veröffentlicht eine Depesche seines Washingtoner Korre­spondenten, worin gesagt wird, daß bei einer Abstimmung im gegenwärtigen Augenblick der Aenderungsantraa be­züglich Shantungs unbedingt abgelehnt würde. Gegen den Antrag sind die Senatoren Uterlung, Nelson, Mac- cumber, eine Minderheit der Republikaner und vierzig Demokraten. Es bleiben somit im ganzen nur 45 Repu­blikaner und etliche Demokraten, die für den Aenderungs- antrag stimmen. Während der Debatte erklärte Sena­tor Nelson, daß man auf diesem Wege nicht weitergehen solle. Durch die Opposition würde aus dem Friedens­abkommen ein Mischmasch gemacht, das der Senat nicht anzunehmen bereit sei.

Währenddessen setzt Präsident Wilson seine Redereise fort. Er sprach in Cansas City und in Desmoines im ..Staate Iowa. Obwohl Cansas der Wahlkreis des Se­nators Reed, eines der heftigsten Gegner des Friedens- ! Vertrags ist, erzielte Wilson hier doch einen großen red­nerischen Erfolg. Ob ihm dies aber andauernd gelingen wird, möchten wir doch bezweifeln, sofern es richtig ist, daß die Deutschamerikaner in der Diskussion über den Friedensvertrag die Ansicht verrieten, daß mit dem Sturze des Kaisers und der Einsetzung einer demokratischen Re­gierung in Deutschland die eigentlich Verantwortlichen des Kriegs verschwunden seien und daß nur ein unschuldiges Volk an ihrer Stelle bleibe, welches die Maßregelung durch den Frieden nicht verdiene. Wilson wird deshalb mit feiner Ansicht, die Verantwortlichkeit des deutschen Volks sei untrennbar mit jener der Regierung verbunden, die den Krieg verursacht und geführt habe manchen Strauß zu bestehen haben, umsomehr als seine Aeußerung in ^ der amerikanischen Presse lebhaftes Aufsehen erregt, da s sie mit seinen Erklärungen vor seiner Reise nach Paris ' in Widerspruch steht.

Einzelheiten aus den Wilson'schen Reden bringen wir im folgenden:

Amsterdam, 10. Sept. Ten englischen Blättern vom 8. September zufolge erklärte Wilson in einer Rede in Cansas City u. a., wenn die Vereinigten Staaten den Völkerbundsvertrag nicht ratifizieren, würden sie viel­leicht später mit Deutschland, dem einzigen großen Volk, das noch außerhalb des Völkerbunds stehe, eintreten müs­sen. In einer anderen Rede, die er in St. Louis hielt, sagte Wilson, wenn die Bereinigten Staaten dem ^ Völkerbund beitreten, würden sie der finanzielle Führer des Bundes werden. Wellst sie aber den Vertrag ab­lehnten, so würden sie in der Welt allein dastehen und das Land würde in der Finanzwelt nichts mehr zu bedeuten haben und gezwungen sein, eine große stehende Armee, Munitionsfabriken und Befestigungen zu untet- ^ halten und höhere Steuern anfzubringen. In Guano ^ sagte der Präsident, England und Frankreich seien durch einen vor der Pariser Konferenz abgeschlossenen Ver­trag verpflichtet, Japan das zu geben, was es im Frie- densvertrag erhalte. Wenn Amerika nicht unterzeichne, so werde Japan in Shantung alles erhalten, was Deutsch­land besaß und mehr als es nach den den Vereinigten Staaten gemachten Versprechungen erhalten würde.

In St. Paul erklärte Wilson, das teuere Leben in Amerika sei zum größten Teil auf die durch die Opfer und die Verschwendung des Kriegs geschaffene Welt­lage zurückzuführen. Dazu komme noch, daß die Welt noch nicht wisse, wie die Friedensverhältnisse sich ge­stalten würden. Die Amerikaner seien das einzige Volk, Las in der Zukunft über genügend freies Kapital ver- l fügen werde, um die Weltwirtschaft wieder in Ordnung m bringen.

Neues vom Tage.

Leibst geschmiedet.

Roman von A. v. Trystedt,

(Schluß.)

(Nachdruck verboten »

Tagung der U.S.P.

Berlin. 10. Sept. Gestern begann die z.-.-yokon- konfereyz der Unabhängigen, zu der zahlreiche Delegierte aus allen Teilen Deutschlands nach Berlin gekommen sind. Die Verhandlungen finden nach dem Muster desl alldeutschen Verbandes hinter verschlossenen Türen statt. Tie Absperrung ist so streng, daß nicht einmal Arbeiter- räke oder Funktionäre Zutritt haben. Die Presse ist selbst­verständlich ausgeschlossen. Tie Konferenz wird sich vor­wiegend mit den nächsten Aufgaben der Partei beschäftigen.

DieRepublik Birkenfeld".

Berlin, 10. Sept. LautBerliner Lokalanzeiger" erläßt die Republik Birkenfeld eine Kundmachung, wo­nach die bisherige Provinz Birkenfeld des Freistaates Oldenburg sich von diesem lossagt und als selbständige Republik im Verbände des Deutschen Reichs erklärt. Die Regierung» setzt sich zusammen aus Ludwig Zöller als Präsident, aus Hubert Eifel und Wilhelm Hauth. Die bisherigen Staatseinrichtungen bleiben bestehen. Die Be­amten bleiben im Amt. Bürgermeister Schmidt und fünf andere Persönlichkeiten wurden aus Birkenfeld ausge­wiesen, weil sie ihre Entlassungsgesuche nicht zurückzro- hen wollten. Heber die Zeitungen wurde Vorzensur ver­hängt.

Der englische Gewerkschaftskongreß.

Amsterdam, 9. Sept. DemTelegraaf" zufolge wurde gestern der Gewerkschaftskongreß in Glasgow er­öffnet. Es waren M8 Delegierte anwesend, die 5265 426 organisierte Arbeiter vertreten. Der Vorsitzende Stuart Bunning behandelte in seiner Eröffnungsrede die Frage der direkten Aktion und setzte auseinander, warum die parlamentarische Kommission sich geweigert hätte, zur Behandlung dieser Frage einen besonderen Kongreß ein­zuberufen. Der Kongreß habe ernstlich an einen allge­meinen Streik zu politischen Zwecken nie gedacht. Weiter erklärte Bunning, der Kongreß werde die Forderung der Bergarbeiter nach Verstaatlichung der Bergwerke energisch unterstützen. Er verurteilte die politischen Streiks, die nur zum Schaden der Gewerkschaftsbewegung seien, wies auf die Notwendigkeit erhöhter Erzeugung hin und drang darauf, daß auch die Arbeiter Vorteile davon haben. Er gab der Hoffnung Ansdruck, daß man einer Arbeiter­regierung entgegensehen könne, fügte aber hinzu, keine Regierung könne ohne das Vertrauen des Volks bestehen.

Amerika vermehrt sein Heer.

Amsterdam, 10. Sept. Aus Washington wird ge­meldet, daß der Senat disknssionslos das Projekt der Verwaltung, wonach die Zahl der amerikanischen Offi­ziere für das kommende Jahr von 9500 ans 18000 er­höht werden soll, angenommen habe.

Amerika und die Entente.

Berlin, 10. Sept. In derVoss. Ztg." wird, auf die bemerkenswerte Tatsache aufmerksam gemacht, daß die Vereinigten Staaten in der militärischen Entente konunission nicht vertreten seien. In Washington man sich aus Gründen, die noch nicht ganz klar die aber vermutlich mit der wachsenden Gegnerschaft gegen die Einmischung Amerikas in die militärischen Angelegenheiten Europas Zusammenhängen, von der Kom­mission fern.

Unterzeichn«»« des Dentsch-O-sterreichischen Friedensvertrags.

Versailles, 10. Sept. Heute vormittag 10 Uhr fand im Schlöffe zu St. Germain die Unterzeichnung des deutsch- österreichischen Friedensvertrages statt, zu der weder die r« man ischen noch diesü dsla vtsch en D elegierten sich zur Unterschrift eingebunden hatten. _

Gegen die polnische Hetze.

Berlin, 10. Scpr. Tic deutsche Regierung hat in Versailles eine Note überreichen lassen, worin über )ie von unverantwortlicher polnischer Seite aus Anlaß t er oberschlesischen Vorgänge gegen Deutschland seit mehr -.-'nn 14 Tagen betriebene Hetze Beschwerde geführt mch gejagt wird, daß die deutsche Regierung aus Rücksichten des allgemeinen Friedens und des öffentlichen Wohles mit Erfolg bemüht sei, in Oberschlesien die Ruhe und Ordnung und damit die Fortführung der Arbeit und Produktion zu sichern.

Die Schweiz ,md der Völkerbund.

' Bern 10. Sept. (Schweiz. Dep. Ag.) Die Na- twnalratliche Kommission für den Völkerbund beschloß nnt 21 gegen 4 Stimmen im Nationalrat den Eintritt m den Völkerbund zu beantragen. Drei Stimmen spra­yen sich für den Nichteintritt aus.

Lebensmittel in Australien.

London, 10. Sept. Aus Sidney wird gemeldet, daß dort gegen 3 Millionen Tonnen Getreide lagern, ferner 50 000 Tonnen Fleisch, 30 000 Tonnen Gesrier- kaninchen. 30 000 Tonnen andere Lebensmittel und viele andere Waren, die wegen Mangels an Schiffsraum nicht abtransportierr werden können.

Tie Lebettsrntttrlnrrruhen.

Glogan, 10. Sept. Wie m Breslau und Schweid­nitz, suchte auch hier eine Menschenmenge eine Senkung der Preise auf dem Wochcnmarkt zu erzwingen. Die Absicht gelang ohne Radauszenen, veranlaßt aber eine erregte Stimmung unter der Bevölkerung, die den gan­zen Tag anhielt und zu starken Ansammlungen in der Langcstraße führte, als dort in einem Geschäft ein Aus­schuß einen Vergleich zwischen dem Einkauf- und Ver­kaufspreise ausländischer Waren durchführte. Diese An­sammlungen wurden später immer stärker. Die Menge blieb zwar zurückhaltend, konnte aber zum Auseinander­gehen nicht bewogen werden. In der nennten Abend­stunde wurde Militär herbeigerufen, das in der Lange­straße, als die Menge den Soldaten die Gewehre ent­reißen wollte, das Feuer eröjfnete. 5 Personen wurden getötet. Sämtliche Straßenkreuzungen sind mit Maschi­nengewehren abgesperrt. Die Nacht verlief ruhig. Dn Erregung ist sehr groß.

Die französischen Streiks. '

Versailles, 9. Sept. Der Streik der Gemeinde­angestellten im Seinedepartement umfaßt 78 Gemeinden. Der sozialistische Abgeordnete Dejeante hat in der Kam­mer eine Interpellation über den Streik eingereicht. Temps" zufolge werden in den meisten Gemeinden du notwendigsten Dienste durch freiwillige Helfer aufrecht­erhalten.

Amtliches.

Am Freitag, den 12. Sept. wird der amerikanische Speck an die M'tzgermeister im Bezirk zur Verteilung glbracht. Es entfallen 200 Gram m Ssnck auf den Kopf der fleisch- versorguvgsbereWgten Bevölkerung, welche gegen die Zu­satzmarke ^ der Fleischkarle abgegeben werden zum Preis von 3.80 das Pfund.

' «^Verwendung des Speckes ist folgendes zu beachten: Beim AuSlaffen desselben zn Schmalz:

1. Entfernung der Schwa te und des Muskelfletsches.

2. Hernach 24 Stunden wässern und das Wasser öfters weckseln.

3. Nach Entnahme aus dem Wasser muß der Speck ab- getrocknct n erden, dann wird derselbe zerkleinert und

«»»

Wenn es möglich war, daß Reinholds Liebe noch eine Steigerung erfuhr, so geschah es unter dem Eindruck von Annelieses mutiger Tat.

Meine Retterin, mein guter Engel," kam es einmal über das andere von seinen Lippen, aber er konnte es noch nicht fassen, daß er wieder zur bürgerlichen Gesell­schaft gehören sollte, ein freier, geachteter Mann!

Der Mörder sah ein, daß sieches Leugnen seine Lage Nur verschlimmern könne und legte ein unumwundenes Geständnis ab. Er wurde zu lebenslänglicher Zuchthaus­strafe verurteilt.

Wieder hatte sich die Familiengruft oer mordburgs geöffnet, und diesmal, um den letzten männlichen Sproß oes edlen Geschlechts aufzunehmen. Das Gefolge war auffallend klein, die Zeremonie wurde nach Möglichkeit ge­kürzt; wären die Sympathien für ihn schon immer gering gewesen, so erlosch das letzte Fünkchen von Teilnahme über seinen frühen Tod, als bekannt wurde, welch einen Äbarund von Gewissenlosigkeit seine letzten Handlungen kn sich bargen.

Blanka packte in aller Eile ihre Sachen, und ohne sich von jemand zu verabschieden, verschwand sie aus dem Schlosse. Ihr Gram über den Verlust des Gatten währte wohl nicht lange, denn sie war ja eine oberflächliche Natur, vnd das Bewußtsein, ihre Zukunft für alle Zeit gesichert zu wissen, war überaus tröstend.

Jung, schön und reich zu sein, das war noch immer­hin ein beneidenswertes Los, und sie gedachte nicht, es durch herbe Träüer und Tränen zu verdunkeln.

Ein Jahr war seit der Ermordung des Grafen Harold Rordburg vergangen und die Testamentseröffnung sollte stattfinden.

> Anneliese hatte inzwischen ihre» hocharistokratischen Namen mit dem einfach bürgerlichen ihres Mannes oer- täüscht.

Sie war an der Seite ihres Gatten der Vorladung zum Termin gefolgt, doch in der festen Ueberzeugung, daß sie als Enterbte das Schloß wieder verlassen werbe.

Aber die Aussicht, Millionen durch ihre Heirat ge­opfert zu haben, schien sie nicht weiter zu beunruhigen, ein heiterer Glanz lag auf ihrer reinen Stirn, ein zärtliches Lächeln verklärte das liebliche Gesicht.

Auch Schellten hatte die Strapazen der Leidenszeit iberwunden. Er war eine vornehme, imponierende Er- cheinung, und nur eine senkrechte Falte zwischen den tarken Augenbrauen verlieh seinem Gesicht etwas Melan­cholisches.

Die Falte rührte aus jenen Tagen, wo man ihm das Utteil gesprochen. Aber es ist zu erwarten, daß die kleinen, weichen Hände der jungen Frau auch diese letzte Er­innerung an grausame Leiden hinwegstreichen werden, denn sie ist unablässig bemüht, jenes Einst mit dichtem Schleier zu umhüllen, die Gegenwart aber mit all' der reichen Fülle einer großen, heiligen Liebe zu verklären.

Die jungen Leute sind erst am vergangenen Tage von der Hochzeitsreise zurückgekehrt und von der^ Dienerschaft jubelnd empfangen worden.

Soeben betritt Anneliese am Arm ihres Gatten die Bibliothek, wo das Testament verlesen werden soll.

Der Notar Doktor Struß eilt ihnen entgegen, der Schreiber und der Aktuar, des Notarsrechte Hand", ver­neigen sich, und dann nimmt Doktor Struß seinen Platz vor dem Diplomatentisch wieder ein.

Es is. '

und alle, funden worden.

Der heutige Akt gilt, da Egon nicht mehr unter de» Lebenden weilt, Anneliese allein.

Feierlich löst der Testamentsvollstrecker nach Erledigung der üblichen Formalitäten das Siegel. Er entfaltet ein um­fangreiches Schreiben, er liest:

^Meine teuren Kinder,

liebe kleine Anneliese, guter EgonI

Dieses Kodizill habe ich in eurem Interesse meinem alten Testament angefügt. Es ist mir schwer geworden» mich mit dem Gedanken abzufinden, daß du, Anneliese» unter deinem Stande heiraten wirst. Aber es ist mir

ist niemand sonst anwesend, denn die Dienerschaft e, welche kleine Legate erhielten, sind damals abge-

auch zum Bewuß'iem gekommen, daß die Welt eine andere gene ben, daß es in ünserer Zeit mehr auf den Adel der Gesinnung, auf Tatkraft ankommt, als aus angeborenen Namen und Rang.

Dazu kommt, daß der Herr Ingenieur Schellten mir gefällt, er ist ein ganzer Mann, und ich bin Überzeugt, daß meine kleine, sensitive Anneliese an seiner Seite glücklich werden wird.

Und darum, sollten die Herzen dieses Paare« bis zur Verlesung dieses Kodizills nach wie vor in Liebe sich zugetan ! sein, so segne ich diese Liebe und gebe dir, liebe Nichts meine Einwilligung zu dc. -eirar MN vem Mm ,-mer Wahl. Du erbst die Hälfte des gesamten Nachlasses.

Auch du, lieber Egon, magst nach deinem Herze» wählen, ich will mit meinen veralteten Ansichten deine« Glück nicht hinderlich sein. ^ ,

In der Hoffnung, daß ihr, meine lieben Kinder, me» Andenken stets in Ehren halten werdet, Hab« ich, u» vorstehend, verfügt." ^ .

Es folgte Datum, Unterschrift und Siegel.

Bewegt druckte man sich sie Hände. Anneliese wem» Ml in ihr Tuch hinein.

Sie war nun Besitzerin des Schlaffes und verschie­dener Millionen. . . . _

Wir werden Gutes mit dem Gelds stiften, Onkel Ha­rold," flüsterte sie,es soll vielen Menschen zum Segen

werden." - -

Schellten nickte. Er plante mit Baron Lessen z» fammen ein großes Unternehmen. Beide sahen sie in der Arbeit die höchste Befriedigung, und da sie sich gut ver­standen, so wollten sie zusammen wirken und erwerben.

Dr. Struß blieb nach wie vor Verwalter des großen gräflichen Vermögens. Schelliens aber reisten, nachdem die notwendigsten Anordnungen getroffen waren, noch a« selben Abend wieder ab.

Es war wieder solch ein rauher, eisiger Novembertag, wie vor einem Jahr, wo man selbst am Kamin ein Fräste» spürt. Die beiden Liebenden aber, die sich ihr Glück so schwer hatten erkämpfen müssen, sehnten sich nach Rosen

und warmer Sommerlust.

Und darum trug der Expreßzug sie nach dem Sude». An den Fluten des Atlantischen Ozeans, wo blühende Gärten und weiße Villen die Ufer umsäumen, wo die Lust balsamisch weht und berauschende Blumendüfte die