Hier wurde kurze Rast gemacht, um auch die letzten Teilnehmer wieder zur gesamten Wanderschar stoßen zu lassen. Die Durstigen labten sich an der sehr idyllisch gelegenen Waldquelle durch einen Trunk erfrischenden Wassers. In der Richtung auf Hof Dicke lenkte der Führer die Wanderer durch die prachtvolle schattige Florsackallee, wo dem an Naturbetrachtung gewöhnten Auge sofort die schlanken, 30—40 Meter hohen Rottannen herrliches Entzücken bereiteten. Am Ende der Allee wurde wieder etwas ausgeruht. Wer Lust hatte, konnte sich dem Führer anschließen, um die Ruinen des nahen Dickemer Schlößle zu besuchen. Der weitere Weg führte über den Hof Dicke, durch die Denkmalsallee dem „Doma" zu. Die Ersteigung des „Doma" strengte noch einmal alle Kräfte an, weil eben vom Hof Dicke aus kein Weg direkt auf den Berg führt, welches Versäumnis zwar, wie uns versichert wird, in Bälde nachgeholt werden soll. So ging es also durch Gebüsch, durch Dick und Dünn der Höhe zu, wo kühlen Schatten spendender Buchenwald uns Wanderer aufnahm. Ein Teil bestieg den Aussichtsturm, um, wenn möglich, eine schöne Aussicht zu genießen. Andere gönnten den Gliedern Erholung auf Bänken und Waldesboden. Nach einigem Aufenthalt suchte man das letzte Ziel, das „Waldhorn" in Stammheim zu erreichen, um die jetzt nötige Erfrischung zu genießen. Im prächtigen Waldhornsaal sammelten sich alle Teilnehmer, von wo aus Hr. Apotheker Hartmann die Mitglieder der Heimat zuführte. Alles kehrte wohlbefriedigt der Heimat zu, denn es war eine gemütliche Wanderung, gleichsam ein Familienausflug.
ep. Kurs für Kindergärtnerinnen. Das Ev. Kindergärtnerinnenseminar in Stuttgart hat im Februar d. I. zur Vervollständigung der Ausbildung seiner Schülerinnen nach dem bewährten Vorgang der norddeutschen Seminare dem einjährigen Kurs noch ein weiteres Halbjahr zugefügt und seinen Lehrplan entsprechend ergänzt. Vor allem sind die jungen Mädchen nun an 2 Vormittagen damit beschäftigt, kleine Kindergärten selbständig zu leiten. Sie erhalten Unterricht in Psychologie, Naturkunde, Bürgerkunde, franz. und engl. Konversation, Geschichte und Literatur. Um den Anforderungen in den Familien gerecht zu werden, werden die Schülerinnen auch in der Anfertigung der Kindergarderobe unterwiesen. Einen Vormittag in der Woche sind sie dank dem freundlichen Entgegenkommen seitens der Lehrerschaft zum Klassenbesuch in der Schule zugelassen. Zur Erteilung des Unterrichts im 3. Kurs sind 5 neue, tüchtige Lehrkräfte, darunter zwei akademisch gebildete, gewonnen worden. — Gleich beim 1. Versuch haben sich 10 Schülerinnen zur Teilnahme am erweiterten Kurs gemeldet, zwei haben sich bereits verpflichtet, bis Herbst einen größeren Kindergarten zu übernehmen. — Es ist zu hoffen, daß die Eltern sich immer mehr von der Notwendigkeit einer gründlichen Ausbildung der Kindergärtnerinnen überzeugen und wie bisher gerne von der hier gebotenen Gelegenheit Gebrauch machen.
Pfingstoevkehr auf der Eisenbahn. Zn der Zeit vom Pfingstsamstag bis Pfingstdienstag sind auf den Stationen der württembergischen Staatseisenbahnen 933108 Fahrkarten ausgegeben worden mit einer Ee- samteinnahme von 786 379 -K. Gegenüber dem Vorjahr betrug die Zahl der ausgegebenen Fahrkarten weniger 25 546 Stück und der Erlös hieraus weniger 5568 <4l. Ursache: das Wetter.
8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Mittwoch und Donnerstag ist trockenes und warmes Wetter zu erwarten.
? Hirsau, 26. Mai. Die Königin-Mutter von Holland kam heute nachmittag um 5 Uhr in Begleitung einer Hofdame und eines Herrn im Auto von Teinach her nach Hirsau. Sie besichtigte das Kloster und nahm dann im Gasthaus zum Rötzle den Kaffee ein. Um )47 Uhr erfolgte dann wieder die Abfahrt nach Wildbad.
Neuenbürg, 26. Mai. Eine merkwürdige Anzeige machte der aus dem benachbarten Gräfenhausen gebürtige, in Pforzheim beschäftigte Mechanikerlehrling Wilhelm Kienzler der Polizei. Er gab an, er sei am Samstag abend aus dem Nachhauseweg auf freiem Feld von zwei 20jährigen Burschen angefallen worden, die ihn zu Boden rissen, ihm die Nase zuhielten, den Mund aufsperrten und Lysol aus einer Flasche hineinschütteten. Den Grund der Tat konnte der Bursche, der jetzt krank ist, nicht angeben. Die Polizei stellte vergeblich weitgehende Nachforschungen an. Man vermutet, dag die Angaben der Phantasie entspringen und vielleicht ein Selbstmordversuch vorliegt.
Nagold, 26. Mai. Gestern fand in der Seminarturnhalle unter der Leitung des Stadtschultheißenamtsverwesers Schaible die Vorstellung der 10 Bewerber um den Ortsvorsteherposten statt. Die Wahl selbst ist am 31. Mai. Vorher wird am Mittwoch eine Bürgerversammlung eine engere Auswahl zwischen den Kandidaten treffen.
Heselbronn (O.-A. Nagold), 26. Mai. Gestern ist der 32 Jahre alte Müllerknecht Friedrich Frey von hier bei Neuweiler mit dem Rad gestürzt. Er wurde schwer verletzt ins Spital nach Altensteig verbracht, wo er heute morgen gestorben ist.
Württemberg.
Bund der Landwirte in Württemberg.
Stuttgart, 25. Mai. Heute nachmittag >42 Uhr tagte, wie bereits kurz berichtet, im vollbesetzten Festsaal der Liederhalle die Landesversammlung des Bundes der Landwirte in Württemberg. Eingangs der Versammlung begrüßte der Landesvorsitzende Oekono- mierat S ch m i d - Platzhos die Anwesenden und sprach seinen Dank aus allen denen, die ihre Kräfte in den Dienst der guten Sache gestellt hätten. Dies sei aber auch äußerst notwendig, denn die Landwirte gehen schweren Zeiten entgegen. Die Ausgaben wachsen ins Ungemessene. Die Eetreidepreise hätten eher eine Tendenz rückwärts als vorwärts zu verzeichnen. Auch die Viehpreise hätten ihren Höhepunkt erreicht. Die Knechtsund Arbeitslöhne Hütten sich seit den 70er Jahren verdreifacht, von 150 auf 450 -N Jahreslohn. Das leichtsinnige Oeffnen der Grenzen sei zu beklagen. Unsere Arbeiterbevölkerung habe es, seit die Welt bestehe, noch nie so gut gehabt wie eben. Sie sei aber noch nie so unzufrieden gewesen, dank der aufhetzenden Tätigkeit der Sozialdemokratie und einer gewissen Großstadtpresse. Redner schloß mit einem warmen Gedenken des verstorbenen Parteiführers Schrempf und einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Kaiser. Nach Eröffnung der Versammlung erstattete Redakteur und Geschäftsführer Th. Körner den Geschäftsbericht, aus dem wir entnehmen, daß der Mitgliederstand sich im letzten Jahr auf 20 754 vermehrt hat. Durch die Reichsund Landtagswahlen ständen den Einnahmen recht große Ausgaben gegenüber; daher werde es mit dem bescheidenen Jahresbeitrag von 1.50 kaum möglich sein, alle Aufgaben des Bundes in der wünschenswerten Ausdehnung zu erfüllen. Weiter hoffe man, daß der Zuckerrübenbau den angemessenen Preis bekomme. Im September vor. Jahres habe der Landesausschuß Stellung zum Fleischnotgeschrei genommen und eine Resolution angenommen, in der die Bestimmungen, die Schutzmatzregeln zu beseitigen, entschieden zurückgewiesen wurden. Das Bundesblatt, „Der Schwäbische Landmann" sei auch Heuer wieder in einer regelmäßigen Auflage von 24 000 Exemplaren erschienen. Der Bundeskalender werde in 32 000 Exemplaren verkauft. Das Wahlhandbuch sei in 3000 Exemplaren gedruckt und verbreitet worden. Heber die bundesfreundliche Presse könne Redner den Anwesenden keinen erfreulichen Bescheid geben. Die „Deutsche Reichspost" werde am 1. Juli in einen anderen Verlag übergehen. Redner warf sodann einen Rückblick auf die vergangenen Landtagswahlen. Die Sozialdemokratie suche zu schaden, wo sie könne. Das Zentrum habe in keiner Weise irgend welche Preisgabe ihrer Grundsätze verlangt. Sie wollen schiedlich und friedlich mit ihm Zusammengehen; sie hätten ja beide eine gemeinsame Grundlage, wo sie sich verständigen könnten, die christliche. Die jetzige Arbeit des Landtags finde oft eine herbe Kritik. Wenn sie der Steuerreform etwas nüchtern gegenüber stehen, so sei das ihr gutes Recht. Immer werde der Besitz zu den Lasten in großem Maße herangezogen. Für die Landwirtschaft werde von großer Bedeutung die demnächst erscheinende Wegordnung sein. An Stelle des erkrankten Dr. Oertel sprach Hauptmann Gutsbesitzer P a u l y - Rheinland über das angekündigte Thema „Ernste Zeiten — große Aufgaben": Die Zeiten seien ernst sowohl im inner- als im außerpolitischen Leben. Reichtum und Wohlstand blühen überall. Auch die Landwirtschaft habe glänzende Fortschritte gemacht dank der Schutzzollpolitik und der Tüchtigkeit der Bauern. In der Landwirtschaft stehe man jetzt auf einer Höhe, die etwas Schwindelerregendes habe. Wenn man die Zusammensetzung des Reichstages betrachte, so müsse die Befürchtung noch wachsen. Beispiele hätten wir aus der Geschichte. Mit den Ländern, die die Landwirtschaft vernachlässigen, gehe es bergab. Nur allein durch die Erhaltung eines gesunden Mittelstandes und Großgrundbesitzes sei es möglich, sich auf der Höhe zu halten. Zwei große wirtschaftliche Weltanschauungen stehen sich in unserem Reiche gegenüber, die sich aufs heftigste bekämpfen: Hie Freihandel! Hie Schutzzoll! Der Bauer sei der einzige, der auf die Dauer der sozialdemokratischen Flut Widerstand leisten könne. Kurzsichtig sei die Regierung, die sich dem Bauernstand gegenüber feindlich verhalte. Das Bestreben der Sozialdemokratie sei, Hetzpolitik und Terrorismus zu treiben. Die Volkspartei vertrete im Parlament nur die reinen Interessen des Großkapitals, der Börse. In der Bekämpfung des Mittelstandes gehe sie Hand in Hand mit der Sozialdemokratie. Die nationalliberale Partei sei keine Bauernpartei. Unzuverlässigkeit und Unsicherheit sei ihr Charakteristikum. Mit Nationalliberalen unter Führung eines Bassermann könnten sie nicht Zusammengehen. Sie haben uns zu den argentinischen Frostkeulen verholfen. Sie wollen haben, daß die kleinen Bundesstaaten im deutschen Reiche sich auflösen. Redner geht sodann auf die preußischen Landtagswahlen näher ein. Das preußische Wahlrecht sei dem Mittelstände aus den Leib geschnitten. Die Wehrvorlage müsse von dem Grundsatz ausgehen, die schwachen Leute zu schonen und die zu treffen, die ein starkes Portemonnaie hätten. Die gesamte Linke sei also für sie nicht bündnisfähig. Der Weg nach links führe in den Sumpf, sei es in den roten oder in den goldenen. Es bleibe da
her nur das Zentrum, das heute eine bauernfreundliche, nationale Politik treibe. Was die auswärtige Politik anlangt, so nimmt hier Redner einen ziemlich pessimistischen Standpunkt ein, und meint, daß es am besten sei, wenn die allgemeine Wehrpflicht eingeführt werde. Wenn die Wehrvorlage unter Dach und Fach gebracht sei, so sei man auf niemand mehr angewiesen, und man brauche daher nichts mehr zu fürchten. — Rauschender Beifall wurde den Worten des Redners gezollt. Hierauf wurde eine entsprechende Resolution einhellig angenommen. An die Verhandlungen, die teilweise ziemlich lebhaft verliefen, schloß sich ein geselliger Teil an, in dem kurze Ansprachen abwechselten mit Musikstücken und gemeinsam gesungenen Liedern.
Stuttgart, 24. Mai. Die Zweite Kammer befaßte sich heute nochmals mit der Beratung des Eisenbahnetats und verhandelte über Anträge zu Gunsten des Werkstättenpersonals. Zunächst wurde eine Eingabe der Schlosser in der Eisenbahnwerkstätte zu Rottweil um andere Regelung des Zeitlohns der Regierung zur Erwägung überwiesen. Staudenmeyer (Vp.) fragt an, wie sich die Triebwagen bewährt haben, ob man sie nicht vermehren solle. Min.-Präs. Dr. von Weizsäcker: Die Verwaltung schenke der Triebwagenfrage große Aufmerksamkeit, die vom Vorredner gegebene Anregung werde er im Auge behalten. Zu der Eingabe der Arbeiterausschüsse der Eisenbahnbetriebswerkstätten und Maschinen-Jnspektionen präsentierte Reichel (S.) ein gerüttelt Maß von Wünschen, er gab aber zu, daß sich vieles verbessert hat und daß die Verhältnisse besser sind als in Preußen. Bei diesem Zugeständnis knüpfte der Ministerpräsident Dr. v. Weiz- säckeran, indem er ausführte, daß, wenn alle Wünsche der Eingabe erfüllt würden, dies eine Mehrausgabe von 1 195 000 verursachen würde. Zu dem von den Abg. Roth (V.), Keil (S.), und Scheef (V.) ein- gebrachten Antrag, betreffend Freigabe des Samstagnachmittags könne er kein endgültiges Urteil abgeben. Wieland (D.P.) mahnte die Regierung zur Vorsicht. Es sei gefährlich, den Wünschen der Arbeiter immer mehr zu entsprechen. Das zeige die Firma Bosch, wo der Achtstundentag eingeführt sei und nun über die Art der Arbeit gemäkelt werde. Dem Grundgedanken des freien Samstagnachmittags stehe er sympathisch gegenüber. Der Redner beantragte, die Wünsche des Verbandes der württembergischen Metallindustriellen und der württembergischen Industriellen der Regierung zur Erwägung zu übergeben. — Am Dienstag wird über die Anträge abgestimmt und sodann in die Beratung des Etats des Innern eingetreten werden. Schluß der Sitzung 143 Uhr.
Stuttgart. 24. Mai. Die Erste Kammer beriet heute den Entwurf betr. öffentliche Lichtspielvorstellungen weiter. Der Antrag des Staatsrats v. Kern: „Lichtspieldarstellungen, die Bestandteile wissenschaftlicher Vorträge sind, gelten nicht als Lichtspiele im Sinne dieses Gesetzes" wird angenommen, ferner eine Reihe weiterer Anträge, darunter ein solcher, nach welchem Personen unter 17 Jahren zu andern als Jugendvorstellungen nicht zugelassen werden dürfen. Die Sitzung dauerte von 1410 Uhr vormittags bis nachmittags 142 Uhr. Die Besprechung des Entwurfs besorgten Dr. v. Pischek, Minister des Innern v. Fleischhauer, Domkapitular Dr. Sproll, Kons.-Präs. v. Zeller, Prälat v. Planck, Graf Adelmann von Adelmannsfelden, Prof. Dr. Sartorius und Staatsrat v. Mosthaf. — In der Sitzung vom Montag wurde das ganze Gesetz angenommen.
Stuttgart, 25. Mai. Im Konzertsaal der Liederhalle versammelten sich heute nachmitt. 170 Vertrauensmänner des Württb. Weinbauvereins zur Generalversammlung. Als Vertreter der Zentralstelle für die Landwirtschaft waren Direktor v. Sting und Reg.-Rat Eauger erschienen. Der Vorstand des Vereins, Oeko- nomierat Warth-Stuttgart erstattete den Geschäftsbericht. Aus diesem ist hervorzuheben, daß die Weinbaufläche von 15 224 ka im Jahre 1911 auf 14 866 ks zurückgegangen ist und daß der Ertrag pro Hektar 714 kl betrug, während sich der Durchschnittsertrag der letzten 10 Jahre auf 14,9 KI bezifferte. Der Geldwert des Ee- samterträgnisses belief sich auf 4 946 000 Mark gegen 10 561 000 im zehnjährigen Durchschnitt. Mitglieder zählt der Verein gegenwärtig 637 mit einem Jahresbeitrag von 6 (Weingabel und 1047 mit einem Beitrag von 2 ^l, gegen 658 bezw. 1045 im Vorjahr. Den Rückgang des Mitgliederstandes führte der Redner hauptsächlich auf die nun schon seit langem anhaltenden mißlichen Verhältnisse des Weinbaus zurück, ganz besonders aber bedauerte er den katastrophalen Ausfall des letzten Herbstes, der teilweise auch im Rebenstande sich noch Heuer bemerkbar mache. Das vorigjährige Erträgnis habe quantitativ und qualitativ fast alles zu wünschen übrig gelassen, während die Nachfrage besonders lebhaft gewesen sei, was auch eine Besserung der Preise herbeigeführt habe. Was die von der Volkspartei gegebene Anregung auf vorübergehende Aenderung des Gesetzes vom 7. April 1909, betreffend die räumliche und zeitliche Begrenzung des Zusatzes von Zucker usw. anlange, so habe sich der Ausschuß ganz entschieden gegen jede auch nur vorübergehende Aenderung ausgesprochen. Ueber den Stand der Weinberge