knöcherte Hypochonder zum Lachen gereizt wird. Der Nabenvater wurde von Direktor Blumau in humorvoller Weise gespielt und Adelheid, feine Frau, Fanny Remmers, ließ an Energie ihrem Manne gegenüber nichts zu wünschen übrig. Die Tochter Nora des Ehepaars Neuendorf gab Frl. Claire Hauser sehr gut. Den Wüterich, Major a. D. Roden, spielte Willy Meinberg sehr geschickt und Gisela, seine Frau, fand in Fanny Kaden eine gute Vertreterin. Hermann S ch r Ld e r als der Sohn der beiden fand sich mit seiner Rolle sehr gut ab und der alte Herr Zankerl wurde wieder durch die famose Karikatur des Herrn Malen vorzüglich wiedergegeben. Auch das Dienstmädchen Klara, die bei Neuendorfs bedienstet, und von Frl Hoffeld gut gespielt wurde, paßte sich der Handlung sehr gut an. Reicher Beifall des zahlreich anwesenden Publikums lohnte die wackere Künstlerschar nach den einzelnen Aktschlüssen. Die Kurkapelle hatte wieder die Zwischenaktmusik übernommen. Es ist sehr erfreulich, daß mit jedem Tag der Besuch ein besserer wird, was den Künstlern von Herzen zu gönnen ist.
Pforzheim, 12. Juli. Nachdem vor einiger Zeit der Eoldarbeiter Kluge verhaftet worden war, bei dem man für über 7000^ gestohlene Gelder fand, hat man nun eine Reihe weiterer Diebe und Hehler festgenommen, u. a. die Urheber des Einbruchs in der Bijouteriefabrik Möhrle und Cie hier.
Pforzheim, 11. Juli. Gestern fahndete die Polizei nach dem 39 Jahre alten verheirateten Bijouteriehändler Karl Emil Wagner wegen Unterschlagung von 1100 Er befindet sich seit Mai auf der Geschäftsreise und soll Passiva im Betrag von 150000 hinterlassen.
Nagold, 11. Juli. Die gestern von uns übernommene Blättermeldung über eine angebliche Werbung durch drei unbekannte Automobilisten für die Fremdenlegion erfährt jetzt die dringend nötige Aufklärung. Der „Gesellschafter", der die Nachricht zuerst gebracht hatte, teilt mit, daß die Sache auf einen Ulk hinauslaufe, den sich einige Autofahrer leisteten, indem sie den jungen Mann zum Mitfahren einluden, ohne ihn weiter zu behelligen.
Württemberg.
Aus dem Landtag.
Stuttgart, 11. Juli. Die Zweite Kammer räumte heute mit den noch vorhandenen Resten auf, um dann in die Ferien zu gehen. Bei dem Gesetzentwurf betr. Zuschlag zu den Eerichtskosten und Notariatsgebühren, wurde den noch abweichenden Beschlüßen der Ersten Kammer beigetreten. Hinsichtlich der Abweichungen zum Hauptfinanzetat und zum Finanzgesetz beharrte das Haus auf seinen Beschlüßen. Nach dem Schlußbericht des Finanzausschußes beträgt der Staatsbedarf für den ordentlichen Dienst von 1913/14 118 669 186 für 1914/15 121 907154 ^l, zusammen also für die beiden Jahre 240 576 340 Zur Deckung des Aufwandes sind bestimmt: 1. Der Reinertrag des Kammerguts nach Schätzung mit 98 527 715 -4t, 2. die direkten Steuern mit 72 066 930 -4t, 3. die indirekten Steuern mit 70 614 548 -4(, zusammen also 241 207 193 -4t. Die Verfügung über den Ileberschuß von 630 835 -4t bleibt weirerer Verabschiedung Vorbehalten. Vizepräsident der Ersten Kammer, Staatsrat von Buhl, eröffnet die gemeinschaftliche Sitzung um 12 Uhr. Anwesend sind 31 Mitglieder der Ersten und 83 Mitglieder
Kmina.
4) Roman von Gerhard Büttner.
Der Sommer lag in Tirol, als sie über Bozen, Innsbruck und München Deutschland erreichten. Im Fluge verfloßen dann die Tage, ehe sie das ersehnte Ziel, Steinkirchen nach vielem Hin- und Herfragen erreichten. Und als sie den Fuß auf dem Boden des erwähnten Zufluchtsortes setzten, da war die Träne, die sich in Aminas Auge drängte, von Alia gewertet, wie ein inniges Gebet zu ihrem Gotte.
Nun saß sie, die alte treue Dienerin Alia, hier wachend am Bette ihrer Herrin, nachdenklich bei Mutter und Kind. Und die Nacht um sie her verfloß. Als sie mit ihren unlieben Erinnerungen zu Ende war, da stahl sich bereits anstelle des phosphornen Mondesleuchten ein wenig Morgengrau in die Gemächer. Das aber schien endlich der Dienerin den Sandmann näher zu bringen und gerade, als Amina mit dem zunehmenden Morgengrauen erwachte, siel der treuen Alia der Kopf auf die Brust und der Schlaf forderte sein ewiges Recht.
Draußen im spätsommerlichen Morgendämmern stiegen bereits jubilierende Lerchen zum Aether empor. Nebelfrei breiteten sich die Auen und Felder hinter dem Parkgehölz aus, und als sodann Amina die schlafende Dienerin weckte und sie veranlaßte, nun eilfertigst ihr Lager aufzusuchen, und den versäumten Schlaf nachzuholen, da klangen bereits die Morgenglocken aus dem Fischerdorfe Steinkirchen zum Kurhotel hinan.
Tag war's.
Auch unten im Hotel selbst begann das Leben. Stimmen um Stimmen wurden vernehmbar. Man merkte,
der Zweiten Kammer. NatAem die Mitglieder der Ersten Kammer das Haus verlaßen haben, nimmt die Kammer kurz vor 1 Uhr ihre Sitzung wieder auf. In der namentlichen Schlußabstimmung über den Gesamtentwurf des Hauptfinanzetats find für die Annahme 62 Stimmen, 16 Stimmen der Sozialdemokraten lehnen ihn ab. Sodann wird eine Denkschrift zur Erschließung der Heidenheimer Alb durch einen Bahnbau mit einer kurzen Debatte ohne Vorberatung dem Volkswirtschaftlichen Ausschuß überwiesen. Durch K. Dekret wird der Landtag bis auf weiteres vertagt. Nachdem Präsident v. Kraut noch einen kurzen Rückblick über die erledigten Aufgaben dieser Landtagssesston gegeben und eine längere Wintertagung in Aussicht gestellt hatte, schließt er um X-2 Uhr die Sitzung mit den besten Wünschen für die Erholung der Abgeordneten.
Stuttgart, 11. Juli. Die Erste Kammer verabschiedete heute mit Rücksicht auf die Geschäftslage den Etat ohne die Exigenz für die Landespolizeizentrale und trat damit einem Beschluß der Zweiten Kammer bei. Dann nahm sie den Gesetzentwurf betr. Zuschlag zu den Eerichtskosten und Notariatsgebühren an, da das andere Haus dem abweichenden Beschluß dieses Hauses beigetreten war. In namentlicher Abstimmung gelangte sodann der Entwurf des Hauptfinanzetats für 1913/14 zur Annahme. Vizepräs. Staatsrat v. Buhl verlas daraufhin ein K. Reskript, durch welches die Stände auf unbestimmte Zeit vertagt werden.
Herr Rechtsrat Dr. Albert und die Presse.
Wir machten in der gestrigen Nummer ds. Blattes unsre Leser mit der Aeußerung des Rechtsrats bei der Stuttgarter Stadtverwaltung, Dr. Albert, bekannt, die er bei der Sitzung der bürgerlichen Kollegien von sich gab, als kritisiert wurde, daß die Presse zu der Zeppelinfeier der Stadt nicht geladen wurde. Herr Rechtsrat Dr. Albert sagte: „Es ist nicht einzusehen, warum die Presse nicht auch einmal über etwas berichten soll, wo si.' nicht mitgegessen hat." Dieser gedankentiefe Ausspruch des Herrn Rechtsrats Dr. Albert war der Anlaß, daß die anwesenden Zeitungsberichterstatter den Sitzungssaal verließen. — Ein gebildeter Mensch beleidigt niemanden, auch die Leute der Presse nicht, an denen allerdings sonst männiglich das Schuhabputzen geübt wird. Und wenn einem gebildeten Menschen schon einmal ein sprachliches Ungeschick passiert, dann entschuldigt er sich. Das hat Herr Rechtsrat Dr. Albert aber nicht getan. Vielllleicht meint er sogar heute noch, er habe mit diesem Ausspruch einen ganz famosen Witz gemacht und den Zeitungsmenschen da, die immer vorne- dran sein wollen, einmal die Meinung ordentlich gesagt. Wennschon Herr Dr. Albert den Pressevertretern zutraut, daß sie aus Freude an Festessen diese aufsuchen, damit sie 1. den dabei so häufig verzapften Quark mit- anhören und 2. aufnehmen und während langer Nachtstunden niederschreiben müssen, so kann man gegen solche Ansichten nicht ankämpfen — es gibt Leute, die übergescheit sind. Aber es ist für unfern Stand der Journalisten recht betrübend, daß weder Oberbürgermeister Lautenschlager, noch ein Mitglied des Kollegiums die Preßeleute in Schutz nahm, umsomehr, als diesen die Berechtigung nicht zusteht, sich auf der Stelle derartiger ungehöriger Beleidigungen zu erwehren. Wir Zeitungsleute gehen nicht der Genüße wegen zu solchen Festen und Gastereien, sondern weil unsre Leser es erwarten, daß ihnen über diese oder jene Veranstaltung in der
daß sich die Kurgäste teilweise bereits zum Frühkaffee einfanden. Und als das kleine deutsche Mädchen erschien, um die Wartung der kleinen Eiovanna-Refia zu übernehmen, schickte sich auch Amina, die inzwischen ihre Toilette vollendet hatte, an, zum Frühstück hinabzugehen.
Seit dem Tage ihrer Ankunft auf diesem idyllischen Fleckchen Erde, hatte sie sich ein Plätzchen im Garten ausgesucht, wo sie die Speisen einzunehmen pflegte; eine, ein wenig verborgene Hollunderlaube, was dem Kellner des Kurhauses wohlbekannt war. Als sie dieses Plätzchen aufsuchte, war sie aber höchst erstaunt, bereits Gäste daselbst vorzufinden. Sie rief nach dem Oberkellner und meinte: „Das ist nicht schön von Ihnen, Freund, daß Sie meine Laube andern Deutschen zuweisen. Was hat man von Ihrem Park, wenn man Hinsitzen soll, wo die Cliquen speisen. Ich bin nach Steinkirchen gekommen, um die stille Natur für mich zu haben, und nicht einen Schwarm redelustiger Menschen. Sorgen Sie, daß ich frühstücken kann, wie alle Tage vordem, in jener Laube dort, ungestört. Oder servieren Sie mir auf meinem Salon und schicken Sie gleich die Rechnung hinauf! Wenn man bei Ihnen so eine schöne stille Laube nicht für die Dauer seines Aufenthalts haben kann, so gibt es in Deutschland noch mehr Kurhäuser, wo man zuvorkommender ist. Oder denken Sie, die türkischen Frauen seien zu ungebildet, um Ihnen auf gut deutsch die Meinung zu sagen?"
Erregt wandte sie sich der Parkpromenade zu und wandelte dieselbe entlang.
Wie ein Eemaßregelter stand der Oberkellner eine ganze Weile noch aus demselben Flecke, bis ihm ein Gelächter in die Ohren summte, das aus der fraglichen Hollunderlaube kam. Vier Herren saßen da drinnen,
Zeitung hernach erzählt wird. Und da heißts arbeiten und aufpaßen! Während die Mitfestenden vom „Festen" sich hinterdrein erholen können,, fitzt und schwitzt der Zeitungsmann je. nachdem bis am frühen Morgen, um aufs Papier zu bringen, was da am Abend zuvor alles los war — und ist dann der Annehmlichkeit ausgesetzt, daß ihm nachher einer der Redner das Zimmer stürmt, weil die Rede eines andern Redners um eine Zeile länger geraten war, als die des Beschwerdeführenden. Das weiß Herr Rechtsrat Kr. Albert nicht? — Die Stuttgarter Zeitungen leuchtest ihm und denen, die mit Herrn Rechtsrat Dr. Albert gesinnungsverwandt sind, selbstverständlich gründlich heim. Und sie werden sich in Fällen, wo man die liebe Presse „freundlich ersucht", diese ihre Wertung durch einest Beamten der Stadtverwaltung auf dem Stuttgarts Rathaus hoffentlich recht gut merken!
Stuttgart, 11. Juli. Angebliche Verkaufsvermittlung von Gesangbüchern durch Geistliche und Lehrer hatte kürzlich der konservative Landtagsabgeordnete Hiller im Landtag zum Gegenstand einer Anfrage bezw. Beschwerde an den Kultminister gemacht. Vom Kultminister wird nun darauf erwidert, daß die von der Oberschulbehörde getroffene Regelung bezwecke, zwischen dem kirchlichen Bedürfnis nach tunlicher Erleichterung der Einführung des Gesangbuchs und den Jntereßen der beteiligten Handels- und Gewerbetreibenden in billiger Weile zu vermitteln, „indem einerseits das Verlagskontor des Evangelischen Gesangbuchs die Eesangbuchsausgaben in einem einfach gehaltenen Einband an jeden Besteller, insbesondere auch an Kirchengemeinderäte und Pfarrämter bei Abnahme von mindestens 10 Exemplaren abgibt, andererseits die Herstellung und den Vertrieb gebundener Exemplare ausschließlich der Privatindustrie überlaßen ist. Infolge dieser Regelung hat das Verlagskontor nach der Feststellung des Evangelischen Konsistoriums 90 der abgesetzten Druckexemplare ungebunden an Buchbindereien geliefert; die übrigen 10 H!, die das Verlagskontor in einfachem Einband abgegeben hat, sind zum Teil gleichfalls an Handels- und Gewerbetreibende abgesetzt worden. Der Einband und der Vertrieb des neuen Gesangbuchs ist somit tatsächlich bis aus einen verhältnismäßig kleinen Teil den beteiligten Handels- und Gewerbetreibenden überlassen geblieben, soweit auf Grund des Konsistorialerlaßes vom 29. November 1912 Kirchengemeinderäte und Geistliche den Bezug einfach gebundener Gesangbücher vermittelt haben, haben sie sich dieser Arbeit, wie wohl auch in der gestellten Anfrage vorausgesetzt ist, ausschließlich im kirchlichen Jntereße unterzogen. Eine Vermittlung gegen Gewinn wäre ihnen, wie in dem Erlaß als selbstverständlich hervorgehoben worden ist, von der Oberkirchenbehörde nicht gestattet worden. Hienach liegen keine Umstände vor, die Veranlassung geben könnten, die von der Oberkirchenbehörde getroffene Regelung oder die Art ihrer Ausführung vom Standpunkt der Staatsaufsicht zu beanstanden."
Stuttgart, 11. Juli. Wie dem Neuen Tagblatt aus Berlin mitgeteilt wird, ist der Reichstagsabgeordnete Hildenbrand-Stuttgart an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Zietzsch, der unlängst bestattet wurde, zum Sekretär der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion gewählt worden. Dieses Amt bedingt den ständigen Aufenthalt in Berlin, sodaß der Abgeordnete Hildenbrand sein Reichs- und Landtagsmandat niederlegen
die alle Ohrenzeuge von Aminas ärgerlichen Worten gewesen waren, und von denen sich nur einer des Lachens über den „Türkenstolz" enthielt. „S'ist eine forsche Frau" meinte derselbe auf gut italienisch. „Kenne die Rasse von meinen Reisen durch Albanien genau. Und die Signora?! Auf Handschlag, Freunde, die kenne ich! Ist ein Durazzoer Kind des großen Tabakfritzen Omar und die Frau meines Freundes Thomaso, der in Venedig von mir die Krananlagen in den Verladeräumen seiner Speicher am Monte Bellestrado anlegen ließ. Weiß nur nicht, wie die Signora hierher kommt und ob sie sich noch meiner erinnert. Seitdem sie Frau ist, kam ich ihr noch nicht wieder zu Gesicht; als ich in der Arbeit da unten steckte, waren sie erst Brautleute. Freunde, das ist eine charmante Fee, graziös, wie die Düse, elegant wie die Farrar und klug wie die Sarah Bernhard und auch ewig jung wie sie. Und dabei Temperament! Habe so ähnliches nur noch in Spanien kennen gelernt bei den Klosterweibchen, die wie die Heiligen herumwandeln und munter sein können, wie die Kabaretsterne des Pariser Pflasters. Ein Prosit, Freunde, aus den Dreibund!! Es waren just an dem Tische außer dem italienischen Ingenieur ein österreichischer und zwei deutsche Ingenieure beieinander, die von ihren Strandbollwerksarbeiten in einem nahen Hafen seit gestern abend hier aus kurzem Urlaub weilten, der wohl kaum bewilligt zu sein schien. Die Hast vielmehr, mit der sich die jungen Männer den „Erholungsgenüßen" hier Hingaben, ließ mehr auf einen wilden Urlaub schließen. — Mit Hellem Klange stießen die Gläser an, gerade als Amina dicht an der Laube wieder vorüberkam, um zu sehen, ob man ihre Wünsche respektierte.
(Fortsetzung folgt.) ^ ,