122. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.

G»?4»irlungswktse: «mal wöchentlich, «nzeizenprei« : Im Oberamts. »egÄi! lalw für die einspaltige Borgiszeil« 10 Pfg.. außerhalb derselben 12 Psg., »gAmnen W Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags, Telefon S.

Donnerstag, den 29. Mai 1913.

Bezugspreis: In der Stadr mit Trägerlohn Mk. 1.25 vterteljührlich, Post­bezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Wegsperre.

Anläßlich des Stollenbaus TalmühleStation Teinach ist der Vizinalweg Nr. 8 TalmühleSeitzental für den Fuß­gänger- und Fuhrwerksverkehr bis auf weiteres gesperrt.

Der Verkehr kann über die Staatsstraße und die bei Seitzental gelegene Brücke geleitet werden.

Den 28. Mai 1913.

Regierungsrat Binder.

Die Ortspolizeibehörden

werden auf die Bestimmung in K 28 der Verfügung des König!. Ministeriums des Innern, betreffend den Vollzug des Allgemeinen Sportelgefetzes, vom 13. September 1911 (Reg.-Bl. S. 561), nach welcher von den polizeilichen Mel­dungen über den Anzug und Diensteintritt ausländischer Saisonarbeiter fJtaliener usw.) dem Ortssteueramt alsbald Mitteilung zu machen ist, zur genauen Beachtung hinge­wiesen.

Zugleich werden die Ministerialerlasse vom 31. Dezember 1909, betr. die ausländischen Wanderarbeiter (Amtsbl. 1910, S. 10) und vom 28. März 1912 (Amtsbl. S. 172) zur pünkt­lichen Einhaltung in Erinnerung gebracht. Es empfiehlt sich, über den erfolgten Nachweis der Staatsangehörigkeit auf der Anmeldung unter Bezugnahme auf die vorgelcgte Urkunde Vermerk zu machen.

Calw, den 27. Mai 1913.

K. Oberamt.

Amtmann Rippmann.

Me Bedeutung der Mission sür die deutschen Kolonien.

Von Missionsinspektor Oettli-Basel.

(Schluß.)

Unsere ganze abendländische Kultur ist auf dem Boden des Christentums erwachsen. Wo sie von diesem losgelöst wird, da schlägt sie nur zu leicht in Barbarei schlimmster Art um. Bringen wir den Völkern Westafrikas nur Kultur, so richten wir sie zugrunde; zum Segen kann die Kolonisation nur dann für sie werden, wenn die religiös-sittliche Erneue­rung der kulturellen Hebung voran und zur Seite geht. Das hat auch der Vorsitzende der Hamburger Handelskammer, Max Schinkel, anerkannt, als er in der ersten Sitzung des Kolonialkongreffes von 1910 aussprach:Wir dürfen nicht vergessen, daß wir den Eingeborenen durch unsere Ko­lonisation zunächst nur Ideale gen- ...aen haben; auch wenn wir die Eingeborenen nach unfern Begriffen der Wildheit entrissen haben, bringen wir ihnen doch zunächst nur an Stelle der Bedürfnislosigkeit Konsumfähigleit Lei; wir er­ziehen sie zur Arbeit und bringen ihnen damit der Güter schönstes. Aber ein solches Leben voll ungewohnter Arbeit und voller Entbehrung kann unerträglich und muß unfrucht­bar werden, wenn es nicht von Jdeaeln getragen wird. Wer hilft uns diese Pflicht zu erfüllen? Das bringt der moderne Materialismus unserer Tage nicht fertig, das kann nicht der Buddhismus, diese Religion der Entsagung, das kann auch nicht der Islam, in seiner Verquickung mit dem weltlichen Vorteil, das kann nur die Religion der sich auf­opfernden Liebe. Christliche Kultur und christliche Welt­anschauung müssen wir in unsere Kolonien tragen, wenn das deutsche Volk bei aller Achtung vor seinen andersgläubi­gen Brüdern noch ein christliches Volk bleiben will!" Die Kritiker der evangelischen Mission haben wohl gesagt, es werde nie gelingen, die so sinnlich veranlagten Neger zu einer eminent geistigen Religion, wie das Christentum es sei, empor zu heben; und gewiß, es ist leicht, diese Be­hauptung dadurch zu erhärten, daß man auf mancherlei Män­gel der Negerchristen aufmerksam macht. Den Missionaren find diese Mängel nur zu gut bekannt und sie sind weit davon entfernt, sie zu beschönigen. Um der Gerechtigkeit willen aber darf man doch wohl daran erinnern, daß die Stämme, denen diese Christen angehören, noch vor einem Menschenalter in der finstersten Barbarei steckten, und daß es darum wahrlich nicht zu verwundern ist, wenn ihnen

noch manche Flecken anhaften! Auch das sollte nicht ver­gessen werden, daß leider manche der europäischen Kultur­träger, die den Christennamen tragen, draußen diesem Na­men oft wenig Ehre machen. Die Arbeit, die draußen von den Missionen geschieht, ist nicht umsonst! Das zeigen die Berichte aller Missionsgesellschaften, die in Afrika arbeiten und die vielmehr gelesen zu werden verdienten, als dies tatsächlich geschieht. Die Wirkungen des Christen­tums machen sich denn auch schon weit über die Gemeinden hinaus im Volksleben spürbar. In Duala z. B. tritt das Heidentum fast nirgends mehr öffentlich in Erscheinung; dafür sind die christlichen Kirchen allsonntäglich nicht nur mit Christen, sondern auch mit Heiden gefüllt. Allmählich setzt sich da und dort christliche Sitte durch. Die Stellung der Frau beginnt eine andere zu werden, als sie früher war; ein christliches Mitglied eines Eingeborenengerichts ver­sicherte sogar einmal dem Missionar, daß bei ihnen jede Sitzung mit Gebet eröffnet werde; das kann gewiß nicht zum Schaden der Rechtspflege sein! Das alles sind freilich erst Anfänge. Riesengroß sind die Ausgaben, die noch vor uns liegen. Erst ein kleiner Teil von Kamerun ist missio­narisch besetzt; das ganze Innere mit seinen Hunderttausen­den von Mohammedanern und Heiden hat noch keinen Mis­sionar gesehen: neue Aufgaben erwarten uns in den neu­erworbenen Besitzungen, im Süden mit ihren zum Teil dicht bevölkerten, aber von der Schlafkrankheit schwer bedrohten Gebieten. Und wie in die Weite, so muß die Arbeit auch in die Tiefe wachsen. Die Durchdringung des ganzen Volks­lebens mit den Kräften des Evangeliums wird noch eine jahrzehntelange Geduldsarbeit erfordern. Eile tut aber not! Rastlos dringt die europäische Kultur von der Küste ins Innere; immer energischer wird der Islam vom Innern nach der Küste streben. Die christliche Mission mutz mit die­sen beiden Großmächten Schritt halten, wenn sie ihren Platz behaupten und ihre Aufgabe ganz erfüllen will. Die Stunde fordert ein entschlossenes Handeln. Und die Mission ist es wert, daß wir ihr mehr Aufmerksamkeit, mehr Interesse zu­wenden als bisher. Sie ist nicht eine Bettlerin, die nur fordert, sondern eine Königin, die jeden Dienst reichlich be­lohnt!

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft.

Calw. 29. Mai 1913.

Aus dem Voranschlag des städtischen Haus­halts für 1913. (VI.)

Die Summe der Einnahmen des Stadt. Was­serwerks gibt der Voranschlag des laufenden Jah­res auf 19 445 -4l an. Die Hauptziffer dabei sind die Wasserzinse, die mit 18 700 -4l eingesetzt sind. Aus dem Kapitalvermögen sind 705 -4t berechnet. Die Ausgaben des Werkes belaufen sich auf 18 489 -<t und zwar 200 Mark für Unterhaltung der Gebäude (Laursches Haus) 6424 -4t Kapitalschulden, für 3750 -K Elektrizitätsver­brauch der Pumpanlage im Elektrizitätswerk, desgl. im Bischofs sür Eas und Bedienung 100 -4t; Unterhaltung der Sammelbehälter, Hauptleitung 300 -4t; 5000 -4t zum Zweck der Ansammlung eines größeren Fonds für An­schaffungen (bisher 14 000 -4t angesammelt); 783 -4t Verwaltungskosten. Der Ueberschutz ist, wie zu ersehen, aus 965 -4t berechnet; aus der Berechnung des verfüg­baren Restvermögens ergibt sich als Betrag verfüg­barer, zu Betriebsmitteln vorbehaltener Restmittel, die Summe von 6739.13 -4t. Das Städt. Elektrizi­tätswerk wirft zufolge der Aufstellung seiner Rech­nung für 1913 bei 34 520 -4t Einnahmen und 27 456 Mark Ausgaben 7064 -4t Ueberschuß ab. Die Ein­nahmen kommen natürlich aus dem Betrieb und es beträgt der Ertrag des Stromverbrauchs 24 650 -4t: von Privaten 15 000 -4t, von der Stadpslege 2000 -4t, vom Städt. Wasserwerk 3650 -4t, vom Städt. Gaswerk 1000 -4t, von den Vereinigten Deckensabriken A.E. Calw sür die Abnahme überschüssiger Kraft 3000 -4t. 1800 -4t laufen als Mietzinse für die Elektrizitätszähler, 8000 Mark als Einnahme für Installationen, Jnstallations- artikel und' Waren. Die Hauptsumme der Ausgaben sind: 10 571 -4t Kapitalschulden, 1650 -4t für Diesel­motorunterhaltung und Treiböl, 600 -4t Schmier- und

Putzmaterial, 1300 -4t Aufwand auf die Zähler, 4520 Mark Ausgaben für die Installationen, 5275 -4t Ge­hälter und Löhne, 500 -4t Steuern und Abgaben, 500 Mark Rabattvergütung an die Stromabnehmer.

(Fortsetzung folgt.)

Rede des Landtagsabgeordneten Staudenmeyer über die Dienstwohngebändefrage in Calw in der Sitzung der Zwei­ten Kammer am 23. d. M.

Meine Herren! Der Herr Abg. Schlegel hatte die Lie­benswürdigkeit, hier Wünsche von Unterbeamten in Lalw vorzubringen! Ich bin ihm dankbar dafür, daß er mich in meiner Eigenschaft als Bezirksabgeordneter in der Ver­tretung dieser Wünsche so freundlich unterstützt! Nur möchte ich ihm sagen: Im Eisenbahnbaukreditgesetz sind Summen für ein Unterbeamtenwohngebäude in Calw vorgesehen, die, wie ich leider höre, im Voranschlag der Vauinspektion aber bereits wieder gestrichen seien. Bei der Beratung des Eisen­bahnbaukreditgesetzes werde ich auf diese Sache zurückkommen und wäre dem Herrn Abg. Schlegel sehr zu Dank verpflich­tet, wenn er mich dann auch dort unterstützen wollte! Eines aber, was er vorbrachte, kann ich nicht unwidersprochen las­sen. Er hat behauptet, infolge der in Calw bestehenden Wohnungsnot sei dort in größerem Umfang als sonst Schar­lach und Diphterie verbreitet. Das ist nicht richtig, das muß ich als übertrieben bezeichnen; in Calw ist nicht mehr als sonstwo Scharlach und Diphterie anzutreffen. Aller­dings sind die Wohnungsverhältnisse in Calw sehr beschränkt. Es fehlt an Dienstwohngebäuden für Unterbeamte zweifel­los, mehr aber noch an solchen für Beamte. In dieser Be­ziehung möchte ich hier den Wunsch vortragen, es möge möglichst bald von seiten der Verwaltung dem Gesuche der Eisenbahnbeamten um Erstellung eines Dienstwohngebäudes Rechnung getragen werden. Die Verhältnisse sind tatsächlich so, daß ein dringendes Bedürfnis für ein solches Beamten­wohngebäude vorliegt, und wenn behauptet wird, der Herr Präsident der Generaldirektion sei einmal von einem Loko­motivführer oder einem Zugmeister dahin belehrt worden, daß in Calw keine Wohnungsnot bestehe, und wenn er nun infolgedessen die bei ihm einkommenden Gesuche ablehnen zu müssen glaubt, so ist diese Belehrung nicht richtig. Ich möchte den Herrn Präsidenten anders belehren und ihm sagen, daß tatsächlich in Calw eine Wohnungsnot, ein großer Man­gel an besseren Wohnungen vorhanden ist, und ich möchte ihn deswegen bitten, wenn halbwegs möglich, aus dem Fonds für Unvorhergesehenes das dringende Bedürfnis und die dringenden Wünsche nach einem Beamtendienstwohngebäude in Calw erfüllen zu wollen.

Die der Staatsschuldenkaffe für das Etatsjahr ISIS zu­gewiesenen Einnahmen. Nach einer von der Staatsschulden­kaffe aufgestellten Berechnung beläuft sich ihr Geldbedarf für das Etatsjahr 1913 über Abzug der an dem Zinsbedarf aus dem Eisenbahnfonds zu deckenden Summe von 35 700 -4t und der Einnahmen an Umschreib- und Buchschuldengebühren im Betrag von 4400 -4t auf 26 561367 -4t. Es wurden daher nach getroffener Uebereinkunft mit der ständischen Staats­schuldenverwaltungsbehörde der Staatsschuldenkaffe folgende Staatsschulden zum Bezug angewiesen: g) Einkommensteuer 10 060 000 -4t, h) Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer 2 000 006 -4t, c) Kapitalsteuer 2161367 -4t, Z) Wirtschafts­abgaben 4 000 000 -4t, e) Reinertrag vom Eisenbahnbetrieb 8 400 000 -4t, zusammen 26 561367 -4t. Dabei ist an der auf die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer angewiesenen Summe die Oberamtspflege Calw mit 10 600 -4t beteiligt, an der auf die Wirtschaftsabgaben angewiesenen Summe das Kameralamt Hirsau mit 20 000 -4t.

vv. Von de» Nationalspende. Nach Mitteilungen des Zentralkomitees für die Nationalspende zum Kai­serjubiläum für die christlichen Missionen in den deut­schen Kolonien und Schutzgebieten erfolgt der erste vor­läufige Abschluß der Sammlung am 1. Juni. Eine, Deputation wird voraussichtlich am 16. Juni das bis­herige Ergebnis dem Kaiser überreichen. Der endgültige Abschluß der Sammlung ist bis zum 1. Juli verlängert worden.

scb. Mutmaßliches Wetter. Für Freitag und Samstag ist unbeständiges und zu zahlreichen Gewit­tern geneigtes Wetter zu erwarten.