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chwarzwälder Tageszeitung. Für die O.-A.-Bezirke Nagold, Freudenstadt und Talv
Rr. 78 I »»» »« Dcriag I» I Donnerstag, den 8. April.
Amtsblatt fSr Pfalzgrafenweiler.
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Der Generalstreik in Stuttgart
Der Begimr des Streiks.
Stuttgart, 31. März. Der schon lange angekündigte aber immer wieder aufgeschobene Generalstreik ist heute ausgebrochen. Um 9 Uhr legten in Stuttgart die Arbeiter der Firmen Bosch und Eisenmann, in Untertürkheim die Arbeiter der Daimlerwerke die Arbeit nieder. Viele zogen es vor, nach Hause zu gehen, während andere auf verschiedenen Plätzen der Stadt, die Daimlerarbeiter auf dem Cannstatter Wasen sich versammelten und durch ihre Redner folgende Forderungen aufstellten: 1. Freilassung der politisch Inhaftierten, 2. Aufhebung des Belagerungszustandes und des Verbotes von Demonstrationen und Versammlungen unter freiem Himmel, 3. Einstellung der anläßlich des Januarstreiks gemaßregelten Genossen, 4. Sofortige Neuwahl der Arbeiter- und Soldatenräte auf revolutionärer Grundlage. Von 10 Uhr ab wurde der Telephonverkehr eingestellt Im übrigen herrscht m den Straßen Stuttgarts ein sehr lebhafter Verkehr, der sich aber bis jetzt m ruhiger Bahn bewegte. Vor den Lebensmittelgeschäften, vor allem den Metzger- und Bäckerläden, bildeten sich in den Frühstunden die aus dem Krieg in unangenehmer Erinnerung stehenden Schlangenlinien. Die meisten Geschäfte, besonders die Juwelierläden, sind geschlossen. Die Straßenbahnen haben den Verkehr eingestellt. Inzwischen hat auch der Generalstreik der Bürgerschaft eingesetzt. Es verkehren keine Eisenbahnen mehr. Auf der Poit und in den Bureaus der Eisenbahnverwaltung wird nicht gearbeitet.
Der Belagerungszustaud.
Stutgart, i. April. Die Regierung hat heute früh folgenden Erlaß durch Maueranschlag bekannt gegeben: Wegen dringender Gefahr für die öff ntliche Sicherheit wird der Belagerungszustand für die Gebiete des Stadtbezirks Stuttgart, des Amtsbezirks Stuttgart und der Oberämter Eßlingen, Cannstatt und Böblingen von der Staats regier- ung verhängt. Im Einvernehmen mit den militärischen Befehlshabern treten mit sofortiger Wirkung folgende Anordnungen in Kraft: 1. Alle Versammlungen, alle Menschenansammlungen auf Straßen und Plätzen, sowie öffentliche Umzüge aller Art sind verboten. 2. Die Beschränkungen des Gesetzes hinsichtlich der Verhaftung, Beschlagnahme und Durch.uchirng sind aufgehoben. 3. Jede Verbreitung von Flugschriften. Zetteln, ebenso der Vertrieb von Ze.tungen auf Straßen und Plätzen ist nur mit Genehmigung der Regierung gestattet. 4. Die Polizeistunde wird auf abends 8 Uhr festgesetzt. Alle öffentlichen Lokale, Wirtschaften, Theater und Lichtspielhallen sind abends 8 Uhr zu schließen und dürfen vor morgens 9 Uhr nicht geöffnet werden. Der Straßenverkehr ist von 9 Uhr abends verboten. 5. Die Organe der Regierung sind ermächtigt, jeden zu verhaften, der es unternimmt, die öffentliche Ruhe und Ordnung zu stören. 6. Für die Durchführung des Belagerungszustands- Gesetzes wird ein außerordentliches Kriegsgericht eingesetzt, das in beschleunigten Verfahren alle Straftaten des Hoch- und Landesverrats, Aufruhr, Mord nud Raub, der Plünderung, der Befreiung von Gefangenen, der tätlichen Widersetzung, der Zerstörung und Gefährdung von Eisenbahn- und Telegraphenverkehr und alle Zuwiderhandlungen gegen die von der Regierung im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenen Verbote, abzunrtelleri hat. Die Regierung fordert die Bevölkerung auf, allen Anordnungen und Be fehlen Folge zu leisten. Nur dadurch werde es möglich sein, den Belagerungszustand in kürzester Frist wieder aufzuheben.
Eiluatious-Bericht vom Dienstag.
Stuttgart, 2. April. Am 31. März fanden bereits Demonstrationsumzüge und zahlreiche Versammlungen der Streikenden unter freiem Himmel trotz des Verbotes der Regierung statt. Die Hauptforderung ist der Sturz der gegenwärtigen Regierung. Der Zuzug von Spartakisten nach Stuttgart von allen Richtungen dauert an. In Eßlingen, Göppingen, Friedrichshafen und Gmünd kam es zu bluügm Zusammenstöße zwischen Militär und Streikenden. In Eßlingen bemächtigten die Ausständischen sich großer Mengen von Waffen und Kraftwagen. Durch Verhandlungen mit der Streikleitung wurden die Waffen wieder herausgegeben. Am 1. April wurde der Belagerungszustand über Stadt und Oberamt Stuttgart, Cannstatt, Böblingen vnv Eßlingen verhängt. Eine Spartakistendruckerei wurde in Stuttgart geschlossen. Gestern vormittag 10 Uhr fanden
am Schloßplatz, Marienplatz, Qstendplatz und Gewerbe' Hallenplatz Ansammlungen statt, die um 11 Uhr vormittags zerstreut wurden. Hauptsammelpunkte der Ausständische" sind die Gegenden an der Moltkekaserne und beim Geschäfts' zimmer des .Sozialdemokrat'. Aus einem Haus an der Ludwigstraße wurde auf Soldaten geschossen. Es gab 1 Toten. Die Truppen machten von ihren Waffen schonenden Gebrauch. Zu Zusammenstößen kam es ferner an der großen Jnfanteriekaserne. Die Truppen sind von den Ausständischen aufs schwerste beleidigt worden. Sie haben Anweisung erhalten, von heute ab alle Verordnungen des Standrechts mit aller Energie durchzuführen. In den Herden letzten Tagen gab es auf beiden Seiten 1 Toten und mehrere Verwundete. Die „Schwäb. Tagwacht^ erscheint als einzige Stuttgarter Zeitung. Sie will erscheinen so lange es ihr möglich ist. In Eßlingen wurde eine Kompagnie Soldaten, die zur Aufrechterhaltung der Ordnung nach dort abkommandiert wurde, am Bahnhof von der Menge mit Handgranaten empfangen. Es gab mehrere Tote und Verwundete. In Ulm haben sich die dortigen Kommunisten in einem Symvhatiestreik mit den Stuttgarter Streikenden solidarisch erklärt, lehnen aber jede Gewaltanwendung ab. Das Jnf.-Reg. 125 in der Moltkekaserne in Stuttgart war zum Teil in seiner Haltung zur Regierung schwankend geworden. Nach Entfernung der spartakistischen Elemente wurde das frühere Verhältnis zur Regierung wiederhergestellt. Neue Kämpfe werden heute erwartet.
Situations-Bericht vom Mittwoch.
WTB. Stuttgart, 3. April. Im Laufe des gestrigen Mittwoch ist es nach dem amtlichen Bericht der Staats- regierung im Vorort Ostheim und in Cannstatt zu Kämpfen gekommen. In Ostheim ist eine Patrouille von 8 Mann überfallen worden. Ein Mann blieb mit durch - schuittener Kehle tot liegen. Ein zweiter wurde durch Augenschuß hoffauugslos verletzt. Die weiteren 6 Leute sind spurlos verschwunden. In Untertürkheim konnten sich die Spartakisten eines Handgranatenlagers bemächtigen. Der Besitz dieser Waffen hat in Cannstatt zu mehrfachen Kämpfen geführt. Eine Patrouille wurde dort angegriffen und deren Führer schwer verletzt, später auch ein Panzerautomobil, wobei cs Tste u. Verwundete gab, außerdem nachmittags eine fahrbare Feldküche, deren Begleitmannschaft aber die Angreifer abschlug. Bei einer Schießerei abends 8 Uhr in der Langestraße in Stuttgart blieben 2 Maun tot.
Die Srelluag der Regierung ist nach wie vor un- erschüttert.
Im Laufe des gestrigen Nachmittags wurde eine Anzahl Spartaktstevfiihrer in Hast genommen. Man darf hoffen, daß am Freitag, den 4.- April, in einer Reihe von Betrieben die Arbeit wieder ausgenommen wird. In diesem Fall könnte auch das Verkehrswesen den Betrieb wieder aufnehmen.
Vom übrigen Lande sind Eßlingen, Göppingen, Ludwigsburg, Ravensburg und Friedrichshafen vom Generalstreik erfaßt, doch ist in diesen Städten eine nennenswerte Ruhestörung gestern nicht vorgekommen.
Dem amtlichen Bericht vom Dienstag ist nachzutragen, daß der zweite Vorsitzende des Roten Soldatenbundes, der 45 Jahre alte Mechaniker Wilhelm Teufel auf den Automobilfahrer einer Wurstsabrik einen Mordversuch unternahm, wobei letzterer schwer verletzt wurde, ferner, daß nach einer späteren Feststellung am DieuStag Abend die Zahl der Tote« 4-5, die der Verwundeten 12—15 betrug.
Die Lebensmittelversorgung Stuttgarts ist vorläufig sichergestellt. Sie hängt weiterhin von der Wiederaufnahme der Arbeit und des Verkehrs ab. Milch kann allerdings nur für Kinder unter 2 Jahren gegeben werden.
Die Zahl der Toten und Verwundeten ist infolge der schärfer gewordenen Kämpfe bis zum Mittwoch abend erheblich gestiegen, steht aber noch nicht fest.
Ausbau des Arbeitsnachweises.
- In Deutschland zählt man gegenwärtig etwa eine Million Arbeitsloser. Darunter befinden sich sicher vieles die nicht arbeiten wollen. Aber viele wären auch durchaus arbeitswillig, wenn sie nur eine halbwegs entsprechende Arbeitsgelegenheit finden könnten. Ist es aber nicht merkwürdig, daß trotz des enormen Verlustes m» Arbeitskräften durch den Krieg es an Arbeitsgelegenheit fehlen soll? 1600 000 arbeitsfähige Männer sind» gefallen, etwa 600000 sind schwer kriegsbeschädigL/ 800000 befinden sich in Gefangenschaft und über 1 Miö lion ausländischer Arbeiter, Italiener, Polen, Ruthen«» nsw., die früher eingestellt waren, kommen zurzeit in Wegfall. Freilich hat die starke Betätigung von Frauerrf und Mädchen seit dem Kriege manche Lücke ersetzt, dafür- sind jetzt aber auch die fremden Kriegsgefangenen zurN größten Teil entlassen. Kurz man sollte meinen, daft die deutsche Volkswirtschaft trotz des Rohstoffmangels wenigstens den größten Teil der jetzt brachliegenden Kräfte aufzunehmen imstande wäre. Daß es nicht gelang, be-f weist, wie Dr. Blaum in der „Franks. Ztg." ausführ^. daß in der Arbeitsvermittlung noch Mängel »E Fehler bestehen.
Der Arbeitsnachweis soll den „Ausgleich von Angebot und Nachfrage im Arbeitsmarkt durchführen", ev soll eine Arbeitsbörse sein. Dann muh er aber auch restlos Arbeitsplätze und Arbeitsuchende erfassen, und dass kann er nur durch eine wohlausgebante Organisation. Die eilige Demobilmachung traf den wesentlichen Faktor ihrer wirtschaftlichen und sozialen Regelung unfertig an; es gilt deshalb, mit allen Mitteln und Kräften nachzuholen: Durch Reichsgesetz muß der öffentliche Arbeits-j Nachweis zu einem lückenlosen Netz ausgebaut und in seinen! Grundsätzen geregelt werden. Es ist das eine Wirtschaftlichei Rechtsaufgabe ebenso wie das Verkehrswesen. Die Durch-, führung ist wesentlich Sache der kommunalen Selbstver-' waltung. In jeder Stadt von 5000 Einwohnern und mehr muß für sie selbst und ihre ländliche Umgebung ein gemeindliches Arbeitsamt errichtet werden, dessen Aus-' gaben Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Lehrstellen- Nachweis, Erwerbslosenfürsorge und ähnliches sind. Ihm sind die Bürgermeisterämter der kleineren Orte als Melde-' stellen anzuschließen. Für größere Wirtschaftsgebiete, z.« B. Regierungsbezirke, Kreise sind dem Arbeitsamt des» gewerblichen Hauptortes die Aufgaben eines Hauptarbeitsamtes zum Ausgleich der durch die Arbeits-1 ämter örtlich nicht möglichen Stellenbesetzungen bzw. -Nachweise durch unmittelbares Eingreifen, Stellenlisten nsw. zu übertragen. Geschlossene große Landesgebiete von mindestens zwei Millionen Einwohnern, Freistaaten oder Provinzen, werden zweckmäßig durch Landeszentralen zusammengefaßt, denen neben der Vermittlung von Arbeitskräften und offenen Stellen die dauernde Ueber- tvachung des Arbeitsmarktes obliegen sollte. Ihre Krönung finden sie von selbst im Reichsarbeitsamt, dem vor allem die Frage der Ausländerarbeit zu übertragen ist.
Nebel: dieser lückenlosen öffentlichen Arbeitsämter- Organisation dürfen gewerbsmäßige wie andere gemeinnützige Stellenvermittlungen nicht mehr bestehen. Restlos müssen alle anderen Nachweise in den öffentlichen eingeschlossen werden! Durch Errichtung von Fachabtei- Lungen ist dies unter Erhaltung ihrer beruflichen Bewährung durchaus möglich. Dabei muß aber auch für fachliche Aufsicht, wenn tunlich, sogar laufende Mitwirkung, durch die aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern, zusammengesetzten Fachausschüsse gesorgt werden. Ein' Weiterbestehen der gewerbsmäßigen Vennittler würde! gerade bei der jetzigen Arbeitslosigkeit häufig zu schlimm-, ster Ausbeutung der Notlage der Arbeitsuchende::, durch: verschleierte Gebühren nsw. führen. Das Fortbestehen' der Arbeitgebernachweise andererseits mit ihrem indirekten Benützungszwang für bestimmte Großindustrien ballt die Arbeitslosen in den wirtschaftlich zurzeit ohnehin überbelasteten Städten (Wohnungen, Ernähnircsi noch mehr zusammen. Ebenso ist auch den öffenilchen Arb.-itsämter» gegenüber die Meldepflicht für offene Stellen gesetzlich durchznfühcen, wie sie für fünf und mehr offene Stellen eines Arbeitgebers durch die Reichsverordnung vom 17. Februar ds. Js. angebahnt ist. Bei ausschließlicher Vermittlung durch den öffentlichen Arbeitsnachweis ist die restlose Erfassung der Arbeitsuchenden neben der sogenannten Umschau an sich bereits gegeben.
Die Städte müssen Mittel für die räumliche Einrichtung und MertellunL-die ReüSNeMweffe, denüüULM