53. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 88. Jahrgang.
SrschriniingSweise: kmal wöchentlich. Anzeigenpreis : Im OberamtS- Ealw sür die einspaltige Borgiszeile lv Pfg., außerhalb derselben 12 Psg.. UeAlWien LL Psg. Schluß für Jnseratannahme Iv Uhr vormittags. Telefon S.
Mittwoch, den 5. März 1913.
Bezugspreis.- In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 viertelsährltch, Postbezugspreis für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr MI. 1.SÜ. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg., in Bayern und Reich 42 Psg.
Amtliche Bekanntmachungen.
K. Oberamt Calw. Bekanntmachung.
Die nachgenannten amtskörperschastlichen Jahresrech- nungcn sür 1911:
g) der Oberamtspflege, d) „ Oberamtssparkasse, c) „ Bezirkskrankenpflegeversicherung sind vom 5. bis 18. März d. I., also zwei Wochen lang, zur allgemeinen Einsicht in der Oberamtskanzlei aufgelegt. Den 4. März 1913.
Regierungsrat Binder.
gehalten, mit der Ausscheidung solcher Stücke möglichst streng vorzugehen.
3. Lehrlinge mit kürzerer Lehrzeit dürfen andere als die in dem Aufgabenverzeichnis, das dem Heft „Bestimmungen über die Landesausstellungen von Lehrlingsarbeiten" angehängt ist, bezeichnet«» Arbeiten nicht zur Ausstellung bringen. Dieses Verzeichnis kann bei den gewerblichen Vereinigungen und den K. Oberämtern eingesehen werden. Bemerkt wird, dah nur das im Jahre 1906 ausgegebene Heft „Bestimmungen" nebst Aufgabenverzeichnis maßgebend und dah das alte Aufgabenverzeichnis nicht mehr gültig ist.
4. Die Anmeldung der Gesellenprüflinge kann außer dura) die gewerblichen Vereinigungen auch durch die Vorsitzenden der Kesellenprüfungsausschüsse erfolgen. In den Anmeldungen ist zu bestätigen, dah das angemeldete Stück das Gesellenstück ist, sowie dah der Prüfling bei der Gesellenprüfung das Zeugnis „gut" erlangt hat (s. übrigens auch Ziff. 1 Abs. 1 letzter Satz).
Zu den Anmeldungen wollen die vom Sekretariat der Zentralstelle zu beziehenden Vordrucke verwendet werden. Die etwa noch im Besitz der gewerblichen Vereinigungen befindlichen älteren Vordrucke können nicht mehr gebraucht werden. Die Anmeldungen sind durch Vermittlung der am Wohnorte des Ausstellers befindlichen gewerblichen Vereinigung bzw. der nächstaelegenen gewerblichen Vereinigung oder in dem Fall 4 obev auch durch den betreffenden Vorsitzenden des Prüfungsausschusses spätestens bis zum 3. April an uns einzusenden. Zugleich mit den Anmeldungsvordrucken erhalten die Vereinigungen und Vorsitzenden der Prüfnugs- ausschüsse Kärtchen, die bei der Einsendung an den Ausstellungsstücken zu befestigen sind.
Die Arbeiten sind zwischen dem 11. und 17. April einzusenden, soweit die einzelnen Aussteller nicht bis zum 9. April von ihrer Nichtzulassung benachrichtigt worden sind. Die Ausstellung wird voraussichtlich vom 4.-22. Mai d. I. dauern. Näheres über die Einsendung und Eröffnung wird noch bekannt gemacht werden.
Die gewerblichen Vereinigungen des Landes ersuchen wir, ihre Mitglieder auf die Abhaltung dieser Ausstellung aufmerksam zu machen und zu lebhafter Beteiligung anzu- regen. Das gleiche Ersuchen richten wir an die Mitglieder der Eesellenprüfungsausschüsfe bezüglich der Prüflinge.
Stuttgart, 20. Februar 1913. Mosthaf.
Grenzen, und strenge Bewachung sichert die Brücken. Eine halbe Milliarde hat dieser kriegsbereite Frieden in einem Vierteljahr bereits Oesterreich gekostet — nicht mitgerechnet die noch größeren Schädigungen von Handel und Industrie durch die allgemeine Beunruhigung und Unternehmungsunlust. Rußlands Mobilmachung wird nicht viel weniger kosten. Wir werden diesen Zustand hinnehmen müssen — bis ins Frühjahr hinein. Daran hat auch das Handschreiben des greisen Kaiser Franz Josef an den jüngeren Zaren nichts ändern können, und daran hat auch die Antwort des russischen Zaren nichts ändern wollen. Wer den Inhalt dieser beiden Dokumente kennt, der weiß, daß die Zeichendeuter sich täuschen, die da schließen, daß der Mangel einer Demobilisierung auch einen Mangel an Erfolg bedeutet: der österreichische Brief hat ausdrücklich und absichtlich auf solche Anregungen konkreter Natur, wie Rüstung oder Abrüstung verzichtet und sich darauf beschränkt, eine friedfertige Gesinnung kundzutun und so gegen die Kriegsgefahr des Großfürsten Nikolaus und seiner montenegrischen, ebenso klugen wie energischen Gattin ein Gegengewicht zu schaffen. Dieses Ziel ist zur Zeit erreicht — zwischen Hof und Hof.
Trotzdem bleiben beide Nachbarn in Kriegsbereitschaft gegeneinander an den Grenzen — und müssens bleiben. Nicht als ob ein Staat des andern Land angreifen oder erstreben wollte: zu einer solchen Politik fehlt jede Notwendigkeit und jeder Anlaß. Nicht als ob ein Staat mit dem andern Land wirtschaftlich rivalisieren und konkurrieren könnte: zu einem solchen Willen fehlt jede Möglichkeit und jede Aussicht — für Rußland, dessen gesamter Umsatz mit allen Balkanstaaten nur 52 Millionen Mark ausmacht, gegenüber 317 Millionen Mark von Oesterreich-Ungarn. Ein territoriales oder ein ökonomisches Interesse kann weder Oesterreich noch Rußland bewegen; nur das Prestige-Bedürfnis führt beide Staaten auf den Plan: Rußland, obwohl es geographisch an keinen einzigen der vier Balkanstaaten mehr angrenzt, und Oesterreich, weil es an fast alle diese Balkanstaaten anstößt.
Oesterreich und Rußland verharren im mobilisierten Kriegszustand, um so für ihr Prestige auf dem Balkan zu kämpfen. Oesterreich will, daß, wenn schon eine südslawische Kette seiner Grenze entlang sich über den Balkan bildet, der Angelpunkt dieser cliame cl'etats 8lave8 (wie der österreichische Diplomat Graf Andrassy schon 1878 aus dem Berliner Kongreß sich ausdrückte), nicht in Petersburg, sondern in Wien zu suchen und zu finden sei.
Und Rußland andererseits fürchtet, daß die Prophetie Bismarcks sich erfülle, der die Balkanpolitik sich so entwickeln sah:
Die traditionelle russische Politik, die sich teils auf Glaubens-, teils auf Blutsverwandtschaft gründete, der Gedanke, die Rumänen, die Bulgaren, die griechischen, gelegentlich
Landesausstellung von Lehrlingsarbetten im Jahr 1813.
Indem wir auf unsere Bekanntmachung vom 4. Januar 1901 (Eewerbeblatt S. Off.) und auf unser Ausschreiben an die gewerblichen Vereinigungen des Landes vom 24. Januar 1901 uns beziehen, bringen wir zur öffentlichen Kenntnis, daß wir im Laufe des Frühjahrs in Stuttgart wieder eine Ausstellung von Lehrlingsarbeiten nach den Bestimmungen über die Landesausstellungen von Lehrlingsarbeiten veranstalten werden.
Wir machen auf folgende Bestimmungen besonders aufmerksam.
1. Von den am Ende der Lehrzeit stehenden Lehrlingen werden nur diejenigen zur Ausstellung zugelassen, die die Gesellenprüfung mindestens mit dem Zeugnis „gut" bestanden und das Gesellenstück in fremder Werkstätte hergestellt haben. Befreiungen von letzterer Vorschrift können gewährt werden, wenn die Herstellung in fremder Wekstätte nicht möglich ist. Befreiungsgesuche sind von den Vorsitzenden der Gesellenprüfungsausschüsse womöglich vor Anfertigung der Arbeiten, spätestens aber mit Einsendung der Anmeldung uns vorzulegen. Soweit die diesjährigen Gesellenprüfungen bis zum Ablauf der Anmeldefrist noch nicht beendigt sind, sind die Anmeldungen mit entspechendem Vermerk inzwischen vorzulegen und erfolgt die Entscheidung über die Zulassung erst nach Vorlage des Prüfungszeugnisses.
Auslernende Lehrlinge aus staatlich unterstützten Lehrlingswerkstätten haben auszustellen, auch wenn sie in der Gesellenprüfung ein geringeres Zeugnis erlangt haben.
2. Als Ausstellungsstücke der in Ziff. 1 genannten Lehrlinge dürfen nur die Gesellenstücke eingesendet werden. Ueber deren Preiswürdigkeit entscheiden die zur Beurteilung der Ausstellungsstücke berufenen Sachverständigen vollständig frei. Sogenannte Prunkstücke haben keine Aussicht auf Erlangung eines Preises. Die Sachverständigen werden an-
Der ruffisch-österreichische Prestige-Krieg.
Von Or. S. Jäckh.
Zwischen Rußland und Oesterreich herrscht Kriegszustand. Kein Gewehr ist losgegangen, keine Kanone hat geschossen; aber in Waffen starren die
ihm sei. Er antwortete leise: „Ich habe kein Kind."
Brigitta muhte mit ihrem scharfen Gehör die Worte vernommen haben; denn sie erschien in diesem Augenblick unter der Tür des Zimmers, sah sehr scheu auf meinen Freund und mit einem Blicke, den ich nicht beschreiben kann und der sich gleichsam in der zaghaftesten Angst nicht getraute, eine Bitte auszusprechen, sagte sie nichts als das einzige Wort: „Stephan."
Der Major wendete sich vollends herum — beide starrten sich eine Sekunde an — nur eine Sekunde — dann aber, vorwärts tretend, lag er eines Sturzes in ihren Armen, die sich mit mahloser Heftigkeit um ihn schlossen. Ich hörte nichts als das tiefe, leise Schluchzen des Mannes, wobei das Weib ihn immer fester umschlang und immer fester an sich drückte.
„Nun keine Trennung mehr, Brigitta, für hier und die Ewigkeit."
„Keine, mein teurer Freund!"
Ich war in höchster Verlegenheit und wollte still hinausgehen; aber sie erhob ihr Haupt und sagte: „Bleiben Sie, bleiben Sie."
Das Weib, das ich immer ernst und strenge gesehen hatte, hatte an seinem Halse geweint. Nun hob sie, noch in Tränen schimmernd, die Augen, — und so herrlich ist das Schönste, was der arme, fehlende Mensch hienieden vermag, das Verzeihen — dah mir ihre Züge wie in unnach-
ahmlicher Schönheit strahlten und mein Gemüt in tiefer Rührung schwamm.
„Arme, arme Gattin." sagte er beklommen, „fünfzehn Jahre muhte ich dich entbehren und fünfzehn Jahre warst du geopfert."
Sie aber faltete die Hände und sagte, bittend in sein Antlitz blickend: „Ich habe gefehlt, verzeihe mir, Stephan, die Sünde des Stolzes — ich habe nicht geahnt, wie gut du seist — es war ja bloß'natürlich, es ist ein sanftes Gesetz der Schönheit, das uns zieht." —
Er hielt ihr den Mund zu und sagte: „Wie kannst du nur so reden, Brigitta — ja, es zieht uns das Gesetz der Schönheit, aber ich muhte die ganze Welt durchziehen, bis ich lernte, dah sie im Herzen liegt, und dah ich sie daheim gelassen in einem Herzen, das es einzig gut mit mir gemeint hat, das fest und treu ist, das ich verloren glaubte, und das doch durch alle Jahre und Länder mit mir gezogen. — O Brigitta, Mutter meines Kindes! Du standest Tag und Nacht vor meinen Augen."
„Ich war dir nicht verloren," antwortete sie, „ich habe traurige, reuevolle Jahre verlebt! — Wie bist du gut geworden, jetzt kenne ich dich, wie bist du gut geworden, Stephan!"
Und wieder stürzten sie sich in die Arme, als könnten sie sich nicht ersättigen, als könnten sie an das gewonnene Glück nicht glauben. Sie waren wie zwei Menschen, von
li) Brigitta.
Erzählung von Adalbert Stifter.
(Schluß.)
Ich war hinabgegangen, um mich nach dem Befinden Gustavs zu erkundigen, und trat in das Zimmer, das neben dem Krankengemache 'befindlich war, ein. Ich habe schon gesagt, daß die Fenster gegen den Garten hinausgingen: die Nebel hatten sich gehoben und eine rote Wintersonne schaute durch die entlaubten Zweige in das Zimmer herein. Der Major war schon zugegen, er stand an dem Fenster, das Angesicht gegen das Glas gekehrt, als sähe er hinaus. Im Krankengemache, durch dessen Tür ich hineinschaute und dessen Fenster durch ganz leichte Vorhänge etwas verdunkelt waren, sah Brigitta und sah auf ihren Sohn. Plötzlich entrang sich ihren Lippen ein freudiger Seufzer, ich blickte genauer hin und sah, dah ihr Auge mit Süßigkeit an dem Antlitz des Knaben hänge, der die seinigen offen hatte; denn er war nach langem Schlafe aufgewacht und schaute heiter um sich. Aber auch auf der Stelle, wo der Major gestanden war, hatte ich ein leichtes Geräusch vernommen, und wie ich hindlickte, sah ich, dah er sich halb umgewendet hatte und dah an seinen Wimpern zwei harte Tropfen hingen. Ich ging gegen ihn und fragte ihn, was