G Teinach-Station, 27. Mai. Durch Beschlußfassung der Verbandsoersammlung des Eemeindeverbandes Elektrizitäts­werk vom 19. März d. I. wurde die Ausführung der Wasser­kraftanlage genehmigt; das ganze Projekt wurde durch das Amt für Gewässerkunde, dem Herr Oberbaurat Eugenhan als Chef vorsteht, einer nochmaligen Prüfung unterzogen und namentlich noch Erhebungen über Erhöhung des Eefälls und über die Möglichkeit einer günstigen Bauweise angestellt. Das Ergebnis ist dahin festzustellen, daß bei entsprechenden Vorkehrungen das oberhalb der Talmühle in der Nagold liegende Eefäll mit 4 Meter mit der Zeit auch noch herein­bezogen werden kann; für die Ausführung des Baus wurde das seitherige Projekt, Treiben eines Stollens durch den Berg auf 2 Kilometer Länge, bei­behalten. Nach diesen Vorbereitungen wurden im Einver­ständnis des Verwaltungsrats auf Grund der eingeholten Offerte die Arbeiten zur Ausführung des Stollens an die Firma Dyckerhoff K Widmann, Bauunternehmung in Karls­ruhe, als der billigsten Offertstellerin, übertragen und die diesbezüglichen Abmachungen vertraglich möglichst genau fest­gestellt. Die Arbeiten werden sofort ausgenommen und es soll vorerst bei der Talmühle und beim Werk begonnen wer­den. Die Ausführung eines Seitenstollens ist von dem Fort­gang der Arbeiten abhängig gemacht; die Bauzeit ist auf 1 Fahr berechnet. Dem ganzen Projekt liegt die Ausnützung der Wasserkraft an der Nagold bei der Talmühle zugrunde. Erzielt wird eine mittlere Nutzleistung von 450 ?8, die bei der Höchstwassermenge von 6,5 Kubikmeter, für welche der Stollen berechnet ist, auf 730 ?8 steigt, andererseits aber beim absolut niedersten Wasserstand auch bis 135 ?8 her­untergehen kann. Der Stollen hat eine Länge von 2000 Meter und wird als sogenannter Druckstollen ausge­baut; dessen Querprofil erhält 2,4 Meter größte lichte Breite, 2,69 Meter lichte Höhe, 5,3 Quadratmeter lichten Querschnitt und 8,3 Meter benetzten Umfang. Die Kosten sind für den Stollenbau zu 332 000 -1t berechnet. Bei der immer steigen­den Stromabnahme erhofft der Verband sich mit der Zeit durch den Ausbau der Wasserkraft eine billige und betriebs­sichere Erzeugungsanlage zu beschaffen, die gewiß dazu an­getan ist, auf das ganze Unternehmen fördernd zu wirken. Möge der Bau einen günstigen Fortgang erfahren und ernstliche Störungen nicht eintreten!

Dennjächt, 29. Mai. Gestern vormittag 10 Uhr brannte das Wohnhaus des Sägers Birkle nieder. Alle Fahrnis ist mitverbrannt, ebenso die Fahrnis des Haus­bewohners Bauer. Der Säger Birkle lag im Bett, als das Feuer ausbrach, da er in der Papierfabrik Weitzen­stein Nachtdienst gehabt hatte.

Nagold, 28. Mai. Was schon vermutet wurde, hat sich bestätigt: die Sozialdemokratie schließt sich der Volkspartei für Maier-Tuttlingen und Seeger-Eerlingen an. Dagegen erfuhr der Wahlkampf seit gestern eine Wendung, weil die auf Mittwoch angekündigte Bürgerversammlung vom Ein- berufer, Amtsverweser Schaible, heute wieder abbestellt wurde. Er begründete dies damit, daß durch den aus der Versammlung der Nolkspartei hervorgegangenen Wahlvor­schlag der allgemeinen Bürgerversammlung vorgegriffen wor­den sei. Die Konservativen bringen heute den ersten Wahl­aufruf für ihren Kandidaten Heyd.

Württemberg.

Stuttgart, 28 Mai. In der Zweiten Kammer ant­wortete heute der Minister des Innern v. Fleisch­hauer bei Beratung des Etats des Innern in ein- stündiger Rede auf die gestrigen Ausführungen der 5 Parteiredner. Die Frage der Aufhebung der Kreis­regierungen sei eigentlich schon entschieden, der Spar- fomkeitserlös werde bei der Aufhebung allerdings ge­ring sein. Entscheidend sei, die Sache so einzurichten, datz sie den Bedürfnissen der Verwaltung und des Pub-

Das Wirtshaus Zm Spessart.

19) Erzählung von Wilhelm Hauff.

Als er achtzehn Jahre alt war, schickte ihn sein Vater nach Mekka zum Grab des Propheten, um an Ort und Stelle sein Gebet und seine religiösen Uebungen zu verrichten, wie es Sitte und Gebot erfordern. Ehe er abreiste, ließ ihn sein Vater noch einmal vor sich kommen, lobte seine Auf­führung, gab ihm gute Lehren, versah ihn mit Geld und sprach dann:Noch etwas, mein Sohn Said! Ich bin ein Mann, der über die Vorurteile des Pöbels erhaben ist. Ich höre zwar gerne Geschichten von Feien und Zauberern er­zählen, weil mir die Zeit dabei angenehm vergeht; doch bin ich weit davon entfernt, daran zu glauben, wie so viele un­wissende Menschen tun, daß diese Genien, oedr wer sie sonst sein mögen, Einfluß auf das Leben und Treiben der Men­schen haben. Deine Mutter aber, sie ist jetzt zwölf Jahre tot, deine Mutter glaubte so fest daran, als an den Koran; ja sie hat mir in einer einsamen Stunde, nachdem ich ihr geschworen, es niemand als ihrem Kind zu entdecken, ver­traut, daß sie selbst von ihrer Geburt an mit einer Fee in Berührung gestanden habe. Ich habe sie deswegen aus­gelacht, und doch muß ich gestehen, Said, daß bei deiner Geburt einige Dinge vorfielen, die mich selbst in Erstaunen setzten. Es hatte den ganzen Tag geregnet und gedonnert, und der Himmel war so schwarz, daß man nichts lesen konnte ohne Licht. Aber um vier Uhr nachmittags sagte man mir an, es sei mir ein Knäblein geboren. Ich eilte nach den Gemächern deiner Mutter, um meinen Erstgeborenen zu sehen

likums entspreche. Die Frage der Aufhebung habe er­hebliche Fortschritte gemacht, doch sollen die Ersatzbe­hörden nicht als Ministerialabteilungen, sondern nur als Zwischenstellen errichtet werden. Von der Einfüh­rung des Leichenkaufs müsse unbedingt abgesehen wer­den. Die Entschließung in dieser Frage müsse er sich Vorbehalten. Apotheken würden konzessioniert, soweit ein Bedürfnis dazu vorhanden sei. Bei der Versorgung des Oberlands mit Elektrizität habe die Regierung dem öffentlichen Interesse und nicht dem Konkurrenz­kampf einzelner Unternehmer zu dienen gehabt. Die Regierung werde an den bewährten Grundlagen un­serer Wirtschaftspolitik festhalten. Eine Vorlage be­treffend die Gewährung von Darlehen und Unter­stützungen an die Weingärtner für Rebschädlinge sei ausgearbeitet. Der Abg. Andre (Z.) kündigte einen Antrag auf Beibehaltung der Kreisregierungen an und erklärte, durch die Volksversicherung würden die breiten Massen kolossal ausgebeutet. An den höheren Fleisch­preisen sei nicht die Zollgesetzgebung schuld. In Frei­handelsländern zeige sich dieselbe Teuerung, wie im Gebiet der preußischen Junker. Der Handwerkerstand verdiene das Interesse des Ministers und hoffentlich komme in diesem Landtag die Frage des Submissions­wesens zum Abschluß, v. Eautz (Vp.) betonte, seine Partei wolle weder einen reinen Industrie-, noch einen Agrarstaat. Das Submissionswesen bedürfe baldiger Regelung. Die Automobilklage sei so groß geworden, datz der Bevölkerung die Freude an der Natur voll­ständig verdorben werde. Der Redner titt dann weiter für die Aufhebung der Kreisregierungen ein, sprach sich gegen einen Austausch von Verwaltungsbeamten aus und bezeichnet« das Vorgehen des Stadtschultheitzen Hartranft von Freudenstadt als takt- und geschmacklos. Minister v. Fleischhauer erklärte, dieser Fall sei ihm aktenmätzig nicht bekannt. Das Oberamt Freuden­stadt habe richtig gehandelt, wenn es nur eine Rüge ausgesprochen habe. Dr. Lindemann (S.) wandte sich gegen die gegenwärtige Wirtschaftspolitik, lenkte die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Arzneimittel­versorgung, verteidigte die Volksversicherung und ver­trat die Ansicht, datz die Regierung bestimmte Vor­schläge für die Staatsvereinfachung hätte machen sol­len. Die Weiterberatung wurde sodann auf morgen 9 Uhr vertagt.

Stuttgart, 28. Mai. Branddirektor Jacoby feiert heute seinen kosten Geburtstag. Er ist in Magdeburg geboren und steht seit seinem 27. Lebensjahr im Dienste der Feuerwehr. Bevor er nach Stuttgart kam, war er Brandmeister in Stendal. Seit 22 Jahren steht der Branddirektor nunmehr an der Spitze des Stuttgarter Feuerlöschwesens, das er in vorbildlicher Weise organi­sierte und aus kleinen Anfängen zu den drei jetzigen Feuerwachen ausgestaltete, lieber 3000 Brände wurden während seiner Dienstzeit gelöscht. Selbst bei den größten Feuern war in dieser ganzen Zeit kein Men­schenleben zu beklagen.

Stuttgart, 28. Mai. 80 Offiziere des Landwehr­bezirks Stuttgart haben in den letzten Tagen eine wohlgelungene Reise nach den Schlachfeldern bei Wörth unternommen. Die Führung hatte der Bezirkskomman­deur, Oberst von Stroebel. Die Rückreise ging in Auto­mobilen von Wörth aus nach Baden-Baden und durch das Murgtal über Freudenstadt nach Stuttgart.

Stuttgart, 28. Mai. Die diesjährige Generalstabs­reise des 13. (K. W.) Armeekorps findet unter Leitung des Chefs des Eeneralstabes Oberst v. Mutius vom 16. bis 29. Juni im Rheinland statt. Es werden teil­nehmen: 24 Offiziere, 3 Unteroffiziere, 40 Mann und 39 Pferde.

und zu segnen, aber alle ihre Zofen standen vor der Türe, und auf meine Fragen antworteten sie, daß jetzt niemand in das Zimmer treten dürfe; Zemira, deine Mutter, habe alle hinausgehen heißen, weil sie allein sein wolle. Ich pochte an die Türe, aber umsonst, sie blieb verschlossen.

Während ich halb unwillig unter den Zofen vor der Türe stand, klärte sich der Himmel so plötzlich auf, wie ich es nie gesehen hatte, und das Wunderbarste war, daß nur über unserer lieben Stadt Balsora eine reine, blaue Him­melswölbung erschien, ringsum aber lagen die Wolken schwarz aufgerollt, und Blitze zuckten und schlängelten sich in diesem Umkreis. Während ich noch dieses Schauspiel neu­gierig betrachtete, flog die Türe meiner Gattin auf; ich aber ließ die Mägde noch außen harren und trat allein in das Gemach, deine Mutter zu fragen, warum sie sich eingeschlossen habe. Als ich eintrat, quoll mir ein so betäubender Geruch von Rosen, Nelken und Hyazinthen entgegen, daß ich beinahe verwirrt wurde. Deine Mutter brachte mir dich dar und deutete zugleich aus ein silbernes Pfeifchen, das du um den Hals an einer goldenen Kette, so fein wie Seide, trugst. Die gütige Frau, von welcher ich dir einst erzählte, ist da gewesen, sprach deine Mutter, sie hat deinem Knaben dieses Angebinde gegeben. Das war also die Hexe, die das Wetter schön machte und diesen Rosen- und Nelkenduft hinterließ? sprach ich lachend und ungläubig. Aber sie hätte etwas Bes­seres bescheren können als dieses Pfeifchen; etwa einen Beu­tel voll Gold, ein Pferd oder dergleichen. Deine Mutter beschwor mich, nicht zu spotten, weil die Feen leicht erzürnt ihren Segen in Unsegen verwandeln.

Tübingen, 28. Mai. Zum schwedischen Musikfest kommt ein Studentenchor von Upsala nach Stuttgart, der die Ab­sicht hat, am 23. Juni über Tübingen nach Bebenhausen zu fahren und dem bis dahin dort eingetroffenen Königspaar unter Mitwirkung der anderen schwedischen Gäste ein Ständ­chen zu bringen. Die Landesuniversität erfreut sich diesen Sommer eines so starken Besuchs, daß fast kein Studenten­zimmer mehr zu haben ist.

Geislingen a. St-, 27. Mai. In körperlicher und geistiger Frische feierten Privatier Michael Kelbling, früher Bäckermeister, und seine Frau goldene Hochzeit. Das Jubelpaar steht im Alter von 73 und 76 Jahren.

Welzheim, 28. Mai. Mehrere Gewitter, die starke Regen­fälle und auch Hagelschlag brachten, gingen gestern über unsere Gegend nieder. Ebenso brachte ein heute früh 8 Uhr sich über der Stadt entladendes Gewitter leichten Hagel­schlag. Der Schaden, welcher hierdurch angerichtet wurde, dürfte hier gering sein, dagegen ist in Alfdorf großer Scha­den entstanden.

Wangen i. A., 28. Mai. Die Heuernte ist in vol­lem Gange. Der Futterbestand soll ein recht zufrieden­stellender sein und ist nur zu wünschen, datz das Futter in bester Qualität unter Dach gebracht werden kann. Das Wetter ist schön.

Friedrichshafen, 29. Mai. Vom 9. Juni ab ist das LuftschiffSachsen" in Baden-Baden bereit, unter der Führung des Grafen Zeppelin die längst geplante Fahrt nach Wien auszuführen. Es ist beabsichtigt, von Wien nach Berlin zu fliegen. Von Berlin wird sich das Luftschiff zur Eröffnung des Luftschiffhafens nach Leip­zig begeben, um dort vom König von Sachsen getauft zu werden.

Au» Welt und Zeit.

Aus dem Reichstag.

Berlin, 28. Mai. Die sozialdemokratische Interpellation, ob dem Bundesrat neue Diktaturgesetze über Elsaß-Lothrin­gen vorgeschlagen sind, findet für heute ihre Erledigung da­durch, daß Staatssekretär Dr. Delbrück namens des Reichs­kanzlers erklärt, dieser sei bereit, die Interpellation Ende dieser Woche zu beantworten. Es folgt die zweite Beratung der Entwürfe eines Reichs- und Staatsangehö­rigkeitsgesetzes, sowie eines Gesetzes zur Abänderung des Reichsmilitärgesetzes und der Wehrpflicht. Die sechste Kommission hat die Regierungsvorlage, nachdem diese das Plenum in erster Lesung kassiert hatte, durchberaten und einige Aenderungen vorgenommen. Die Vorlage bezweckt die Erleichterung der Erwerbung der deutschen Reichsange­hörigkeit. Die Regierungsfassung beseitigte außerdem die Häufung der Staatsangehörigkeiten in deutschen Bundes­staaten, in denen die Erwerbung einer neuen Staatsange­hörigkeit in einem deutschen Bundesstaat von besonderen Fällen abgesehen den Verlust der bisherigen nach sich ziehen sollte. Diese Bestimmung ist jedoch von der Kom­mission gestrichen. In der Abstimmung wird 8 1, der die Definition des BegriffsDeutscher Reichsbürger" enthält, entgegen dem Antrag Herzog auf Wiederherstellung der Re­gierungsvorlage in der Kommissionsfassung angenommen. Präsident Dr. Kaempf erbittet die Genehmigung des Hau­ses, dem Kaiser aus Anlaß seines 25jährigen Regierungs- jrbiläums im Juni durch eine Abordnung aus den Präsi­denten, den Schriftführern und den beiden Nestoren die Glück­wünsche des Reichstages aussprechen zu lassen. (Die Rechte und die bürgerliche Linke erheben sich und äußern ihren Bei­fall.) Um 6^t Uhr vertagt sich das Haus auf Donnerstag 2 Uhr.

Im Reichstag, d. h. zunächst in der zurzeit mit der Lesung der Wehrvorlage beschäftigten Budgetkommission, braut sich ein Gewitter zusammen. Die Linke, einschließlich der Nationalliberalen, besteht darauf, daß die Wehrvorlage

Ich tat es ihr zu Gefallen und schwieg, weil sie krank war, wir sprachen auch nicht mehr von dem sonderbaren Vorfall, bis sechs Jahre nachher, als sie fühlte, daß sie, so jung sie noch war, sterben müsse. Da gab sie mir das Pfeif­chen, trug mir auf, es einst, wenn du zwanzig Jahre alt seiest, dir zu geben, denn keine Stunde zuvor dürfe ich dich von mir lasten. Sie starb. Hier ist nun das Geschenk," fuhr Benezar fort, indem er ein silbernes Pfeifchen an einer langen, goldenen Kette aus einem Kästchen hervorsuchte, und ich gebe es dir in deinem achtzehnten, statt in deinem zwanzigsten Jahr, weil du abreisest und ich vielleicht, ehe du heimkehrst, zu meinen Vätern versammelt werde. Ich sehe keinen vernünftigen Grund ein, warum du noch zwei Jahre hier bleiben sollst, wie es deine besorgte Mutter wünschte. Du List ein guter und gescheiter Junge, führst die Waffen so gut als einer von vierundzwanzig Jahren, daher kann ich dich heute ebensogut für mündig erklären, als wärest du schon zwanzig. Und nun ziehe im Frieden und denke in Glück und Unglück, vor welchem der Himmel dich bewahren wolle, an deinen Vater."

So sprach Benezar von Balsora, als er seinen Sohn entließ. Said nahm bewegt von ihm Abschied, hing die Kette um den Hals, steckte das Pfeifchen in den Gürtel, schwang sich aufs Pferd und ritt nach dem Ort, wo sich die Karawane nach Mekka versammelte. In kurzer Zeit waren an achtzig Kamele und viele hundert Reiter beisammen; die Karawane setzte sich in Marsch, und Said ritt aus dem Tor von Balsora, seiner Vaterstadt, die er in langer Zeit nicht mehr sehen sollte. (Fortsetzung folgt.)