Die Ereignisse im Osten.
Basel, 27. Febr. Me „Times" schreiben zur Einnahme Revals, Mt ihr sei die letzte Hoffnung der Entente auf Rußland verschwunden. Im Besitz von Reval sei Deutschland uneingeschränkter Herrscher in der Ostsee. In Reval lagerten ungeheure Mengen von Lebens- !mitteln und Material, sotvie zahlreiches Elsenbahngerät. Die Russen seien unmöglich in der Lage, alle diese Bestände wegzuschaffen.
Berlin, 27. Febr. Der „Deutschen Tagesztg." wird Ms Bern gemeldet, daß nach Mitteilung des ukrainischen Bureaus in Paris und London Gesellschaften tätig seien, um das Zartum nnederherzustellen.
Warschau, 26. Febr. Der polnische General Tvm- bor-Musnitzki richtet folgenden Funkspruch an alle zivilisierten Völker: „Am 18. Februar 1918 wurden nach Wobruisk 3 verstümmelte Leichen von polnischen Kriegern gebracht. Bewohner des Dorfes, wo die Leichen gesunden wurden, haben angezeigt, daß! die russischen Bolschewiti- Barbaren die gefangen genommenen Polen drei Stunden lang peinigten, ihnen die Augen ausstachen, die Leiber aufschlitzten und sie noch lebend begruben."
Neues vom Tuge.
L Lsche und amerikanische Gewerkschaften. Köln, 27. Febr. Die „Köln. Volksztg." meldet aus Holland: Der Sekretär der amerikanischen Gewerkschaften, Gompers, teilte mit, der Generalsekretär der deutschen freien Gewerkschaften, Legien, habe ihn eingeladett, an einer Konferenz zur Herbeiführung des Friedens teilzunehmen. Gompers antwortete, daß! kein amerikanischer Arbeiter einem deutschen begegnen wolle.
London, 27. Febr. „Daily Mail" meldet, das englische Ministerium habe sich bereit erklärt, die von Wilson verlangte Nachprüfung der Versailler Beschlüsse über die Kriegszielrede vorzunehmen. '
Washington, 26. Febr. Wilson hat Wasserkraft- anlagcn im Staate Alabama genehmigt, um Stickstoff aus der Luft zur Herstellung von Munition und Düngemitteln zu gewinnen.
Getreidemonopol in Frankreich, s- Paris, 27. Febr. (Havas.) Tie Kammer hat hei der Beratung des Gesetzes über die Organisation der französischen Getreide-Erzeugung den ersten Artikel angenommen, der den freien Handel mit Brotgetreide für die Tauer des Krieges und bis zum Ende der ersten aus die Beendigung des Kriegs folgenden Ernte aufhcbt.
dieichstag.
(Schluß.)
-Abg. Lrimborn (Zentr.): Das Friedensbcüul,!.,-. nächst in allen Ländern zusehens. Dem Kaiser danken wir sür seine Friedcnsbereitschaft. Leider sind die Bemühungen des Papst'» ohne Ersoig gewesen. Dem Reichskanzler stimmen wir darin zu. daß die vier Wilson'schen Grundsätze eine Grundlage für ein Einvernehmen bilden, daß keine Annexionen cintrctm sollen und daß Belgien nicht wieder der Schauvlatz feindlicher Machenschaften werden darf, von uns aber nicht vebalten werden soll. .Die Bildung der Ukraine ist ein Ruhm wlatt Deutschlands, Das Wort von der deutschen Treue ble-m bestehen. (Bravo.) Wir begrüßen unseren früheren langjä.,,-gen Kollegen von Payer in seinem neuen Amte. Wir str.ben einen Parlamcn- .tarismus an. wie er der deutschen Eigenart entspricht. Die Kriegslage ist glücklicherw.ise günstig, und im Innern werden wir bei guter Rationierung auskommen. Der Landwirtschaft gebührt unser voller Dank. Der Streik war ein Treubruch gegen unsere braven Truppen im Felde. Für die Betätigung der religiösen Orden muß es heißen:. Frei« .Bahn dem Lüchtiueul Wir
M resekr«c»t. _M
du Jrd'scheti willst de,innen, heb' zuvor Deine Teele im Gebet z« Sott empor.
Mächtiger als Gold.
Roman von M. Withe.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
„Aber Herr Krüger war Doch gar nicht krankt" sagte sie. „Oder hat man es mir nur verschwiegen?"
„Es geschah auf seinen ausdrücklichen Wunsch, daß ich seine Erkrankung vor dir verheimlichte. Er wollte nicht, daß dein junges Leben auch nur um eine einzige frohe Stunde bestohlen würde. Dieser Mann, der seinem Aeußcrn wie seinem Wesen nach so wenig liebenswürdig und gefühlvoll schien, war in Wirklichkeit einer der zartfühlendsten und weichherzigsten Menschen, denen ich in meinem Leben begegnet bin. Erst während dieser beiden letzten Tage, dK ich zum großen Teil an seinem Krankenbette zugebracht, habe ich ihn seinem ganzen Werte nach erkannt."
„Ich glaube es dir, Onkel — und ich habe ihn auch gar nicht für unliebenswürdig gehalten. Aber ihr dürft mir nicht zürnen, wenn ich in diesem Augenblick nicht mehr als ein herzliches Bedauern über sein Hinscheiden fühlen kann. Eigentlich habe ich ihn doch gar nicht gekannt."
Es schien fast, als ob ihr Benehmen dem Iustizrat eine peinliche Enttäuschung bereite. Wenn er auch viel- lleicht nicht mit Ausbrüchen eines verzweifelten Schmerzes gerechnet hatte, so war er doch wohl auf eine etwas wärmere Teilnahme vorbereitet gewesen, und es war darum ein merklicher Klang des Vorwurfs in seiner Er- rviderung.
„Leine persönliche Be-ührung mit ihm ist allerdings nur eine ziemlich oberflächliche gewesen; aber er hat während der ganzen Dauer seiner Vormundschaft unablässig sür dich gearbeitet. Und er hat wohl mehr für dich getan, alS-trgendein anderer."
hoffen, baß »ie Watztrefor« bak» z» eine« guter, LnS: lrom- ! men wird.
Uiitelstaatssekretär ». ö. Bnssche gibt Sie Friedensbedi»- gungeu mit Ruß and b.bannt.
'Abg. Sch ei bemann (Svz.): War jetzt aus Rußland geworden ist, entspricht nicht der Absicht der deutschen Sozial- j demokratie. Wir Kämpfen für die Verteidigung unseres Pate» i landrs, aber nicht um die Zertrümmerung Rußlands. Auch im ! Westen einen bedingungslosen Frieden zu erzwingen, märe sür Deutschland in jedem Fall gefährlich. Die Hamburger Rede
war völlig unangebracht. Man höre mit dem törWen GeredV auf. der Streik f-i m>t ausländischem Geld« gemacht worden. Eine schamlose Lüge ist es. daß dem Streik landes- verräterische Absichten zugrunde lagen. Munitionsnot besteht nicht. Man sagt sogar. Ludendorff hamstere Granaten Den Arbeitern war nicht wie der Baterlandspartei. Versammlungsfreiheit gegeben. Sie wurden auf die Straße getrieben und mit der Masse behandelt. Hätte der Staatssekretär Wallras die Aroeitcr empfangen, so !>3tte er drei bis vier Tage des Streiks gerettet und Hunderte von braven Arbeitern vor langjährigen Zuchthausstrafen bewahrt. Mein Genosse Ebert und ich wurden, als wir ln den Aktionsausschuß eintraten, mit Gefängnis bedroht. In München wurde den in gleicher Weise handelnden Genosse» von dem Nachfolger des Grafen Hertlina öffentlich in der Kammer der Dank ausgesprochen. Wenn Herr von Oldenburg wünscht, daß von Deutschen auf Deutsche geschossen werde, so erkläre ich einen solchen Mann, der das wünscht, für den Auswurf des deutschen Volkes. Der Kampf um das gleiche Wahlrecht in Preußen darf nicht schwächer werden. Wir freue» uns des Programms des Herrn von Payer. Wir vertrauen, daß die Zukunft der Demokratie, den Arbeitern und dem Sozialismus gehört. (Beifall bei den Soz.)
Staatssekretär Waffraf: Es wird so dargestellt, als ob der Streik aus der Unzufriedenheit geboren wurde. Herr von Payer hat bereits ausgeführt, daß die angegebenen Ziele nicht erreicht werde» konnten. Auch der Koblenmangel war kein stichhaltiger Grund. Die Anfänge der ausländischen Streikpropa- ganda reichen auf ein in Zürich gedrucktes Flugblatt aus dem Herbst 1914 zurück. Das erst« Flugblatt wurde im August in Dresden gefunden. Es war in Zürich gedruckt (Hört! hört!) und so d rte zu gewaltsamen Kundgebungen gegen das herrschende System auf. Ihre Stütze fanden diese Bestrebungen in den Stockholmer Ko »ferenzen. Sie kamen zur Geltung, als am 7. November das neue Regime in Rußland an das Proletariat aller Länder einen Aufruf richtete, worin es heißt: Schließt Euch der russischen Revolution an! Steht auf! Geht auf die Straßen! Laßt die Fabriken stehen! Bildet ! überall Arbeiter- und Soldatenräte! — Nach dem Abschluß des s Waffenstillstands im Dezember verbreilete sich die bolschewistische i Propaganda weiter. Am 9, Dezember erschien in Peters- > bürg ein Blatt in deutscher Sprache „Die Fackel'', zur ! unentgeltlichen Verbreitung unter den deutschen Brüd rn bestimm:, i unterzeichnet vom Volkskommissariat für auswärtige Angelegen- ! heilen in Petersburg. Das Blatt enthält einen Aufruf Trotz- ? kys, worin zur Bildung einer einheitlichen Front der Arbeiter- Massen aller Völker aufgcsorüert wird. Achnliche Zwecke verfolgt ein zweites in deutscher Sprache in Petersburg erscheinendes Blatt. Seine Tendenz ist gegeben, wenn man weiß, daß an der Spitze ein Aufruf von Raöek steht. Eine Fülle von Fuiiksprüchen ging in die Welt, darunter einer von Krylenko vom 14. Dezember, worin den russischen Soldaten emplohlen wird, mit allen Mitteln die deutschen Sol- : baten zu beeinflussen und dadurch auch das deutsche Hinterland.
Auf einer Truppciiversamm u'g erklär:« Trotzky. Deutschland solle durch diese Propaganda verhetzt werden. In einem Flugblatt in der Form des christlichen Todeszeichens mit schwarzem Rand werden die deutschen Kameraden aufgefordert der standrechtlich erschossenen Brüder und Liebknechts zu gedenken. Einc.i ähnlichen Inhalt hat ein Funk- sprueb Trotzkys und Lenins. Dann begannen die Verhandlungen in Brest-Litowsk. Wir haben es ja im Ausschuß gehört, daß die deutschen Uuterlsiiudler bald zu der Ueberzcugung kamen, cs komme den Nu'sen nicht darauf an. die Verhandlungen zu einem gedeihlichen Ende zu führen, sondern Zeit zu gewinnen, daß die Saat ihrer Propaganda in Deutschland aufgehe. Dieser Meinung war auch ein Artikel in der Internationalen Sozialistischen Korrespondenz-Berlin. So kam es. daß die Streikbewegung, durch die bolschewistische Welle getragen, zunächst in Oesterreich-Ungarn eine Glätte fand. Als äußeren Anlaß nahm man dort die Herabsetzung der Mehiratiou, aber es wurden auch politisch« Forderungen gestellt. Es ist festgestellt, daß die Entente versucht hat. in Deutschland Sttinmung zu mccheii. Nach einer Mitteilung des Ministers des Innern ist j festgestellt, daß aufreizende Flugblätter aus der Schweiz im s Dienst einer englisch-französisch-amerikanischen i Prvpanandagejellsckast einzuschmuggcln versucht wurden. Nack einer'Zuschrift des Reichs«ausabLeordneten Äeckscker '
«n d«s Hamvurgex „Mke«srn»l«tt" ist bald »ach Aksörttchk tzyr Krieges in Washington et« Prop« a»oa-Komitee gegründet wo» de», dem reiche Mittel zur Verfügung standen: C» wurde» auch Leute nach Deutschland geschickt. Fortgesetzt gehen unser.n S»D daten an der Westfront Flugblätter zu. Lharakt.ristisch ist ««, daß das Volk im Ausland von dem Streit in Berlin und de» damit zusammenhängende» Unruhe» früher gewußt ha» als sie überhaupt stattgefunde» habe». (Hört! hört!) - Lache« bei den Unabh. Soz.) Daß ich recht habe, beweisen Meldungen ausländischer Blätter. So wußte ein Telegramm aus Amsterdam schon am 28. Januar von de» Unruhe» i» Berlin zu meldeiß Ucberall trat i» Berlin und im Reich der Streit auf. Dal eine Organisation bestand, ergibt sich au» der Tatsache, daß biU Ausstünde fast am selbe» Tage ausbrachen. sowie daran» daß die Forderungen ziemlich gleich lautete».! Ich glaube, e, ist die beste Erklärung, daß der Streit voO> Ausland gekommen ist. (Lachen bei den Unabh. Soz.) Da« stimmt auch überein mit den Mahnungen des Auslands, doch W uns den Einrichtungen und W.inscl>e» des Auslands anzupasseU Das erinnert an die Lockung de» Fuchses an den Hase» mit ihm zusammen spazieren zu gehen. Im Ausland selbst ge« man bei ähnlichen Anlässen ganz ander» vor. Dort «I» man mit eiserner Faust regiert. Nach einer Nachricht des „Fp garo" ließ Präsident Wilson in Philadelphia auf die NachriclAj daß sich dort ein Massenstreikkomitee gebildet habe, diese» M fort verhaften. (Hört! hört!) Wenn man von mir als BertcetD des Reiche kanz'ers verlangt, in Verbindung mit den Leitern ein » streikenden Betriebes zu ireten. so hatte ich da« für eine Verwirrung der Begriffe. Man wollte auf die Regierung ein«» Druck ausüben. Es war Pflicht der Regierung, das Baty«- land zu bewahren (Beifall) und für die Aufrcchterhaltung öffentlichen Ruhe zu sorgen. Ich freue mich, daß Herr Scheidsmann einen dicken Strich zwischen der alten Sozialdemokratie up- den freien Gewerkschaften gezogen hat. Das wird hosfentlW dazu beitragen, daß deutsche Köpfe sich nicht wieder verwirre» lassen von solchen Ideen. Wir wurden uns besser hier st» Hause und im Lande vertragen, wenn wir uns ukcht »M mit Schlagworten abgeben wollte».
Abg. von Heydebrand (Kons.): Wir sind mit den A*s- > sührungen des Staatssekretärs durchaus einverstanden. Nichjd: anderes als ein einfacher Landesverrat war der Streik, becm- flußt vom Ausland und getragen von der deutschen Sozialüeme- kratie. Die Mitteilung des Reichskanzlers über die Friedere- ^ ausjichten mit Rußland wird uns allen ein tiefes Aufatmen gebracht haben. Wir werden von einem Druck befreit, Ä» nur wenige voll empfunden haben. Dieses Millionenheer >v« bedeutungsvoller, als man allgemein angenommen harte. Da» wir ihm haben widerstehen können, ist fast ein Wunder. DlH den Friedensbedingungen sind wir einverstanden. England wi» nur weichen, wenn es sich einer unbesiegten Macht gegenübrb- sieht. Das wird unser Heer und unsere Flotte schon besorg^. (Bravo!) England tritt für das Selbstbestimmungsrecht ein. ipw es aber selber nicht aus. Es will die Freiheit der Meere und hält sich nicht daran. Das Programm des Vizekanzler» e«s- spricht dem des ReonLkanzlers. Seine Ausführungen haben «stzr das Vertrauen zwischen der Volksvertretung und der Regiens«: nicht gestärkt. Es war eine parteipolitische Rede voller ErS- seitigkeit so daß man den Nachteil des parlamentarischen SysteiW daran erkennen konnte. In einer Zeit, in der nichts nötiger « als die Einigkeit ei"e Rede zu halten, die gerade das Ge§E teil davon erreicht dazu gehören eigentümliche Staatsmänner.. Zs
Sem Programm brauchen wir uns nicht zu äußern. Wir sinö damals nicht gefragt worden, wir haben überhaupt nicht öiel M sagen. Wenn wir die Rede des Vizekanzlers im „Berlin« Tageblatt" gelesen oder in einer fortschrittlichen Wahlversammlung gehött hätten, würde ich mich nicht wundern. Diese Partei^ politische Rede ist geeignet, jedes Vertrauen der Minderheit zu» Vizekanzler zu untergraben. Vom Standpunkt des Staatsmann» ist sie mir vollkommen unverständlich. Die Besonnenheit ist ihH» wohl bei seinem schnellen Aufstieg zum Vizekanzler verlorne gegangen oder aber das persönliche Taktgefühl. Das preußische Wahlrecht ist eine rein preußische Angelege»- yeit. Die Württemberger. Bayern und Badener würden sich ei«e Einmischung auch verbitten. Unsere Kriegsziele liegen im Interesse des Reichs. Wie kann man uns auf eine Stufe stellen m8 den Unabhängigen Sozialisten! Und uns gar noch auf eine Stufe stellen mit den Streikenden! Solche Vorwürfe kan» man nicht auf sich sitzen lassen. Wir wollen die Kriegslast«» tragen bis zum wahren Frieden, der der Opfer wert ist:
Reichskanzlers Graf v. Hertling: Ich bin der MeinuitL daß die Stimmung, die gestern am Schluß der Verhandlung hervortrat und die jetzt wieder aus der Rede des Vorredner» so deutlich herausklang, doch vielleicht nicht vollkommen berechtigt ist. Wenn er die Güte hatte, die Rede des Vizekanzler« noch einmal in aller Ruhe nachzulesen, so würde er doch vielleicht zu der Ansicht kommen, daß die Rede nicht voll» ständig richtig ausgesakt wurde. Der Vorredner, hat.anerkauaL
Betroffen hielt er inne; denn nun mit einemmal brach es wie leidenschaftlichster Schmerz aus der Seels des eben noch so merkwürdig gefaßten jungen Wesens. Mit lauten Aus-jchluchzen warf sie sich an die Brust des Justizrats und klammerte sich an seinen Hals.
„Nein — nein — nein — das darfst du nicht sagen! Außer meinem Vater gibt es für mich auf der ganzen weiten Welt nur einen einzigen Menschen, der wirklich etwas für mich getan hat — nur einen einzigen Menschen, dem meine ganze Liebe und Dankbarkeit gehört. Das bist du, Onkel — du allein! Und solange ich dich behalte, so lange kann ich über keines anderen Menschen Tod einen wirklich tiefen Kummer empfinden!"
Mit solchem Ungestüm hatte sich ihre kindliche Liebe ihm noch niemas offenbart, und tief erschüttert drückte er den zarten, von verhaltenen, Weinen erbebenden Körper des Mädchens an sich.
„Edith — meine geliebte, kleine Edith! Was ich für dich get-n habe, war doch kein Verdienst! Ich tat es ja nur zu meiner eigenen Freude und auf das unwiderstehliche Gebot meines Herzens!"
„Aber du wirst mich nie von dir lassen — nicht
wahr — nie — niemals? Wenn ich sonst keinen
Menschen auf Erden Habs, dich werde ich doch immer behalten?"
Sie war ganz fassungslos» und Werner Kröning begriff, daß es nicht dis Nachricht vom Tode des alten Mannes gewesen sein konnte, die diesen Sturm von Ge- fuhien in ihr ausgelöst hatte. Er führte sie zu einem
Sessel und drückte sie sanft in die Polster nieder. Von
ffmer Frau nahm er dabei ebensowenig Notiz, w,e Edith sich ihrer Anwesenheit zu erinnern schien. Und Frau Lydia verhielt sich ganz still. Sowenig sie sonst auch ihrer ganzen Carakteranlage nach zur Richterin Sber sich selbst geeignet war, in diesem Augenblick mochte sie doch unter dem Druck der unbestimmten Empfindung stehen, daß sie in Wahrheit keinen Anspruch darauf habe, auch für sich etwas wie Liebe von diesem unter ihren Augen ausgewachsenen Kinde zu fordern. Und wenn eme eiferstichtige Regung in ihrem Herzen auf- stieg, so hütete sie sich sehr wohl, sie zu offenbaren.
Werner Kroning aber beugte sich über die Weinende und streichelte in sanfter väterlicher Liebkosung »hr «eiches, seidenglänzendes Haar. "
„Du wirst mich behalten, meine liebe kleine Edith» solange es dem Himmel gefällt, mir das Leben zu lassen, oder so lange, bis du dich freudigen Herzens den» Schutze eines anderen anvertraust, der dir doch noch lieber ist als ich."
Da schüttelte sie mit einer heftigen Gebärde den KoM
„Das wird niemals geschehen — niemals! Es giä keinen Menschen, den ich lieber haben könnte als dicht Die anderen sind alle unwahrhaftig und schlecht. U«d sth will von keinem etwas wissen!"
Da endlich glaubte der Iustizrat die tiefere Ursache ihrer Aufregung zu verstehen. Weil Konrad von Hüning»-' seid so lange mit der entscheidenden Erklärung zauderte^ war sie an ihm irregeworden, und in jugendlichem Uebe»- schwang der Gefühle glaubte sie nun auch schon alle ihr« Glückshoffnungen zertrümmert: Er aber teilte ihre Zweis«t nicht, denn er glaubte fest an die Ehrenhaftigkeit dieses jungen Aristokraten, und ihm schien es überhaupt ganz undenkbar, daß jemand das Göttergeschenk verschmähe» könnte, das die Liebe eines solchen Mädchens bedeutet«. Darum glitt es wie der Schatten eines Lächelns über seu» ernstes Gesicht, als er mit freundlichem Zuspruch erwidert»:
„Deine Erfahrungen, mein liebes Kind, sind doch wohl noch nicht von der Art, daß sie dich zu einem s« harten Urteil über die Menschen berechtigten. Und d« wirst, wie ich zuversichtlich hoffe, bald genug An.la» haben, es zurückzunehmen. Aber wir sollten jetzt wohl zuerst an Len armen Verstorbenen denken und an da», was nun weiter geschehen muß. Denn daß Krügers Tod für uns alle ein Ereignis von tief einschneidender Bedeutung ist, dürfen wir uns nicht verhehlen."
Frau Lydia lauschte mit gespanntester Aufmerksamkeit. Die nächsten Augenblicke mußten ihr ja nun die heiß ersehnte Gewißheit bringen, ob ihr Gatte auf den letzte» Willen Johannes Lindholms eingehen wolle oder nicht: Aber ihre Ungeduld wurde immerhin noch auf eine ziemlich harte Probe gestellt. Denn jetzt war es Edith, die» ihre Fassung zurückgewinnend, wie in Beschämung sagte:
„Vergib mir. Onkel, daß ich egoistisch genug sei» konnte, jetzt nur von mir zu sprechen! — Ja, er ifll schrecklich, daß der arme Herr Krüger hier in der Fremde sterben mußte. Gewiß hat er doch drüben in Bloemfon- tein Angehörige, nach denen er sich in seiner Todesstunde gesehnt hat, und die untröstlich sein werden, daß es ihn«» nickt mehr vergönnt war, ihn wiederzusehen."
FortsttzrWL fol-r.