größeren Aufwendungen wurden durch freiwillige Beiträge ,zusammengebracht. Im Gasthof zum Ochsen wurde gestern der 2. Gemeindeabend in diesem Winter abgehalten, der wiederum sehr zahlreich be­sucht war. Der Hauptredner des Abends, Stadt- pfarrer Sandberger, hielt einen Vortrag über Napoleons Untergang, Preußens Aufgang" und führte zahlreiche Lichtbilder vom russischen Feldzug vor. Der Liederkranz erfreute die Anwesenden mit paffenden Chören. Heute abend wurden die Licht­bilder der Jugend oorgeführt.

X Pad Liebenzell, 21. Jan. Das Kaffeehaus zumBlauen Kreuz" ging samt Wirtschaftsinventar zum Preis von 16000 in den Besitz von Frl. Karoline Schleeh, Haushälterin in Stuttgart und gebürtig aus Durrweiler OA. Freudenstadt.

r Beinberg, 21. Jan. Letzten Sonntag abend veranstaltete der hiesige Gesangverein im Easthof zum Rößle eine Abendunterhaltung, verbunden mit Gesängen, theatralischen Aufführungen und Eabenverlosung. Der Vorstand. Herr Lutz, eröff- nete die Abendunterhaltung, indem er den Gästen für ihr zahlreiches Erscheinen dankte. Besonders dankte der Äorstand dem Vereinsdirigenten, Haupt­lehrer Schaich, für seine unermüdliche Arbeit, die er gehabt hat, bis der neugegründets Verein sich an die Oeffentlichkeit wagen konnte. Die Gäste gingen in später Abenslunde nach Hause; sie wünschen dem Verein eine gedeihliche Weiterentwicklung.

Pforzheim, 22. Jan. Gestern nachmittag hat sich in seiner Wohnung im Stadtteil Brötzingen der ver­heiratete Goldarbeiter Klittich, angeblich, weil er im Geschäft vom Vorarbeiter gekränkt worden ist, erschaffen.

Pforzheim. 20. Jan. Das Verschwinden der Minna Staib in Brötzingen hat seine Aufklärung gefunden, bedauerlicherweise auf eine schreckliche Art: Das zehn Jahre alte Mädchen ist, wie kurz gemeldet, einem Lust­mord zum Opfer gefallen. Der Täter ist bereits er­mittelt, es ist der 19 Jahre alte Taglöhner Gustav Kleile in Brötzingen. Dem Verbrechen kam man da­durch auf die Spur, daß die Mutter des Kleile Ver­dacht schöpfte, ihr Sohn habe Kenntnis von dem Ver­schwinden des Kindes. Von ihrer Vermutung machte sie dem Pfarrer Christ in Brötzingen Mitteilung, der hiervon die Polizei verständigte. Auf Grund dieser Nachricht wurde Kleile nachts ^11 Uhr nach seiner Rück­kehr von dem Besuche eines Kinematographen in Pforz­heim in der Wohnung seiner Eltern verhaftet. Die Polizei verbrachte ihn zunächst in das Rathaus und später in das Amtsgefängnis nach Pforzheim. Die Nachricht von der Festnahme des Mörders verbreitete sich blitzschnell im Stadtteil Brötzingen. Dort sammelte j.'jch vor dem ehemaligen Rathause in kurzer Zeit eine g-roße Menschenmenge, die sich anfchickte, in das Gebäude ei? izudringen, um den Täter herauszuholen und zu lyn­che, r. Der Polizei gelang es, die aufgeregte Menge einige Zeit zurückzuhalten; sie' vermochte es aber nicht zu verhindern, daß dieselbe schließlich doch in das Rat­haus. gelangte und dasselbe nach dem Burschen durch­sucht^. Gleich nach seiner Einlieferung in Pforzheim wurde Kleile durch die Staatsanwaltschaft vernommen. Ob ei- ein Geständnis abgelegt hat, ist nicht bekannt, so vie l gab er aber zu, die Leiche des Kindes in dem Garte n ' ner Eltern vergraben zu haben. Es wurden noch i Rächt in dem Anwesen Nachforschungen an- geste^ ,, > waren ohne Resultat. Heute früh wurden die l i in:en wieder ausgenommen mit dem Erfolge, daß . -n der Nähe des kleinen Eartenhäuschens die Leich» -l s vermißten Mädchens auffaud . Heber den

Befund der Leiche gehen allerlei Gerüchte. Rach diesen soll der Leib des Kindes ausgeschnitten und die Beine gebrochen worden sein. Durch den Gerichtsarzt würde inzwischen eine Sektion der Leiche vorgenommen, die dann in einem Totenwagen nach dem Stadtteil Brötzin­gen überführt wurde. Wie heute verlautete, soll in der Sache noch eine weitere Verhaftung vorgenommen wor­den sein. Nach dem, was erzählt wird, hatte der Fest­genommene Kenntnis von der grauenhaften Tat.

WLrttemberg.

Das S p i e l en mit der Revolution.

Das Eöppinger sozialdemokratische Blatt veröffent­licht einenZum Nachdenken" betitelten Artikel, in welchem einige Daten aus dem vergangenen Jahre in sozialdemokratischer Beleuchtung aufgezühlt werden. Es heißt darin u. a.:

Die Scharfmacher, allen voran die Mumiensamm­lung des preußischen Abgeordnetenhauses, fordern schär­feren Schutz der Streikbrecher und rascheres Schießen der Schutzleute.

Der Reichstag bewilligte, ohne zu mucksen, eine Wehrvorlage.

Wilhelm II. hält am 31. August eine Galadinerrede, bei welcher er meint: Wir können zufrieden sein.

Das Deutsche Reich wird 1913 nicht nur 1861 Mil­lionen Mark für Armee und Marine ausgeben, seine Kriegsmacher wollen auch noch eine neue Militärvor­lage."

Das sozialdemokratische Blatt fährt nun fort:Wer wagt nun angesichts dieser Tatsachen dem Volke noch immer Geduld und Zufriedenheit zu predigen? Und wer will das Proletariat damit trösten, daßgut Ding lang Weile haben" muß. Aus eigener Kraft müssen und können wir siegen. Man sollte wirklich nicht mei­nen, daß es einen besseren Anschauungsunterricht geben könnte, als er der Arbeiterklaffe täglich neu vorgeführt wird. Keine Zeit war für uns so günstig, um die Köpfe zu revolutionieren, wie die jetzige. Drum sagen wir mit Glasbrenner:

Schlagt los! Schon rauscht das verschlingende Wasser. Frisch, Bäume gefällt!

Ihr Freunde, zur Tat! Nicht gewimmert!

Bald blühet uns die Wclt,^

Die neue, die freie.

Drum munter die Arche gezimmert?

Das Ziel ist so edel, so groß.

Die Aerte heraus, schlagt los!"

Stuttgart, 21. Jan. Auf einer Landeskonferenz haben 235 Delegierte aus 67 Konsumvereinen des Lan­des mit rund 90 000 Mitgliedern eine Resolution gegen die Eingaben des Württemb. Bundes für Handel und Gewerbe, sowie des Verbandes der Rabattsparvereine beschlossen, die auf dem Standpunkt stehen, da die Kon­sumvereine nicht genügend zur Besteuerung herangezo­gen werden. Die Konferenz erwartet von der Regie­rung, daß die Konsumvereine nicht noch weiter belastet werden.

Stuttgart, 21. Jan. In Weidach bei Echterdingen hat der 37 Jahre alte, verheiratetBauer Johannes Fohl im Bärenhos seiner Mutter den Hals abgeschnitten. Die Frau lag krank im Bette. Sie wohnte bei dem Sohne, der sie nach des Paters Tod zu sich genommen hatte. Der Muttermörder leidet angeblich an religiösem Wahn­sinn. Er hat sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen und genoß bisher einen guten Ruf.

Horb, 21. Jan. Im benachbarten Dettingen herrschen unter der Kinderwelt seit einiger Zeit Diphterie und Scharlach so stark, daß die Schulen geschlossen werden mußten, zumal da auch noch eine

Lehrperson an Diphterie erkrankte. Die Epidemie verlief bis jetzt gutartig.

Marbach a. N., 21. Jan. Unterhalb des Eisen­bahnviadukts machte sich in einer Kiesgrube auf dem morschen Eis der 9 jährige Karl Vogelfang zu schaffen. Er brach ein, und obgleich Hilfe zu Stelle war, konnte das Kind nur als Leiche geborgen werden.

Gmünd, 21. Jan. Gestern abend, etwa um V-5 Uhr, ereignete sich im WaldteilNepper" ein schwerer Unfall. Beim Heraussprengen von Baumstümpfen mit dem Sprengmaterial Romperit wurde der 37 Jahre alte verheiratete Gärtnergehilfe Welz getötet. Wegen der hereingebrochenen Nacht konnten gestern nähere Erhebungen nicht mehr gemacht werden. Soweit bis jetzt festgestellt ist, soll eine Patrone nicht losgegangen sein. Als der Verunglückte nach der Ursache sehen wollte, ging der Schuß los. Welz wurde wenige Meter zurück auf eine Holz­beige geworfen und ihm ein handgroßes Loch in die linke Brustseite gerissen. Der Verunglückte soll geprüfter Sprengmeister gewesen sein. Die Er­hebungen werden heute fortgesetzt.

Mergentheim, 21. Jan. Äm 18. Mai wird nach einem gestern auf einer Vertreterversammlung hier ge­faßten Beschluß der Verbandstag des Württemb. Flei­scherverbandes hier abgehalten werden.

Friedrichshasen, 21. Jan. Das gestern von hier nach Baden-Oos abgeflogene Militürluftschiff Ersatz 7 1" das Schiff überflog dabei Obern­dorf, Rottenburg, Horb, Freudenstadt hat ein Fassungsvermögen von 20 lM Kubikmeter, eine Länge von 140 und einen Durchmesser von 15 Meter. Mitten durch den Luftschiffkörper führt ein Schacht zur Oberseite, da auf einer Plattform ein Maschinen­gewehr angebracht werden soll. Besonderer Wert wurde auf Ausführung der drahtlosen Telegraphie gelegt. Man glaubt schon jetzt, daß das Luftschiff in jeder Hinsicht nicht nur derViktoria Luise", sondern auch dem Reichsmarineluftschiff überlegen ist. Es hat bei seiner gestrigen Fahrt, die mehrere Stunden durch eine Höhe von über 2000 Meter führte, einen Höhenrekord für Luftkreuzer ausgestellt.

Aus Welt und Zeit.

Mülhausen i. E., 21. Jan. In der vergangenen Nacht wurde in dem Bureau des städtischen Schlacht­hauses eingebrochen und der Kassenschrank zum Teil demoliert. Die Diebe erbeuteten dabei gegen 3000 Mark. Schwere Einbrüche erfolgen zur Zeit hier alle paar Tage. Es scheint, daß eine gut orga­nisierte Bande sich die hiesige Stadt und deren Um­gebung als Operationsfeld auserlesen hat. Am ver­gangenen Samstag drangen Einbrecher in die Räum­lichkeiten der Stuerkasse ein und waren schon dabei, den Kassenschrank durch ein Fenster ins Freie zu schaffen, als sie verjagt wurden. Auch vor zwei Wo­chen wurde in der Modenheimer Mühle der Eeld- schrank zum Fenster hinaustransportiert und später im Feld erbrochen aufgefunden. Ebenso zeigten sich bei einem Einbruch in das Bureau des Baugeschäfts Züblin in Dörnach die Einbrecher als besondere Spezialisten in der Behandlung von Kassenschränken.

Berlin, 21. Jan. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Die von der Braunschweigischen Landeszeitung über eine beabsichtigte Marinevorlage gemachten Angaben sind falsch, da für die Marine lediglich eine Nach­tragsforderung für Luftzwecke in Frage kommt.

Die Schule des Lebens.

35) Roman von Herbert v. Osten.

Das kannst du ja haben," gab Achim lachend zu­rück.Wenn wir den braunen Mataafa Mores gelehrt, will ich meinem Schwager schreiben, daß ich einen un­gebetenen Gast mitbringe, der die Bekanntschaft seiner Frau Gemahlin machen will. Doch nein, ich kann dich ja nicht anmelden, ich muß immer unerwartet kommen, das ist nun einmal meine Schwäche. Ich muß mein Schwesterlein in ihrer jungen Häuslichkeit überraschen, das wird ein Hauptspaß werden. Sie ist gewiß eine reizende Schloßfrau geworden, setzte Achim hinzu.

Feldern betrachtete lächelnd seinen jungen Freund, der sich jetzt behaglich in seine Hängematte zurücklehnte. Achim fühlte sich nie so frei und glücklich, als wenn er ein schaukelndes Schiff unter seinen Füßen hatte, und der erfrischende Seewind ihm um Stirn und Wangen wehte.

Den Verlust seines Vermögens hatte er längst ver­schmerzt. Als er sich für den einzigen Sohn eines rei­chen Vaters hielt, warf er das Geld mit vollen Händen fort, ohne sich ein großes Gewissen darüber zu machen, wenn er in einer flüchtigen Stunde vielleicht Hunderte verausgabte.

Denn da der Vater über seine Schulden höchst be­lustigt schien und immer versicherte, daß er es in seiner Jugend gerade so gemacht, mußte Achim ja auch glau­ben, daß der Eeldsäckel seines Vaters unerschöpfliche Fundgruben besaß.

Wenn ihn der Oberst wohl auch manchmal er­mahnte, sich nach einer reichen Frau umzusehen, die sein

Amt als Schuldenbezahler übernehme, da er bald nichts mehr rausrücken könne, so hatte Achim die in komischem Pathos gesprochenen Worte für einen Witz gehalten und herzhaft gelacht. Der Vater sah stets so wenig ernst bei den Moralpredigten aus, zu denen er sich manchmal in einem besonders feierlichen Momente aufschwang, daß Achim seine Versicherungen,nächstens müsse er sich zah­lungsunfähig erklären", unmöglich für bare Münze neh­men konnte.

Deshalb fuhr er unbeirrt fort, die Freuden, welche das Leben ihm in verschwenderischer Fülle bot, mit vollen Zügen zu genießen.

In seiner generösen Art war er auch stets gern bereit gewesen, den weniger vom Glück begünstigten Kameraden auszuhelsen, Wechsel für sie zu unterschrei­ben und ziemlich hohe Summen zu bezahlen, wenn ein­mal einem armen Kerl das Messer an der Kehle saß. Sobald er aber einen klaren Einblick in seine Verhält­nisse getan, schauderte er vor dem Abgrunde zurück, dem er blindlings zugeeilt war. Er hatte zu oft die ver­zweifelten Folgen von Eeldkalamitäten bei anderen ge­sehen. um nicht einen tiefen Abscheu davor zu empfinden, sie an sich selbst zu erproben. Freuden, die er mit so viel Demütigungen und Sorgen erkaufen mußte, besaßen für ihn keinen Reiz.

Freimütig und offen erklärte er den Freunden seine veränderten Verhältnisse, damit sie ihn nicht für un­kameradschaftlich hielten, wenn er fortan nicht mehr für sie einträte.

Und um sich selbst die Brücke zu seinem alten, leicht­sinnigen Leben abzubrechen, gab er sein Ehrenwort, sich nie wieder an einem Spiel, sei es auch noch so harmlos, zu beteiligen. Er hielt es eines Ehrenmannes nicht für

würdig, Geld zu borgen mit dem Bewußtsein, es nicht wiedergeben zu können, und nachdem die erste Bitterkeit über sein verändertes Leben überwunden, fühlte er sich wieder so frei und fröhlich, wie er nach dem Tode der Eltern überhaupt noch werden konnte.

Bei den Kameraden und besonders bei den Vor­gesetzten war er infolge seines festen, bestimmten Auf­tretens nur noch beliebter wie zuvor; ein so zielbewuß­tes, energisches Festhalten an dem, was er für recht erkannt, hatte man dem leichtlebigen, flotten Weyherr gar nicht zugetraut und huldigten sie doch alle dem Grundsätze:Pflicht ist Ehre!"-

Ein warmer, windstiller Abend war es, an dem die Korvette in die korallenumsüumte Bai von Apia ein­lies. Hellen Augen schauten sie auf die ihnen von den Masten des Kreuzergeschwaders und den Türmen des Konsulats entgegenwehenden deutschen Farben und kei­ner ahnte wohl, daß der Palmenstrand von Upolu ihnen zum Kirchhof werden sollte.

Kampsesmutig sehnten sie den Augenblick herbei, wo sie den Bewohnern dieser aufrührerischen Inseln einen Beweis deutschen Muts und deutscher Tapferkeit geben durften, wo sie ihre junge Stärke erproben sollten.

Und das haben sie getan bewiesen sich als Hel­densöhne ihrer Heldenväter! Mit Flammenzügen steht der Tag von Veilele vermerkt im goldenen Buche der Geschichte und nennen wird man seinen Namen, so lange die deutsche Flagge auf fernen Meeren weht! Warm wird das Herz und feucht das Auge bei der Er­innerung an jene Heldenscharen, die dort, umweht vom Elutenhauch der Tropen, gestritten und gekämpft, dem deutschen Volke zu Ruhm und Ehre.

Jetzt hatte seit Tagen Friede geherrscht und des-