Verkürzung der Dienstzeit aber würde die Sicherheit des Vaterlandes herabgesetzt. Alsdann kam der Volkspar­teiler Liesching zum Wort, der betonte, daß seine Partei stets für die Herabsetzung der Dienstzeit einge­treten sei. Nur hält er für eine solche Herabsetzung den gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für den ganz rich­tigen. Der Sozialdemokratie gegenüber hob er hervor, sie müsse, statt unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Einrichtung des einjährig-freiwilligen Dienstes zu bekämpfen, lieber mit der Volkspartei für eine Aus­dehnung des einjährigen Dienstes eintreten. Der So­zialdemokrat Schulz-Erfurt vertritt noch einmal den sozialdemokratischen Antrag mit der Betonung, daß nicht militärische, sondern politische Gründe den Kriegsmini­ster zu seiner heutigen ablehnenden Haltung bewogen haben. In seinen weiteren Ausführungen wandte sich der Redner gegen den Kadavergehorsam beim Militär und gegen die Jungdeutschlandbewegung. Besonders die sozialdemokratischen Angriffe auf diese Bewegung ließen den Kriegsminister dann nochmals das Wort nehmen, indem er versicherte, daß die Jugendpflege nicht mit politischen Zwecken verbunden sei. Zum Schluß der Sitzung entstand noch eine Debatte über das Burschen­wesen. Stück len von der Sozialdemokratie zählte unter lebhafter Heiterkeit des Hauses die Funktionen auf, die ein Bursche bei einem Leutnant zu verrichten hat. Er sah hierin ebenfalls einen Beweis dafür, daß die zweijährige Dienstzeit für die militärische Ausbil­dung nicht notwendig sei. v. Eraefe (K.) und Graf Praschma (Z.) äußerten sich im entgegengesetzten Sinne, während Schöpf! in von den Sozialdemo­kraten nochmals scharf gegen das Burschenwesen vom Leder zog. Fortsetzung Mittwoch.

Aus dem Landtag.

Stuttgart, 17. Juni. Die Zweite Kammer erledigte eingangs ihrer Tagesordnung noch den Rest der Be­ratung des Etats des Innern. Dabei handelte es sich um die E i n g a b e des Milchwirtschaftlichen Ver­eins des württ. Allgäus um Verstaatlichung der Lehr­tätigkeit der Käserei-Versuchs- und Lehranstalt zu Wangen i. A., und hierzu lagen 2 Anträge vor; der Antrag des Finanzausschusses: wegen Verstaatlichung der Lehrtätigkeit der Anstalt in Verhandlungen mit den Vertretern der Schule einzutreten; und der Antrag Scheef (V.)B aumann (N.): in Verhandlungen einzutreten, wie der Fortbestand der Anstalt sichergestellt werden kann. Bei der Abstimmung wurde dieser An­trag angenommen. Auf die Anfrage des Abg. Schwei­zer (Z.) an den Minister, betr. den durch den Ge­witter sturm am 4. Juni in den Gemeinden Mühlen, Rohrdorf, Eutingen, Eöttelfingen und Bai­singen angerichteten Schaden erwiderte der Minister v. Fleischhauer, daß die Gemeinden Mühlen und Baisingen am schwersten getroffen seien, im übrigen aber fast kein Haus unversehrt geblieben sei. Zahlen über den Umfang des Schadens anzugeben, sei immer etwas schwer! Nach vorläufiger Schätzung belaufe sich der Ee- bäudeschaden auf 182 000 -4t, der Flurschaden auf 400 000 Mark, (darunter die Gemeinde Baisingen mit 300 000), der Waldschaden auf mehr als 300 000, der Gesamtscha­den auf mehr als eine Million Mark. Menschenleben seien zum Glück nicht zu beklagen. Vorkehrungen zur Beseitigung der Schäden seien getroffen worden. In der sich anschließenden Debatte gab der Minister den Plochinger Schaden auf 337200 -4l an. Hier­auf fand der Antrag Schweizer (Z.) und Schmid- Herrenberg (B.K.), in dem die Kammer das Verhalten der Regierung billigt und sich erklärt, der Bereitwillig­keit für Aufwendung von staatlichen Mitteln zuzustim-

Schritte von ihr flog die Erde von einem Grabe hin­weg, und langsam richtete sich eine Gestalt daraus em­por. Es war ein alter, bleicher Mann mit einer weißen Schlafmütze auf dem Kopf. Meine Schwester erschrak; sie schaute noch einmal hin, um sich zu überzeugen, ob sie recht gesehen; als aber der im Grabe mit näselnder Stimme anfing zu sprechen: Guten Abend, Jungfer; woher so spät? da erfaßte sie ein Grauen des Todes. Sie raffte sich auf, sprang über die Gräber hin nach je­nem Hause, erzählte beinahe atemlos, was sie gesehen und wurde so schwach, daß man sie nach Hause tragen mußte. Was nützte es uns, daß wir am andern Tage erfuhren, daß es der Totengräber gewesen sei, der dort ein Grab gemacht und zu meiner armen Schwester ge­sprochen habe? Sie verfiel, noch ehe sie dies erfahren konnte, in ein hitziges Fieber, an welchem sie nach drei Tagen starb. Die Rosen zu ihrem Totenkranz hatte sie sich selbst gebrochen."

Der Fuhrmann schwieg, und eine Träne hing in seinen Augen, die andern aber sahen teilnehmend auf ihn.

So hat das arme Kind auch an diesem Köhler­glauben sterben müssen," sagte der junge Eoldarbeiter; mir fällt da eine Sage bei, die ich euch wohl erzählen möchte, und leider mit einem solchen Trauerfall zusam- menhängt."

Die Höhle von Steensoll. (Eine schottländische Sage.)

Auf einer der Felseninseln Schottlands lebten vor vielen Jahren zwei Fischer in glücklicher Eintracht. Sie waren beide unverheiratet, hatten auch sonst keine An­

men, allgemeine Annahme. Sodann wurde die Regie­rungsvorlage, betreffend Maßnahmen zur Linderung der Notlage des Weingärtnerstandes auf Antrag des Abg. Hauser (Z.) und Betz (V.) an den Finanzausschuß überwiesen, die erste Beratung, betr. Nachtrag zur Zivilliste debattelos erledigt und schließlich die Bera­tung wegen der Baugewerks- und Maschinenbauschule (Eßlingen) ebenfalls an den Finanzausschuß verwiesen. Damit war die Tagesordnung um 7 Uhr erledigt. Mor­gen 9 Uhr Fortsetzung.

Die Fraktion der Fortschrittlichen Volkspartei hat heute an das Ministerium des Innern folgende An­frage gerichtet: Ist dem Herrn Staatsminister des In­nern bekannt, daß zur Zeit im Landjägerkorps amt­liche Erhebungen zum Zwecke disziplinären Einschrei­tens stattfinden, wer an der kürzlich der Kammer zu­gegangenenEingabe vieler Landjäger" beteiligt sei? Billigt der Herr Staatsminister diese amtlichen Schritte? Wenn nicht, was gedenkt er demgegenüber zur Siche­rung des Petitionsrechtes der Landjäger als Staats­unterbeamte zu tun? Mit einer schriftlichen Beant­wortung der Anfrage sind die Antragsteller einverstan­den. Dr. Eisele.

Stuttgart, 17. Juni. Der Alterspräsident der Zweiten Kammer, sozialdemokratischer Abgeordneter Tauscher, hat am 15. Juni seinen 73. Geburtstag gefeiert. Aus diesem Anlaß war sein Platz in der Kammer mit einem Bukett von roten Rosen ge­schmückt^_^

Stadt, Bezirk «nd Nachbarschaft

Talw, 18. Juni 1913.

M Zungdeutschlands Kaiserfeier. Das sonst so stille Erößeltal hallte vergangenen Sonntag von Pfeifen und Trommelwirbel wider und aus freudig erregtem Munde erklangen von der Calwer Jungmannschaft, die in einer Stärke von 120 mit der Bahn bis Unterreichenbach be­fördert wurde, kräftige Hurra in den selten schönen Sonntag hinaus, als die rote und gelbe Partei unter sachkundiger militärischer Leitung im engen Tal zu­sammenstießen und nach Beendigung derSchlacht" in wohlgeordnetem Zuge über eine famos improvisierte Brücke, welche die Pionierabteilung über den Weiher geschlagen hatte, nach dem Halteplatz zogen, wo bald ein reges Lagerleben entstand. Hier wurden Kochlöcher gegraben, Zelte aufgeschlagen, die Rucksäcke entleert und vom Urquell der Pforzheimer Wasserleitung das köst­lich Naß entnommen. Es war ein buntes Bild dort an der Waldwiese, und jedem Teilnehmer wird der Tages­ausflug, der über Grunbach und Engelsbrand nach dem Aussichtsturm führte, der von Allen bestiegen und eine prächtige Rundsicht gewährte, lange in der Erinnerung bleiben. Bevor der Rückmarsch angetreten wurde, verlas Bauinspektor Schaal einen warmen Gruß vom militärischen Vertrauensmann des Landesverbandes, General Frh. v. Hügel, an die Calwer Ortsgruppe und knüpfte daran in einer kurzen Rede an die Bedeutung des heutigen Tages, an das Regierungsjubiläum des Kaisers. Die Worte klangen aus in einem dreifachen Hurra, das kräftig ausgenommen wurde. Der Heim­weg wurde durch fröhliche Lieder und die immer dank­bar willkommenen Darbietungen der Jugendkapelle be­lebt. Auch dieser Ausflug verlief, wie bisher noch jeder, ohne jeglichen Unfall, so daß unsere Gruppe mit ihrem Fähnchen, dem roten Kreuz im weißen Feld, von ihrer Hilfsbereitschaft keinen Gebrauch machen mußte. Von Unterreichenbach führte der 6-Uhr-Zug die Calwer Ju­gend wieder ihren Heimstätten zu und der Zapfenstreich auf dem Markt beschloß den 15. Juni.

gehörigen, und ihre gemeinsame Arbeit, obgleich ver­schieden angewendet, nährte sie beide. Im Alter kamen sie einander ziemlich nahe, aber von Person und Ge­mütsart glichen sie einander nicht mehr als ein Adler und ein Seekalb.

Kaspar Strumpf war ein kurzer, dicker Mensch mit einem breiten, fetten Vollmondsgesicht und gut­mütiglachenden Augen, denen Gram und Sorge fremd zu sein schienen. Er war nicht nur fett, sondern auch schläfrig und faul, und ihm fielen daher die Arbeiten des Hauses, Kochen und Backen, das Stricken der Netze zum eigenen Fischfang und zum Verkaufe, auch ein großer Teil der Bestellung ihres kleinen Feldes anheim. Ganz das Gegenteil war sein Gefährte; lang und hager, mit kühner Habichtsnase und scharfen Augen, war er als der tätigste und glücklichste Fischer, der unterneh­mendste Kletterer nach Vögeln und Daunen, der fleißig­ste Feldarbeiter auf den Inseln und dabei als der geld­gierigste Händler auf dem Markte zu Kirchwall bekannt; aber da seine Waren gut, und sein Wandel frei von Betrug war, so handelte jeder gern mit ihm, und Wilm Falke (so nannten ihn seine Landsleute) und Kaspar Strumpf, mit welchem elfterer trotz seiner Habsucht gerne seinen schwer errungenen Gewinn teilte, hatten nicht nur eine gute Nahrung, sondern waren auch aus gutem Wege, einen gewissen Grad von Wohlhabenheit zu erlangen. Aber Wohlhabenheit allein war es nicht, was Falles habsüchtigem Gemüte zusagte; er wollte reich, sehr reich werden, und da er bald einsehen lernte, daß auf dem gewöhnlichen Wege des Fleißes das Reich­

st. Beförderung. Der tit. Oberpostkassier Schwarz­maier hier ist zum Oberpostsekretär bei der Eeneral- direktion der Posten und Telegraphen befördert worden.

Missionsspende. Vorgestern wurde dem Kaiser die Nationalspende für die Katholischen Missionen über­reicht; sie beträgt 1224 000 -4i. Süddeutschland hat sich ungemein eifrig und begeistert gezeigt, vor allem Baden und Württemberg. Die größte Summe jedoch brachte die Diözese Paderborn auf. Hervorzuheben wären fol­gende Einzelergebnisse: Diözese Breslau 172170 -4l, Erzdiözese Köln 90 533 -4t, Diözese Trier 79 694 -4l, Diö­zese Paderborn 173 267 -4l, Diözese Limburg 34 623 -4t, Diözese Rottenburg 143223 -4!, Erzdiözese Frei­burg 170 782 -4l, Diözese Augsburg 48 248 -4l, Diözese Regensburg 72 077 -4t. Da für die Diözese Paderborn mehr als 1310 000, für die Erzdiözese Freiburg etwa 1400 000 und für Rottenburg nicht mehr als 700000 Katholiken in Betracht kommen, steht diese Diözese, was Opferwilligkeit anbelangt, weit an der Spitze.

ep. Nationalspende. Für die ev. Sammlung der Nationalspende für die christlichen Missionen hat der König einen Beitrag von 1000-^ gezeich­net.

-cl- Ein ausgezogener Bienenschwarm setzte sich ge­stern mittag 12 Uhr an einer Easlaterne des unteren Marktplatzes fest. Die Königin saß im Innern der Laterne, das Fassen des herrenlosen Schwarmes durch einen hiesigen Bienenzüchter gestaltete sich deshalb etwas schwierig und gelang vor zahlreichen Zuschauern nur unter Abnahme der Easlaterne. Die bei diesem An­laß aufgeworfene Frage, ob derjenige, der den herren­losen Schwarm einfange, damit rechtmäßiger Eigen­tümer desselben werde, ist durch das Bürgerliche Gesetz­buch geregelt, welches in tz 961 folgendes bestimmt: Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt, oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt. Ferner bestimmt das B.G.B., daß derjenige, welcher eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, das Eigentum an der Sache erwirbt, sofern nicht die Aneignung gesetzlich verboten ist. Letzteres ist bei einem herrenlosen Bienenschwarm nicht der Fall; solcher ge­hört also demjenigen, der ihn einfängt und in Eigen­besitz nimmt. Wer also die giftigen Stacheln der schwärmenden Bienen nicht scheut und zum Einfangen zuerst kommt, mahlt zuerst.

scb. Mutmaßliches Wette«. Für Donnerstag und Freitag ist gewitteriges und vielfach trübes, aber im­mer noch meist trockenes Wetter zu erwarten.

X Althengstett, 16. Juni. Eine seltene Feier, das 50jährige Arztjubiläum des Wundarzts Spengler hier, führte gestern die Familienangehörigen des Ju­bilars, Vertreter des Bezirks, der Gemeinden Altheng­stett und Hausen a. Z. im Gasthaus z. Traube hier zu­sammen. Regierungsrat Binder-Calw überreichte mit herzl. Worten der Anerkennung die dem Jubilar vom König verliehene Verdienstmedaille des Kronenordens. Wertvolle Geschenke überreichten dem Jubilar Schult­heiß Braun im Namen der Gemeinde Althengstett und Schultheiß Beck im Auftrag der Gemeinde Hausen als Zeichen besonderer Wertschätzung der Verdienste des Wundarzts Spengler in den betreffenden Gemeinden einschl. Umgebung. Hauptsteuerverwalter Föhr aus Stuttgart würdigte die Verdienste des Wundarzts Spengler als langjähriges Mitglied des Weinbau­vereins. Oberlehrer Reiff hier schilderte in teil­weise humorvollen Ausführungen als Freund des Jubi-

werden nicht sehr schnell vor sich ging, so verfiel er zuletzt auf den Gedanken, er müßte seinen Reichtum durch irgend einen außerordentlichen Elückszufall er­langen, und da nun dieser Gedanke einmal von seinem heftig wollenden Geiste Besitz genommen, fand er für nichts anderes Raum darin, und er fing an, mit Kaspar Strumpf davon als von einer gewissen Sache zu reden. Dieser, dem alles, was Falke sagte, für Evangelium galt, erzählte es seinen Nachbarn, und bald verbreitete sich das Gerücht, Wilm Falke hätte sich entweder wirk­lich dem Bösen für Gold verschrieben, oder hätte doch ein Anerbieten dazu von dem Fürsten der Unterwelt bekommen.

Anfangs zwar verlachte Falke diese Gerüchte, aber allmählich gefiel er sich in dem Gedanken, daß irgend ein Geist ihm einmal einen Schatz verraten könne, und er widersprach nicht länger, wenn ihn seine Landsleute damit aufzogen. Er trieb zwar noch immer sein Ge­schäft fort, aber mit weniger Eifer, und verlor oft einen große Teil der Zeit, die er sonst mit Fischfang oder andern nützlichen Arbeiten zuzubringen pflegte, in zweck­losem Suchen irgend eines Abenteuers, wodurch er plötz­lich reich werden sollte. Auch wollte es sein.Unglück, daß, als er eines Tages am einsamen Ufer stand und in bestimmter Hoffnung aus das bewegte Meer hinaus­blickte, als solle ihm von dorther sein großes Glück kommen, eine große Welle unter einer Menge losge­rissenen Mooses und Gesteins eine gelbe Kugel eine Kugel von Gold zu seinen Füßen rollte.

(Fortsetzung folgt.)