans Sachsens. Die Kurkapelle, die den Tag über tüchtig angestrengt war, füllte die Zwi­schenpausen bis zur Preisvereilung an die Damen der Schönheitskonkurrenz. Unter gewaltigem Andrang wurde diese auf dem Podium der Wandelhalle vorge­nommen.Sommerfestkönigin 1913", also mit dem 1. Preise gekrönt, wurde Fräulein Emma Melly-Florenz (408 Coup.). Dann folgten: Fräulein Elly Wiener- Berlin (263), Lydia Benzinger-Hier (235), Lydia Faas- hier (148), Grete Koch-Hier (130), Anna Koch-Hier (120), Klara Roll-Pforzheim (109), Else Schönlen-Hier (87), Ella Schmid-Hier (73), Hedwig Rast-Hier (54), Frl. Conzelmann-Hier (21). Die Preise für die drei ersten Preisträgerinnen bestanden in einem Blumenkorb und einer Bonbonniere, für die übrigen in kleinen Buketts mit Bonbonniere. Die Preisträgerinnen durften dann, nachdem sie glückstrahlend ihrePreise" entgegengenom­men hatten, dem Photographensitzen". Gegen Abend ließen sich Deklamatoren des Kurtheaters von der Wan­delhalle herab mit humoristischen Vorträgen hören u. mit dem Anbruch der Nacht erstrahlten die Anlagen in buntem Lichterglanze, in dem sich unter schneidigen Walzerklängen die Paare schwangen. Der Erfolg, den die Kurverwaltung mit dieser Sommerfestveranstal­tung erwartete, hat sich in finanzieller und ideeller Hinsicht wohl auch eingestellt. Und wenn die Lieben­zeller Dank zu sagen haben, so müssen sie in erster Linie an Herrn Stadtschultheiß Mäulen denken, den Vater aller guten Dinge, die die Kursaison für Bad Liebenzell bringt.

llnterhaugstett, 27. Juli. Kaum ein halbes Jahr ist nun vergangen, seit der letzte große Brand hier 5 Wohnhäuser vernichtete, aber schon wieder wur­den wir mitten in der Nacht von Samstag auf Sonn­tag durch Feuerlärm jäh geweckt. Die Scheune des Friedrich Keppler, in nächster Nähe des Schul- und Rat­hauses, stand in Hellen Flammen. Rasch ergriff das Feuer das angebaute Wohnhaus, dessen Jnsaßen sich nur noch durch das Fenster auf einer Leiter retten konnten. Das Vieh und etliches Mobiliar konnten ge­borgen werden. Ein Hund und mehrere Hühner sind mitverbrannt. Das Feuer zerstörte 2 Wohnhäuser und 2 Scheunen. Die Geschädigten sind Friedrich Keppler und Johannes Rentschler. Dieselben sind zwar versichert, aber nicht genügend. Es wird allgemein ver­mutet, daß der Brand wieder, wie im Januar, von ruchloser Hand gelegt wurde und es wäre eine Be­ruhigung für die ganze Gemeinde, wenn es gelingen würde, den im Dunkeln schleichenden, gewissenlosen Brandstifter endlich zu entdecken.

Neuenbürg, 26. Juli. Im benachbarten Büchen­bronn wurde in der Nacht zum Donnerstag in die Wirtschaft zur Rose eingebrochen. Es wurden verschie­dene Lebensmittel, ein Schirm, ein Paar Schuhe usw. gestohlen. Man forschte vergeblich nach dem Dieb, bis man in einer benachbarten Scheune einen Hut fand.

Nun suchte man die Scheune gründlich aus. Der Dieb war auch im Heu gut versteckt, wo er schon mehrere Tage gelagert hatte, um nachts auf Raub auszugehen. Er flüchtete aber in den Keller, wo er schließlich fest­genommen wurde. Es ist der ledige Schneidergeselle Daniel Frey von Eroßaspach. In Feldrennach hat sich der 61 Jahre alte Schreiner Wilhelm Dengler er­hängt. Er war mit seiner Frau zum Futterholen aufs Feld gegangen und hatte dort Streitigkeiten mit ihr. Er lief dann in den Wald, wo er sich das Leben nahm.

Nagold, 26. Juli. Maurer Eisenhuth vom Enztal hatte einen Hirsch, 14-Ender, im ungefähren Gewicht von 250 Pfund erlegt. Ein Forstwart aber hat im Staatswald Spuren des Hirsches gefunden, die Veranlassung zu der Vermutung gaben, daß der Hirsch nicht auf dem Jagdgebiet des Eisenhuth, sondern im Staatswald gefallen ist. Das Wild wurde mit Beschlag gelegt und nun wird es sich zeigen, ob der Hirsch dem Staate oder dem Schützen gehört.

Württemberg.

Landesversammlung der württemb.

Sozialdemokratie.

Stuttgart, 27. Juli. Die diesjährige Landesver­sammlung der wiirtt. Sozialdemokratie, zu der 400 De­legierte erschienen waren, wurde gestern abend durch den Abgeordneten Hildenbrand im Gewerkschafts­haus eröffnet. Schon der erste Punkt der Tagesord­nungGeschäftliches" konnte nicht zu Ende geführt wer­den, da die Zusammenstöße zwischen revisionistischer und radikaler Richtung das Hauptkontingent in den Ver­handlungen bildeten, an der Spitze der vom Abg. Hil­denbrand erstattete Bericht über die Preßkommission, die ständig ihre von der Landesversammlung einge­räumten Rechte eigenmächtig überschritten habe. Im Schlußwort konnte der Berichterstatter Behr konstatie­ren, daß über seinen Bericht sehr wenig gesprochen, umso mehr aber gegen die Redaktion der Tagwacht los­gezogen worden sei. Hildenbrand sägte, er würde es angenehm empfinden, wenn bald Friede eintreten würde, er habe aber wenig Hoffnung; auf alle Fälle werde er für die nächste Zeit nicht mehr der Gegenstand weiterer Kämpfe sein. Während seiner Ausführungen wurde dem Redner aus den Reihen zugerufen, er gehöre abgesägt, er solle doch zur Volkspartei gehen. Auf einen weiteren Zuruf, daß er durch das Doppelmandat finan­ziell gut situiert sei, bemerkte Hildenbrand, er begrüße es, durch den Zwischenruf endlich in der Lage zu sein, diese ewigen, falschen Neidhammeleien an den Pranger zu stellen. Nach der Mittagspause nahmen die persön­lichen Bemerkungen im Fortgang der Verhandlungen ebenfalls den größten Raum ein. Sodann kamen zur Annahme: der Antrag Hildenbrand: alle geschäftlichen Angelegenheiten und Beschwerden sollen durch den Lan­desverband und in 2. Instanz durch den Landesausschuß geregelt werden; ferner der Antrag Keil: wonach die Wahltaktik von 1912, betr. Aufstellung von Proporz­kandidaten, gutgeheißen wurde, ein 2. Antrag Keil: die Aenderung des Delegationssystems auszusetzen. Der Antrag Hildenbrand, gegen das Vorgehen der Schul­behörde gegen die Arbeiterjugend Maßregeln zu er­greifen; weiter der Antrag auf Fernhaltung der Genos­sen von politischen Vereinen; dagegen wurde der An­trag auf Beseitigung der Doppelmandate abgelehnt, wobei Hildenbrand u. a. bemerkte: einer der Hauptgründe seines Wegzugs sei der, daß ihm von übel­wollenden Genossen wegen seines Doppelmandates

schwere Vorwürfe gemacht werden. Einem, Lindemann gegenüber geäußerten Zwischenruf, feine Frau sei die Vorsitzende eines bürgerlichen Stimmrechtsvereins, hielt Lindmann mit beißender Satyrs entgegen, dem Zwi­schenrufer empfehle er, sich mit seiner Frau selber aus­einanderzusetzen. Es folgte nunmehr ein Referat des Abg. Keil über die Tätigkeit der sozialdemokr. Reichs­tagsfraktion, mit manchen polemischen Ausführungen gegen die Tagwacht untermischt. In den Landesvor­stand wurden gewählt: Als Vorsitzender Friedr. Fischer, sodann die Genossen Wasner, Fischer-Cannstatt, Frey- Stuttgart, Harder, Keil, und Frau Müller; in den Lan­desausschuß: als Vorsitzender Bauer, sodann Göhring, Haug, Hoschka, Hosenthien, Kurz und Stubenrauch. Den Schluß der Verhandlungen, die den Sonntag völlig aus­füllten, bildete die Agitationsfrage in der Frauenbe­wegung.

Stuttgart, 27. Juli. Heute nachmittag kurz nach 1 Uhr ist im Heumagazin des K. Proviantamts auf der Prag, offenbar durch Selbstentzündung des eingebrach- ten Futters, Feuer ausgebrochen. Es war sofort ein gewaltiger Brand, wie man ihn hier noch selten gesehen hat. Aus allen Lucken und über dem gewaltigen Dach des sehr großen, massiven Gebäudes, das mit dem gan­zen übrigen Proviantamt erst vor einigen Jahren er­baut wurde, schlugen furchtbare Rauch- und Flammen­säulen empor. Der Brand konnte auch von den höher gelegenen Stadtteilen Stuttgarts, ferner von Feuerbach, Zuffenhausen und Cannstatt aus bemerkt werden, wes­halb eine unübersehbare Zuschauermenge aus allen Himmelsrichtungen herbeiströmte. An dem Gebäude führt die Feuerbacher Vorortbahn vorüber. Dicht da­neben zieht sich in den beiden Tunnels die Eisenbahn unter der Erde durch. Branddirektor Jacoby erschien mit drei Löschzügen, der neuen Automobilspritze und der Dampfspritze der Cannstatter Feuerwache 3. Aber die unerhörten Anstrengungen der Löschmannschaften konn­ten die Tausende von Zentnern Heu und Stroh nicht retten, wohl aber die schwer bedrohten Nachbargebäu­de, Mehlmagazin und Bäckerei samt Verwaltungsbau. Mehrere Feuerwehrleute wurden von der Hitze und dem Rauch ohnmächtig und wurden in Sanitätswagen vom Platze geschafft. Die Feuerwehr konnte erst nach Mündiger Löscharbeit unter Zurücklassung der Dampf­spritze der Feuerwache 3 mit 80 Mann abrücken. Ver­brannt sind 8000 Zentner Heu; vom Magazin stehen nur noch die Mauern.

Stuttgart, 26. Juli. Wie der Deutsche Metall­arbeiteroerband mitteilt, hat die Abstimmung in der heutigen Versammlung der Streikenden mit allen gegen 2 Stimmen ergeben, daß die Arbeit bei der Firma Ro­bert Bosch geschlossen wieder ausgenommen wird zu den Bedingungen, die mit dem Verband der- Metall­industriellen und der Firma durch den Deutschen Metall­arbeiterverband vereinbart worden sind.

Zuffenhausen, 26. Juli. Als heute nachmittag zwi­schen 4 und 5 Uhr eine Grupe von 6 Streckenarbeitern auf der Eisenbahnstrecke zwischen hier und Kornwest­heim mit Eleisarbeiten beschäftigt waren, wollten sie einem in der Richtung Kornwestheim fahrenden Ellter- zug ausweichen und betraten das danebenliegende Gleis und zwar als das dort befindliche Signal aufHalt" stand. Ihre Aufmerksamkeit war dann dem vor­überfahrenden Eüterzug zugewandt, sodaß sie nicht bemerkten, wie inzwischen das in ihrem Rücken befindliche Signal in die Höhe ging undFreie Fahrt" anzeigte und der aus der Richtung Korn-

Amina.

12) Roman von Gerhard Büttner.

Es war einmal," so hubst Du an,eine schöne Wahrsagerin in der Stadt Mohammeds. Die war die Tochster eines seligen Kalifen, der einstmals mächtig und auch weise gewesen war. Aber mit seinem Tode wurden auch seine Reichtümer begraben. Dieweil er durch Wucher und Hartherzigkeit die Leute beraubt hatte, zog nämlich der Sultan seine Gelder und Besitz­tümer ein. Auch des toten Kalifen einzige Tochter Sa- kuntala wurde dem Sultan zu eigen. Und er nahm sie in seinen Harem auf. Bald wurde es ruchbar, daß Sakuntala die Gabe des Wahrsagens aus der Hand be­säße. So mußte sie denn dem Sultan, der ein argwöh­nischer Herrscher war, alltäglich bei Tagesanbruch die Zukunft weissagen; oft auch Gästen des hohen Herr­schers. Nun mußte sie auch einmal einem vornehmen Russen wahrsagen, dem nicht nur Sakuntalas Spruch gefiel, sondern der an ihrer herrlichen Gestalt soviel Ge­fallen fand, daß er bei dem Sultan die Bitte vor- brachte, ihm diese Sklavin abzutreten. Der Fremde, ein russischer Großfürst, fand gnädiges Gehör, und Sy­bille zog mit ihm in fremde Lande. Dort erging es ihr wohl. Der Großfürst machte sie zu seiner Gemahlin und zeigte sie bei Hofe und in allen Kreisen. Sakuntala aber gefiel der russische Freund und Gatte aber bald nicht mehr; auch war ihr der erreichte Stand noch zu gering. Sie wollte herrschen und unumschränkt regieren können. Dazu nun bedurfte sie einer Würde, die mehr als königlich war. Und sie wollte Kaiserin werden.

Nun hatte der russische Großfürst einmal einen kai­serlichen Besuch. Ein Kaiser von Abessinien war seiner

Einladung gefolgt. Der gefiel Sakuntala ganz beson­ders und sie buhlte um ihn, wie sonst ein Liebster um sein Schätzchen tut. Der fremde Herrscher aber fing die heißen Blicke ihrer Liebe auf und lud den Großfürsten und seine Gemahlin zu einem baldigen Besuche in sei­nem Lande ein. Der Großfürst aber, der diese Ein­ladung ablehnte, machte dabei die üble Erfahrung, daß er ohne seine Gemahlin gehandelt hatte und nahezu ein Sklave ihres Willens geworden war. Sakuntala ver­langte, daß sie in jene Länder sodann allein reisen dürfe; und wenn der Großfürst nicht mitreise, so könnte sie auch allein mit ihrem Gefolge einen Besuch an einem fremden Königshofe machen.

Und als das Frühjahr kam, machte Sakuntala ihre Rede trotz aller Einwendungen des Großfürsten wahr.

Sie zog mit ihrem ganzen Hofstaat nach Abessinien und ließ ihren Gemahl erzürnt daheim.

Dem fremden Kaiser ward sie aber bald mehr, als eine fremde Frau aus fremden Landen. Man sah sie stets miteinander stehen und gehen. Und am Hofe sprach man von vielen, vielen Geheimnissen, welche die beiden miteinander haben sollten. Offenbar wurde aber alles, als der fremde Kaiser eine kleine Sakuntala in den Armen wiegte und Sendboten dem russischen Groß­fürsten die traurige Botschaft brachten, daß seine Ge­mahlin nie mehr heimkehren würde, sondern daß der Abessinien-Kaiser Sakuntala zur Gemahlin ausersehen hätte, die nur der Tod oder das Kriegsrecht von ihm trennen könnte.

So sündigte die schöne Sakuntala . . ."

Amina schwieg und Alia sagte:

»Ja, ja, so ist's im Märchen. Aber im Leben sollte es doch anders sein. Mir ist immer die Treue

als etwas Hohes, Edles, erschienen. Ich glaube, Herrin, Ihr werdet Euch doch wohl noch für sie entscheiden. Es ist ja wahr, Thomaso ist ein wenig oder viel zu weit gegangen. Jedoch auch Ihr seid zürnend von ihm fort­gegangen und habt ihm gewiß herben Schmerz bereitet. Ihr sagt es immer: er ist schuld. Er hat sich einen Sohn gewünscht und wollte dann die Tochter nicht als sein Kind voll betrachten. Es ist trotz allem aber seines Vaters Kind, Amina . . Auch, wenn er es nicht mag, auch wenn Ihr es ihm vorenthieltet . . Es bleibt sein Kind so gut wie Eueres! Und glaubt mir eines, liebe Herrin: er wird schon längst einmal die Arme reuig und verlangend nach Mutter und nach seinem Kinde ausgestreckt haben. Ich möchte wetten, daß er manche Träne schon vergossen hat, um seiner Torheit willen ... Er wird anlängst auf ein Verzeihen war­ten. Und keines wird ihm! Fern von ihm, in weiten, fremden Landen, weilt Ihr, die Gattin, Herrin, und alle seine Wünsche, seine Bitten, alle seine Worte blei­ben Ihnen unbekannt ... Ich wünschte, daß es wieder anders würde."

Sinnend war Amina zu ihrer alten, treuen Diene­rin getreten. Leise legte sie ihre feinen Hände aus deren Haupt, streichelte die Schläfen und sagte:Wie Allah will, Alia! Die Zeiten ändern sich nach seinem Willen."

Lautlos war die Zeit fortgeschritten. Es mußte ge­gen Mitternacht sein. Viele Berliner Turmuhren ver­kündeten eine volle Stunde. Es war ein Durcheinander. So konnte man die rechte Zeit nach diesen Glocken­klängen nicht feststellen.

Du gähnst, Alia," sagte Amina,komm' wir wollen wieder ruhen. Mir ist jetzt wieder wohl; die Fantasien