Der Operationsplan der beiden Mittelmächte, deren Zusammenarbeiten gleich im Anfang zu wünschen übrig lieh, war nach der Ansicht des Generals Krauß der-« fehlt. Die deutsche Heersührung habe den genialen Plan des verstorbenen preußischen Generalstabschefs Grafen Schliesfen in den Grundzügen unglücklich abgeändert und noch unglücklicher ausgesührt. Sehr schwere Vorwürfe erhebt aber Krauß gegen die österreichisch-ungarische Heeresleitung, der es in den ersten Kriegslagen offenbar an dem klaren Einblick in die Lage und an Entschlußkraft gefehlt habe. Es sei ein Fehler gewesen, nur die eine Hälfte des Heeres gegen Rußland und dazu in fehlerhafter Richtung zu verwenden, die andere aber zunächst gegen Serbien, in gleichfalls verfehlter Richtung angreifen zu lassen.
Die Fehler der Feldherren, vor der Berufung Hin- denburgs und Ludendorffs, waren freilich, wie Krauß sagt, nur ein Spiegelbild der Fehler der Politik. !Die Politik hatte es unterlassen, die Grundlagen für einen Operationsplan zu schaffen. Die ungenügende Vorbereitung und die passive Politik, die den richtigen Zeitpunkt versäumte, war der größre politische Fehler der Mittelmächte, der Pas Versagen der Operationspläne verschuldete. Der ausschlaggebende militärische Grund der gemeinsamen Niederlage sei der, daß die Mittelmächte — und zwar meist getrennt — ihre Hiebe gegen die Stärke der Gegner, statt gegen ihre Schwäch e richteten. Sie hätten die Schwachen zuerst schlagen sollen, ehe sie den Entscheidungskampf gegen die Stärksten nn Westen begannen. Den Angriff auf Verdun tadelt Krauß sehr; statt dessen hätte gleich nach der italieni-,' schen Kriegserklärung ein gemeinsamer wuchtiger Angriff gegen Italien aüsgeführt werden müssen. — Hier spricht der Oesterreicher aus dem Verfasser. — Der- Angriff im Herbst 1917 fei nicht umfassend genug ge- -vesen und zu früh abgebrochen worden — eine Ansicht, die von derjenigen Ludendorffs erheblich abweicht. Der Weltkrieg sei nicht mit der Marneschlacht, sondern erst im Jahr 1916 verloren worden. Verdun, Tirol, Wolhynien uno die sinnlose Schöpfung Polens waren die Marksteine unseres Niedergangs.
Herb ist das Urteil des Generals Krauß über Kaiser Karl.! Er war zu unserem Unglück weder Feldherr noch Politiker, wollte aber beides sein — wie Wilhelm II. Graf Tis za — übrigens der einzige Staatsmann, den Oesterreich-Ungarn besaß — hat durch seinen ungarischen Eigennutz Wirtschaft, Politik und Heerführung unaufhörlich geschädigt. Ein vernichtendes Urteil fällt aber Krauß gegen den Grafen Czernin und seine Politik. „Er mag Pas Brandmal für ewig an sich tragen, einer der Schuldigsten am Niederbruch des Volks zu sein". Einem Czernin aber stand Bethmann Hollweg gleich. Krauß schließt: Der Weltkrieg war von den Mittelmächten unbedingt siegreich zu beenden, die schlechte Politik nahm auch deir Siegen die Kraft der Entscheidung.
Neves vom Tage.
l Eine amtliche Erklärung.
Berlin, 1L Juli. Die „Deutsche Mg. Ztg." schreibt, Ne Behauptung, daß Deutschland durch die Unterzeichnung der militärischen Abmachungen vom 9. Juli 1920 der Entente einen Freibrief für weitere Besetzung deutschen Gebiets im Fall der Nichterfüllung der von Deutschland übernommenen Entwaffnungsverpflichtnngen gegeben habe, sei unrichtig. Deutschland versprach nur die auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen.
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iE ceretrucdt. W
Je mehr du von deinem Selbst aufgibst, desto größer und wahrer ist deine Liebe.
Im Zuge der Not.
Roman von C. Dresse!.
(SO. Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
„Das Christkind hat die kleinen Trabanten diesmal auch gar zu reich bedacht," lächelte die Doktorin, während ihre Augen dabei mit stillem Vorwurf auf Vollrad hafteten. Und als er lachend die Schultern zuckte, konnte sie eine kleine Rüge nicht unterdrücken: „Jawohl, Herr Klüven, zu viel des Guten kann zum Unrecht werden. Meine Kinder dürfen absolut nicht verwöhnt werden. Wo sollte das hinaus? Das Leben kann kein Rosengarten für sie sein» das wüsten sie frühzeitig einsehen."
„Aber die Sonne, ist sie nicht für alle da? Und diese lieben Kinder, selber so voll Licht und Fröhlichkeit, — das wollen und dürfen Sie doch nicht auslöschen, liebe gnädige Frau."
Da drückte sie ihm die Hand. „Sie haben recht, es wäre sinnlos und hieße auch, mich selber der hellsten Freud« berauben. Lassen wir sie jubeln."
Mitteilsam redete sie weiter: „Meine älteste Tochter war auch solch sonnenfrohes Kinderseelchen und hat sich dann im frühen Lebensernst doch so tapfer bewährt. Schon mit dem zwölften Jahr, als uns mein guter Mann so rrühe entrissen wurde, hat sie eigentlich schon die Kinder- schuhe ausziehen müssen und doch nicht ihres Herzens Fröhlichkeit eingebüßt. Ja, noch heut hat sie ihr goldiges Lachen vud ist doch schon so lange Mutter» ernsthafte Stütze.-
Run war er es, der nach der Doktorin Hand griff, so innig fest, als müsse er ihr besonders danken für diesen Lvdspruch. „Warum ist sie nicht hier?" fragte er leis«.,
Krieg im Oste».
Wie«, 12. Juli. Aus Warschau wirs gewcloet, haß die Russen bereits Brest Litmvsk beschießen. Das polnische Hauptquartier ist in Warschau eingetroffen, dis Regierung will ihren Sch nach Posen oder Thorn (als-, auf ehemalig deutsches Gebiet) verlegen. Die Versuchs! Frankreichs, die Tschecho-Slowakei uns Rumänien gegen» anderweitige Entschädigung zur nrilitärischen Hilfeleistung! für Polen zu bewegen, sind gescheitert. An dem Krieg gegen Polen ist auch das bürgerliche Rußland beteiligt.
Frankreich soll beabsichtigen, Truppen an die deutsche polnische Grenze zu schicken, um die dortigen polnischen Truppen abzulösen und für die Front gegen die Russen frei zu machen. (Diese Darstellung soll wohl den Transport durch Deutschland erleichtern. D. Schr.) Die Polen sind „geneigt, den Russen in der Grenj- absteckung „Zugeständnisse" zu machen.
EPlh 1L Juli. Der hier anwesende polnische Mini- sterpWdent Grabs ki hat auf Veranlassung der Verbündeten an den polnischen Generalissimus P ilsudski telegraphisch die Anweisung gegeben, den Waffenstillstand mit Rußland einzuleiten.
Nach dem Londoner „Daily Telegraph" hat die Moskauer Regierung nach dem Anhören des Berichts Kraflinkste englische Regierung benachrichtigt, sie sei bereih, den Kamps gegen die Polen einzustellen, wen« die Verbündeten die Sovjetregierung anerkennen und die Einwilligung zu einer Friedenskonferenz geben.
Eine fatale Erinnerung.
Antwerpen, 12. Juli. Anläßlich des Jahrestags der Sporen sch lacht drangen gestern 300 bis 400 Leute mit Fahnen in Antwerpen ein. Bei einem Zusammenstoß mit der Polizei wurden drei Polizeibeamte und mehrere der Zugteilnehmer verwundet, als letztere einen Vorstoß aus das Rathaus machten. (Am 11 . Juli 1302 brachten die flandrischen Weber von Mrügge und Dpern bei Kortrijk (Courtrai) dem französischen Hilssheer unter Robert von Artois eine furchtbare Niederlage bei; die goldenen Sporen der gefallenen französischen Ritter wurden scheffelweise gesammelt. Tie „Sporenschlacht" wird in Flandern noch heute als Nationak- tag gefeiert.)
Gegen Deschanel.
Paris, 12. Juli. In „parlamentarischen Kreisen" ist man der Ansicht, daß der Staatspräsident Deschanel (der bekanntlich vor einiger Zeit einen eigentümlichen aber folgenlosen Unfall bei einer Eisenbahnsahrt erlitt) eines längeren Urlaubs bedürfe. Es wird die Frage eines Vizepräsidenten ansgerollt, wenn Deschanel nicht freiwillig verzichte.
Die WahNosnng Cox'.
Washington, 12 . Jli- Der demokratische Präsidentschaftskandidat Cox veröffentlicht eine Erklärung, er werde iür die Genehmigung des Friedens- und Völkerbundsvertrags gemäß dem Versprechen (Wilsons) an die Soldaten eintreten, mjt dem Vorbehalt, daß die Mächte sich im Völkerbund nur zur Erhaltung des Friedens zusammenschließen, daß der amerikanische Kongreß sich das Recht der Kriegserklärung vorbehält und daß Entscheidungen des Völkerbunds von den Vereinigten Staaten nur angenommen werden, sofern sie mit ihrer Verfassung übereinstimmen.
Berlin, 12 . Juli. Am 14. Juli werden sämtliche Oberpräsidenten und Leiter der Sicherheitspolizeien beim Minister Severing zu einer Besprechung zwecks Umformung der Sicherheitswehren zusammentreten.
Ww hatten bis vor kurzem auf ihr Kommen gehofft. Dann ging's doch nicht. Ihre junge Schülerin wollte sie nicht missen. Das ist ein sehr zartes junges Mädchen, das schon seit Wochen an einem Lungenkatarrh leidet und nun gleich nach Weihnachten, unserem Winter aus dem Wege» an die Riviera gehen soll. Meine Tochter wird sie mitsamt der Mutter begleiten und mutzte aus die Fahrt zu uns verzichten. Es ist das erste Weihnachten ohne sie. Mir fehlt unsere liebe Große sehr."
„Und mir erst," dachte Bollrad erschrocken. „Mein Gott, sie rückt mir ja immer ferner. Und wie viele der schwarzäugigen Feuerköpfe da unten werden sich in ihre zarte Holdseligkeit verlieben. Er war so bestürzt, daß er nun allen Ernstes unter Annelises hergesandten Gaben nach dem kleinsten Gedenkzeichen zu suchen begann. Nichts, nichts. Mutter und Geschwister hatte sie liebevoll und sinnig bedacht, für ihn fand sich nicht das kleinste Erinnerungswort, nicht der leiseste Gruß.
Ja, durfte er das denn erwarten? Sollte sie sich etwa für einen anonymen Blumenstrauß aufs Geratewohl bedanken ? Lächerlich. Nein, natürlich nicht. Allein, sie hätte ebenfalls so diub rosa zeigen können, daß sie den Spender
erraten, daß — daß-Lieber Gott, was hält man
nicht alles am Weihnachtsabend für glaubhaft, wenn man als reiner Tor mit Kindern jauchzt."
Da kam Fini von ihrem Tischplatz her auf ihn zu- getänzelt. Sie hielt ein schmales, etwa zwölf Zentimeter langes Kärtchen in der Hand, dar sie ihm strahlend bot. „Herr Klüven, ich möchte Ihnen auch ^was schenken. Ich glaube, dies soll ein Lesezeichen sein, das können Sie brauchen, nicht? Annelise hat» gemalt. Ist die R. is nicht wanderschon? Sie schreibt, ich dürfe es wieder verschenken, aber nur an jemand, dem ich gut war'. Da» Sie sollen es haben."
Da hatte er sie in der Hand, eine herrlich gemalt« Lafrance, die wunderbar natürlich auf dem graugetönte» Kartonstreifen hingestreut-war. Und als er sie mit liebevoller Genauigkeit betrachtete, sahen seine seligen Augen, kaum merklich zwischen zwei bräunlich gefärbte Blättchen Hejchode», eine windige Zatzä» dra» tteme Buchstaben- 31. Oktober entzifferte er. Herrgott, der Tag ihrer Abrei,e.
- Und diese Lafrance, sie mochte eine seiner Rosen sei».
Berglens Beuteanteil.
Gpa, 12. Juli. „Nation Beke" berichtet, Belgien feien jetzt 8 Prozent der Kriegsentschädigung von den Verbündeten fest znaesagt worden, dazu werde es die in den belgischen Häfen beschlagnahmten deutschen Schisse erhalten. Auch die Ablösung der 7 Milliarden Goldmark sei zugestanden und es werde 40 Prozent von den Gegenständen bekommen, die Oesterreich und Ungarn adliefern müssen. Belgien solle vor allen 12 Milliarden Goldmark erhalten, indem gewisse Forderungen Deutschlands in fremden Staaten an Belgien abgetreten wer- den und ein Teil der Verkaufsiumme aus dem Kriegsmaterial der deutschen Arsenale ihm zufalle. Belgien seien 6 Schifte mittlerer Größe und 6 unter 10000 Tonnen, insgesamt 130 «XX) Tonnen zngesprochen, die Deutschland auf die Entschädigung angerechnet werden. Außer- dem fordere Belgien 260000 Tonnen als Ersatz für Smiffe, die durch Tauchboote versenkt rvurden.
Die Beseüungskoflen.
Brüssel, 12. Juli. Die „Ration BAge" will wH- sen, der Oberste Rat habe die Besetzungskosten gleich- mäßig auf 36 französische Franken (nach heutigem Kurs etwa'116 Mark) für den Kopf und Tag festgesetzt, während bisher 25 Franken für jeden amerikanischen und 35 Schilling für seden englischen Soldatm bezahlt wurden.
Verlorener Streik.
Saarbrücken, 12. Juli. Der Streik der Metallarbeiter wird im allgemeinen als beendigt angesehen. In Völklingen wurden Arbeitswillige durch Streikposten an der Wiederaufirahme der Arbeit verhindert. Es wird jetzt beabsichtigt, die Arbeitswilligen unter besonderen polizeilichen Schutz zu nehmen.
*
Saarbrücken, 12. Juli. Die gestrigen Sradtraiswah- len brachten einen Sieg der bürgerlichen Parteien, auf die zwei Drittel aller abgegebenen Stimmen entfallen.
Paris, 12. Juli. „Petit Parisien" wird mitgeceilt, Minsk sei von den Roten Truppen eingenommen worden.
Konstantinopel, 12. Juli. Mustafa Kemal.Pascha soll nach einem amerikanischen Blatt dem Sultan geschrieben haben, die Lage der Türken in Kleinasien fei gut. Er habe 3000 Griechen gefangen genommen. Kurden und Mesopotamier haben Hilfe versprochen. Die Hauptfeinde seien die Engländer und Griechen.
Washington, 12. Juli. Me verlautet, will die amerikanische Regierung sich halbamtlich an der Internationalen Finanzkonserenz in Brüssel vertreten lassen.
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Ja, ja, es gescheyen noch Zeichen uno Wunoer. r»! hatte er's, Annelises Gedenken. Auf Umwegen war'«! gekommen, aber es war da, war sein. !
Trunken vor Glück beugte er sich und küßte des sinnigen Mädelchens rosige Wange. -
„Kleine Fini, das ist mein schönstes Christgeschenk, o, wie danke ich dir."
Paul-Raffael, der sich gleich darangemacht, Herrn Klüvens famosen Malkasten einzuweihen, ließ jetzt sein -obewerk im Stich, um neugierig Annelises Pinselet A ttisch zu beäugen. „Ganz nett," meinte er von oben Yerab.
„So was kann ich auch, bloß daß ich nicht gleich so'« seines Modell aufgabeln kann. Kostet zuviel. Wo sie do» man her hat. Kopie ist's nicht. Steht ja ihr Name dai- unter."
„Natürlich hat deine Schwester nach dem Leben gemalt," ereiferte sich Vollrad, indem er das Blatt vorsorglich in seine Brieftasche steckte.
„So was kann noch lange nicht ein jeder, meio Junge."
Paul zuckte die Achseln. „Gott, Blumen I Daraus mach' ich mir noch nicht mal viel; aber wissen Sie, Herr Klüven, Sie möcht' ich malen. Wollen Sie mir gleich morgen in diesem Bratenrock mal sitzen» ja?"
Vollad vrersprach es lachend, ungeachtet des drüben üchey Einwurfs: .UnverschämterBengel, denkst wohk gar.j es sei ein Vergnügen, deinem Geschmier standzuhalten?*,
„Abwarten, Mentor, ich Hab' Herrn Klüvens Wort, du' aber wirst noch dein blaues Wunder sehen."
Ach, Vollrad hätte in seiner Glückseligkeit noch ganz andere Dinge versprochen, als die Bereitwilligkeit, einem zwölfjährigen, anscheinend heut an Größenwahns«!» leidenden Kunstjünger als Versuchskaninchen zu dienen.
So war es gut, daß nach einiger Zeit der Sekundaner mitten aus seiner Vertieftheit in den Kosmos, den Bollrad ihm gestiftet, die Uhr zog und ihn höflich erinnerte: „Verzeihen Sie, Herr Klüven, es ist halb sieben, und wen» Sie zu Brügges wollen- 7 "
„Ja. danke, Fritz, ich hätt's fast vergessen und darf e»
doch nicht versäumen." _ ^4
Fortsetzung folgt.