Die Verteidigung von Parks.
Paris, 6. Sept. (Nicht amtlich.' Die Stadt setzt die Vorbereitungen zur Verteidigung fort. Das Bologner Gehölz ist teilweise wie wegraffert. Die Wege nach Paris sind verbarrikadiert. Der Zustrom Freiwilliger ist «ungeheuer.
Gefangene Mohammedaner aus Algerien werden, entlassen.
Konstantinopel, 6. Sept. Wie der „Tanin" erfährt, haben die Deutschen beschlossen, die Mohammedaner aus Algerien, die sie in den letztenjiKämpfqß zu Gefangenen gemacht haben, freizulassen, soweit sie mit Gewalt in den Krieg geschickt worst'cytz sind, und wenn sie erklären, keinen Haß gegen Deutschland zu hegen. Es' wird ihnen Gelegenheit gegeben werden, nach Konstantinopel zu kommen.
ZUrOeachtung Lei Feldpostsendungen.
Berlin, 5. Sept. (Amtlich.) Am 1. September ist in Frankreich ein Lastautomobil mit zahlreichen Postsäcken für dasFeldpostamt des'Gardelorps und für die jFeldpostexpedition der ersten und zweiten Gardeinfanteriedivifion, sowie der19. und 20. Infanteriedivision aus bisher nicht aufgeklärter Ursache in Brand geraten und die Post durch Feuertvollftän- dig vernichtet worden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Brand durch Selbstentzündung von Zündhölzern oder sonstigen feuergefährlichen Gegenständen, die in Feldpostsendungen verpackt waren, entstanden ist. Aus Anlaß dieses Vorkommnisses wird darauf aufmerksam gemacht, daß Zündhölzer, wie überhaupt alle durch Reibung, Luftzudrang, Druck oder sonst leicht entzündliche Sachen mit der Post nicht versandt werden dürfen. Durch Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden in erster Linie unsere im Felde stehenden Gruppen geschädigt, weil Sendungen mit leicht entzündlichen Gegenständen eine ständige Gefahr für die irrigen so.sehnsüchtig erwarteten Feldpostsendungen bilden.
Keine deutschen Soldaten zur Bedienung Megsge- fangener Offiziere.
Berlin, 6. Sept. (Amtlich.) Zur Bedienung kriegsgefangener Offiziere werden l^ine Mannschaften des deutschen Heeres verwendet. Sofern diese Offiziere keine Burschen oder Diener mftgebracht haben, werden Leute ihrer Nationalität in der unbedingt nötigen Zahl aus den Mannschaftsgefange- nenlagern herangjezogen. ?
Eine Warnung vor dem Zuzug nach Lüttich.
Berlin, 6. Sept. Das Gouvernement Lüttich warnt dringend vor Zuzug von Arbeitern nach Lüttich, da infolge starker Arbeitslosigkeit und Stillstand der Betriebe eine Arbeitsmöglichkeit gänzlich ausgeschlossen ist. - -
Keine Anhäufung und Zurückhaltung vou Gold.
Berlin, 5. Sept. (W.T.B.) Die Nordd. Mg. Ztg. schreibt: Während sich die in den ersten Mobilmachungstagen hier und da aufgetretene Scheu vor dem Papiergeld sehr bald allgemein gegeben hat, werden immer noch große Bestände an Gold in privaten Händen zuruckgehalten. Von fachmännischer Seite wurde der auf solche Weise der Reichsbank vorenthaltene Goldschatz vor einiger Zeit auf l 500000000 berechnet. Nimmt man auch an, daß seit jener Berechnung schon einiges Gold in den Verkehr zurückgeflosfen ist und
Art läßt nicht von Art.
Roman von H. Hill.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Bon der nämlichen Seite her, aus der er selber vorhin gekommen war, bog eine langsam fahrende Pferde- droschke in die Straße ein. Der Kutscher, der bei der schlechten Beleuchtung offenbar Mühe hatte, die Hausnummern zu erkennen, hielt ungefähr zwanzig Schritte vor dem von dem Doktor beobachteten.Haufe und wechselte vom Bock herab ein paar Worte mit seinem Fahrgast, der alsbald das Gefährt verlieh und den Rosselenker bezahlte. Da er dabei gerade unter einer der wenigen Laternen stand, könnte der junge Schriftsteller deutlich erkennen, daß der Mann wie ein Geistlicher gekleidet war, und eine furchtbare Ahnung zuckte bei dieser Entdeckung in seinem Geiste auf. Er strengte alle seine Sinne, auf das äußerste an, um nichts von dem zu verlieren, was sich weiter ereignen würde, und er sah, daß der Mann regungslos stehen blieb, bis der Wagen an der nächsten Straßenkreuzung wieder um die Ecke gebogen war. Dann drehte er den Kopf nach rechts und nach links, wie um sich zu vergewissern, daß er von niemandem beobachtet werde, und schritt, als er darüber beruhigt schien, weiter bis zu dem Eingang des Hauses, in dem Graf Donnersberg vorhin verschwunden war. Er stieg die Stufen empor und fetzte die Glocke in Bewegung. Ein paar Minuten vergingen, bevor ihm geöffnet wurde. In diesem Augenblick aber war Doktor Odemar nach einem letzten, kurzen Zau- dern mit sich ins reine gekommen über das, was er jetzt zu tun habe Wenn dieser Mann da drüben wirklich ein Geistlicher war, und wenn er hierher kam, um eine Trauung zu vollziehen, so war es auch außer Zweifel, daß sich die Komtesse ebenfalls in jenem Haufe befand, und daß keine Sekunde mehr verloren werden durste, um das Ungeheuerliche, Unausdenkbare zu verhindern, das sich da drüben vorbereitete. Jetzt gab es keine Rücksicht und teiae Bedenken mehr, die ein längere». Zaudern gerecht-
daß der eine oder andere Privat- oder Geschäftsmann inzwischen zur besseren patriotischen Einsicht gekommen ist, so steht doch fest, daß noch große Mengen von Gold verborgen gehalten werden. Hier und da haben sich private Kreise bemüht, zurückbehaltenes Gold einzusammeln, um es der Reichsbank zu übergeben. Die Tatsache, daß in kleinen Ortschaften Beträge von 3000 bis 4000 Mk. zusammengebracht werden konnten, läßt darauf schließen, welchen Umfang die Unsitte, sich einen Goldschatz in Kriegszeiten anzulegen, angenommen hat. Der in einzelnen Fällen so wohl gelungenene Versuch, das vorhandene Gold durch vertrauliche Personen einzusammeln und zwecks Umwechslunz in Banknoten an die Reichsbank abzuführen, sollte allgemeine Nachahmung finden. Geht mit solchen Bemühungen eine zweckmäßige erneute Aufklärung Hand in Hand über den Geldwert unserer Banknoten und über den Mangel an patriotischer Gesinnung, der im Einbehalten des dem Reiche so notwendigen Goldes liegt, so kann es am Erfolge nicht fehlen. Die Verstärkung des Goldbestandes der Reichsbank ist für die Zeit des Krieges nicht nur von außerordentlicher wirtschaftlicher, sondern auch von hervorragender politischer Bedeutung.
Nach Berlin!
Berlin, 5. Sept. Die ,B. Z." meldet aus Kopenhagen: Nach einer Privatmeldung der „Politiken" aus Petrograd wurde auf Veranlassung des Zaren dort ein nationaler Flaggentaz veranstaltet mit Verkauf russischer Flaggen. Es kamen 50 000 Rubel zusammen, und der Zar bestimmte, daß die Summe dem russischen Soldaten zu überreichen sei, der zuerst Berlin erreiche.
Keine Revolution in Odessa.
Hamburg, 6. Sept. (W.T.B. Nicht amtlich.) Von einem gesten hier eingetroffenen Mitglied der Hamburger Sonnen- finsternisexpedition, Herrn Dr. Graff, wird dem „Hamburger Fremdenblatl" berichtet: Die über Rumänien gekommenen Nachrichten über den Ausbruch einer Revolution in Odessa mit Straßenkämpsen, Erschießung von höheren Polizeibeamten und Offizieren, Beschießung der Stadt durch russische Kriegsschiffe usw. sind unrichtig. Bis zum 29. August, an welchem Tage ich Odessa verließ, herrschte jedenfalls in der Stadt vollkommenste Ruhe und Ordnung. Die in Odessa zurückgehaltenen Deutschen befinden sich ebenfalls außer jeder Gefahr und ihre Verschickung in andere Gouvernements ist, wie staatliche Behörden noch am 29. August versicherten, vorläufig nicht in Aussicht genommen.
Die türkische Mobilisation.
Konstantinopel, 6. Sept. (W.T.B.) Die Militärverwaltung läßt durch Trommelschlag die Reservisten und den nichtausgebildeten Landsturm bis zum 45. Lebensjahr, die als beurlaubt gegolten haben, von heute ab einrücken.
Kein Einzelfrisden unter de« Mächten des Dreiverbandes.
London, 6. Sept. (W.T.B.) Der Minister des Aeußern und die Botschafter Frankreichs und Rußlands Unterzeichneten heute Vormittag im Foreign Office eine Erklärung, die besagt : Die Unterzeichneten, regelrecht autorisiert von ihren Regierungen, geben folgende Erklärung ab: Die Regierungen Großbritaniens, Frankreichs und Rußlands verpflichten sich wechselseitig, keinen Einzelfriebe« im Lause dieses Krieges zu schließe». Die drei Regierungen kommen überein, daß, falls es angebracht sei, den Friedenswortlaut zu diskutieren, keine der verbündeten Mächte Friedensbedingungen festsetzen kann, ohne vorheriges Uebereinkommen mit jedem der beiden anderen Verbündeten.
fertigt hätten, und selbst wenn er sein Leben wagte, war der Einsatz nicht zu hoch für das, was hier auf dem Spiele stand.
Mit raschen, aber behutsamen Schritten kreuzte er die Straße und sprang die Stufen empor, auf deren höchster noch immer der Mann im Pastorenrock stand und sich mit jemandem in der halb geöffneten Tür unterhielt. Die beide« hatten nichts von der Annäherung des Doktors wahrgenommen, und Odemar hörte deutlich, wie der Mann in der Tür sagte:
„Für diesmal ist es also nichts. Di« Sache hat «ine unerwartete Wendung genommen. Aber wenn Sie zu schweigen verstehen, wird Ihnen die bedungene Belohnung trotzdem nicht entgehen."
Der andere brummtt etwa» Unverständliche, und wandte sich zum Gehen. In diesem Augenblick setzte Odemar de« Fuß zwischen di« Tür, um damit zu verhindern, daß ihm dies« vor der Rase zugeschlagen werden könnte, und saht« den Menschen ins Auge, der ihn mit mehr erstaunter als erschrockener Miene ansah. Sein Personengedächtnis war gut genug, u« ihn da» unangenehme Gesicht sogleich als das de» Kammerdiener« von Schloß Donnersberg erkennen zu lassen, und so glaubte er sich alle einleitenden Erklärungen sparen z« dürfe».
„Ich muß den Grafen sprechen," sagte er. „Auf der Stelle muß ich ihn sprechen. Versuchen Sie nicht, seine Anwesenheit in diesem Hause zu leugnen. Es wäre nutzloses Bemühen, denn ich bin ihm von der Stadt her gefolgt und habe ihn hier eintreten sehen."
Wenn Weigelt durch das unerwartete Erscheinen de» Schriftstellers in Bestürzung versetzt worden war, so verstand er es jedenfalls meisterhaft, diese Bestürzung zu verbergen. Seine Miene war so höflich und so tadellos korrekt, wie es einem wohlerzogenen Diener zukam, und nicht die geringste Erregung offenbarte sich im Klang seiner Stimme, da er erwiderte:
„Ich Hab« keinerlei Auftrag von dem Herrn Grafen, seine Anwesenheit in Abrede zu stellen. Wenn Sie die Güte haben wollen, einzutreten und einstweilen Platz zu nehmen, so werde ich Sie melden und werde den Herrn Grafen fragen, ob er in -er Lage ist, Sie zu empfangen.
Mister Asquiths Pläne.
Loudo«, 5. Sept. Eine große Versammlung wurde vom Lord-Mayor von London in die Guild Hall einberufen, um Begeisterung für den Krieg zu wecken. Es sprachen Asquith, Bonar Law, Balfour und Churchill. Premierminister Asquith sagte, England werde den Krieg zehn, auch zwanzig Jahre hindurch führen, der nur mit dem Sieg über den deutschen Militarismus enden dürfe.
Das angebliche Mißverständnis.
Berlin, 5. Sept. (W.T.B.) Die „Nordd. Allg. Ztg.' schreibt: Nach hier vorliegenden Nachrichten hat Sir Edward Grey im Unterhause erklärt, die von der deutschen Regierung veranlaßte Veröffentlichung des deutsch-englischen Telegramm w ech sels vor dem Kriege sei unvollständig. Fürst Lichnowsky habe seine Meldung über das bekannte Telephongespräch gleich darauf telegraphisch zurückgezogen, nachdem er darüber aufgeklärt worden war, daß ein Mißverständnis vorliege. Das Telegramm sei nicht veröffentlicht worden. Die „Times" hat, anscheinend auf Grund von Informationen von amtlicher Seite, dieselbe Behauptung aufgestellt und daran die Bemerkung geknüpft, das Telegramm sei von der deutschen Regierung unterdrückt worden, um England der Perfidie zu beschuldigen und Deutschlands Friedensliebe beweisen zu können. —
Wir stellen demgegenüber fest, daß ein solches Telegramm nicht existiert. Fürst Lichnowsky hat außer dem bereits veröffentlichten Telegramm, das um II Uhr vormittags aus London abgegangen war, am 1. August noch folgende Telegramme abgesandt:
1) Um 1.15 Uhr nachmittags: „Der Privatsekretär Sir Edward Greys war soeben bei mir, um mir zu sagen, der Minister wolle mir Vorschläge für die Neutralität Großbritanniens machen, selbst für den Fall, daß wir wie mit Rußland auch mit Frankreich Krieg hätten. Ich sehe Sir Edward Grey heute Nachmittag und werde sofort berichten."
2) Um ',»6 Uhr abends: „Sir Edward Grey las mir soeben die nachstehende Erklärung vor, die vom Kabinett einstimmig gefaßt worden »märe: Die Antwort der deutschen Regierung bezüglich der Neutralität Belgiens ist ungemein bedauerlich, weil die Neutralität Belgiens die Gefühle dieses Landes angeht. Wenn Deutschland einen Weg sehen könnte, die gleiche positive Erklärung zu geben wie die, die von Frankreich gegeben worden ist, so würde dies wesentlich dazu beitragen, die Besorgnis und Spannung hier zu beheben, während es aus der anderen Seite äußerst schwierig sein würde, die öffentliche Stimmung in diesem Lande zurückzudämmen, wenn eine Verletzung der Neutralität Belgiens durch einen der Kämpfenden stattfinden würde, während der andere sie respektiere. — Auf meine Frage, ob er unter der Bedingung, daß wir die Neutralität Belgiens wahrten, mir eine bestimmte Erklärung über die Neutraliät Englands geben könnte, erwiderte der Minister, das sei ihm nicht möglich, doch würde diese Frage eine große Rolle bei der hiesigen öffentlichen Meinung spielen. Verletzten wir die Neutralität Belgiens in einem Kriege mit Frankreich, so würde sicherlich ein Umschwung in der Stimmung eintreten, der cs der hiesigen Regierung erschweren würde, eine freundliche Neutralität einzunehmen. Vorläufig bestände nicht die geringste Absicht, gegen uns feindlich vorzugehen. Man würde dies, wenn möglich, zu vermeiden wünschen. Es ließe sich aber schwerlich eine Linie ziehen, bis zu welcher wir gehe» dürften, ohne daß man diesseits einschreite.' Er kam immer auf die belgische Neutralität zurück und meinte, diese Frage würde jedenfalls eine große Rolle spielen. Er hätte sich auch schon gefragt, ob es nicht
Er ist nämtict) im Augenblick durch eine wichtige Angelegenheit in Anspruch genommen."
„GutI Aber sagen Sie ihm gefälligst, daß meine Angelegenheit jedenfalls die wichtigere ist, und daß ich nicht gesonnen bin, mich mit irgendwelchen Redensarten abspeisen zu lassen."
Er war eingetreten und hatte sich in das Wartezimmer begebe«, besten Tür Weigelt mit respektvoller Höflichkeit vor ihm geöffnet hatte. Als der Diener Miene machte, sich zurückzuziehen, hielt er ihn noch einmal fest.
„Noch einen Augenblick! Befindet sich auch die Komtesse Edith Donnersberg hier im Hause?"
Diesmal erschien ein Ausdruck höchster Ueberraschung auf dem Gesicht des Dieners.
„Die Komtesse Donnersberg?" wiederholte er, als sei er nicht sicher, recht gehört zu haben. „Nein, gewiß nicht. Dies wäre wahrhaftig kein geeigneter Aufenthaltsort für eine so vornehme junge Dame." !
„Können Sie mir sagen, ob sich Ihr Herr heute in der Gesellschaft der Komtesse befunden hat?"
„Ich bedauere außerordentlich, mein Herr, Ihnen darüber keine Auskunft geben zu können. Aber ich halte es für äußerst unwahrscheinlich. Der Herr Graf ist allerdings erst vor kurzem hier erschienen, doch glaube ich gehört zu haben, daß er auch erst im Laufe des heutigen Tages von Schloß Donnersberg eingetroffen ist. Ob er etwa in der Zwischenzeit eine Begegnung mit der gnädigsten Komtesse gehabt hat, ist mir nicht bekannt."
„Gut — so gehen Sie, und richten Sie dem Grafen wörtlich aus, was ich Ihne« gesagt habe. Ich bin nicht gesonnen, lange auf eine Antwort zu warten."
Nachdem sich die Tür hinter dem Diener geschlossen hatte, fing er an, mit ungeduldigen Schritten in dem kleinen Raume auf- und niederzugehen, und er bedauerte tief, daß ihm bei der Unterredung, auf die er sich gefaßt machte, keine anderen Waffen zur Verfügung standen als kine beiden, allerdings sehr kraftvollen und eisenfesten Fäuste.
(Fortsetzung folgt.) , ^
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