Eine Berichtigung.

Berlin, 12. Sept. In derDeutschen Ailg. Ztg." veröffentlicht Unterstaatssekretär Wahnschaffe Mittei­lungen von einem Schreiben des Generalleutnants Scheuch, das die von Wahnschaffe in seinem Brief an Ministerialdirektor Simons mitgeteilten Erinnerungen an den 9. November 1918 berichtigt. General Scheuch stellte fest, er habe in den Sitzungen des Ministeriums mit wachsendem Nachdruck betont, daß er in der Ab­dankung des Kaisers die Vernich-tung der Wider- st a i--ds fähigkeit der Armee erblicken müsse. Er habe ferner kein Hehl daraus gemacht, daß nach seiner festen Ueberzeugung durch die Abdankung die Monarchie keinesfalls gerettet werde, im Gegenteil, die Abdankung des Kaisers und die Verzichtleistung des Kronprinzen würde gleichbedeutend sein mit der völligen Zerstörung des Kaiser- und Königtums. Er habe am 8. November abends, als er erfuhr, daß der Chef des Zivilkabinetts in der Nacht nach Spaa abreisen werde, diesem seinen .Standpunkt in der Abdankungsfrage dargelegt. Als Herr von Delbrück in Spaa eintraf, sei der Kaiser 5 Stunden vorher schon nach Holland abgereist gewesen.

Die Friedensbemühungen der Sozialdemokratie.

Berlin, 12. Sept. DerVorwärts" schreibt, nach Scheidemanns Rede in Kassel habe in der Aussprache ein Unabhängiger behauptet, die Sozialdemokratie habe nichts dazu getan, alsbald nach Kriegsausbruch für die Beendigung des Völkermordens cinzutreten. Scheide- Mann habe geantwortet, daß er im November 1914 mit llhaase beim Reichskanzler gewesen sei, um eine Frie­denskundgebung der sozialdemokratischen Reichstagsfrak­tion für die Dezembertagung anzukündigen. Herr von Aethmann-Hollweg habe aber gebeten, dies jetzt nicht zu tun, da eine solche Kundgebung nur den Kriegswillen her Gegner steigern würde. Wenn es gelingen sollte, Iso möchten sie mit den Sozialisten in England und Frank­reich für den Frieden wirken. Trotz aller Bemühungen, erklärte Scheidemann, mit den Sozialisten der feindlichen Länder in Fühlung zu treten, scheiterten alle Versuche an der ablehnenden Haltung der Engländer und Fran­zosen.

Der Sechsstundentag.

Berlin, 12. Sept. Ter Ausschuß zur Prüfung der Arbeitszeit im Bergbau hat dem Reichs­arbeitsministerium den Antrag übermittelt, an alle Mächte beranzutreten wegen Einführung der Sechsstunden­schicht im Kohlenbergbau aller Länder. Das Ministerium hat dem Antrag zugestimmt und ihn der der Reichsregierung befürwortet. Tie Sechsstundenschicht soll am 1. Februar 1920 in Tentschland zur Durchführung kommen.

Demnächst wird eine Kommission der Ver­bündeten aus Paris in Berlin eintreffen, um hie genaue Einhaltung des neuen Kohlenlieferungs­abkommens m überwachen.

Eine englische Enthüllung.

London, 12. Sept. Im Seprcmberheft derNa­tional Review" wird ausgeführt, daß im Spätsommer und im Herbst 1917 die englische Regierung tatsächlich an der für England erfolgreichen Beendigung des Kriegs verzweifelte und zu einem Frieden bereit gewesen sei. Es sei die Zeit gewesen, wo in Rußland die Anarchie eingerissen hatte, die Leistung Amerikas noch ungenügend und der Tauchbootkrieg sehr wirksam war und Cle- menceau Ministerpräsident von Frankreich wurde, Lloyd George sei damals so gedrückt gewesen, daß er jedes Friedensangebot begierig ergriffen hätte, das als ein Nach­geben Deutschlands hätte hingestellt werden können. Die britische Regierung habe im August 1917 zuerst Deutsch­land gegenüber dem Vatikan eine Eröffnung gemacht. Die englische Regierung wäre beinahe auf alles einge- gegangen, so groß waren ihre zeitweiligen Angstanwand­lungen. (Die Richtigkeit der Mitteilungen derNatio­nal Review" vorausgesetzt, würde es sich also bei den bekannten, durch den Vatikan eingeleiteten Verhandlun­gen vom August 1917 tatsächlich zwar nicht um ein Friedensangebot, aber um einen Fricocnsfüh'er Vonseiten Englands gehandelt haben. Alle.d ngs ist d es bekanntlich neuerdings sowohl von Eng.and als von Fcaukre^ck ent­schieden bestritten worden.)

Die Akkordarbeit.

Magdeburg, 12. Sept. Der Streik der Metall­arbeiter in Staßfurt ist nach sechswöchiger Dauer beendet. Es wurde ein Vergleich geschlossen, in dem die Akkordarbeit anerkannt wird.

Eisenbahnerftreit in Elsaß-LothrinMr.

Metz, 12. Sept. Seit Donnerstag mittag"ist auf dem ganzen elsaß-lothringischen Eisenbahnnetz der Ge­neralstreik ausgebrochen. Es verkehren nur Lebensmittek- züge.

Der Wiederaufbau.

Zürich, 12. Sept. Nach Pariser Meldungen haben die Besprechungen in Versailles über den Wiederaufbau zu einem Ueöereinkommen in 2 wichtigen Punkten geführt: 1. Die deutschen Arbeiter kommen nicht in Arbeiter­bataillonen nach Frankreich, sondern als freie Ar­beiter mit einem Vertrag nach deutschen Sitten. 2. Der Wiederaufbau wird der deutschen Regierung anver­traut; sie darf, wenn sie es für gut befindet, mit Unter­nehmern verhandeln.

Die D?nau ist offen.

Wien, 12. Sept. (Korr.-Bur.) Ter englische Kom­mandant Cecil Tillon teilte im Auftrag des Donaukom­mandanten Admiral Traubridge mit, daß die Donau von jetzt ab für den Handelsverkehr offen sei.

! Amtliches.

I Bekanntmachung bete. Knrfremde im Okl. Nagold.

1. Die vom Ernährungsmivisterium gewährte Ver­günstigung, wornach Kurfremde auch ohne ärz'l. Zeuan's zum Kuraufenthalt zugelassen weiden Klinten, hört mit dem 15. September ds. Js. auf. Wer also von jetzt ab uw Kuraufenthalt nachsuchen will, bedarf wieder eines ärztlichen Zeugnisses, das nach dem bestehenden Vordruck eingeretcht werden muß.

2. Nachdem bisher eine große Anzahl von Kurfremden zugelassen worden ist, können, um reicht die Ernährung der eigenen Bevölkerung zu gefährden, Kurgesuche nur berück­sichtigt werden, wenn ganz besonders dringende Gründe geltend gewacht werden.

8. Wirte, die Kurfremde ohne vorgängige Erlaubnis des Oberamts aufmhmen, haben Bestrafung u Schließung des Betriebs zu g wärtigen (s. oberamtl. Bekanntmachung vom 15. Juli d. I., Tannenblatt Nr. 162).

4. Die (Stadt )Schullheißenämter werden ersucht, d'e Inhaber von Gaststätten ausdrücklich auf diese Bekannt­machung aufmerksam zu machen. Letztere haben einen Ab­druck der Bekanntmachung in ihren Gaststätten anzuschlagen.

Den 12. Sept. 1919._ Münz.

LMöesnaomMen.

Wteurtei-, 18. September ISIS.

Zur Brotversorgung. Der landwirtschaftliche Häuptverband Württemberg hat in einer außerordentlich Zahlreich besuchten Landesausschußsitzung u. a. Stellung zur Zwangswirtschaft genommen und einstimmig folgende Entschließung angenommen und dem Ernährungsmini- sterium vorgelegt:Der Hauptverband nimmt mit Be­fremden Kenntnis von einem imStaatsanzeiger" vom ' 8. September veröffentlichten offensichtlich offiziösen Ar­tikel über die Brotversorgung. Er weist die darin ent­haltenen Vorwürfe mit Entrüstung zurück und erwartet, daß in Zukunft in dem amtlichen Presseorgan über die Landwirtschaft nur sachliche Mitteilungen veröffentlicht werden. Insbesondere weist er die Behauptung zurück, daß die Landwirte absichtlich Getreide nicht abliefern. Die Gründe für die ungenügende Ablieferung dürften auch der Regierung bekannt sein; sie ist verursacht durch die späte Ernte, durch das mangelnde Brennmaterial, durch ungenügende Stromlieferung und durch Arbeiter­mangel. Wir fordern die Landwirte apf, ihrer Liefe­rungspflicht r.nt Rücksicht Ms die ernste Lage der Le­bensmittelversorgung möglichst bald nachzukommen."

Rückkehr dcr Kriegsgefangenen. Die in Frankfurt a. M. geführten Verhandlungen wegen der Auslieferung der in amerikanischem Gewahrsam befind­lichen Kriegsgefangenen haben zu dem Ergebnis geführt, daß vom 17. September ab täglich 2000 Mann der , in amerikanischer Hand befindlichen Gefangenen ausge- ! liefert werden.

^ Der Abtransport der Gefangenen der Amerikaner beginnt am 13. September und zwar der Reihe nach nach Wetzlar, .Gießen, Rastatt, Limburg und Mannheim.

(-) Heiterbach. Nagold, 12. Sept. (Ver­mächtnis.) Der hiesigen Gemeinde ist von der in Heilbronn verstorbenen, ledigen, 68 Jahre alten, von hier gebürtigen Pauline Conzelmann der Betrag von 1000 Mark mit der Bestimmung vermacht worden, dgß die Summe sofort an die hiesigen Ortsarmen verteilt wird.

. (-) Stuttgart, 12. Sept. (Verhaftung.) DrS

Kriminalpolizei hat den 25 Jahre alten Schlosser Otto. Götz von Cannstatt festgenommen. Götz steht im Vev* dacht, in der Nacht zum 8. September in^AugsburA seine Geliebte, die Fabrikarbeiterin Anna Fsndt, Zyankali vergiftet zu haben. Er ist nach der Tat M« flüchtet.

(-) Stuttgart, 11. Sept. (Leich enübersühm rnng in die Heimat.) Nach einer Mitteilung der interalliierten Waffenstillstandskommisfion sind Leichen* Überführungen noch nicht gestattet worden. Es nruß da­her abgewartet werden, bis eine anderweitige Entschei­dung der alliierten Regierungen ergangen ist. Die zu erwartende weitere Entscheidung wiro dann wieder be­kannt gegeben werden.

(-) Zuffenhausen, 12. Sept. (Tie Ruhr.) Seit kurzem find hier eine Anzahl Erlranknngen an Ruhr vor­gekommen, einige mit tödlichem Ausgang. Als Ursache darf man wohl ziemlich sicher das Essen von unreifem oder auch unreinem Obst betrachten. Das beste VvröengungSmittel ist, Obst jetzt nur in gekochtem Zustand zu essen.

(-) As.perg, 12. Sept. (Stadtarzt.) Ter Ge, meinderat hat zum Nachfolger des in den Oberstdorfer Bergen tödlich verunglückten Stadtarztes Tr. Ludwig den derzeitigen ersten Assistenzarzt an der Landeshebam­menschule, Dr. Dr. Reimokd, gewählt.

(-) Heilbronn, 12. Sept. (Vom Rathaus.) Die Stadt Heilbronn wird an ihre Ausmarschierten aus der Stadtkasse 100000 Mk. zur Verteilung bringen, außerdem wurde eine Sammlung in der Bürgerschaft eingeleitet, die bereits 215 000 Mk. aufweist. . ...

Die Liejerimgszuschläge für Brotgettside.

Der Württ. Bauern- und Weingärtnerb-und, Bund der Landwirte hat an den württ. Ernährungsminister folgende Eingabe gerichtet: Die Lieferungszuschkäge von 7.50 Mark für den Zentner Brotgetreide haben den Preis wenigstens einigermaßen den allgemeinen Forderungen der württembergischen Landwirtschaft genähert. Allein die Beschränkung dieses Zuschlags auf den Monat Sep­tember ist durchaus unhaltbar. Wir verstehen den Zweck der Preiserhöhung vollkommen. Man will durch die Zuschläge möglichst rasch große Mengen Brotgetreide in die Hand bekommen und durch den erhöhten Preis zum sofortigen Ausdrusch und zur.Ablieferung anreizen. Unsere Landwirte werden, sofern sie Gelegenheit und vor allem Kraft haben, um zu dreschen, abliefern. <Nr tun das umso williger, wenn sie sehen, daß man bereit ist, sie gerecht und verständig zu behandeln. Der Lie­ferungszuschlag in Höhe von 7.50 Mark ist der beste Beweis dafür, daß die Berliner Höchstpreisfestsetzung un­haltbar und ungerecht ist. Wenn man dies aber ein­sieht, so ist es durchaus falsch, den Zuschlag schon am 1. Oktober auf die Hälfte herabzusetzen und am 16. Okto­ber ganz aufznheben. Dadurch werden nur neue Schwie­rigkeiten geschaffen. Unsere Keinen Landwirte können vielfach gar nicht so schnell dreschen und abliefern. In manchen Gegenden hat die Getreideernte erst Anfangs! September eingesetzt, die sonstigen Feldgeschäfte sind eben­falls zu besorgen, so daß vielfach erst im nächsten Mo­nat abgeliefert werden kann. Der einzig richtige Wetz ist die Bezahlung eines Getreidepreises, wie er den heu­tigen Geld- und Erzeugungsverhältnisfen entspricht. Wir sehen uns deshalb veranlaßt, das Ernährungsministerium drinaend zu bitten, den Brotgetreidepreis für die nächsten Monate auf mindestens die Höhe' festzusetzen, wie « heute einschließlich des Lieserungszuschlags ist. Wenn dann sofort mit den Landwirten Lieferungsabmachnngen getroffen werden, nachdem dieser Preis all denen zugut» kommt, Pie sich verpflichten, nach einer lOtägigen Abruf­frist jeweils das vereinbarte Getreidequantum anzulie- fern, wird die Lieferung gleichmäßig erfolgen, die Über­sicht über die notwendige Menge wird vorhanden sein und die Brotversorgung kann auf eine sichere Grundlage gestellt werden. Für eine künftige geordnete Getreide­lieferung wäre die Herabsetzung der Preise nach! dem 1. bezw. 16. Oktober das Verhängnisvollste, was ge­schehen könnte, da kein Bauer den Zentner Dinkel zu 16.25 Mark abgeben kann und wird. Wir warnen recht­zeitig vor falschen Maßnahmen und bitten dringend, doch endlich einmal bei dem wichtigsten und notwendigsten Nah­rungsmittel, dem Brotgetreide, die verkehrte Preispoli­tik aufzugeben, den Getreidebau durch gute nutzbringende Preise so zu fördern, daß wir immer mehr vom Ausland unabhängig werden und den Getreidebau mic allen Mit­teln steigern können.

Handel und Verkehr.

(-1 Stuttgart, 12. Sept. (Mo st ob st markt auf de« Nordbahnhof.) Zugeführt am 11. September 2 Wagen einheimi­sches Obst: Kleinverkaufspreis 1820 Mark für den Zentner. Auf dem Wilhelmsplatz; Zufuhr SO Zentner; Preis 2022 Mark für den Zentner. _ , ^

Aus dem Gerichtssaal.

(.) Stuttgart, 12. Sevt. (Geldfälscker.) Der 37 Jahre alte Lithograph Paul Lüthgen aus Krefeld war in der Firma Rembold in Heilbronn anaestellt, als diese für die Stadt Heil­bronn die Fünfzig Mark-Noten herzustellen hatte. Lüthgen hatte den echten Entwurf hergestellt. Im November 1918 verzog er Vach Stuttgart, richtete sich eine lithographische Werkstätte et« und fabrizierte im Umdruckverfahren mit dem echten Stein fal- fthe Scheine, von denen bis jetzt 710 Stück im Verkehr aufge­halten wurden. Lüthgen wurde von dem Schwurgericht zu 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis (davon 6 Monate durch die Un- lersuchungshaft verbüßt) und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Nestle NaHrichlen.

WTB. Berlin, 13. Sept. Der Berl. Lokalanz. mel- det den Ausbruch einer Ruhrepidemie in Essen (Reg.-Bez. Oldenburg).

WTB. Berlin, 13. Sept. Laut Vossischer Zeitung haben die württembergischen Eisenbahner Veschloffea, wöchentlich zehn Ueberstuude» zu leiste«, um die Kohlen­not zu vermindern.

WTB. Berlin, 13. Sept. Nach den in der Voss. Ztg veröffentlichten AusführuugS-eftimmuvgr« des Reichs- tvrhrmimsters zur Verordnung über die Vereidigung der öffeutlicheu Beamteo bezieht sich der Eid auf die Dauer der Angehörigkeit zur Wehrmacht des Deutschen Reiches. Soweit nicht durch die Verfassung oder Dienstbefehl anders verfügt wird, steht dev Angehörigen der Wehrmacht dieselbe Freiheit in der politischen Gesinnung und Versamm­lungsfreiheit zu, die durch Artikel 130 der Verfassung den Beamten zugesichert wird. Die Vereidigung ist unver­züglich vorzunehmen unv in würdiger Form ohne kirchliche Feier zu vollziehen. Die Vereidigung der Personen des Soldatenfiandes erfolgt derart, daß ein Offizier dm Eid vorspricht und alle den Eid nachsprechen. Offiziere z. D. und die den Abschied bis 1. Okt. 1919 erbittenden Offiziere sind nicht zu beeidigen, ebenso nickt diejenigen Mannschaften, deren Ausscheiden bis 1. Okt. 1919 zu erwarten steht.

Herr über das Leid.

Diese zerstörende Zeit ist doch wieder auf vielfache Art eine solche, die nähere Vereinigung stiftet unter denen, welche sich angchören, und eine Zeit, wo sich jede innere Tüchtigkeit und jede Kraft der Liebe mehr als sonst offenbaren kann.

Schlekermacher.

Wetter.

Im Nordwesten ist ein swrker Lufttmrbel aufgezo- n, der sich rasch über Frankreich bis nach Süddeutsch- nd ausbreitet. Am Sonntag und Montag rst G«- itterneigung und weiterhin allgemeine Bewölkung m« »k ühlenden Niederschlägen zu erwarten.

Truck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Slltenstetg LN» > Piikmln Lau k.

L