'möglich wäre, daß wir und Frankreich uns im Salle eines russischen Krieges bewaffnet gegenüber stehen würden, ohne uns anzugreifen. Ich fragte ihn, ob er in der Lage sei zu erklären, daß Frankreich auf einen derartigen Pakt eingehen würde. Da wir weder Frank­reich zerstören, noch Gebietsteile erobern wollten, könnte ich mir denken, daß wir uns auf ein derartiges Abkommen ein­lassen würden, das uns die Neutralität Großbritanniens sichere. Der Minister sagte, er wolle sich erkundigen und verkannte auch nicht die Schwierigkeiten, beiderseits das Militär in Untätigkeit zurückzuhalten/

3 ) Um V, 9 Uhr abends: Meine Meldung von heute früh ist durch meine Meldung von heute abend aufgehoben. Da positive englische Vorschläge überhaupt nicht vorliegen, erübrigen sich weitere Schritte im Sinne der mir erteilten Weisungen."

Wie ersichtlich enthalten diese Telegramme keine Andeu­tung darüber, daß ein Mißverständnis Vorgelegen habe und nichts über die von englischer Seite behauptete Aufklärung des Mißverständnisses.

Lan-esnachrichten.

Wteurteig. 7. September 1SK.

* Elfte Württ. Verlustliste. Die neue elfte Verlustliste bringt weitere Namen vom I nsanteriere-- giment Nr. 180 Tübingen-Gmünd und zwar wieder vom Stab des 2. «Bataillons, von der 5., 6. und 8. Kompagnie, außerdem von der 7. Kompagnie und der Maschinengewehrkompagnie. Insgesamt sind 73 Gefallene, 45 .schwer Verwundete. 28 leicht Verwun­dete. Unter her Gesamtzahl sind 8 Offiziere (ein Hauptmann und 7 Leutnants bezw. Referveleut-, nants) zu verzeichnen. Die Liste enthält u. a. die Namen: Musketier Friedrich Maier aus Dornstetten, OA. Freudenstadt leicht verwundet, rechtes Bein und Bizefeldwebel der Reserve Otto Völker aus- Schömberg OA. /Freudenstadt gefallen.

* IM Felde gestorben. Den Tod fürs! Vater-?

land haben weitere württembergische Offiziere, bezw. Osfiziersäspiranten erlitten: Karl v. Breuning, Hauptmann im Infanterie-Regiment Nr. 180, 40 Jahre all (Stuttgart). Brauereibesitzer Gustav Frank (Stuttgart) 25 Jahre alt. Dr. Phil. Robert Siebeck, Tübingen, Offiziersstellvertreter im Land- Wehr-Jnfanterie-Regiment Nr. 123, Lehrer am Kon­servatorium in Bielefeld. cand. theol. Johannes Schnarrenberger, Offiziersstellvertreter. Predigt­amtskandidat EinjährigFreiwilliger Karl Ktrcher-- bingen. Am 25. Aug. Roland Münzenmaier, Stuttgart, Sohn des Generals v. Münzenmaier. Am 26. August Hermann Mögling, Vizefeldwebel d. R., Heilbronn. Georg Schwenck Unteroffizier L. R. von Langenau, 25 Jahre alt, Teilhaber der Firma Hoffmann L Cie. in Eßlingen. Am 25. August Fahnenjunker Max Lotterer, Sohn des Oberst von Lotterer. Oskar Freiherr von Crailsheim, Hauptmann im Infanterieregiment Nr. 120.

Leutnant d. R. im württembergischen Pionier-Batail­lon Nr. 13, Hermann Haubeusak, Märbach. Leut­nant d. R. Franz Reger, Präzeptor in Laupheim. Julius Ehrhard aus Gmünd, Leutnant im Grena­dier-Regiment Nr. 123. Vizewachtmeister d. R. Forstassessor Ernst Kühler. Am 22. Aug. Fabrik­direktor Ernst Stadelbauer, Oberleutnant und Kom- pagnieführer im württembergischen Landwehr-Infan­terieregiment Nr. 123, Wurzen. Am 24. Aug. Re­gierungsbaumeister, Leutnant d. R. Heinrich Brenner, Stuttgart. Am 25. Aug. Franz Schnitz­ler, Hauptmann im Feldartillerie-Regiment Könjig Karl Nr. 13. Am 27. Auch cand. mat. KarlsHaug, Einjährig-Freiwillger Gefreiter im Grenadier-Regi­ment Nr. 13.^ cand. math. Hans Mieg, Unters offizier d. R. Am 4. September Hugo Kuno Graf von Uxkull-Gyllenband, Oberleutnant im Dra­goner-Regiment Königin Olga, kommandiert zur 2. Fliegerabteilung Metz (Cannstatt.)

* Pakete für das neutrale Ausland. Die Ppst- behörde teilt mit: Der Paketverkehr nach Oester­reich-Ungarn, Dänemark, Schweden, Norwegen, Luxemburg, Niederlande, Schweiz und nach den übri­gen neutralen Ländern aus den Wegen über die Schweiz und über die Niederlande ist, soweit ,dasi feindliche Ausland nicht berührt zu werden braucht, vom 5. September ab wieder zugelassen.

* Gnadenerlaß. Mit Genehmigung des Königs ist von dem Justizministerium in Aussicht genommen, für solche Personen, die sich der Wehrpflichtverletzung oder der unerlaubten Auswanderung schuldig gemacht haben und während des gegenwärtigen Krieges« sich zum Dienst im Deutschen Heere oder in der Kaiser­lichen Marine stellen, kn allen geeigneten Fallen den gnadenweisen Nachlaß der verwirkten Geld- oder Freiheitsstrafe sowie der Kosten zu beantragen. Die Strafvollstreckungsbehörden werden die zu ihrer Kenntnis kommenden Fälle der genannten Art dem Justizministerium zur Entschließung hierüber Vor­legern

- Nagold, 5. Sept. Heute abend um fünf Uhr wurde hier ein französischer Soldat, der seinen fchwe- ren Unterleibsverletzungen erlegen ist, zu Grabe ge­tragen. Bier deutsche Soldaten und eine kleine Ge­meinde folgten dem einfachen Sarge, der jfn der südwestlichen Ecke des Kirchhofs- zunächst eine ein­same Grabstätte fand. Stadtpfärrer Stemmler ließ

23jährigen feindlichen Kämpfers und seiner großen . Leidensgeduld Gerechtigkeit widerfahren.

- Nagold, 6. Sept. Forstreferendar und Vize­feldwebel Walter Dieterle, Sohn des hiesigen Semi­narrektors und Enkel des früheren Stadtpfarrers Mezger in Altensteig, fand bei St. Die den Helden­tod vor dem Feinde. Den schwergeprüften Eltern wendet sich die allgemeine Teilnahme der hiesigen Einwohnerschaft umso wärmer zu, als der Gefallene ihr einziger Sohn ist.

st Neuenbürg, 6. Sept. (Ein eigenartiger Vor­wand.) Der wegen Wilderns schon oft vorgestrafte Möhrmann von Loffenau hatte sich durch Wildern einen Kitzbock geholt. Er wurde bei seinem un­sauberen Handwerk betroffen -md festgenommen. Bei seiner Einlieserung ins hiesige Amtsgericht gab er an, er habe geglaubt, während des Krieges sei die Jagd freigegeben.

st Schrambcrg, 5. Sept. (Wie man in Paris mit deutschem Privateigentum umgeht.) Die Schram­berger Ztg. erfährt, daß die Filiale der Gebrüder Junghaus A.-G. in Paris gleich in den ersten Tagen des Kriegsausbruchs vom französischen Pöbel größ­tenteils zerstört und ausgeraubt wurde. Der Schaden ist sehr groß und beläuft sich in die Zehn­tausende.

st Ebingen, 5. Sept. (Ein Ehrgeiziger.) Dev bekannte RößleZwirt von Cannstatt von anno 1870 hat im gegenwärtigen Kriege bereits einen Nachfolger gefunden in dem Lindenwirt von Ebingen, Brust­umfang 136 Zentimeter, Gewicht 238 Pfund. Da war die Frage wohl berechtigt, ob es ihm wirk­lich ernst sei, die Franzmänner Mores zu lernen. Das gerade nicht, meinte der Mann mit der Herkuli-? scheu Gestalt, aber er möchte gern Schultes von Brüssel werden. Vielleicht hat Generalfeldmarschal? von der Goltz, der neue Generalgouverneur von Bel­gien ein Einsehen und verhilfi dem jedenfalls re­präsentationsfähigen Lindenwirt zu einem Aemtle.

st Tuttlingen, 5. Sept. (Eine Seltenheit.) Als eine Seltenheit dürfte es zu betrachten sein, wenn, 6 Kanoniere aus einer Gemeinde im Felde dasselbe Geschütz bedienen. Dies ist der Fall bei der ersten Ersatzbatterie des Artillerieregiments 65, wo 6 Tutt- linger an demselben Geschütz stehen, nämlich A. Lieb, Hux, Britsch, Wößner, L. Wolf und Vogler; nach neueren Nachrichten sind noch alle gesund und munter.

st Stuttgart, 5. Sept. (Musterung der unaus gebildeten Landsturmpflichtigen.) Der unausgebil- dete Landsturm hat sich in Groß-Stuttgart jetzt zur Musterung zu stellen. iDie Musterung beginnt für die Pflichtigen mit den Anfangsbuchstaben AM am 10. September, für diejenigen mit den Anfangsbuch­staben NZ am 15. Sept.

st Künzeksnu, 5. Sept. (Freiwillige Schützen.) Einen guten Dienst für's Vaterland leistet die hiesige Schützengesellschaft dadurch, daß sie die ausgehobenen Rekruten und Ersatzreservisten, die noch zur Ein­stellung gelangen, mit dem Militärgewehr vorbildet und für sie die Gewehre und Patronen kostenlos stellt. Diese Vorbildung erfolgt auf das Anerbieten des Landesschützenvereins im Einverständnis mit dem stellvertretenden Generalkommando des 13. Armee­korps.

st Stuttgart, 6. Sept. Wie uns mitgeteilt wird, ist S. Exz. der stellvertretende komm. General Frhr. v. Hügel, General der Infanterie, in eine höhere Kömmanvoführerstelle außerhalb Württembergs ver­setzt worden. S. Exz. wirdStuttgart am 10. ds- Ver­lässen

st Stuttgart, ^3. Sept. Freifrau v. Motsberg klar wen Erlös der von ihrem Mann, dem Generäl­adjutanten Frhr. v. Molsberg, herrührenden russi­schen Orden dem roten Kreuz zugewendet.

st Stuttgart, 8. Sept. (Scheinverwundete.) Wie eA Scheintote gibt, so gibt es auch Scheinverwundete in diesem Kriege. Unmittelbar nach der Ankunft der letzten französischen Verwundeten, begibt sich der leitende Arzt des« betreffenden Lazaretts zu den An­gekommenen, um sie zu untersuchen. Zuletzt findet er, wie das N. Tagbl. schreibt, zwei stramme franzö­sische Korporale, an denen er nicht die kleinste Wunde entdecken kann. Auf seine Fragen antwor­teten sie zögernd, sie hätten gemeint, als Bewachung der übrigen Verwundeten mitgehen zu müssen. Sie kamen dann sofort dorthin, wohin sie gehörten.

Ausland.

Die Krönung des Papstest

Rom, 6. Sept. In der Sixtinischen Kapelle fand Heute vormittag die feierliche Krönung desPap- stes statt. Das beim Hl. Stuhl beglaubigte diploma­tische Korps, viele Vertreter des Malteserordens und des Ordens vom Hl. Grab, des römischest Patriziates, Delegationen der Diözesen Genua, Peglf und Bo­logna, sowie die Brüder und die Schwester des Pap­stes wohnten der Feier bei.

Die Rückkehr ans Albanien.

Venedig, 5. Sept. (Nicht amtlich.) Der Prinz zu Wied ist auf dem italienischen KriegsschiffMisu- rata" hier eingetroffen.

Bari, 6. Sept. (Nicht amtlich.) Im Sinne der mit der Stadtvertretung getroffenen Abmachungen hielten am Samstag um halb ein Uhr die-Mebellen ihren Einzug in Durazzo. Aus dem Konak woi der Mufti von Tirana sich befand, wurde unter großem Jubel der Anwesenden die türkische Flagge heraus­gehängt. Die Stadt ist ruhig. Zahlreiche Familien der hier gebliebenen österreichischen Freiwilligen, sowie die Rumänen, haben Durazzo vorgestern oder gestern verlassen.

Vermischtes.

Der Krieg und das deutsch« Weib.

Im überfüllten großen Saale des Stadtgartens in Stuttgart hielt UuiversitätsProfessor ^>r. Wil­helm Crönert aus Straßburg i. E. einen gehaltvollen Bortrag überDer Krieg und das« deutsche Weib" Wahrnehmungen und Gedanken über eine starke vaterländische Erziehung, für ernste und durch die schwere Zeit zum Handeln angespornte Männer und Frauen aller Stände und jedes Glaubens. Prof. Crönert suchte zunächst, unterstützt durch Belege aus seiner reichen Erfahrung, darzutun, daß der weibliche Einfluß weit größer ist als« gemeiniglich angenommen wird. Deshalb ist eine starke vaterländische Erzieh­ung, unterstützt durch die Frau, durchzuführen. Ge­rade jetzt, da eine so tiefgehende Erregung durchs Land geht, ist hieran Hand zu legen. Nun soll die Selbsterziehung und Selbstprüfung beginnen. Dank­barkeit für das Vergangene und Gelübde für daA Zukünftige und der Mut der eigenen Meinung ist zu Wecken. Nicht nur sich selbst soll aber der^Einzelne erziehen, sondern er soll auch aus die. Erziehung seiner Mitmenschen einwirken. Und da ist es gerade die Frau, die bei dieser Aufgabe mitzuwirken hat. Hart und widerstandsfähig sollen wir unsere Mit­menschen machen zum Kamps ums' Dasein. Mut und immerwieder Mut sollen wir unseren Kindern ein­sagen vom zartesten Kindesalter an und sie lernen, mit wenigem glücklich und für alles, was das Leben gibt, dankbar zu sein. Trotz Erziehung zu Gründlich­keit sollen wir ihren Geist vor Kleinlichem bewahren durch Erziehung zur Vaterlandsliebe und zum Mit­gefühl für die Mitwelt. Zum Schluß sprach Prof. Crönert den Wunsch aus«, daß seine Worte einige Frucht bringen möchten. Wer nicht ständig sich selbst prüft und vorurteilslos bleibt, wer nicht immer wie­der hinzulernt, steht still, ist ein unbrauchbares Glied für den Fortschritt. Reicher Beifall lohnte den von einer edlen Lebensauffassung zeugenden Vor­trag von Professor Crönert, dem auch unsere Köni­gin zugehört hatte.

§ Luenstadt, nicht LuttevWe! Warum sagen wir Luneville? Hat diesefSftadt nicht einen guten deut­schen Namen, nämlich Luenstadt?.' Fällt es eunem deutsch schreibenden oder sprechenden ein, von Thion- ville statt von Diedenhosen zu sprechen? Wird im umgekehrten Falle ein Franzose Mülhausen statt Mulhouse, Freiburg statt Fribourg sagen? Es führ« den deutschen Namen nicht mit Recht, werden viele sagen; denn es« fei vorläufig wenigstens eine französische Stadt. Dies ist nur halb richtig. Luen- stadt-Luneville kam erst im Jahre 1766 an Frank­reich; vorher gehörte es zu dem gutdeutschen Her­zogtum Lothringen, aus dessen männlicher Linie (durch die Heirat der Kaiserin Maria Theresia und' Franz von Lothringen) die habsburgischen Kaiser? stammen. Es war sogar lange Zeit die Residenz der lothringischen Herzöge; hier baute sich 1703 der Herzog Leopold I ein prächtiges' Residenzschloß, das zwar zweimal abbrannte, aber stets wieder aufge­baut wurde und bis zum Einzug der deutschen Trup­pen als französische Kavalleriekaserne diente. Ju der neueren Geschichte ist Luenstadt auch mehrfach erwähnt worden, so durch den Friedensschluß von 1801 zwischen der französischen Republik und dem deutschen Kaiserreich; damals wurden Belgien und das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten; damit begann der Aufstieg der napoleonischen Macht; bald darauf wurde bekanntlich äuß der französischen Republick ein Kaiserreich, und dem schimpflichen Frie­den von 1801 folgten ein Jahrzehnt lang noch viel schimpflichere Friedensverträge, bis die Freiheits­kriege dem ein Ende machten. Auch 1870 wurde die Stadt flüchtig genannt; sie ward am 13. August von der dritten Armee ohne Widerstand besetzt und bildete lange Zeit das Hauptquartier des Kronprin­zen von Preußen.

8 Die Wirkung der 42-Zentimeter-Haubitze». Ueber die fürchterliche Wirkung dieser Geschosse wird noch bekannt: Die viele Meier dicken Betongewölbe waren zerschlagen wie Tonpfeifen, Blöcke von der Größe einer Villa über- und un­tereinander geworfen. Die schweren Kuppeln der Panzer­türme glichen zerschmetterten Kochtöpfen, wie sich einer der späteren Augenzeugen der Verwüstung ausdrückie. Vor der Kraft, die diese Massen mit drei Schüssen so übereinander geworfen hatte, schweigt jeder Gedanke einer Widerstande - Möglichkeit. Man kann sich nur, trauernd unk den Sturz des Vaterlandes; begraben lassen von diesen Trümmern, wie der tapfere General Leman, der bewußtlos darunter gefun­den wurde, oder die weiße Fahne hissen, wie cs denn auch bei anderen Forts geschah, sobald die erste 42-Zentimeler- Granate eingeschlagen hatte. An der späteren Besichtigung

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