? Altburg, 17. Mai. Ein Unwetter, wie wir es seit 1895 nicht mehr erlebt haben, zog gestern abend etwa um 10 Uhr über unsere Markung. Die Schlossen sielen in der Größe von Haselnüssen. Sie haben den Gartengewächsen übel mitgespielt. Der sonstige Schaden läßt sich vorerst nicht genau feststellen, wird aber immerhin, da auch von den Hängen viel Boden abgeschwemmt wurde, nicht unbeträchtlich sein. Manche Bäume sehen ganz zerfetzt aus.
Eiiltlingen OA. Nagold, 17. Mai. Dem 43 Jahre alten Taglöhner Philipp Dengler ist beim Holzpoltern von einem nachrollenden Stamm der rechte Unterschenkel ab g eschlagen worden. _
Württemberg.
Stuttgart, 17. Mai. Die Zweite Kammer nahm heute zunächst die Abstimmung über die Anträge vor, die den Gegenstand der Erörterungen in den beiden vorangegangenen Sitzungen gebildet hatten. Es wurden angenommen die Anträge von Kiene (Ztr.) betreffend die Ausbildung des deutschen Staatsbahnwagenverbands zu einer Betriebsmittelgemeinschaft unter Aufrechterhaltung der Selbständigkeit der Staaten, betreffend "die Ermöglichung eines gebührenden Anteils von Württemberg am Durchgangsverkehr von Nord nach Süd durch Veschlunigung der Schnellzüge und betreffend die Dienst- und Ruhezeiten des Dienstpersonals, ferner der Antrag Hildenbrandt (S.), betreffend die Nichtzuleitung der Umleitungen im Eü- terverpehr als der Reichsverfassung widersprechend, des gleichen der Antrag Wieland (D.P.), betreffend Vorlegung einer Denkschrift über die Schaffung eines Verkehrsministeriums ohne Vermehrung der Staatsminister. Alle übrigen Anträge wurden abgelehnt. In der dann fortgesetzten Beratung des Eisenbahnetats wurde von mehreren Rednern über Belästigungen geklagt, denen Reisende in den Wagen 3. und 4. Klasse durch Arbeiter, Soldaten, Schüler und Studenten (!) ausgesetzt sind und deren Ursache von einem Redner in der allgemeinen Verrohung erblickt wurde. Die Tarifpolitik der Verwaltung wurde mehrfach kritisiert. Teils wurdeverlangt, daß für die 4. Klasse der Tarif von 2,3 Pfennig wieder aus 2 Pfennig herabgesetzt werde, teils wurde, so von dem Abg. Haußmann (Vp.) die Einführung von nur 2 Klassen verlangt. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker betonte, daß die Ausschreitungen hauptsächlich auf die Arbeiter zurückzuführen seien. Schon die Tatsache, daß für die Arbeiter besondere Wagen eingestellt werden, spreche für sich. Theoretisch sei wohl die Führung von nur 2 Klassen erwünscht, aber durch die Unterdrückung der 3. Klasse waren die Einnahmen der Verwaltung beträchtlich geringer geworden. Auf einige Bemerkungen des Abg. Keil (S.), der meinte, daß es Rüpel nicht nur bei den Arbeitern, sondern in allen Ständen gebe, und daß die günstige Wirkung des Tarifs der Arbeitersahrkarten durch die ganz ungenügende Fürsorge für die Arbeiter abnehmne, erwiderte der M i n i st e r p r ä s i d e n t, daß nirgends so viel für den Arbeiterverkehr geschehe, wie in Württemberg. Dies hätten auch die Arbeitervertreter im Beirat der Verkehrsanstalten anerkennen müssen. Keil (S.) stellte den Antrag, die Regierung zu ersuchen, im Bundesrat für eine möglichst baldige Aufhebung der Fahrkartensteuer einzutreten. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker hob hervor, daß Jungdeutschland noch zu keinerlei Klagen über Ausschreitungen Anlaß gegeben habe. — Nächste Sitzung am Dienstag nachmittag.
Stuttgart, 17. Mai. Die Jubiläumsausstellung des Schwäbischen Albvereins im Stuttgarter Kunstver
Das Wirtshaus im Spessart.
10) Erzählung von Wilhelm Hauff.
„Und im Lamm schenkt man Roten, der Kaiser trinkt ihn nicht besser," setzte Wolf hinzu.
So ritten sie miteinander nach Balingen ins Lamm und fragten, was die Maß vom Roten koste, und tranken sich zu, bis der Gulden voll war. Dann stand Wolf auf, zog das Silberstück mit dem springenden Hirsch aus dem Wams, warf es auf den Tisch und sprach: „Da habt Ihr Euren Gulden, so wird's richtig sein."
Der Wirt aber nahm den Gulden, besah ihn links, besah ihn rechts und sagte lächelnd: „Ja, wenn es kein Hirschgulden wär', aber gestern nacht kam der Bote von Stuttgart, und heute früh hat man es ausgetrommelt im Namen des Grafen von Württemberg, dem jetzt das Städtlein eigen; die sind abgeschätzt (heruntergesetzt, außer Kurs gesetzt) und gebt mir nur anderes Geld."
Da sahen sich die beiden Brüder erbleichend an. „Zahl' aus," sagte der eine; „hast du keine Münze?" sagte der andere, und kurz, sie mußten den Gulden schuldig bleiben im Lamm in Balingen. Sie zogen schweigend und nachdenkend ihren Weg; als sie aber an den Kreuzweg kamen, wo es rechts nach Zollern und links nach Schalksberg ging, da sagte der Schalk: „Wie nun? Jetzt haben wir sogar weniger geerbt als gar nichts, und der Wein war überdies schlecht."
„Jawohl erwiderte sein Bruder. „Aber was die Feldheimerin sagte, ist doch eingetroffen: seht zu, wie-
einsgebäude, Schellingstraße 6, erfreut sich andauernd starken Besuchs und bringt auch den Künstlern erfreulichen Erfolg. Schon ist eine hübsche Anzahl Bilder angekauft worden, darunter Rudolf Thost's Mondschein im Donautal, Otto Jung's Ruine Hundersingen im Lautertal, Max Bach's Storchenturm in Reutlingen und Laufenmühle, Erwin Laiblins Lautertal, Fritz Lang's Albschäfer, E. Seemann's Ruine Rechberg, W. Weißer's Felsen im Blautal, Eberhard's Schloß Brenz, Karl Fuchs' Rechberg, M. Nikolaus' Ausflügler, E. Hor- lacher's Teck usw. Die verkauften Bilder verbleiben selbstredend bis zum Schluß in der Ausstellung. In einiger Zeit werden Auswechselungen vorgenommen. Wie schön und eigenartig die Schwäbische Alb ist, zeigt nichts deutlicher, als diese wohlgelungene Gemäldeausstellung.
Stuttgart, 17. Mai. Dem Kaufmann Julius Sprös- ser wurden in dem Abendschnellzug Stuttgart—Ulm 8.50 Uhr beim Passieren eines Wagens 3. Klasse durch zwei unbekannte Täter, die sich hart an Sprösser herandrängten, aus seiner Juppentasche eine schwarze Brieftasche mit Goldbeschlägen und drei Fächern, in der 420 Mark, bestehend aus 4 Scheinen zu je 100 -4l, und 1 Schein zu 20 -N, Enthalten waren, gestohlen. In der Tasche befanden sich ferner eine grüne Legitimationskarte für die Schweiz und eine graue für Deutschland auf den Namen Julius Sprösfer.
Stuttgart, 16. Mai. Das neueste württ. Militäroerordnungsblatt veröffentlicht eine kgl. Verordnung, die die endgültigen Bestimmungen über die württ. Formationsänderungen aus Anlaß des Reichshaushalts 1913 enthält. Es werden neu errichtet: A. Mit Gültigkeit vom 1. April 1913 ab: a) 1 Artilleriedepot in Ulm mit der Bezeichnung „K. Württ. Artilleriedepot in Ulm" unter Wegfall des Nebenartilleriedepots daselbst. 8. Vom 1. Okt. 1913 ab: d)1 Jnf.- Bat. mit niedrigem Etat als 3. Bat. des Jnf.Reg. Nr. 127. Gleichzeitig erhält der Stab dieses Reg. den Etat der Jnf.Reg. zu 3 Bataillonen. Standort des neuen Bataillons Wiblingen (vorläufig Ulm), c) Je 1 Maschinengewehrkompagnie bei: dem Füs.Reg. Nr. 122 (Standort Heilbronn), dem Jnf.Reg. Nr. 124 (Standort Weingarten), dem Jnf.Reg. Nr. 125 (Standort Stuttgart), dem 8. Jnf.Reg. Nr. 126 (Standort Straßburg), dem 9. Jnf.Reg. Nr. 127 (Standort Wiblingen, vorläufig Ulm), dem 10. Jnf.Reg. Nr. 180 (Standort Gmünd). 6) 1 Komp, bei dem neu zu errichtenden preuß. (selbständigen) „Eisenbahnbat. Nr. 4", Standort Berlin. Die Kompagnie trägt die Uniform des „Eisenbahnbat. Nr. 4", jedoch mit den K. Württ. Hoheitszeichen. e) 1 Neben-Artilleriedepot Stuttgart, das dem Artilleriedepot Ludwigsburg zugeteilt wird. Bei der Inf. und der Feldart. treten am 1. Okt. 1913 Etatsveränderungen ein. Nähere Bestimmung hierüber bleibt Vorbehalten. Bei den Detachements der Verkehrstruppen treten mit dem 1. Okt. 1913 Eatserhöhun- gen ein und zwar: a) beim Detachement der Betriebsabteilung der Eisenbahntruppen um 5 Unteroffiziere, 3 Gefreite, 21 Gemeine; b) beim Detachement des Kraft- fahrbat. um 2 Oberleutnants oder Leutnants, 2 Unteroffiziere, 2 Gefreite, 14 Gemeine. Der Etat an Offizieren usw. erhöht sich aus Anlaß der vorstehenden Aenderungen: K. Mit Gültigkeit vom 1. April 1913 ab: a) bei den Artilleriedepots um 2 pens. Stabsoffiziere oder Hauptleute mit je 1782 -K Stellenzulage als Vorstände der Artilleriedepots Ludwigsburg und Ulm. Dagegen kommt der bisherige aktive Stabsoffizier beim Artilleriedepot Ludwigsburg in Wegfall.
(Schluß folgt.)
viel von seinem Erbe übrig bleiben wird um einen Hirschgulden! Jetzt haben wir nicht einmal ein Maß Wein dafür kaufen können."
„Weiß schon!" antwortete der von der Schalksburg.
„Dummes Zeug!" sagte der Zollern und ritt zerfallen mit sich und der Welt seinem Schloß zu.
„Das ist die Sage von dem Hirschgulden," endete der Zirkelschmied, „und wahr soll sie sein. Der Wirt in Dürrwangen, das nicht weit von den drei Schlössern liegt, hat sie meinem guten Freund erzählt, der oft als Wegweiser über die Alb ging und immer in Dürrwangen einkehrte."
Die Gäste gaben dem Zirkelschmied Beifall. „Was man doch nicht alles hört in der Welt," rief der Fuhrmann. „Wahrhaftig jetzt erst freut es mich, daß wir die Zeit nicht mit Kartenspielen verderbten, so ist es wahrlich bester, und gemerkt habe ich mir die Geschichte, daß ich sie morgen meinen Kameraden erzählen kann, ohne ein Wort zu fehlen."
„Mir fiel da, während Ihr so erzähltet, etwas ein," sagte der Student.
„O erzählet, erzählet!" baten der Zirkelschmied und Felix.
„Gut," antwortete jener, „ob die Reihe jetzt an mich kommt oder später, ist gleichviel; ich muß ja doch heimgeben, was sich gehört. Das, was ich erzählen will, soll sich wirklich einmal begeben haben."
Er setzte sich zurecht und wollte eben anfangen zu erzählen, als die Wirtin den Spinnrocken beiseite setzte
Stuttgart, 17. Mai. Auf Anordnung des Oberreichsanwalts wurde, wie wir jetzt näher hören, in Untertürkheim ein früherer Obermonteur des Luftschiffbau Zeppelin namens Bischof verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis des K. Amtsgerichts Stuttgart- Stadt eingeliefert, wo er zur Zeit noch in Haft ist. Es wird ihm zur Last gelegt, er habe ein Modell eines Zeppelinluftschiffs hergestellt und sei mit England wegen des Ankaufs in Verbindung getreten.
Stuttgart, 17. Mai. Der neue Eeneralinspekteur der 6. Armeeinspektion, Herzog Albrecht von Württemberg, wird bis Mitte Juni von hier abwesend sein. Er befindet sich in Begleitung seines Generalstabs- ofsiziers, Majors Bronsart von Echellendorf, auf einer Inspektionsreise im Bezirk des 4. und 11. Armeekorps, deren Kommando in Magdeburg und Kassel steht.
Stuttgart, 18. Mai. Die Landesversammlung des Vereins württ. Körperschaftsbeamten findet in den Tagen vom 25. bis 27. Juli statt.
Cannstatt, 17. Mai. Die 80. Wanderversammlung würt- tembergischer Landwirte fand in Gegenwart des Ministers des Innern heute im Kursaal unter dem Vorsitz des Freiherrn von Eemmingen-Guttenberg statt. Der Minister entbot der Versammlung die Grütze des Königs und wies auf die Besserung in den Verhältnissen der Landwirtschaft dank der Wirtschaftspolitik des Reiches hin. Der Minister erwähnte ferner die Leutenot und die Naturereignisse, unter denen die Landwirtschaft gleichwohl noch leide. Oberregierungsrat Dr. v. Veitzwänger hielt einen Vortrag über die Frage „Was bringt das Reichsviehseuchengesetz für den Landwirt Neues?" Einen weiteren Vortrag hielt Freiherr Schenk von Stauffetzberg über die Frage der Errichtung einer Landwirtschaftskammer. Der Redner schlug eine Erklärung vor, worin die Bildung einer Landwirtschaftskammer gefordert wird unter unbeschränkter Mitwirkung aller selbständigen Landwirte, aber auch durch teilweise, von den landwirtschaftlichen Vereinen gewählte Abgeordnete. Nach längerer Debatte wurde die Erklärung in der Form angenommen, daß die Kammermitglieder unter Wahrung der notwendigen Verbindung mit der bestehenden Berufsorganisation gewählt werden. Die nächste Wanderversammlung wird in Tübingen abgehalten. Zum ersten Vorstand wurde Staatsrat a. D. Freiherr v. Ow, zum zweiten Oekonomierat Ruoff gewählt.
Ehlingen, 18. Mai. Die 10. Landesversammlung würt- tembergischer Konsumvereine, deren Zahl zurzeit 98 mit etwas über 100 000 Mitglieder beträgt, wovon sich 87 Vereine mit rund 94 000 Mitglieder an den Verband angeschlossen haben, nahm am Samstag im Kugelschen Festsaal in Etzlingen mit einer 2 >4 ständigen Sitzung ihren Anfang. Heute vormittag 9 Uhr fand im selben Saal die Hauptversammlung, auf der 76 Vereine mit 335 Delegierten vertreten waren, statt. Ver- bansdirektor Kanzleirat Gautz eröffnete als Vorsitzender die Versammlung. Oberbürgermeister Dr. v. M ü l b e r g e r sprach Begrützungsworte. Im Auftrag des Zentralverbandes sprach sodann Barth-München, namens der grotzen Einkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine Hamburg Direktor Scherling- Hamburg und namens der Verwaltung des Konsum- und Sparvereins Etzlingen Direktor Bodden. Verbandssekretär Feuerstein-Stuttgart erstattete den Geschäftsbericht für das Jahr 1912, aus dem zu entnehmen ist, datz durch die Zunahme von 10 000 Mitgliedern im letzten Jahr die Zahl derselben auf 93 742 angewachsen ist, der Warenumsatz sich auf beinahe 27 Millionen Mark beläuft und das Ergebnis für die Mitglieder auf 214 Millionen Mark gestiegen ist,
Zahl der beschäftigten Personen in den württembergischen Konsumvereinen 1100 beträgt. An dieser Konsumvereinsbewegung habe die Arbeiterfamilie in erster Linie ein großes wirtschaftliches Interesse. Wenn der Wirtschaftsnutzen in ein Verhältnis zum Betriebskapital gestellt werde, so finde man,
und zu den Gästen an den Tisch trat. „Jetzt, Ihr Herren, ist es Zeit zu Bette zu gehen," sagte sie. „Es hat neun Uhr geschlagen, und morgen ist auch ein Tag."
„Ei, so gehe zu Bette!" rief der Student, „setze noch eine Flasche Wein für uns hierher, und dann wollen wir dich nicht länger abhalten."
„Mit Nichten," entgegnete sie grämlich, „so lange noch Gäste in der Wirtsstube sitzen, kann Wirtin und Dienstboten nicht Weggehen. Und kurz und gut, ihr Herren, machet, daß ihr auf eure Kammern kommet, mir wird die Zeit lange, und länger als bis neun Uhr darf in meinem Hause nicht gezecht werden."
„Was fällt Euch ein, Frau Wirtin?" sprach der Zirkelschmied staunend. „Was schadet es denn Euch, ob wir hier sitzen, wenn Ihr auch längst schlafet? Wir sind rechtliche Leute und werden Euch nichts hinwegtragen, noch ohne Bezahlung fortgehen. Aber so lasse ich mir in keinem Wirtshaus ausbieten."
Die Frau rollte zornig die Augen: „Meint Ihr, ich werde wegen jedem Lumpen von Handixerksburschen, wegen jedem Straßenläufer, der mir zwölf Kreuzer zu verdienen gibt, meine Hausordnung ändern? Ich sag' Euch jetzt zum letztenmal, daß ich den Unfug nicht leide!"
Noch einmal wollte der Zirkelschmied etwas entgegnen, aber der Student sah ihn bedeutend an und winkte mit den Augen den übrigen. „Gut," sprach er, „wenn es denn die Frau Wirtin nicht haben will, so laßt uns aus unsere Kammern gehen. Aber Lichter möchten wir gerne haben, um den Weg zu finden."
(Fortsetzung folgt.)