billigung des Vermessungswesens vorzulegen, erklärte der F i n a n z m i n i st e r, daß dieser Entwurf bereits ausgearbcitet werde. Dabei trat der Abg. Graf (Ztr.) für eine Verstaatlichung des gesamten Vermessungswesens ein. Der Antrag fand widerspruchslose Annahme, ebenso die Kapitel Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer, Kapital- und Wandergewerbesteuer. X>8 Uhr wurde die Sitzung auf morgen vertagt.
Stuttgart, 2. Juli. In der Ersten Kammer wurde heute ein Antrag angenommen, in dem entgegen dem Beschluß des anderen Hauses die Regierung zu erwägen ersucht wird, ob und inwiefern den Wünschen der Landjäger ohne Gefährdung des dienstlichen Interesses entgegengekommen werden könnte. Mehrere Redner kritisierten scharf, daß Landjäger anonyme Eingaben an verschiedene Abgeordnete der Zweiten Kammer gelangen ließen, und fanden das im Interesse der militärischen Ordnung ungehörig. Angenommen wurde desgleichen ein Antrag auf Schaffung einer besonderen Stelle zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche und ein Antrag auf Erhaltung der Landeshebammenschule. Staatsrat v. O w und Oekonomierat v. Wachendorf schilderten im Verlaus der Debatte die Gesamtlage der Landwirtschaft als eine sehr schlechte; die Arbeitslöhne hätten eine Steigerung von 70 Prozent, die Steuerlast eine Zunahme von 164 Prozent erfahren. Der Minister des Innern v. Fleischhauer hielt dem entgegen, daß die Aufwendungen des Staats zur Förderung der Landwirtschaft in den letzten 10 Jahren auf nahezu das Doppelte gestiegen seien. Dem Ausschußantrag auf Zustimmung zum Beschluß der Zweiten Kammer, betr. Sicherstellung des Fortbestandes der Käsereianstalt Wangen und betr. die Verwendung von Strafgefangenen für die Moorkultivierung wurde beigetreten. Dagegen aber soll dem Antrag der Zweiten Kammer um Genehmigung weiterer Mittel zur Kultivierung der Moore nicht zugestimmt werden. Flaschnerobermeister Lorenz trat für recht baldige Errichtung der Submissionsämter ein. — Zu einer Reihe von Beschlüssen der Zweiten Kammer beantragte das Haus statt Genehmigung nur Erwägung. — Donnerstag Fortsetzung.
Stuttgart, 2. Juli. Auf Einladung der Generaldirektion der Württemb. Staatseisenbahnen vereinigten sich heute in Stuttgart Vertreter der Reichseisenbahnen, der Großherzogl. Badischen und der König!. Württemb. Staatseisenbahnen zur Beratung der Maßnahmen, die in diesem Jahre zur glatten Durchführung der zu erwartenden großen Obsttransporte aus Frankreich zu treffen sind. Zu dieser Besprechung sind die bedeutendsten hiesigen Obsthändler sowie ein hauptsächlich beteiligter Spediteur aus Avricourt beigezogen worden.
Stuttgart, 2. Juli. Der Deutsche Metallarbeiterverband in Stuttgart hat beschlossen, für die ausgefperrten und streikenden Arbeiter der Firma Robert Bosch einen wöchentlichen Zuschlag von 4 ^ und den Beitrag an die Ortskrankenkasse zu zahlen. Die Arbeiterinnen erhalten 3 sowie den Beitrag. Eine dauernde Erhöhung des Lokalbeitrags der Mitglieder wurde abgelehnt, dagegen soll bis auf weiteres ein Extrabeitrag von 10 H in der Woche erhoben werden. Die Aussperrung dauert nunmehr genau 4 Wochen.
Plieningen, 2. Juli. Heute früh gegen 10 Uhr wurde auf einer Landstraße in der Nähe Plieningens der Arbeiter Kling aus Straßburg, der sich anscheinend auf der Wanderschaft befand, durch zwei berittene Landjäger aus Stuttgart kontrolliert. Er hatte eine zerschnittene Hand und seine Kleider wiesen teilweise Blutflecken auf. Er konnte sich aber ausweisen und da kein Steckbrief gegen ihn vorlag, mußte man ihn laufen lassen. Als die Landjäger von ihrer Streife zurückkehrten, erfuhren sie erst, daß Kling den Raubmordversuch an der Schuhmacherswitwe Votteler in Reutlingen be-
Das Wirtshaus im Spellart.
44) Erzählung von Wilhelm Hauff.
„Ach Herr!" seufzte Peter. „Als ich noch das kalte Steinherz trug, da weinte ich nie, meine Augen waren so trocken als das Land im Juli; jetzt aber will es mir beinahe das alte Herz zerbrechen, was ich getan! Meine Schuldner habe ich ins Elend gejagt, auf Arme und Kranke die Hunde gehetzt, und Ihr wißt es ja selbst — wie meine Peitsche auf ihre schöne Stirne fiel!"
„Peter! Du warst ein großer Sünder!" sprach das Männlein. „Das Geld und der Müßiggang haben dich verderbt, bis dein Herz zu Stein wurde, nicht Freud, nicht Leid, keine Neue, kein Mitleid mehr kannte. Aber Reue versöhnt, und wenn ich nur wüßte, daß dir dein Leben recht leid tut, so könnte ich schon noch etwas für dich tun."
„Will nichts mehr," antwortete Peter und ließ traurig sein Haupt sinken. „Mit mir ist es aus; kann mich mein Lebtag nicht mehr freuen; was soll ich so allein auf der Welt tun? Meine Mutter verzeiht mir nimmer, was ich ihr getan, und vielleicht Hab' ich sie unter den Boden gebracht, ich Ungeheuer! Und Lis- beth, meine Frau! Schlaget mich lieber auch tot, Herr Schatzhauser, dann hat mein elend Leben mit einmal ein Ende."
„Gut," erwiderte das Männlein, „wenn du nicht anders willst, so kannst du es haben; meine Axt habe ich bei der Hand." Er nahm ganz ruhig sein Pfeiflein
gangen hatte. Die Reutlinger Behörden hatten das Signalement des Raubmörders nur an die Behörden der umliegenden Ortschaften gegeben, nicht aber an das Landjägerkommando in Stuttgart. Dort erfuhr man erst heute durch die Zeitungen von dem Vorfall.
Eltingen (O.-A. Leonberg), 3. Juli. Vor einigen Tagen verletzte der 16 Jahre alte Sohn des Schäfereibesitzers Dihl von Leonberg eine ältere Frau durch, wie man annimmt, unvorsichtiges Tragen der Sense, im Gesicht. Die Frau, die quer über das Gesicht eine Schnittwunde erhielt, verstarb nach einigen Tagen im Leonberger Bezirkskrankenhaus. Sie war Witwe und hinterläßt zwei unversorgte Kinder. Schadensersatzansprüche an den Vater des Urhebers werden wohl noch ein Nachspiel geben.
Hardt OA. Oberndorf, 2. Juli. In der Nacht vom Sonntag auf den Montag wurde hier der verheiratete Fabrikarbeiter Verthold Flaig aus Mariazell überfallen, blutig geschlagen und seiner Barschaft beraubt. Den Nachforschungen der Landjägermannschaft gelang es, dis Täter, zwei jüngere Burschen zu ermitteln. Sie wurden in das Amts- gerichtsgefängnis Oberndorf eingeliefert. Bei einem der Täter wurde das Portemonnaie samt dem Geldbetrag des Ueberfallcnen vorgefunden.
Hcildronn, 2. Juli. In körperlicher und geistiger Frische feiern heute Privatier Wilhelm Hummel und Frau das Fest der goldenen Hochzeit. Der König ließ eine Plakette mit Widmung überreichen. Die Stadtverwaltung gratulierte schriftlich.
Heilbronn, 2. Juli. Von der hiesigen Staatsanwaltschaft als Strafvollstreckungsbehörde wurde in einer Strafsache wegen Vergehens gegen das Warenzeichengesetz 61000 Stück Zigaretten — durch Verbrennen in einem Ofen — vernichtet. Die Zigaretten, die eine irreführende Aufschrift trugen, waren durch Urteil eingezogen worden.
Nürtingen, 2. Juli. Der Neckar hat innerhalb kurzer Zeit hier nun schon das zweite Opfer gefordert. Beim Kiesbaggern ist der 43 Jahre alte verheiratete Gottlob Fischer aus dem Nachen gestürzt und ertrunken. Er hinterläßt 6 unversorgte Kinder.
Von der Münsinger Alb, 2. Juli. Wenn man vor 10 Tagen im blinden Vertrauen auf die „berühmte" Eundelfinger Wetterprognose glauben mochte, es werde sich Heuer die Heuernte wohl günstiger gestalten denn voriges Jahr, so hat nach den bis jetzt in unserer Gegend gemachten Erfahrungen die Hoffnung gänzlich getrogen. Seit dem 23. Juni, an dem die Reihe der versprochenen schönen, sonnigen Tage beginnen sollte, läßt alle Augenblicke einsetzender Regen kein Einbringen von Heu mehr gelingen. In Masse liegt gemähtes Futter draußen in der Nässe und verliert außerordentlich an Aussehen und Wert. Die Witterungsfrage will allmählich bedenklich werden, in erster Linie mit Rücksicht auf die Heuernte. Dazu ist die Temperatur nicht selten so rauh, daß in den Wohnungen geheizt werden muß. Und da soll das Wetter, wenn es nach dem Propheten von Eundel- fingen ginge, jetzt alle Tage sein: „Früh Tau und Dunst, dann sonnig und warm, Wind mäßig." Daß Gott erbarm!
Niederstetten (O.-A. Gerabronn), 2. Juli. Der Anfall von Wolle in unserer Gegend, der übrigens wegen der Aufhebung vieler Schäfereien bedeutend zurückging, ist nunmehr vollständig im Besitz der Händler. Die Preise schwankten sehr. Am Anfang wurden 150 für den Zentner bezahlt, dann gingen die Preise auf die Nachricht von flauem Geschäftsgang der auswärtigen Märkte schnell zurück. Zuletzt
legten die Händler nur noch 130—140 für den Zentner, je nach Qualität, an.
Sigmaringen, 3. Juli. Die Hochzeit des früheren Königs Manuel von Portugal mit der Prinzessin Auguste Viktoria von Hohenzollern wird hier am 3. und 4. September gefeiert werden.
Arr» Welt Zeit.
München, 2. Juli. Aus allen Gegenden Bayerns laufen hier Botschaften über Verheemngen ein, die durch Ueber- schwemmungen hervorgerufen worden sind. Inn, Lech, Wer- tach und Salzach sind über ihre Ufer getreten. Auch die Donau ist gestiegen und überschwemmt in ihrem Oberlaufe weite Gebiete.
Darmstadt, 2 Juli. Bei einer heute vormittag auf dem Weiterstädter Exerzierplatz abgehaltenen militärischen Hebung scheuten die Pferde einer Proviantkolonne und gingen durch. Hierbei stürzten mehrere Trainsoldaten vom Wagen und gerieten unter die Näder. Neben mehreren Leichtverletzten wurden vier schwerverletzte Soldaten in das Ear- nisonlazarett nach Darmsiadt gebracht.
Frankfurt a. O., 2. Juli. Der Maschinenfabrikant Emil Gutmann in Frankfurt a. O. erschoß, wie die Vrandenburgische Landesztg. meldet, heute früh seine Ehefrau und seine beiden Töchter, die 16 Jahre alte Charlotte und die 5 Jahre alte Dora. Dann verletzte er sich selbst schwer durch einen Schuß in die Schläfe und Schnitte ins Handgelenk. Die Tat ist anscheinend in geistiger Umnachtung verübt worden.
Flensburg, 2. Juli. Ein Gegenstück zum Falle Jatho- Traub scheint sich hier entwickeln zu wollen. Der Hauptpastor Andersen der St.-Johannisgemeinde, ein Geistlicher, der dort bereits seit etwa 27 Jahren amtiert, hat wegen seiner Amtsführung bereits dreimal vom Kieler Konsistorium eine Rüge erhalten, die letzte in etwas schärferer Form in der Art einer Verwarnung. Die erste Rüge wurde ihm im Jahre 1908 wegen der Tendenz seiner Broschüre „Anticlericus" erteilt. Auf diese, wie auch auf die zweite Rüge, die Andersen im Jahre 1911 erhielt wegen seines Verhaltens bei der Beerdigung der Ueberreste eines durch Einäscherung bestatteten Gemeindemitgliedes, wobei ihm Uebertretung kirchlicher Verordnungen vorgeworfen wurde, hat Andersen nicht reagiert. Im Mai und Juni dieses Jahres nun hat Pastor Andersen eine abermalige dritte Rüge in Form einer ernstlichen Verwarnung erhalten, und zwar wegen seiner modernen Anschauungen, vor allem über die Person Jesu, die er in einer Wochenplauderei unter dem Titel Sonntagsgedanken in' der Flensburger Norddeutschen Zeitung veröffentlichte. — Gegen diese Rüge wendet sich Andersen in einem offenen Briefe an das Königl. Konsistorium Kiel und appelliert an die höhere Instanz, nämlich das gesunde christliche Standesbewußtsein. Man ist hier darauf gespannt, wie sich das Konsistorium zu dieser Affäre stellen wird, zumal Hauptpastor Andersen in seiner Gemeinde außerordentlich geachtet und geehrt wird.
Budapest, 2. Juli. Im Südosten Ungarns nehmen die Ueberschwemmungen immer größeren Umfang an. Der Regen dauert fort. Unübersehbare Felder, zumeist der Besitz kleiner Bauern, stehen unter Wasser. Ganze Dörfer sind überschwemmt. Auch der Eisenbahnverkehr leidet.
New-dork, 2. Juli. Aus dem ganzen Lande laufen zahlreiche Meldungen über Todesfälle ein, die durch die anhaltende Hitze verursacht wurden. In Chicago allein sind in den letzten 3 Tagen 85 Säuglinge gestorben.
aus dem Mund, klopfte es aus und steckte es ein. Dann stand er langsam auf und ging hinter die Tannen. Peter aber setzte sich weinend ins Gras, sein Leben war ihm nichts mehr, und erwartete geduldig den Todesstreich. Nach einiger Zeit hörte er leise Tritte hinter sich und dachte: „Jetzt wird er kommen."
„Schau dich doch einmal um, Peter Munk!" rief das Männlein. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und schaute sich um, und sah — seine Mutter und Lisbeth, seine Frau, die ihn freundlich anblickten. Da sprang er freudig auf: „So bist du nicht tot, Lisbeth? Und auch Ihr seid da, Mutter, und habt mir vergeben?"
„Sie wollen dir verzeihen," sprach das Elasmänn- lein, „weil du wahre Reue fühlst, und alles soll vergessen sein. Zieh jetzt heim in deines Vaters Hütte und sei ein Köhler wie zuvor; bist du brav und bieder, so wirst du dein Handwerk ehren, und deine Nachbarn werden dich mehr lieben und achten, als wenn du zehn Tonnen Goldes hättest." So sprach das Elasmännlein und nahm Abschied von ihnen.
Die drei lobten und segneten es und gingen heim.
Das prachtvolle Haus des reichen Peter stand nicht mehr; der Blitz hatte es angezllndet und mit all seinen Schätzen niedergebrannt; aber nach der väterlichen Hütte war es nicht weit; dorthin ging jetzt ihr Weg und der große Verlust bekümmerte sie nicht.
Aber wie staunten sie,als sie an die Hütte kamen! Sie war zu einem schönen Bauernhaus geworden, und alles darin war einfach, aber gut und reinlich.
„Das hat das gute Elasmännlein getan!" rief Peter.
„Wie schön!" sagte Frau Lisbeth. „Und hier ist mir viel heimlicher als in dem großen Haus mit dem vielen Gesinde."
Von jetzt an wurde Peter Munk ein fleißiger und wackerer Mann. Er war zufrieden mit dem, was er hatte, trieb sein Handwerk unverdrossen, und so kam es, daß er durch eigene Kraft wohlhabend wurde und angesehen und beliebt im ganzen Wald. Er zankte nie mehr mit Frau Lisbeth, ehrte seine Mutter und gab den Armen, die an seine Türe pochten. Als er nach Jahr und Tag Frau Lisbeth von einem schönen Knaben genas, ging Peter nach dem Tannenbühl und sagte sein Sprüchlein. Aber das Elasmännlein zeigte sich nicht. „Herr Schatzhauser!" rief er laut. „Hört mich doch, ich will ja nichts anders, als Euch zu Gevatter bitten bei meinem Söhnlein!" Aber er gab keine Antwort. Nur ein kurzer Windstoß sauste durch die Tannen und warf einige Tannenzapfen herab ins Gras. „So will ich dies zum Andenken mitnehmen, weil Ihr Euch doch nicht sehen lassen wollet," rief Peter, steckte die Zapfen in die Tasche und ging nach Hause; aber als er zu Hause das Sonntagswams auszog, und seine Mutter die Taschen umwandte und das Wams in den Kasten legen wollte, da fielen vier stattliche Eeldrollen heraus, und als man sie öffnete, waren es lauter gute, neue badische Taler, und kein einziger falscher darunter. Und das war das Patengeschenk des Männleins im Tannenwald für den kleinen Peter. (Fortsetzung folgt.)