auch die römisch-katholischen Serben, die unter verschiedenen Namen zu beiden Seiten der österreichisch-ungarischen Grenze Vorkommen, zubefreien" von dem türkischen Joche und da­durch an Rußland zu fesseln, hat sich nicht bewährt. Daß die Befreiung allein diese Völker nicht in Anhänger der rus­sischen Macht verwandelt, hat zuerst der griechische Stamm bewiesen: Diese Erstlinge der russischen Befreiungspolitik waren eine freilich noch nicht durchschlagende Ent­täuschung für Rußland. Die griechische Befreiungs­politik hört mit und seit Navarin auch in den Augen der Russen auf, eine russische Spezialität zu sein. Es hat lange gedauert, ehe das russische Kabinett aus diesem kritischen Ergebnis die Konsequenzen zog. Die ruckm inckigem-iqae molen Rußland wiegt zu schwer, um für jede Wahrnehmung des politischen Instituts leicht lenksam zu sein. Rußland fuhr fort zu befreien und machte mit den Rumänen, Serben, Vulgaren die gleiche Er­fahrung wie mit den Griechen. Alle diese Stämme haben Rußlands Hilfe zur Befreiung von den Tür­ken bereitwillig angenommen, aber, nachdem sie frei gewor­den, keine Neigung gezeigt, den Zaren zum Nachfolger des Sultans anzunehmen.

So ereignen sich und so erklären sich jetzt Adrick- nopel, Skutari und Dibre, und zwar Bulgarien, Mon­tenegro, und Serbien gegenüber.

Ueber Adrianopel sind Bulgaren und Türken Ende Dezember unter sich bereits einig gewesen; der Ver­trag war schon formuliert: Adrianopel sollte als Festung geschleift werden, aber türkisch bleiben, und beide Nach­barn einigen sich in einem bulgarisch-türkischen Freund­schaftsvertrag. Da hat Rußland sich eingemischt und hat Bulgarien seine diplomatische Hilfe zum Gewinn auch von Adrianopel angeboten, um so die bulgarische Dank­barkeit für Rußland zu sichern. Aehnlich wird Bul­garien auch von Oesterreich umworben, das sich weigert, die deutsche Mahnung zur Mäßigung in Sofia zu unter­streichen. Rußland und Oesterreich ringen um Prestige bei Bulgarien.

Die Stadt Skutari (im Westen von Albanien) hat rein albanische Bevölkerung und ist von den montene­grinischen Belagerern auch noch nicht erobert. Trotzdem will Rußland diese Stadt seinem montenegrinischen Schützling verschaffen. Aber Oesterreich will dieses Ge­biet dem autonomen Albanien erhalten, in dem es seit 200 Jahren Kirche und Kultus eingerichtet und unter­halten hat.

Die Stadt Dibra (im Osten von Albanien) hat eine überwiegend albanische Bevölkerung und soll aus dem gleichen Grund dem albanischen Staat erhalten bleiben so wünscht es Oesterreich. Aber Rußland will dieses Städtchen seinem serbischen Genossen sichern.

Rußland hat in diesen beiden Fragen lediglich ein Prestigebedürfnis, lediglich das Interesse, montenegri­nische und serbische Dankesschuld zu schaffen, und eine montenegrinische und serbische Verständigung mit dem handelsgeographisch näheren und wirtschaftlich wichtige­ren Oesterreich zu verhindern oder zum mindesten zu er­schweren. Oesterreich dagegen hat in diesen beiden Punkten auch ein politisches Interesse zu wahren: neben und gegenüber einem künftigen Eroßserbien in Al­banien einen möglichst lebensfähigen Pufferstaat zu­standezubringen unter österreichisch-italienischem Ein­fluß. Albanien wird das Kuckucksei werden, das der österreichische Adler ins gemeinsame Nest der vier Zaun­könige des Balkans legt: Rußland will dieses Kuckucksei im Keim schon treffen.

Rußland und Oesterreich führen einen stillen, aber zähen Prestigekrieg um ihre Wertung bei den Balkan­staaten; es wird sich bald entscheiden, ob Bismarck auch diese Linie richtig gezeichnet hat.

Stadt» Bezirk und Nachbarschaft

Talw. 5. März 1913.

Das Freikonzert des Kirchengesangvereins. Ein Kon­zert, wie es sich wenige Städte von der Größe Calws aus eigenen Kräften und Mitteln leisten können, gab gestern abend der Kirchengesangverein im Badischen Hof seinen Mit­gliedern und den außerhalb des Vereins stehenden Musik­liebenden aus der Stadt und ihrer Umgebung. Diese gestrige Veranstaltung war wieder einmal eine neue Illustration zu dem Thema: Calws Bewohner und die Musik. Und eine gute Illustration, die der Bevölkerung ein gerade so aner-

denen eine große Last genommen ist. Die Welt stand wieder offen. Eine Freude, wie man sie nur an Kindern findet, war an ihnen in dem Augenblicke waren sie auch un­schuldig, wie die Kinder; denn die reinigendste, die aller­schönste Blume der Liebe, aber nur der höchsten Liebe, ist oas Verzeihen, darum wird es auch immer an Gott gefunden und an Müttern. Schöne Herzen tun es öfter schlechte nie.

Die zwei Gatten hatten mich wieder vergessen und wandten sich in das Krankenzimmer, wo Gustav, der das Ganze dunkel ahnte, wie eine glühende, blühende Rose lag und ihnen atemlos entgegenharrte.

Gustav, Gustav, er ist dein Vater und du hast es nicht gewußt," rief Brigitta, als sie über die Schwelle in das verdunkelte Zimmer traten.

Ich aber ging in den Garten hinaus und dachte:O wie heilig, o wie heilig muh die Eattenliebe sein, und wie arm bist du, der du bisher von ihr nichts erkanntest und das Herz nur höchstens von der trüben Lohe der Leidenschaft ergreifen ließest."

Erst spät ging ich in das Schloß zurück und fand alles gelöst und gelüftet. Geschäftige Freude, wie heiterer Sonnen­schein, wehte durch alle Zimmer. Man empfing mich mit offenen Armen als Zeugen des schönsten Auftrittes. Man hatte mich schon allenthalben suchen lassen, da ich ihnen, als sie zu sehr mit sich beschäftigt waren, aus den Augen gekommen war. Sie erzählten mir teils gleich in abgebroche-

kennendes Zeugnis auszustellen gebietet, wie den Veranstal­tern des Abends. Von diesen gebührt in erster Linie Rechts­anwalt Rhein wald Dank. Ihm haben wir es zu verdanken, daß wir gestern abend unsres großen Schillers Lied von der Glocke nach der Komposition von Romberg anhören und einem weiteren Kreis dargeboten sehen konnten. Er hat sich mit der Aufführung dieses Chor­werkes geradezu ein Verdienst um das musikalische Leben unsrer Stadt erworben und der Kirchengesangoerein wird seinem treuen Mitglieds ganz besonderen Dank wissen. Und ebenso dem, der verständnisvoll und bereitwillig auf diesen Gedanken einging und in hingebender Arbeit das Werk mit seinem Chor übte, Herrn Eundert. Es gab und gibt Stimmen, die über den musikalischen Wert derGlocke" Rombergs obenhin die Achsel zucken und auch der, der im allgemeinen dem künstlerischen Bedürfnis und Geschmack der Menge weitgehende Zugeständnisse macht, kann die Glocke nach Romüerg immer noch zu den Werken rechnen, die gerade noch wert sind, daß man sie aufführt. Es wird aber keinen Einsichtigen geben, der nicht zugestände, daß eben solche Art geistiger Güter, die klassischer Hauch nicht umspielt, die nicht aus Herzen und Köpfen entsprangen, die die Menge riesen­groß überragen, genau so ihre Daseinsberechtigung haben, wie die erlesener Geister wir können nicht lauter Goethe haben und nicht lauter Wagner, es muß auch Kleinere geben, solche vom Stile Remberg. Und, wenn dessen Musik nur in einem einzigen Herzen die Liebe zur Kunst entzündet, dann hat er ein Größeres mit seinem bescheidenen Vermögen vermocht, als der, der mit universalem Eötterflug einsam, unnahbar für die Massen, über diesen ragt. Also, Rombergs Glocke" hat ihre Berechtigung. Fragt, ob die, die der Auf­führung gestern anwohnten, nicht befriedigt waren? Man hörte allseitig nur Stimmen der Anerkennung. Die an die Stimmkraft und Ausdauer große Anforderungen stellende Partie des Meisters Glockengießer sang Rechtsanwalt Rheinwald. Ein weicher, runder Baß ist ihm eigen, ausgiebig, kräftig und gleich angenehm ansprechend in der Tiefe wie in den höheren Lagen. Um den Glockenguß ge­rankt sind die wundervollen Betrachtungen über Leben und Menschengeschick, und sie hat Romberg für Chor und Solisten zu oft sehr dankbarer Musik verarbeitet, die auf entsprechend Veranlagte tiefen Eindruck machen mag. Die Gesänge zwischen Chor und Solisten lösten einander lebendig und frisch ab und für die Mitwirkenden mag es selbst Freude gewesen sein, daß alles so schön klappte. Der Kirchenchor verfügt über tadellose Einzelstimmen. Herr Rheinwald ist oben schon genannt. Nächst ihm waren an die musikalische Fähigkeit von Fräulein Dora Roos sehr große Anforde­rungen gestellt. Die ihr übertragenen Solopartien sind ihr olle mit überraschender Sicherheit und Ruhe gelungen und man wußte nicht, sollte man sich über die liebliche, Helle Sopranstimme oder über ihren packenden Vortrag mehr freuen. In den Baßsoli half Oberlehrer Beutel aus, bei dem es sich ganz von selbst versteht, daß er korrekt und wirkungsvoll seine Aufgabe beherrschte; die Tenor-Par­tien waren unter Hauptlehrer Schmid und Redakteur Kirchner verteilt und so dafür gesorgt, daß auch vom Tenor aus würdig mit Sopran und Baß zum Gelingen bei­getragen wurde. Aus dem Rahmen der Quartette und Duette mag das Duett zwischen Frl. Stüber (Sopran) und Herrn Kirchner (Tenor) hervorgehoben sein, das nament­lich von seiten der Sängerin gefühlvoll gesungen wurde. Nicht zu vergessen ist Frau Amtsrichter Eh mann, die mit ihrem schönen Alt in demDoch mit des Geschickes Mächten" die beiden Damenstimmen wirksam verstärkte. Die Begleitung am Flügel gelang Hauptlehrer Pfrom­mer mit der ihm eigenen sicheren Weise vortrefflich. Recht gut schnitt der Chor selbst ab. Sein Dirigent, Herr Eun­dert, führte ihn und brachte das Werk so heraus, daß es, alles in allem genommen, wert ist, in bleibendem Gedächt­nis der Mitwirkenden und der Zuhörer zu haften. Das Konzert machte derartig tiefen Eindruck, daß aber auch all­

nen Sätzen, teils die folgenden Tage im Zusammenhänge alles, was sich zugetragen habe und was ich oben angemerkt habe.

Mein Reisefreund war also Stephan Murai gewesen. Er war unter dem Namen Bathori, der einem seiner weib­lichen Vorfahren gehörte, gereist. So hatte ich ihn auch ge­kannt, aber er ließ sich immer Major nennen, welchen Rang er in Spanien erworben hatte, und alle Welt nannte ihn auch den Major. Da er in der ganzen Welt gewesen war, ging er, von seinem Innern gezogen, unter demselben Namen nach dem wüsten Sitze Uwar, wo er nie gewesen war, wo ihn niemand kannte und wo er, wie er recht gut wußte, der Nachbar seines getrennten Weibes werden würde. Gleich­wohl kam er nicht zu ihr hinüber, die schon so schön auf Maroshely waltete, bis der Ruf die Kunde ihrer Todes­krankheit zu ihm trug. Da machte er sich auf, ritt hinüber, trat zu ihr, die ihn vor Fieber nicht kannte, blieb Tag und Nacht bei ihrem Bette, wachte über sie, pflegte sie, bis sie genaß. Damals, durch den gegenseitigen Anblick gerührt und von leiser Liebe getrieben, aber dennoch ängstlich vor der Zukunft, weil sie sich nicht kannten, und weil sich wieder etwas Fürchterliches zutragen könnte, schlossen sie jenen selt­samen Vertrag der bloßen Freundschaft, den sie jahrelang hielten und den bisher keines zuerst anzurühren wagte, bis ihn das Geschick durch einen scharfen Schnitt, den es in beider Herzen tat. trennte und zu dem schöneren natürlicheren Bunde wieder zusammenfügte.

gemein der Wunsch nach seiner Wiederholung ausgesprochen wurde. Diesem Wunsche nachzugeben, möchten wir den maßgebenden Stellen noch nahelegen. Sicherlich ließe sich eine zweite Aufführung bewerkstelligen. Im übrigen beglückwünschen wir den Kirchengesangverein zu dieser gestrigen Leistung; möge er noch öfter so schöne Dar­bietungen bringen, zur Freude aller seiner Freunde!

sif. K. Spar- und Consumverein. Auf Veranlassung des Spar- und Consumvereins fanden letzten Sonntag zwei Lichtbildervorträge bei freiem Eintritt im Saale des Bad. Hofes statt. Zu dem Kindervortrag am Nachmittag hatten sich etwa 000 Kinder eingefunden, die mit freudiger Be­geisterung und nicht endenwollenden Ah und Oh die vor­geführten zirka 160 farbenprächtigen Lichtbilder (die Reise am Mittelländischen Meer bis nach Jerusalem), vom Refe­renten im Orient teilweise selbst aufgenommene Bilder, be­grüßten. Der Jubel wollte kein Ende nehmen bei den Mär­chenbildern und einer Serie von Busch. Dem Lichtbilder­vortrag um 5 Uhr für Erwachsene, zu dem etwa 300 Personen erschienen waren, ging ein Vortrag über die Entwicklung und Bedeutung der Konsumgenossenschaften voraus. Der Referent, Herr R. Schweikert (Heilbronn), verstand es in vorzüglicher Weise, die wirtschaftlichen Vorteile der Kon­sumvereine in Wort und Bild vor Augen zu führen und deren große volkswirtschaftliche und soziale Bedeutung für die Allgemeinheit klarzulegen. Die vorgeführten Lichtbilder zeigten durchweg mustergültige, technisch und hygienisch ein­wandfreie, moderne Anlagen und Einrichtungen bedeutender Konsumvereine des In- und Auslandes, wodurch der Auf­schwung des Konsumvereinswesens deutlich ersichtlich war. Nach einer kleinen Pause kamen noch Lichtbilder vom Mittel­ländischen Meere und vom Orient zur Vorführung, welche großen Anklang fanden. Hierauf dankte der Vorsitzende dem Referenten für seine vorzüglichen Ausführungen im Namen des Konsumvereins mit dem Wunsche, solche Veranstaltungen mögen das Interesse fördern und stärken und der Genossen­schaftsbewegung zu neuen Erfolgen verhelfen.

8cb. Mutmaßliches Wetter. Für Donnerstag und Frei­tag ist weiterhin trübes, mäßig kaltes und auch zu Nieder­schlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

Calmbach, 6. März. Heute nacht ist das von drei Fa­milien bewohnte Anwesen des Schmiedmeisters Otto Stolle niedergebrannt. Der Schaden wird auf 30 00035 000 geschätzt.

Württemberg.

Sindelfingen, 3. März. Am nächsten Sonntag, den 0. März, veranstaltet der Westgau des Verbandes württem- bergischer Gewerbevereine hier einen Eautag. Zu dem West­gau zählen die Bezirke Böblingen, Leonberg, Ludwigsburg und Stuttgart-Amt. Die Tagesordnung sieht u. a. einen Vortrag des Reichstagsabgeordneten Keinath vor. Ueber die Errichtung eines württembergischen Handwerkererho­lungsheims wird Oberrevisor Raith berichten. Ferner sollen die Mittel und Wege zur Behebung der Mißstände, beson­ders des Vorgunwesens bei Privatbauten, besprochen und die Bildung einer Kommission für Verkehrsfragen in die Wege geleitet werden, die zum Eisenbahn-, Post-, Tele­graphen- und Telephonwesen Wünsche zu beraten und den Behörden vorzutragen hat.

Stuttgart, 4. März. Auf eine vom Herzog Robert tele­graphisch erstattete Meldung an den Kaiser über den Jung­deutschlandtag ist folgende Antwort eingelaufen:Ich habe mich über den patriotischen Gruß des Landesverbandes Württemberg des Jungdeutschlandbundes sehr gefreut und danke Ew. König!. Hoheit und dem Verbände dafür bestens mit aufrichtigen Wünschen für ferneres Gedeihen dieser segensreichen Einrichtung. Wilhelm s. k" Der König hat auf ein gleichfalls an ihn als Protektor abgesandtes Huldi- gungstelegramm geantwortet wie folgt:Sehr erfreut durch die Begrüßung der 5000 Jungmannschaften und ihrer Führer

Alles war nun gut.

Nach vierzehn Tagen wurde es in der Gegend kundgetan, und die lästigen Glückwünsche kamen von nahe und von ferne.

Ich aber blieb noch den ganzen Winter bei den Leuten, und zwar auf Maroshely, wo vorläufig alles wohnte und von wo der Major im Sinne hatte, Brigitta nie fortzuziehen, weil sie da inmitten ihrer Schöpfung sei. Am freudigsten war schier Gustav, der immer so an dem Major gehangen hatte, der ihn immer leidenschaftlich und einseitig den herr­lichsten Mann dieser Erde nannte und der ihn nun als Vater verehren durfte, an dem sein Auge wie an einer Gottheit hing.

Ich habe jenes Winters zwei Herzen kennen gelernt, die sich nun erst recht zu einer vollen, wenn auch verspäteten Blume des Glückes aufschlossen.

Ich werde diese Herzen nie, nie vergessen!

Im Frühjahre nahm ich wieder mein deutsches Gewand, meinen deutschen Stab und wanderte dem deutschen Vater­lande zu. Ich sah auf dem Rückwege Gabrielens Grabmal, die schon vor zwölf Jahren im Gipfel ihrer jugendlichen Schönheit gestorben war. Auf dem Marmor standen zwei große, weiße Lilien.

Mit trüben, sanften Gedanken zog ich weiter, bis die Leitha überschritten war und die lieblichen blauen Berge des Vaterlandes vor meinen Augen dämmerten.

Ende.