(-) Schramberg, 28. Juli. (P ostdi e b st a h l.) In der Postagentur Schenkenzell, in der zugleich ein Kauf­laden geführt ward, ist ein größerer Freimarkendiebstahl verübt worden, auch wurden im anstoßenden Laden Scho­kolade und Wechselgeld entwendet. Der Täter muß sich abends haben einschließen lassen und den wachsamen Spitzerhund betäubt oder irgendwie aus dem Postzimmer weggelockt haben. Der Hund ist andern tags unverletzt auf dem Heuboden lebend gefunden worden. Der Täter hat einen völlig neuen, anscheinend erst kurz zuvor bereiteten Dietrich benutzt. Es ist anzunehmen, daß er Spezialist in Postdiebstählen und möglicherweise ein am Tage zuvor im Ort und in der Postagentur ausgetretener, etwa 3540 Jahre alter großer magerer Handwerks­bursche ist.

Würtlenrbergischer Landtag.

"F-) Stuttgart, 27. Juni.

Die Zweite Kammer setzte heute abend die Beratung über die Volksernährung fort. Der Abg. Pflüger (S.) nannte den Lebensmittelwucher in jetziger Zeit einen Hochverrat dem Vaterland gegenüber. Hochverräter pflege man sonst vor die Gerichte zu stellen und mit ihnen nicht glimpflich zu verfahren. Di« Hochverräter aber, die hier in Betracht kämen, hätten diese Maßnahme nicht zu flüchten. In diesem Kriege habe die herr- sthend« Wirtschaftsordnung vollständig versagt; wir hätten eine Wirtschaft, die es auf den Profit abfehe; tatsächlich seien auch die Volksinteressen und -bedürfnisse nicht in erster Linie gestellt worden, sondern die Privatinteressen, die auch von den staatlichen Behörden geschützt worden seien. Die Pläne Englands, Deutschland von außen her auszuhungern, seien gescheitert. Heute müßten wir uns gegen die Pläne wehren, Deutschland von innen heraus «mszuhungern; denn an Nahrungsmitteln sei kein Mangel, das ganze Volk habe ausreichend Vorrat, um zu leben. Die Be­völkerung setze auf diese Landtagsberatung große Hoffnungen. Die Teuerung im Lande dürfe nicht zum Bundesgenossen unserer Feinde werden.

Der Abg. Baumann (R.) betonte, daß sich die Wirtschafts­politik, die wir getrieben hätten zur Hebung eines kräftigen Bauernstandes, sich absolut bewährt habe. Die gewerblichen Frauen laufen gegenwärtig mehr Gefahr, ihr Erspartes zu ver­lieren, während die Bauersfrau wenigstens nicht um ihre Existenz W Kämpfen habe.

Der Abg. Wefimeyer erklärte sich mit dem Abg. Pflüger demRedner der soz. Fraktion", einverstanden, daß nämlich die Wirtschaftspolitik in der Versorgung des Volkes mit den not­wendigsten Nahrungsmitteln versagt habe und äußerte sich noch über die Verantwortung des Gene--kkomm-"'b-,s. lVftepräfldent

Kien« macht« den Redner darauf aufmerksam, daß die Verantwortung des Generalkommandos hier nicht zur Sprache gebracht werden könne.) Westmeyer erinnerte zum Schluß seiner Ausführungen daran, daß er nach einem Wunsche des Bericht­erstatters das Volk darüber aufklären werde, daß dem Kriegs- wuclser nur dadurch ein Ende gemacht werden könne, daß es den schärfsten Kampf gegen den Krieg selbst führe.

Minister des Innern v. Fleischhauer entgegnete, daß er die Hoffnung nicht aufgebe, daß bei der zu erwartenden guten Ernte größere Brotrationen verabfolgt werden können. Bei der Bemessung der Getreidehöchstpreise sei die württ. Landwirtschaft nicht zu kurz gekommen. Die Mehlpreise seien im Laufe der letzten Monate nicht unerheblich ermäßigt worden; den geäußerten Wün­schen werde er möglichst Rechnung tragen. Die Gerüchte, daß größere Mengen von Nahrungsmitteln durch unsachgemäß« oder unachtsame Behandlung zugrunde gegangen seien, hätten.sich

ma>l vestattgt. Eine Ausfuhr von Kirschen oder anderem Obst aus Württemberg habe im laufenden Jahre nicht stattgefunden.

*

(.) Stuttgart, 28. Juli.

In ihrer heutigen Sitzung nahm die Zweite Kammer zunächst zu der Frage der Kartoffel- und Flelschversorgung Stellung.

Abg. Andrer (Z.) bezeichnete es als merkwürdig, daß der Bundesrat auf die statistische Erhebung über die Kartoffelvorräte im Deutschen Reich im Kciegsjahr und in den letzten Jahren gar nicht zurückgegrifsen habe. Wir in Württemberg hätten im vergangenen Frühjahr besonders unter Kartoffelmangcl zu leiden gehabt. Die Regierung und die Gemeinden hätten dafür zu sorgen, daß die Bevölkerung im Anschluß an die Ernte mit den nötigen Kartoffeln versehen werde. Es wäre dringend zu wün­schen, daß der Bundesrat für die Produzenten, wie für den Groß- und Kleinhandel Höchstpreise erlassen sollte. Sein Fraktion könne sich für eine Beschlagnahme der Kartoffeln nicht aus­sprechen. Der Schweinebestand müßte auf feine frühere Höhe gebracht werden. Einer Festsetzung von Höchstpreisen für Schlacht­vieh könne seine Fraktion nicht zustimmen; das Vorgehen der sächsischen Regierung in dieser Hinsicht sei nicht empfehlens­wert, weil praktisch nicht gut durchführbar; dagegen sei ein Abschlachtungsverbot von Schlachtvieh unter 80 Kilogramm zu begrüßen.

M>g. Herrmann (V.) bemängelt« ebenfalls die ungenaue Aufnahme der Kartoffelbestände, wodurch die große Knappheit an dieser Frucht eingetreten sei und erklärte sich ebenfalls aus Gründen der Praxis gegen die sozialdemokratischen An­träge; auch er halte es für die Pflicht der Heeresverwaltung, beim Konsumenten direkt ihren Bedarf zu decken.

Abg. Strobel (BK.) wies auf die Uebcrhastung hin. deren sich die Bevölkerung beim Einkauf von Kartoffeln habe zu Schulden kommen lasten; dadurch würden sich die Händler den Ansturm zu nutze machen und entsprechende Preise fest­fetzen. Von einer Beschlagnahme der Kartoffelvorräte müsst abgesehen werden.

Minister des Innern v. Fleischhauer machte geltend, daß tn Württemberg von einer Unrichtigkeit ln den Angaben der Kartoffelbestände nicht die Rede sein könne. In Württem­berg habe von vornherein allerdings ein Mangel an Kartoffeln bestanden, der aber durch Aufkauf in anderen Teilen des Reiches gedeckt worden sei. Eine allgemeine Festsetzung von Höchstpreisen fiir Kartoffeln könne nur vom Bundesrat verfügt werden. Mit der Festsetzung von Höchstpreisen allein sei aber nicht alles getan. Auch er halte eine Beschlagnahme oder Enteignung nicht für richtig, weshalb er gegen den Ausschutzantrag nichts zu erinnern habe. Würbe man jetzt Höchstpreise fiir Schweine festsetzen, dann laufe man Gefahr, daß der Schweinebestand zurückginge: man müsse noch einige Monate die hohen Preise für Schweinefleisch in Kauf nehmen. Den geäußerten Wünschen nach einer größeren Berücksichtigung der Biehverwertungsgesell- fchaften seitens der Heeresverwaltuna werde er nach Möglichkeit Nachkommen.

Abg. Maler (N-) sprach sich ebenfalls für die Ausschuß- anträg« aus, während Abg. Dr. Lindemann (S.) für die sozial­demokratischen Anträge plaidkerte, worauf

di« Ausschußanträgr angenommen, die sozialdemokratischen Anträge abgelehnt wurden.

Bei der Beratung über die Frage der Milchversvcgung kam Abg. Graf (Z ) auf das Gutachten des Professors Wacker in Hohenheim zu sprechen, das geeignet sei: in der Bevölkerung Unruh« hervorzurufen, die mit der Art der Abfassung und Erledigung solcher einseitiger Berichte in der Zentralstelle für di« Landwirtschaft nicht zufrieden sein könne, weshalb sich der Wunsch erhebe, 0 as Ministerium des Innern möge für die Zukunft eine wcitergehende Kontrolle über Veröffentlichungen der Zentralstelle übernehmen. Dabei rief der Abg. Strobel (BK.) dem Redner zu:Da danken wir schön; schämen Sie tick!", was dem Aba. Strobel einen Ordnunasrui wzoo.

Der Avqeoroner« Korner (-0K- machte oagegen geueno, vag unsere Verhältnisse, verglichen mit denen unserer Gegner, glän­zend zu nennen seien. Die kleinen Landwirte, die die Milch liefern, würden seit langen Jahren unter Bedingungen arbeiten, unter denen kein einziger Arbeiter in der Stadt arbeiten wurde. Die Ausübung einer Kontrolle seitens des Ministeriums über di« Zentralstelle für die Landwirtschaft würden unsere Landwirt« als eine Bevormundung ihrer Sachverständigen ansehen.

Der Abg. Keil (S.) wurde, als er dem Redner wiederhol den Borwurf machte, daß er Hungernde ausbeuten wolle, vom Präsidium zur Ordnung gerufen. ^

Minister v. Fleischhauer hob hervor, daß die Veroffent- lichunq des Gutachtens des Professors Wacker mit dem Einver- ständnis der Regierung erfolgt sei im Interesse einer voll- ständigen Unparteilichkeit der Regierung. Im Uebrigen seien die Verhandlungen der Zentralstelle für die Landwirtschaft nicht öffentlich. Nach weiteren Ausführungen des Abg. Pflüger (S.) wurde der sozialdemokratische Antrag, die Milchpreise nach dem Stand am 1. Juni als Höchstpreise zu bestimmen, gegen die Stim- men der Volkspartei und Sozialdemokraten abgelehnt, dagegen der Ausschußantrag betreffend Höchstpreisfestsetzung für Milch im allgemeinen gegen die Stimmen des Bauernbundes an­genommen. Die beiden anderen Ausschußanträge über Bernd- reichung unentgeltlicher Milch und Festsetzung von Höchstpreisen von Butter und Käse seitens des Bundesrats fanden ebenfalls Annahme. Zu der Frage der Versorgung der Bevölkerung, mit anderen Nahrungsmitteln und Bedarfsartikeln nahm der Aba. Hitler (BK.) und Abg. Feuerstein (S.), sowie der Ml- nister das Wort. Dem Abg. Graf gegenüber bemerkte der Minister, daß ihm von der Absicht, eine weitere Einschrän- kung des Bicrverbrauchs eintreten zu lassen, nichts ^ bekannt seich er aber für die Zukunft keine bestimmten Erklärungen abgeben könne, d-a sich die Verhältnisse jeder- zeit ändern könnten. Sodann fanden die Ausschußanträge ein­mütige Annahme, worauf der Schluß der Sitzung um 3.15 Uhr erfolgte.

Die nächste Sitzung hält die Kammer morgen 10.15 Uhr ab mit der Schlußabstimmung über den Etat und der Entgegen­nahme des Rechenschaftsberichts des Ständischen Ausschusses. Um 11 Uhr erfolgt dann eine gemeinlchaftlickr Sitzung beider Kammern.

l-) Stuttgart, 28. Juli.

2 ,i der Ersten Kammer wurde das Vermögenssteuergesetz und Zuwachssteuergesetz nach eingehenden Referaten von Präsi­dent v. Zeller, und das Gesetz betr. Zuschlag zu den Gerichts- kosten und Notariatsgcbühren nach dem Bericht des Staatsrat, v. Eronmüller einstimmig und ohne Debatte angenommen. Auch der Hauptfinanzetat samt Finanzgesetz, worüber Frhr. v. König berichtete, fand einstimmige Annahme. Zur Schluß­abstimmung über den Etat und zur Beratung d«s Moor- qenossenschaftsgesetzes ist noch eine Sitzung auf morgen anberauiich.,

Weiterbericht.

Auch der neueste Luftwirbel zieht verhältnismäßig rasch nach Osten. Auf seiner Rückseite steigt von neuem der Luftdruck an. Für Freitag und Samstag ist deshalb zwar noch vielfach trübes, aber allmählich wieder aufheiterndes Wetter zu erwarten. , . . - > . ,

Für dis Redaktion verantwortlich: Ludwig Lauk.

Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerci, Menstcig.

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Altensteig-Stadt.

Auf Grund des Art. 34 des Polizeistrafgesetzes wird hiemit ange­ordnet, daß

Tauber*

über die Zeit der Ernte und zwar vom kommenden Montag, de» 2. August LS15, an gerechnet

14 Tage lang eingesperrt zn halte« find

Gleichzeitig wird daraus hingewiesen, daß nach ortspolizeilicher Vor­schrift das

Hausgeflügel

nicht schadenlaufen darf.

Zuwiderhandlungen werden an den Besitzern auf Grund des ge­nannten Artikels geahndet.

Den 28 . Juli 1915. Stadtschultheißenarnt.

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Samstag, den »1. ds. Mts. nachmittags 8 Uhr wird gegen bare Bezahlung versteigert: Der Er­trag von etwa

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