Achwerverwundete ans Frankreich zurück. I
WTB. Konstanz, 30. Juli. Heute Vormittag um ^ 11.10 Uhr traf noch ein Schweizer Sanitätszug hier ein, der 31 schwerverwundete Deutsche und 4 Offiziere brachte. Die Verwundeten wurden am Bahnhof mit Musik empfangen und in der üblichen Weise bewirtet. Stadtpfarrer Zandt hielt eine herzliche Begrüßungsansprache. Mit dem Zug 8.34 Uhr wurden die Verwundeten nach Karlsruhe weiter befördert.
Der ehemalige französische Kriegsminister Messimy verwundet.
WTB. Paris, 30. Juli. Der Matin meldet, daß der ehemalige Kriegsminister Messimy in den Vogesen durch einen Granatsplitter am Schenkel schwer verwundet wurde.
Zwangsweise Rekrutierung der belgische;
Militärpflichtigen.
WTB. Paris, 30. Juli. Der Temps meldet: Die belgische und die französische Regierung haben ein Abkommen getroffen, wonach alle Belgier bis zum Alter von 36 Jahren, die ihrer Militärpflicht nicht nachgekommen sind, in Frankreich von der Polizei ausgesucht und zwangsweise den belgischen Militärbehörden zuge- :führt werden sollen. Diese Bestimmung war bisher nur für Belgier bis zu 25 Jahren in Kraft.
Ein deutsches Anerbieten an Frankreich?
WTB. London, 30. Juli. Im Unterhause sprachen gestern mehrere liberale Abgeordnete über die allgemeine Wehrpflicht. Wedgwood sprach dafür und sagte, England müsse alle Kräfte anspannen, da Deutschland' Frankreich zu einem vorteilhaften Sonderfriedenzuverleiten suche. — Morning Post schreibt heute über denselben Gegenstand: Glücklicherweise sind die Franzosen ein tapferes ritterliches Volk und haben Deutschlands Anerbietungen zurückgewiesen, aber seien wir uns der Gefahr bewußt, die für uns besteht, wenn wir in dem jetzigen Zustand verharren.
Die tragischen Aussichten des neuen Kriegs jahres für England.
WT»B. London, 30. Jüli. Der parlamentarische Mitarbeiter der „Daily News" schreibt über die Debatte im Unterhaus, das neue Programm Lloyd Georges weise offenbar auf die tragischen Aussichten des neuen Kriegsjahres hin. Dieser Schluß sei unabweisbar. Durch die ganze Rede habe sich wie ein Kehrreim die Andeutung durchgezogen, daß dieser und jener Vorschlag erst nach Wochen und Monaten Früchte tragen werde. Auch Asquith habe Andeutungen über den sicheren, aber nicht unmittelbaren Sieg gemacht.
Die Kaiserin in Ostpreußen.
WTB. Königsberg, 30. Juli. Die Kaiserin und die Kronprinzessin besuchten heute von Königsberg aus, das durch den Russeneinkall sehr mitgenommene Dorf Abschwangen nebst Kirche, sowie die Städte Domnau und Allenburg und kehrten über Wehlan nach Königsberg zurück.
Russische Besorgnis um Warschau
WTB. London, 30 Juli. Meuter.) Times mckoet aus Warschau vom 25. Juli: Die heutigen Nachrichten sind unbefriedigend. Wie verlautet, haben dir Deutschen den Narew überschritten und sich eingegraben. Auch im Süden ilst der Feind nicht sehr weit entfernt. Man sieht den Feuerschein brennender Dörfer. Selbst Optimisten sind der Ansicht, daß die Räumung Warschaus nur mehr eine Frage von Tagen ist. Zu betonen ist, daß die Russen aus ihren Stellungen nicht vertrieben werden körnm, sondwn sich lieber zurückziehen, als daß sie eine Schlacht wagen, auf die sie ungenügend vorbereitet -sind, so daß daraus eine Niederlage entstehen könnte. Man glaubt nicht, daß es in der Nachbarschaft Warschaus zu Kämpfen kommen wird. Wahrscheinlich werden zwischen Warschau und der neuen Front nur Rückzugsgefechte stattfinden. Me Post ist heute geschlossen worden und die Beamten haben die Stadt verlassen.
Der Krieg mit Italien.
WTB. Wien, 30. Juli. Amtlich wird verlautbart vom 30. Juli 1915 mittags:
Italienischer Kriegsschauplatz: Die im Görzischen am Plateaurand noch andauernden italienischen Angriffe sind vereinzelte vergebliche Vorstöße feindlicher Abteilungen, die sich gegen die vorspringenden Stützpunkte unserer Stellungen richten. So versuchten östlich Sagrado und bei Redipuglia italienische Truppen, weiter Raum zu gewinnen. Sie wurden durchweg abgewiesen. Besonders um den Monte Sei Busi, der fest in unserem Besitz ist, mühte sich der Feind vergebens. An den anderen Teilen der Front im Südwesten hat sich nichts Wesentliches ereignet. Am Plateau von Cormons wurde in den letzten Tagen ein italienischer Flieger durch Volltreffer einer Ballonabwehrkanone abgeschossen. Pilot und Beobachter wurden unter den brennenden Trümmern des Flugzeuges tot anfgefunden.
Ereignisse zur See.
Me Italiener hatten kürzlich auf dem von uns militärisch nicht besetzten Eiland Pelagosa eine Funkenstation errichtet. Am 28. Juli wurden die Stationsgebäude derselben von einer Gruppe unserer Dorpedofahr- zeuge durch Geschützfeuer zerstör t und der Gittermast umgelegt. Hieran anschließend wurde zur Feststellung des Umfangs der feindlichen Besatzung ein kleines Landungsdetachements unserer Torpedofahrzeuge zu einer scharfen Rekognoszierung auf das Eiland gesandt- Die- drang, ungeachtet des heftigen Widerstandes, Mer einen feindlichen Schützengraben bis zu den stark.be-
I setzten, betonierten Verteidigungsanlagen der Italiener j vor und brachte diesen, unterstützt durch das Artilleriefeuer aus unseren Fahrzeugen, bedeutende Verluste bei. So fielen u. a. der Kommandant der italienischen Besatzung und ein zweiter Offizier. Nach der erfolgreichen Rekognoszierung kehrte unser Detachement trotz der großen lieber macht des Gegners ohne erhebliche Verluste auf die Fahrzeuge zurück. Feindliche Unterseeboote lancierten vergebens mehrere Torpedos gegen unsere Einheiten.
Flo tten ko mmando.
Die Kriegslage an de« Dardanellen.
WTB. Christiania, 30. Juli. Morgenbladets militärischer Mitarbeiter schreibt über die Kriegslage an den Dardanellen: Seit dem großen Angriff der Alliierten vom 4. bis 6. Juni hätten offenbar nur bedeutungslose örtliche Gefechte und tägliche Beschießungen stattgefunden, ohne daß die Alliierten di« geringsten Fortschritte gemacht hätten. Offenbar aber hätten die türkischen anatolischen Batterien die feindlichen Stellungen mit guter Wirkung beschossen, obwohl weder die englischen, noch die französischen Berichte davon meldeten. Da aber di« Kriegsschiffe der Alliierten in letzter Zeit sie aus weiter Entfernung beschossen, müsse deren Feuer doch lästig gewesen sein. Bei Kaba Tepe, wo Australier und Neuseeländer kämpften, sei überhaupt kein Fortschritt zu verzeichnen. Bei Seddul Bahr sei der äußerste Punkt, den die dort kämpfenden britischen und französischen Kolonialtruppen erreichten, nur fünf Kilometer von der ursprünglichen Landungsstelle entfernt. Nach dem, was Asquith selbst mitgeteilt habe, hätten diese 5 Kilometer den Briten 45 000 Mann gekostet, also jeder Kilometer rund 10000 Mann oder 10 Tote, Verwundete und Gefangen« auf den Meter, anders ausgedrückt gegen 600 M!ann täglich während voller drei Monate. Rechne man alle untergegangenen unbeschädigten Kriegsschiffe, sowie die französischen Verluste, die nicht bekannt gemacht worden seien, hinzu, dann werde klar, daß die Alliierten sich auf ein äußerst kostspieliges Experiment eingelassen hätten. )
Betrachtungen über den bisherigen Verlauf des Krieges.
WTB. Bukarest, 30. Juli. Der „Universul" schreibt in einem Leitartikel: Die größte Ueberraschung, die uns der Krieg brachte, ist bei den Zentralmächten und Rußland. Als es bei Beginn des Krieges infolge der Edward'schen Einkreisungspolitik Kriegserklärungen regnete, sagten sich selbst die eingefleischtesten Anhänger der Zentralmächte, daß diese verloren seien. Wie mächtig der deutsche Militarismus immer sein mag, wie tapfer die Armeen der beiden Reiche auch immer kämpfen mögen, sie würden, so glaubte man, nur einen Achtungserfolg dav nlragm und schließl-ch z -gründe gehen. Im Kampfe gegen die ganze Welt würden sie wähl einige Wochen widerstehen, bis ihre Kraft gebrochen sein werde. Die größten Erwartungen knüpfte« sich in dieser Beziehung an die Millionenheere Rußlands. Indessen sind in dem Kriege alle Berechnungen über den Haufen geworfen worden. Wir sehen, daß die Deutschen trotz des Kampfes auf beiden Fronten in Feindesland eingedrungen sind und bedeutende Siege davongetragen haben. Mit Ueberraschung sehen wir, datß die Oesterreicher und' Ungarn, deren Kraft gebrochen schien, in Verbrüderung mit den Deutschen heute die Russen ans ihrer Flucht in das Feindesland verfolgen, mit einen« Wort, die Berechnungen, die zu Beginn des Krieges' aufgestellt wurden, haben fehlgeschlagen. Me Bilanz schließt mit einem bedeutenden Gewinn für die Zentralmächte und einem großen Defizit für den Vierverband. Die nächste Schlußfolgerung ist, daß wir, sowie der Vierverband, die Kräfte der Zentralmächk« unterschätzt haben und zwar nicht nur die rein militärischen, sondern auch ihre ganze Organi- sationaufallenGebieten. ,
Holland.
WTB. Haag, 30. Juli. Die Erste Kammer hat das Gesetz über die Ausdehnung der Landsturmpflicht, den Flottengesetzentwurf und den außerordentlichen Kredit von 90 Millionen Gulden ohne Abstimmung angenommen.
Ei« Aufruf des Papstes.
WTB. Rom, 30. Juli. (Agenzia Stefani.) Der Offer- vatore Romano veröffentlicht einen Aufruf des Papstes an die kriegführenden Völker und ihre Staatsoberhäupter, indem er sie beschwört, den Krieg zu beendigen.
Letzte Nachrichten.
WTB. Paris, 31. Juli. Nach dem »Journal" herrscht seit einiger Zeit in Algier eine große Heuschreckenplage, die durch die diesjährige außerordentliche Hitze begünstigt worden ist.
WTB. Paris, 31. Juli. Wie der „Temps" aus Calais meldet, hat in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag ein deutsches Flugzeug Calais überflogen und mehrere Bomben abgeworfen, die nur Sachschaden angerichtet haben. Ein anderes deutsches Flugzeug überflog den Bezirk Crave- lines, wo es mehrere Bomben abwarf, ohne Schaden anzurichten.
WTB. Paris, 31. Juli. Nach einer Schätzung des »Temps" beträgt der Schaden in GerbrSviller (Departement Meurthe-et-Moselle), der durch das Bombardement und Brände verursacht worden ist, 13 Millionen Francs.
WTB. Lyon, 31. Juli. Wie der „Nouvelliste" aus Paris erfährt, wird die Einberufung der Jahresklasien 1887 und 1888 unter den augenblicklichen Umständen nicht ! erfolgen, sondern erst wenn dies die militärische Lage notwendig macht. l
WTB. Konstantinopel, 31. Juli. Das Große Hauptquartier gibt bekannt: An der Kaukasussront dauert die Verfolgung des Feindes auf unserem rechten Flügel fort.
An der Dardanellenfront am 29. Juli bald schwaches, bald heftiges Artillerie- und Jnfanterieseuer auf beiden Seiten. Unsere Artillerie traf ein Flugzeugmutterschiff vor Ari-Burnu und nötigte es, sich zurückzuziehen. Sie bewirkte eine von Explosion begleitete Feuersbrunst hinter den feindlichen Schützengräben bei Seddul-Bahr. Unsere anatolischen Batterien beschossen die feindlichen Truppen in der Gegend von Tekke-Burnu. .
WTB. Haag, 31. Juli. Der »Nieuwe Courant" schreibt > in einer Ueberficht über die Kriegslage: Darauf ist also der russische Zug nach Berlin hinausgelaufen: auf die Räumung Warschaus a la Minute. Man muß, wenn man objektiv bleiben will, zugeben, daß an den breitspurigen Betrachtungen des »Rußki Invalid" etwas Wahres ist. Es ist nicht unmöglich, daß sich der klassische Zug Napoleons nach Moskau wiederholt, aber wir glauben uns zu erinnern, daß das russische Heer 1812 sich nicht vorher ein paar Mal hat besiegen lassen. Wir müssen abwarten. Es wird sich bald erweisen, ob der aus Petersburg angekündigte Rückzug wirklich strategischer Natur ist oder durch den Drang der Umstände veranlaßt ist. Die Ankündigung: »Die Duma ! kommt am Sonntag zusammen; die Regierung wird das Land über die militärischen Zustände in Kenntnis setzen" i spricht Bände. !
WTB. Brr«, 31. Juli. Reichskanzler vo» Bethma»« ! Hollweg hat folgendes Telegramm a» de« Bnndesprafidenteu ! Motta gerichtet: Nachdem der zweite Verwundetenaustausch ! deutscher und französischer Kriegsgefangener in so glücklicher Weise beendet worden ist, ist es mir ein tiefempfundenes Bedürfnis, Ihnen, hochverehrter Herr Bundespräsident, für j die erneute Betätigung der menschenfreundlichen Gesinnung ! der Schweiz gegenüber den heimkehrenden Deutschen den > wärmsten Dank des deutschen Volkes auszusprechen. Die ! deutsche Nation wird nie die Liebesdienste vergessen, die die Schweiz den verwundeten Kriegern in so hochherziger Weise erwiesen hat. Ich werde besonders erkenntlich sein, wenn Sie die Güte haben, den Dank allen beteiligten Militär- und Zivilbehörden, in Sonderheit auch dem schweizerischen und internationalen Roten Kreuz, die bei der Aufnahme und Beförderung unserer Heeresangehörigen aufopferungsvoll mitgewirkt haben, freundlichst zu übermitteln. (Gez.): i Bethmann Hollweg. — Der deutsche Gesandte hat gestern > im Bundeshaus vorgesprochen und dem Chef des politischen Departements den Dank seiner Regierung mündlich über- ! mittelt. !
WTB. Kopenhagen, 31. Juli. Die schiffbrüchigen Deut- > scheu von dem Damvfer „Senator Beerenberg" sind gestern Nachmittag vom Hornsrev-Feuerschiff durch ein deutsches , Schiff abgeholt und nach Deutschland gebracht worden.
WTB. Frankfurt a. M., 31. Juli. Nach einem Radiotelegramm der »Frankfurter Zeitung" aus New-Aork berufen die Deutschen ein großes Friedenskonzil auf Anfang September in Chicago ein, das als die größte Kundgebung seit Generationen erscheint.
WTB. Frankfurt a. M., 31. Juli. Wie die »Frankfurter Zeitung" aus New-Iork erfährt, verlangen die Baum- wollintereffente« mit großer Dringlichkeit eine scharfe Note an England.
WTB. Berlin, 31. Juli. Nach einer Meldung des »Berliner Lokalanzeigers" aus Kopenhagen wurde gestern am Strand -es Nordseebades Fance eine Mine angeschwemmt. Vom Lande aus wurden noch mehrere treibende Minen gesichtet, deren Antreiben erwartet wird.
WTB. Berlin, 31. Juli. Aus Kopenhagen erfährt der „Berliner Lokalanzeiger": Nach Pariser Meldungen wurde Reims am Dienstag de« ganzen Tag mit 10- und 18- Zentimetergranaten beschossen. Im ganzen wurden 600 i
Geschosse und viele Brandbomben in die Stadt geschleudert.
Die Kathedrale wurde mehreremale getroffen. In der Stadt !
entstanden viele Brände, die aber gelöscht werden konnten. j.
WTB. Berlin, 31. Juli. Aus Karlsruhe wird dem !
»Berliner Lokalanzeiger" gemeldet: Basler Meldungen zufolge forderte der Luftkrieg von der Fliegerabteilung in Belfort schon mehrere Opfer, über die jedoch tiefes Stillschweigen beobachtet wird. In diesen Tagen wurde in Bel- fort der tödlich verletzte Pilot Peguli beerdigt.
WTB. Berlin, 31. Juli. Eine Meldung des »Berliner ^
Lokalanzeigers" aus Genf besagt: Nach einer Pariser Privat- !
Meldung bot Baron Suillaume, der Gesandte des Königs !
Albert in Paris, wegen der Enthüllungen der »Norddeutschen !
Allgemeinen Zeitung" seine Demission an, aber Poincare .
und Delcaffe wirkten auf den König ein, die Entlassung einem ,
späteren Zeitpunkt vorzubehalten.
WTB. Berlin, 31. Juli. Das »Berliner Tageblatt" ^ meldet aus Athen: Nachrichten aus Mytilene zufolge unternehmen die Alliierten seit drei Tagen verzweifelte Versuche, die innere« DardanelleufortS durch ei« furchtbares Bombardement zum Schweigen zu bringen. Die Truppentransporte sind wegen der Unterseebootsgefahr mit großen Schwierigkeiten verbunden. Bei Lemnos soll vorgestern ei« Dampfer mit Truppe« torpediert worden sein.
WTB. Berlin, 31. Juli. Nach einer Meldung des »Berliner Tageblatts" aus Stockholm meldet »Svenska ! Dagbladet", daß die Einberufung der Jahresklasse 1896 !
in Rußland schon jetzt erfolgen soll. In den nächsten Tagen werde die Generalmobilisation in ganz Sibirien erwartet.
WTB. Berlin, 31. Juli. Nach einer Pariser Meldung der Kopenhagener »Politiken" soll, so wird dem »Berliner Tageblatt" berichtet, Rußland gegenwärtig verzweifelte An- strengunge« machen, um eine japanische Trvppenentsendung