in den verschiedenen Gegenden des Landes wurde berichtet, daß zwar noch auf einen kleinen Herbst gerechnet werden kann, daß aber der Schaden meist ganz beträchtlich ist. Vielfach sei auch ein Elücksherbst zu erwarten. Die sonstigen Rebenschädlinge dürften aber Heuer nicht gar zu zahlreich auftreten, sonst würde auch noch das Wenige, das noch zu erwarten sei, vollends vernichtet. Die Weingärtner dürften aber den Mut nicht sinken lassen, es müsse doch endlich einmal wieder besser werden.
Bietigheim, 26. Mai. Nach einem Vortrag von Parteisekretär Krug-Stuttgart wurde hier ein Deutsch- konservativer Verein gegründet. Zum Vorstand wurde gewählt Forstamtmann Dr. Henze.
Maulbronn, 24. Mai. Dieser Tage fand hier eine Zusammenkunft von Mitgliedern der Promotion statt, die vor 50 Jahren im Seminar eingetreten ist und von 1863—67, nach der damaligen Ordnung noch 4 Jahre lang, hier gelebt und studiert hat. Von den einstigen Seminaristen sind die meisten, soweit sie noch leben, schon in Ruhestand. Im Amt stehen noch: Konsist.-Präs. v. Zeller, Forstmeister Hirzel-Rottweil, Medizinalrat Dr. Lieb-Freudenstadt, Dekan Roos - Calw, Lic. Zeller- Freudenstadt, Pfarrer Fleischhauer-Oßweil, Garnisons- Prediger Hartmann-Ulm. Im ganzen kamen 16. Von Angehörigen dieser Promotion seien noch genannt: der russ. Staatsrat Exz. v. Hahn. Tiflis, Oberkriegsrat a. D. Blessing, Pf. a. D. Vurk (der bekannte Festspieldichter) Calw, und von Verstorbenen: Stadpfarrer Hiller-Rott- weil, Stadtpf. Lleß-Eaisburg, Sanitätsrat Dr. Pantlen- Cannstatt.
Nordheim OA. Brackenheim, 26. Mai. Wie anderwärts, so beschäftigte sich auch im Zabergäu die öffentliche Meinung lebhaft mit den hohen Schweinefleischpreisen. Ein gewisser Unmut machte sich allenthalben Luft. Die Metzger lenkten darauf ein und setzten z. B. in Brackenheim den Preis pro Pfund Schweinefleisch von 96 auf 86 F herab. In unserer Arbeitergemeinde wurde durch selbstschlachtende Landwirte der Preis auf 75 F ermäßigt. Die Metzger mußten folgen.
Pfahlbronn OA. Welzheim, 26. Mai. Zwischen 5 und 6 Uhr wurde gestern abend ein 3 Jahre altes Kind von hier vom Kraftwagen der Linie Murrhardt—Welzheim—Lorch überfahren. Die dabei erlittenen Verletzungen waren derart, daß der Tod alsbald eintrat. Den Führer soll keine Schuld treffen, da das Kind unmittelbar in den Wagen hineinsprang.
Ar»» Wett und Zeit.
Mannheim, 25. Mai. Gestern und heute tagte hier die Deutsche Friedensgesellschaft, zu der Delegierte aus allen Teilen Deutschlands erschienen waren. Von der französischen Friedensgesellschaft war ein Begrüßungstelegramm eingelaufen. Zur Behebung der passiven Haltung der Geistlichkeit in der Friedensbewegung soll an 3000 Geistliche eine Aufforderung gesandt werden, sich an dieser Bewegung zu beteiligen. Eine gleiche Aufforderung soll an die deutsche Lehrerschaft ergehen. Einstimmige Annahme fand ein Antrag, alljährlich im Mai Friedenskongresse abzuhalten, deren Ort rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden soll. Für den nächstjährigen Kongreß wurden Königsberg und Köln in Vorschlag gebracht und die Wahl einer dieser Städte der Geschäftsführung überlassen. Zum Schluß wurden Resolutionen gefaßt, in deren einer die deutsche Friedensgesellschaft das Ergebnis der Berner Verständigungskonferenz aufs lebhafteste begrüßt und sich dafür einsetzt, daß auf der dort geschaffenen Grundlage weiter gebaut wird.
Berlin» 26. Mai. Die Vudgetkommisfion des Reichstags hat in weiterer Beratung der Wehrvorlage die Forderungen betreffend die höheren Offiziere genehmigt, dagegen von den Oberleutnants und Leutnants statt 1538 nur 530 bewilligt, statt 8607 Unteroffizieren 7563. Diese Streichungen erfolgten auf Zentrumsantrag. — Desgleichen wurde ein Zentrumsantrag angenommen, die zur freien Urlaubsreise der Mannschaften in die Heimat geforderte Summe von 800 000 Mark zu verdoppeln, um so jedem Soldaten und Unteroffizier jährlich eine einmalige freie Hin- und Rückfahrt zu ermöglichen. Den Titel 560 000 Mark Löhnungszuschüsse für Unterofiziere bei den Truppen in Elsaß-Lothringen beantragte der Berichterstatter zu streichen. Gegen die Stimmen der Konservativen, Nationalliberalen und einiger Fortschrittler wurde diese Westmarkenzulage schließlich auch abgelehnt.
Berlin, 26. Mai. Auf der Galerie des Kunstgewerbemuseums waren gestern und sind heute das Brautkleid, der Brautschleier und die Courschleppe der Prinzessin Biktoria Luise sowie die Hochzeitsgeschenke ausgestellt. Der Andrang der Damenwelt war so stark, daß viele Ohnmachtsfälle vorkamen. — Der Stoff zu dem Brautkleide der Prinzessin Viktoria Luise wurde von der Krefelder Firma F. H. Dutzenberg gewebt. Es ist ein glatter, echter Silberbrokat mit einem Rosahauch, und wurde von der Kaiserin selbst gewählt. Im ganzen wurden davon für Schleppe und Unterkleid 20 Meter bestellt. In Berlin wurde dieser kostbare Stoff im Atelier von Frau v. Wedel nach einem Entwurf von Frl. v. Wedel alsdann reich bestickt. Das Motiv sind Myrten und Orangen.
Köln, 24. Mai. Der Kölner Männergesangverein beschloß in einer außerordentlichen Sitzung, sich an Gesangswettstreiten nicht mehr zu beteiligen und seinen Dirigenten Professor Joseph Schwartz zum Ehrenmitglied zu ernennen.
Glückstadt, 26. Mai. Wie die Elückstadter Zeitung „Fortuna" aus Itzehoe meldet, hat sich in der letzten Nacht auf der Bahnstrecke Itzehoe—Wrist ein schweres Unglück ereignet. Als gegen 1^2 Uhr der von Wrist kommende Personenzug 1826 Sude passierte, rannte ein mit sechs Personen besetztes Auto durch die geschlossene Barriere auf den Bahndamm. Das Auto wurde von der Maschine erfaßt und zertrümmert. Vier Insassen des Autos wurden getötet, eine fünfte Person erlitt leichte Verletzungen. Das Unglück ist durch die Schuld des Chauffeurs verursacht worden. Dieser hatte nach reichlichem Alkoholgenuß sich widerrechtlich in den Besitz den Automobils gesetzt, war dann in rasender Geschwindigkeit auf der Chaussee gefahren und hatte in seinem Zustand weder die Bahn noch die Eisenbahnschranke gesehen. Als ein Mitfahrender ihn darauf aufmerksam machte, war es bereits zu spät.
Landwirtschaft »nd Märkte.
Neuenbürg, 26. Mai. Schweinemarkt. Zufuhr 4 Stück,' Preis pro Paar 48 -K. Eine regere Zufuhr wäre erwünscht gewesen, um so mehr, als sich viele Käufer einfanden und starke Kauflust vorhanden war.
Herrenberg, 24. Mai. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 165 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 40—58 -N. 39 Stück Läufer; Erlös pro Paar 70—105 -4l. Verkauf gut.
Stuttgart, 26. Mai. Landesproduktenbörse. Die ruhige Stimmung aus dem Eetreidemarkte hat angehalten. Wesentliche Veränderungen sind nicht zu verzeichnen. Effektiver und schwimmender Weizen war> preishaltend; für spätere Monate, wofür jedoch keine Unternehmungslust herrschte, waren die Angebote etwas billiger. Die Witterung ist für die Saaten günstig. Sie entwickeln sich weiter gut. Die Umsätze an der heutigen Börse waren nicht von Belang und er
streckten sich auf die Deckung des nötigen Bedarfs. Wir notieren:
Weizen, ivürtt.
20.—
bis
21.50
„ fränk.
20.50
21.50
„ bayr.
21.—
„
22.75
Ulka
24.25
24.75
„ Saxonska 24.75
25.25
„ Aznna
24 —
„
24.50
„
„ Laplata
23.75
„
24.50
„
„ Kansas II 24.50
„
25 —
„ Manitoba II 24.50
25 —
Kernen, neu
20.—
21.50
Dinkel, neu
14.—
15.—
Roggen, nom.
17.50
13.—
Futtergerste
16.—
„
16.50
„
Hafer, württ.
15.—
„
18 —
„ russ.
20.—
21.50
„
Mais, Laplata
16.75
17.—
it Sack, Kasse 1°/»
Skonto.)
Tafelgries
34. SO
„
35.—
„
Mehl 0
34.50
„
35.—
„
1
33.50
„
34 —
„
2
32.50
„
33 —
„
3
31.—
„
31.50
„
4
28.—
„
28.50
„
Kleie
9.50
10.—
(netto Kasse ohne Sack).
Vermischtes.
Vom Biber plaudert ein gelegentlicher Mitarbeiter des Kosmos im neuesten Heft des Handweisers. Man kann in der Gegend von Dessau gar nicht selten die Biber in ihrem Treiben beobachten, und Spuren ihrer Anwesenheit finden sich allenthalben in der näheren und weiteren Umgegend an den Flußufern, da die Tiere an der Mulde und Elbe, die bei Dessau zusammenfließen, in immerhin noch beträchtlicher Anzahl Vorkommen. Eines von ihnen hatte nun seinen Winteraufenthalt in der Nähe des bewohnten Flußufers genommen und ließ es sich an den in den anstoßenden Gärten noch vorhandenen Kohlgemüse- und Obstresten so wohl sein, daß es, da man es unbehelligt ließ, sich bald an die Menschen gewöhnt hatte und ungescheut sein Wesen trieb. Selbst in Gegenwart vieler Menschen ließ der Biber, ein etwa drei Jahre altes Weibchen, sich bald bei seinen Schmausereien nicht stören, so daß sich zuletzt vielfach Besuch einfand. Man hätte ihn wohl noch länger gewähren lassen, wenn er sich nicht nachgerade, wohl infolge der eingetretenen Kälte, durch Benagen der Obstbäume in den Gärten allzu lästig gemacht hätte, so daß er nicht länger geduldet werden konnte. Bei den Versuchen, ihn einzufangen, entwickelten sich überaus drollige Szenen. Der Biber sah den Vorbereitungen, ihm einen Sack überzustülpen, mit voller Gemütsruhe entgegen. Kam der Mann mit dem Sack ihm in allzu bedrohliche Nähe, so sprang er fauchend und knurrend diesen an, anstatt, wie erwartet, in den Sack hinein. Diese Attacken wiederholten sich unter dem Gelächter der Zuschauer mehrere Male, worauf der tapfere Biber im Gefühl seiner Überlegenheit sich ruhig wieder an seinem Kohl labte. Die Versuche, auf diese Weise seiner habhaft zu werden, mußten denn als aussichtslos aufgegeben werden; der Biber trottete schließlich seelenruhig in sein nasses Element zurück. Als andern Tags die Versuche mit einem Fanggerät wiederholt werden sollten, schien er, durch die Vorgänge gewitzigt, keine Lust zu verspüren, sich einfangen zu lassen, und begab sich rechtzeitig in den schützenden Fluß, in dem er seine Schwimm- und Tauchkünste zeigte. Er ließ sich danach einige Tage hindurch nicht sehen, bis es eknem Forstbeamten gelang, ihn Lei Gelegenheit eines weiteren Ausfluges mit dem Fuchseisen festzuhalten.
Briefkasten.
W. N. C. Auf Ihre Anfrage teilen wir Ihnen mit, daß eine Beteiligung der Stadt Calw an unserem Kur- und Fremdenblatt deshalb unterblieb, weil der Fremdenverkehrsverein die von uns geforderte Vergütung gegen Aufnahme der Fremdenlisten der hiesigen Gast- Höfe und Pensionen nicht Zusagen konnte.
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Vuchdruckerei.
Das Wirtshaus im Spessart.
17) Erzählung von Wilhelm Hauff.
Eines Abends ging er auch wieder vom Wirtshaus heim und dachte trotz des vielen Weines, den er getrunken, um sich fröhlich zu machen, mit Schrecken und Gram an den Verfall seines Vermögens. Da bemerkte er auf einmal, daß jemand neben ihm gehe, er sah sich um, und siehe da — es war das Elasmännlein. Da geriet er in Zorn und Eifer, vermaß sich hoch und teuer und schwur, der Kleine sei an all seinem Unglück schuld. „Was tu' ich nun mit Pferd und Wägelchen?" rief er. „Was nutzt mich die Hütte und all mein Glas? Selbst als ich noch ein elender Köhlersbursch war, lebte ich froher und hatte keine Sorgen. Jetzt weiß ich nicht, wann der Amtmann kommt und meine Habe schätzt und mich pfändet der Schulden wegen!"
„So?" entgegnete das Elasmännlein. „So? Ich also soll schuld daran sein, wenn du unglücklich bist? Ist dies der Dank für meine Wohltaten? Wer hieß dich auch so töricht wünschen? Ein Glasmann wolltest du sein und wußtest nicht, wohin dein Glas verkaufen? Sagte ich dir nicht, du solltest behutsam wünschen? Verstand. Peter, Klugheit hat dir gefehlt."
„Was Verstand und Klugheit!" rief jener, „ich bin ein so kluger Bursche als irgend einer und will es dir zeigen, Glasmännlein," und bei diefsn Worten faßte er das Männlein unsanft am Kragen und schrie: „Hab' ich dich jetzt, Schatzhauser im grünen Tannenwald? Und den dritten Wunsch will ich jetzt tun, den
sollst du mir gewähren. Und so will ich hier auf der Stelle zweimalhunderttausend harte Taler und ein Haus und — o weh!" schrie er und schüttelte die Hand, denn das Waldmännlin hatte sich in glühendes Glas verwandelt und brannte in seiner Hand wie sprühendes Feuer. Aber von dem Männlein war nichts mehr zu sehen.
Mehrere Tage erinnerte ihn seine geschwollene Hand an seine Undankbarkeit und Torheit. Dann aber übertüubte er sein Gewissen und sprach: „Und wenn sie mir die Glashütte und alles verkaufen, so bleibt mir doch immer der dicke Ezechiel. So lange der Geld hat am Sonntag, kann es mir nicht fehlen."
Ja Peter! Aber wenn er keines hat? Und so geschah es eines Tages und war ein wunderlich Rechenexempel. Denn eines Sonntags kam er angefahren ans Wirtshaus, und die Leute streckten die Köpfe durch die Fenster, und der eine sagte: Da kommt der Spielpeter, und der andere: Ja, der Tanzkaiser, der reiche Elas- mann, und ein dritter schüttelte den Kopf und sprach: „Mit dem Reichtum kann man es machen, man sagt allerlei von seinen Schulden, und in der Stadt hat einer gesagt, der Amtmann werde nicht mehr lange säumen zum Auspfänden." Indessen grüßte der reiche Peter die Gäste am Fenster vornehm und gravitätisch, stieg vom Wagen und schrie: „Sonnenwirt, guten Abend, ist der dicke Ezechiel schon da?" Und eine tiefe Stimme rief: „Nur herein, Peter! Dein Platz ist dir aufbehalten, wir sind schon da und bei den Karten." So trat Peter Munk in die Wirtsstube, fuhr gleich in die
Tasche und merkte, daß Ezechiel gut versehen sein müsse, denn seine Tasche war bis oben angefüllt.
Er setzte sich hinter den Tisch zu den andern und spielte und gewann und verlor hin und her, und so spielten sie, bis andere ehrliche Leute, als es Abend wurde, nach Hause gingen, und spielten bei Licht, bis zwei andere Spieler sagten: „Jetzt ist's genug, und wir müssen heim zu Frau und Kind." Aber Spielpeter forderte den dicken Ezechiel auf, zu bleiben. Dieser wollte lange nicht, endlich aber rief er: „Gut, jetzt will ich mein Geld zählen, und dann wollen wir knöcheln, den Satz um fünf Gulden, denn niederer ist es doch nur Kinderspiel." Er zog den Beutel und zählte und fand hundert Gulden bar, und Spielpeter wußte nun, wie viel er selbst habe, und brauchte es nicht erst zu zählen. Aber hatte Ezechiel vorher gewonnen, so verlor er jetzt Satz für Satz und fluchte greulich dabei. Warf er einen Pasch, gleich warf Spielpeter auch einen, und immer zwei Augen höher. Da setzte er endlich die letzten fünf Gulden auf den Tisch und rief: „Noch einmal, und wenn ich auch den noch verliere, so höre ich doch nicht auf, dann leihst du mir von deinem Gewinn, Peter, ein ehrlicher Kerl hilft dem andern!"
„So viel du willst, und wenn es hundert Gulden sein sollten," sprach der Tanzkaiser, fröhlich über seinen Gewinn, und der dicke Ezechiel schüttelte die Würfel und warf fünfzehn. „Pasch!" rief er, „jetzt wollen wir sehen!" Peter aber warf achtzehn, und eine heisere, bekannte Stimme hinter ihm sprach: „So, das war der letzte." (Forts, folgt.)