Neues vom Lage.
Immer «och die Flaggengeschichte.
Berlin, 6. Aug. Die französische Regierung hat sich durch die sehr weitgehende Genugtuung, die die Reichsregierung wegen der Entfernung der französischen Fahne bei der französischen Nationalfeier in Berlin durch den ;ugendlicheu Arbeiter Krempinski gegeben (förmliche Entschuldigung in Spa, beim Auswärtigen Amt in Paris uno bei der Gesandtschaft in Paris, Bestrafung der Schuldigen, feierliches Hissen der Flagge unter Salutieren einer Kompagnie Reichswehr, — allerdings nicht in Gala, weil die Reichswehr keine Gala hat, endlich nochmaliges Bedauern der Reichsregierung im Reichstag) nickst für befriedigt erklärt. In den letzten Tagen fanden wiederholt Besprechungen zwischen dein Rcichsminister Simons und dem französischen Gesandten statt, die '» wenig befriedigend waren, daß Simons im Reichstag von einer bedenklichen Spannung sprach. Tie Reichsregierung beabsichtigt nun die Flaggengeschichte dem Völkerbund zur Entscheidung vorznlegen. -- Ob sie das wert ist?
Minister Simons hat einen 14tägigen Urlaub augetreten.
Streik im Saargebiet.
Saarbrücken, 6. Aug. Die Eisenbahner streiken seit . gestern abend, die Straßenbahner werden sich wahrschein- ! lich anschließen. Der Beamtenbund verlangt die Wiederherstellung aller Rechte und Freiheiten, die vor dem ! 14. November 1618 bestanden, ferner den freien Verkehr mit den Beamtenorganisationen im unbesetzten Deutschland, Einführung der Betriebsräte, Bildung einer Volksvertretung auf Grund des allgemeinen geheimen Wahlrechts, Bekämpfung der Teuerung und Ausweisung der landesfremden Schieber und Wucherer. Der Streik scheint sich auszudehenen.
Ende des Boykotts gegen Ungarn.
Wien, 6. Aug. Wie der „Arbeiterztg." berichtet, hat das Sekretariat der internationalen Gewerkschciftskom- miffion den Boykott gegen Ungarn vom 8. August ab aufgehoben.
Der Krieg im Oste«.
Kopenhagen, 6. Aug. Nach dem polnischen Heeresbericht sollen die Russen zwischen Narew und Bug geschlagen worden sein und 5000 Gefangene und viel Material verloren haben. — Brody soll von den Bol. schewisten vollständig ausgeplündert worden sein.
London, 6. Aug. General Weygand bestreitet, daß er möglicherweise das polnische Heer befehligen werde. Es würde ihm von gewisser Seite eine Rolle zugemutet werden, die seinen Fähigkeiten nicht entspreche.
Die „Morningpost" meldet, Ungarn habe den Polen 2 Infanterie- und 2 Reiterdivisionen angeboten, die Frage sei aber, wie sie an die polnische Front gebracht werden könnten. (Die neuen Grenzen von Rumänien und der Tschecho-Slvwakei trennen Ungarn von Polen bzw. Galizien ab.)
Der Arbeiterführer Henderson fordert zu Kundgebungen gegen die Einmischung Englands in den russisch-polnischen Krieg auf.
Die Antwort ans Moskau.
London, 6. Aug. Die „Daily Mail" berichtet, die Antwort der Sovjetregierung auf die Note Lloyd Georges sei bereits in London eingetrosfen. Die Bolschewisten erklären, so schreibt das Blatt, sie können im gegenwärtigen Augenblick den Kampf nicht einstellen. Der rvei- tere Vormarsch sei militärisch und völkerrechtlich berechtigt. Die Sovjetregierung sei bereit, mit ausreichend ermächtigten Vertretern Polens in Minsk über Waffenstillstand und Frieden zu verhandeln, Polens Unabhängigkeit anznerkennen und ihm günstige Grenzen zu bewilligen, sie verlange aber einen Sonderfrieden mit -Polen. Krassin und Kamenew seien ermächtigt, einen Frieden mit irgend einem Staat des Verbands oder mit Molen aözuschließen, die Teilnahme der Randstaaten »erde jedoch äbgelehnt.
Lloyd George setzte Krass in auseinander, die Fortsetzung des russischen Vormarsches in Polen und bis lange Verzögerung der Antwort erwecken den Verpacht, daß die Versicherung der Sovjetregierung, sie werde die Unabhängigkeit Polens achten, nicht aufrichtig sei. England werde wirksame Schritte ergreifen, nm die Einfuhr von Kriegsmaterial aus Danzig nc^f Polen doch auszusühreu.
Der „Times" zufolge ist aus Warschau an Kamenew telegraphiert worden, auch wenn von Moskau der Befehl gegeben würde, den Vormarsch einzustellen, so würde das Heer nicht gehorchen: es wäre eine Gegenrevolution zu befürchten, da das Heer Warschau nehmen wolle.
Nach der „Morning Post" hängt die polnische Frage davon ab, wie der Streit zwischen Trotzki und Sinowjew (kommunistische Partei) ansgeht.___
Lands«, 6. Aug. Nach Mesopotamien ist eine neue Division abgesandt worden. — Die Europäer be- reiten sich vor, Täbris (Persien) zu verlassen, da in! der Nähe bolschewistische Banden eingetroffen find.
Gine neue Konferenz.
WTB. L»»>»o, 6. Arg. Die »Morningpost «eldet anS PariS: In wenigen Tage» wird in Bonlogne eine »<«e Kenfere»» stattstnden. Rillerand nndLoyd George werden über die Haltung der Sowjrtregterimg «nd insbesondere über ihre Beztehnngev zn Dentschland berate«.
Einmal vernünftige Worte.
Paris, 6. Aug. Ter „Matin" schreibt: Es wervcn mit großer Leichtfertigkeit Gerüchte über einen großen gemeinsamen Angriff der Randstaaten Polens gegen Rußland Verbreiter. Betreffend Deut s ch l a n d denke kein Staatsmann der Entente mit Ausnahme einer kleinen englischen Gruppe daran, zu verlangen, daß es die Schutzwehr der W eltmächte bilden solle. Deutsch and habe in der polnischen Frage vollkommene Freiheit. Seine Lage sei zu vorteilhaft in dieser Angelegenheit, als daß es durch vorzeitige Verpflichtungen sich die .Hönde binde. Von Frankreich sei das Gerücht ver- breiiet worden, man denke daran, Truppen zu entsenden. Ties sei vollkommen unrichtig. Die französischen Truppen würden einen vollen Monat brauchen, um anzukommen und müßten sehr zahlreich sein. Nachdem Frankreich Deutschland besiegt habe, (!) könne es sich nicht dem Risiko aussetzen, vor den Bolschewisten den Rückmarsch antreten zu müssen. In keinem Fall werde Millerand in dieser Angelegenheit etwas unternehmen, ohne das Parlament zn Rat zu ziehen. Rumänien denke ebenfalls nicht daran, etwas gegen Rußland zu unternehmen, da die Bolschewisten Rumänien seit 8 Monaten nicht mehr bedroht haben. Tie einzige Regierung, die Polen beistehen werde, sei vielleicht die von Budapest. Diese werde aber Bedingungen stellen, die sowohl die Tschecho-Slowakei, als auch Rumänien nicht werden annehmen können. Es sei auch höchst unwahrscheinlich, daß diese beiden Länder sich auf die Seite Ungarns schlagen werden.
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Berlin, 6. Aug. Staatssekretär z. D. Tr. Peters ist vom Reichspräsidenten zum Reichskommissar für die Entwaffnung ernannt worden.
Berlin, 6. Aug. Der Reichsverband der deutschen Industrie verlangt von Regierung und Reichstag die schleunige Aufhebung der sogenannten sozialen Ausfuhr- abgaben.
London, 6. Aug. Das Unterhaus hat die Vorlage betreffend die Einführung außerordentlicher Gerichtshöfe in Irland mit 289 gegen 71 Stimmen in zweiter Lesung angenommen.
An» Stadt «nd Land.
7. August r«n)
* Da- HauSrvrrkirerhokmrzlhri« vad Nieder»««
wird am Sonntag den 8. Angnst eröffnet. Bon diesem Tag ab werden er-olnngSbedürstige Handwerker z« einem verhältnismäßig geringen Pensionspreis anfgenommen.
Gewitter. Auf die heiße, drückende Schwüle am Mittwoch ballten sich gegen Abend in einem großen Teil Südwestdeutschlands dicke Wolkenmassen zusammen, die mit heftigem Sturm in schweren Gewittern sich entluden. Der Sturm nahm eine solche Stärke an, daß, wie z. B. aus der Gegend von Horb berichtet wird, beladene Garbenwagen auf dem Feld umgestürzt wurden. Als Merkwürdigkeit wird aus dem Ries gemeldet, daß auf der Reimlinger Markung der Blitz in einen Garben- w-agen schlug, der sofort lichterloh brannte, während die neben den^ Wagen stehenden Personen keinen Schaden nahmen.» " " ' ..
— Feuchtes Getreide. Die Reichsgetreideestlle hat den Mühlen mitgeteilt, daß Getreide als vollwertig gil^
, falls die Feuchtigkeit nicht übersteigt: bei Lieferungen ,vvr dem 16. August 19 Prozent, vor dem 16. Oktober 18 Proz. und vom 16. Oktober ab 17 Proz. Um die Mühlen vor Schaden durch die Anwendung dieser Bestimmungen zu bewahren, erhalten sie eine Vergütung ! von 10 Mk. auf die Tonne für alles Getreide ans der Ernte 1920, das vor dem 16. Oktober 1920 verladen ist. Die Maßregel ist notwendig, damit das Getreide der neuen Ernte möglichst frühzeitig erfaßt werden kann-
— Preisabbau. In einer Versammlung der Zigarrenhändler in München teilte der Vorsitzende mit, die weitere Herabsetzung des Zigarrenpreises sei unausbleiblich, da sich in den Fabriken kolossale Vorräte angesammelt haben. — Der Verband deutscher Baum- woll-Nähfadenfabriken hat eine allgemeine Preis- ' ennäßigung mit erleichterten Zahlungs- und Lieferungsbedingungen ab 17. August beschlossen. Das war aber auch nötig, denn für Nähfaden wurde vielfach der Wu-
Herpreis von 35 Mark und mehr für die Noue verlangt- — Tie Kinderwagen sollen eine Verbilligung um 10 Prozent erfahren. — Der Verband deutscher Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen beschloß eine Preisermäßigung um 25 Prozent (!) und dreimonatigen Kredit gegen Wechsel.
^avsetzung der Biehpreise. Der volksmirt- fchastUche Ausschuß des Reichstags hat einer Herabset -1 zung der Viehpreise und der Einführung der Fleischkunij denllsten Mgestimmt. ^ <
* Nag»»», 6. Ang. (Der Rößlesumbau.—Brsoldungs- ordnung.) Zn den in Ansficht gestellte« Arbeite« am Röß- lenmba« zn Wohnnntzen trnrdev von den Maurer-, Ztm- mer- nnd Gipserleute« ihre Preislisten eiugereicht. Nach diese« würden sich die Manrerarbeiten ans 55000 nach Akkordvoranschlag nnd teilweise« Lohnarbeiten, also ei« vielfaches des Friedenspreises, belaufen. Für die Zimmer «nd Gipserarbeitev wnrde» für die Handarbeiten 18000 für Materialien 40000 »cki, demnach eine Summe von 60000 zngrnnde gelegt. Der ganze Rößleumda« würde nnn in- folge den »ngeahvten Preisen der hiesige« Unternehmer ans 230000 komme«. Dies veranlatztr de» Gemrinderat z» der Entschließung, die VergebnngSarbeiten öffentlich a«Sz«. schreiben.—Durch Beschließ des Gemeinderats ist für die
Beamten (Beamten nnd Unttrbeamte») der Stadt Nagold in Avlehnnna an das BkfoldnngSgrsetz für Württemberg v.31.Mai 19S0eive Besoldung? ordnnng mit Witt. «»« vom 1. April 1920 ab ausgestellt worden. Der Mehr- anfwavd gkmnübrr b'Sher beträgt ea. 70000 »M. Die Bezöge der sämtlichen städt. Angestellte» habe« sich fett der FriedenSzeit »« das vierfache gesteigert.
Zs C-lw, 6. Ang. (Schwindler.) Ein sich Herr Stein nenne» der Aufkäufer alter Gebisse hat seine» Hotelwirt n« einen große» Bettag geprellt nnd ist mit de« Geld verreist.
U H„b, 6. Angnst. (Unwetter.) lieber daS Oberauel Horb ist gestern nach«., begleitet von eine« heftige« Stur«, ei» schwere» Unwetter «irdrrge gange«. Es hat sehr stark geregnet. Die Ernte, sowie die Gärte» «nd znm Teil auch vre Hänser find sehr stark beschädigt worden. ES ist vor. gekommen, daß beladene Frnchiwagev dnrch die Gewalt d«S Sturmes nirdergeriffen worden find.
Zs MSHri»,»» OA. Horb, 6. Ang. (Beerdignng.) Der in Heilbron« verstorbene Freiherr Oskar von Münch ist gestern »nter zahlreicher Beteiltgnng seiner Verwandten, Angestellte«, Pächter, sowie verschiedener Korporationen znr letzte« Ruhe gebettet worden.
* Pfi-»weile», 5. Ang. (Viehdiebstahl.) Jn der Nachr von Mittwoch ans Donnerstag find dem Bauen» Göttlich König ans seine« verschloss mu Stall S Kühe im Werte von 25000 Mk. gestohlen worden. Dnrch sofortige energisch anfgevowmene Fahndung der württembergische« nnd badischen Gendarmerie konnten die gestohlenen Kühe in Bulach bei KorlSrnhe am Nachmittag beigebracht nnd einer der Täter, Enge» Klink von Pfivzweiler, der mit Revolver «nd Pistole» anSgerüstet war, sestgenomme» werden.
Stuttgart, 6. Aug. (Protest gegen die Schändung deutscher Kriegergräber.) In der letz- !ten Zeit mehren sich die Nachrichten, daß in Frankreich ^deutsche Kriegergräber und Soldatenfriedhöfe zerstört, die Denkmäler und Gedenktafeln entfernt, die Gebeine in Kt- jsten verpackt und weggeführt werden. Sogar die Sammler sollen sich in einer allem menschlichen Empfinden Hohn sprechenden Weise der Totenschädel bemächtig«. Eine solch barbarische Handlungsweise, die anscheinend sogar die Duldung französischer Behörden findet, hat m Deutschland mit Recht lebhafte Entrüstung hervvrgeru- !sen Die württ. Regierung hat deshalb ihren Gesandten in Berlin angewiesen, die Aufmerksamkeit der ReickB- regierung auf diese Vorgänge zu lenken und nachdrücklich zu fordern, daß von deutscher Seite alles getan wird, um oie aller Kultur und Sittlichkeit Hohn sprechenden Miß- stönde abzustellen.
Echterdingcn, 6. Aug. (Bahneröfsnung.) Der Betrieb der Filderbähnstrecke Vaihingen— Echterdinaeu - wird am 15. August mit einer Feier in Leinfeldens eröffnet-
Marbach, 6. Aug. (Blitzschlag.) Der 29jährige Julius Bauer, ein Sohn des Landwirts Karl Bauer, war gestern nachmittag auf freiem Feld mit Garbenlade» beschäftigt, als der Blitz einschlug und ihn vom Wagen schleuderte. Sein Bruder kam mit dem Schrecken« davon, die Pferde wurden umgeworfen, konnten aber von dem alsbald brennenden Wagen noch abgespannt werden, der in Flammen aufging. Julius Dauer wurde bewußtlos heimgeschafft, dürfte aber mit dem Leben davonkommen.
Heilbronn, 6. Aug. (Der Fall Münch.) Zum Tode des Freiherrn von Münch wird von zuständiger Seite geschrieben: v. Münch, der in letzter Zeit die Aufhebung seiner Entmündigung betrieb, stürzte sich zwei Tage vor seinem Tod aus einem Fenster der Wohnung seines Vetters Dr. v. Schertet in Heilbronn, gegen den er Anzeige wegen Mordversuchs und Freiheitsberaubung erstattet hatte. Bei diesem Sturz brach er sich fünf Rippen und zog sich außerdem eine Verletzung der Lunge zu. die den Tod herbeiführte. Bei der Sektion wur-1 den Veränderungen am Gehirn gefunden, die einwandfrei die geistige Erkrankung des Verlebten nachwiesen.
Heilbronn, 6. Aug. (Gegen den Preisabbau.)! Laut „Neckar-Echo" hat die Tabak-Gesellschaft Landfriev in Heidelberg verschiedenen hiesigen Geschäften, die Feinschnitt-Tabak durchschnittlich um 1 Mk. billiger als der ausgcdruckten Preis verkauften, die Einstellung weiterer Tabaklieferungen angedroht und verlangt, daß die Ware nur so verkauft wird, wie der Preis andeutet.
Gmünd, 6. Aug. (D e r M o st prei s.) Tie Staatsanwaltschaft von Ellwangeu hat im Hinblick auf zahl-, reiche Anzeigen gegen hiesige Wirte wegen Ueberschreii tung des Mostpreises beim Gemeinderat angeregt, den Mostpreis von 1.60 aus 2.40 Mark kür das Liter zu erhöhen. Um aber nicht eine weitere Preissteigerung des Mostobstes bei der bevorstehenden Ernte« hervorzurufen, hat der Gemeinderat an dem Preis von 1.60 Mark sestgehalten. >
Der Kommunalverband. >
Es wird nn? geschrieben:
Die Erregung über die Unzulänglichkeiten unserer Er» Nahrung und die Härten unserer EruähruiigswirtschaÜ äußert sich nicht selten in erbitterten Worten gegen die Kommunalverbände. Und doch ist kaum je eine Einrichtung so unverdient zum Gegenstand allgemeiner An«! fechtuna geworden, wie die Kommunaiverbände. Fragh man nach der Ursache, so kann schwer eine andere Erklärung gefunden werden, als die, daß vom Gesetz die Kommunalverbände zn den örtlichen Trägern der Ernährungswirtschaft gemacht worden sind und daß tue Kommunalverbände der Bevölkerung dadurch als die chr nächst stehende und nächst erreichbare Verkörperung aller der Auflagen. Beickiränkimgen. Widerwärtigkeiten und