>'

^ Berlin, 5. Aug. Der Kaiser hat heute Abend um halb 8 Uhr die Botschafter Graf v. Pourtales und Freiherr v. Schön empfangen.

Anschläge auf Eiseubahuaulageu ete.

Berlin, 5. Aug. Die Truppen sowie die weiteren zustän­digen Stellen sind erneut darauf hingewiesen worden, daß bei Anschlägen auf Eisenbahnanlagen und Kunstbauten die auf frischer Tat Betroffenen auf der Stelle zu erschieße« sind. Jede Person, die sich in verdächtiger Weise derartigen Anlagen nähert, setzt sich also der Gefahr aus, niedergeschosfen zu werden. .

Volkssammlung der Deutsche» im Ausland.

ss Berlin, 5. Aug. Die Kronprinzessin hat das Protek­torat über die von dem Verein für das Deutschtum im Aus­lande durch einen Aufruf eingeleitete Volkssammlung der Deutschen im Auslande für die kämpfenden Brüder über­nommen.

Russische Gelder beschlagnahmt.

ff München, 6. Aug. (Tel.) In der bayr. Vereins­bank wurden 40 000 Mk. russische Staatsgelder, der restliche Kredit des russischen Gesandten, beschlagnahmt.

Studenten als Freiwillige.

Greifswald, 4. Aug. Der größte Teil der hiesigen Studentenschaft stellte sich freiwillig zur Fahne. Fast alle Studenten-Korporationen wurden aufgelöst, weil alle Mit­glieder in den Krieg ziehen. Die Zurückbleibenden werden als Erntearbeiter aufs Land gehen.

Die Begeisterung der aus England eiuberuseueu Deutschen.

ss London, 4. Aug. Zu großen patriotischen Kund­gebungen kam es auf der Viktoria-Station in London, als die nach der Heimat einberufenen jungen Deutschen die eng­lische Hauptstadt verließen. Etwa 1000 Mann folgten aus England dem Rufe unter die Fahnen. Auf dem Bahnhof, der fast ausschließlich von Deutschen angefüllt war, ertönte immer wieder die Nationalhymne, unterbrochen von begeister­ten Hochrufen auf den deutschen Kaiser. Die Einberufenen sind gestern vormittag ohne Schwierigkeiten in Vlisfingen ge­landet und haben abends die Heimat erreicht.

Deutsche Kriegsfreiwillige aus Amerika.

New-Pork, 5. Aug. Der deutsche Generalkonsul in New-Aork meldet: Etwa taufend Kriegsfreiwillige veranstal­teten gestern einen Umzug und brachten auf dem Platze vor dem Konsulat begeisterte Kundgebungen für Deutschland und den Kaiser aus. Die Hamburg-Amerika-Linie und der Norddeutsche Lloyd bewachen ihre Peeranlagen. Es wurde eine Bewegung eingeleitet, die daraus abzielt, die deutschen wie andere ausländische Schiffe unter amerikanischer Flagge im Dienste des Welthandels verkehren zu lassen.

Wir und Belgien.

js Brüssel, 4. Aug. Wie die Etoile belge Mitteilen, hat der deutsche Gesandte am Sonntag abend 7 Uhr der belgischen Regierung ein Ultimatum überreicht, in dem bis Montag abend 7 Uhr eine Erklärung gefordert wird, ob Belgien bereit sei die deutschen Operationen zu erleichtern. Der Ministerrat hat beschlossen, ablehnend zu antworten.

Der Kriegszustand iu Holland.

Haag, 5. Aug. Die Königin hat für einen Teil des Landes den Kriegszustand befohlen. Amtlich wird mitgeteilt, daß bis jetzt deutsche Truppen niederländisches Gebiet nicht betreten haben. Die Gerüchte, 20 englische Kriegsschiffe seien

terlru, 5. Aug. Dre niederländische Negierung yar fremden Luftfahrzeugen das Ueberfliegen der Grenzen des Königreichs verboten.

Bericht aus Frankreich.

ss Köln, 4. Aguft. Ein aus Paris geflüchteter Deutscher versicherte bei feiner Ankunft in Köln, in Paris sei alles entgeistert. Männer und Frauen weinen laut. Die Menge rief: Wir wollen keinen Krieg. Bei seiner Abfahrt vom Pariser Bahnhof harrten viele Deutsche ihrer Beförderung mit der Bahn. Um die einzelnen Züge entspann sich ein förmlicher Kampf. An der belgischen Grenze waren die Schienen aufgerissen. Die Passagiere mußten 6'/- Kilometer zu Fuß laufen; viele waren 22 Stunden ohne Nahrung.

Italien.

Rom, 4. Aug. Die Agenzia Stefanie veröffentlicht eine Erklärung des Ministerrats, welche hervorhebt, daß einige Mächte Europas sich in Kriegszustand befinden, Italien sich aber im Zustande des Friedens mit allen Kriegführenden befinde. Die Regierung sowohl wie die Bürger und die Untertanen des Königs verpflichten sich, die Pflichten der Neutralität zu beachten. Die Agenzia Stefanie kündigt die Einberufung der ersten Kategorie der Jahrgänge 1889 und 1890 der Armee für den 8. August und der Jahrgänge 1889 und 1890 der Mannschaften der königlichen Marine an. Außerdem werden unter die Fahnen igerufen, sieben Jahrgänge Unteroffiziere, Maschinisten und Heizer.

Italien und Oesterreich.

Wien, 5. Aug. Der italienische Botschafter, Herzog von Avarna, stattete gestern dem Grafen Berchtold einen Besuch ab. Er hatte mit ihm eine längere Besprechung, in der, wie das »Deutsche Volksblatt" meldet, die Neutralität Italiens und andere mit der Kriegslage zusammeuhängende Fragen erörtert wurden.

Rumänien.

ss Wie«, 4. Aug. Das Deutsche Volksblatt meldet: Rumänische Flüchtlinge aus Bessarabien erzählen, daß die gesamten Truppen des Odessaer Bezirks gegen Rumänien aufmarschieren. Nach einer Bukarester Meldung des genannten Blattes, hat daraufhin die rumänische Regierung durch ihren Gesandten in Petersburg anfragen lassen, welche Bestimmung die in Bessarabien ausgestellten zwei Armeekorps haben. Nach demselben Blatt soll König Karol, von Kaiser Wilhelm telegraphisch befragt, geantwortet haben, daß er getreu der Bestimmung der Militärkonvention mit Oesterreich-Ungarn auf der Seite Oesterreich-Ungarns und Deutschlands zu finde» sein werde.

ss Berlin, 4. Aug. Sämtliche Offiziere der rumänischen Armee, die deutschen Truppenteilen zu ihrer weiteren Aus­bildung zugeteilt waren, haben Befehl erhalten, in die Heimat zurückzukehren. Bereits heute werden die ersten Offiziere diesem Befehle Folge leisten. ,

Vom österreichisch-serbischen Kriegsschauplatz.

Wien, 5. Aug. (Wien. Korr.-Bur.). Die Berichte der an der Grenze stehenden Truppen lassen erkennen, daß eine erhöhte Tätigkeit einzutreten beginnt. Bei Belgrad 'uchten serbische Festungsgeschütze in der oberen und unteren Festung, sowie auf den benachbarten Anhöhen durch heftiges Feuer sowohl die Bewegungen am diesseitigen Ufer als auch die Schiffahrt auf der Save und der Donau zu verhindern. Dies veranlaßte die österreichischen Truppen gestern ein Artillerie­feuer gegen diese Geschütze zu eröffnen. Der Kampf endete damit, daß die serbischen Geschütze zvm Schweigen gebracht wurden. Die Festungswerke wurden dabei schwer beschädigt.

Art läßt nicht von Art.

(Fortsetzung.)

Roman von H. Hill.

(Nachdruck verboten.)

22. Kapitel.

Angesichts der Erklärung des Doktor Pittius, daß ihr Stiefbruder höchstens noch drei Tage zu leben habe, sah sich die Komtesse vor die unabweisbare Notwendigkeit gestellt sofort ihre Entschlüsse zu fasten. Es entging ihr nicht, daß die Krankenpflegerin sie mit scharfen Blicken musterte, wie wenn sie ihr vom Gesicht ablesen wollte, welche Wir­kung die niederschmetternde Mitteilung auf sie übte; aber sie dachte trotzdem nicht daran, eine Erschütterung und einen Schmerz zu erheucheln, von denen sie nichts emp­fand. Sie verharrte schweigend, bis der Arzt mit seinen Verrichtungen am Krankenbett fertig zu sein schien. Es gab da für ihn augenscheinlich nicht mehr viel zu tun, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß die Verbände in Ordnung seien, wandte er sich an die Wärterin:

Sie wissen, was Sie zu tun haben. Es kann sich für Sie lediglich darum handeln, den Patienten aufmerksam zu ^beobachten und ihm von Zeit zu Zeit die Lippen zu netzen. Und nun, mein gnädiges Fräulein, wenn Sie Mick jetzt wieder in das Wartezimmer hinabbegleiten wollen, werde ich mich Ihnen gern für etwaige Dienst­leistungen wie die Absendung von Telegrammen und dergleichen, zur Verfügung stellen."

Edith tat schweigend nach seinem Wunsch. Während sie die Treppen hinabging, fiel ihr abermals die Totenstille auf, die in diesem dunklen, unsauberen Hause herrschte. Aber sie suchte sie sich mit der im Interests der Kranken ge­botenen Notwendigkeit größter Ruhe zu erklären.

Der Doktor ließ ihr den Vortritt und drückte dann di« Tür des unbehaglichen Wartezimmers geräuschlos hinter sich ins Schloß. Er schob Edith einen Stuhl zu, blieb aber selber stehen.

»Ich bin. wie ich Ihnen bereits tagte, sehr beichäktiat

Lätigrerl der nn Sicyeryeusdienu verwendeten Truppen ,n^ besondere der Infanterie und der Grenzjäger hervorgehoben.

Die Tscheche«.

jf Prag, 5. Aug. Bei dem Statthalter erschien eine Deputation, die im Namen von 166 tschechischen Bezirks­vertretungen und der dazu gehörigen Gemeinden die Ver­sicherung unbedingter Loyalität und Hingabe an den Kaiser sowie die Erklärung abgab, alles tun zu wollen, was im Interesse des Reiches gelegen sei.

Bo» der russische« Grenze.

Berlin, 5. Aug. Deutsche Kavallerie hat gestern Wie- lun, südlich von Kalisch besetzt. Sie wurden von der Be­völkerung mit Jubel begrüßt.

Bon der türkisch-russischen Grenze.

ss Konstantinopel, 5. Aug. Wie Tanin aus Erzeruin erfährt, haben sich die Russen nach Verbrennung ihrer Block­häuser und Lebensmitteldepots von der türkisch-russischen Grenze zurückgezogen.

Russische Zustände.

Berlin, 4. Aug. Wie dem deutschen Kurier von zuver­lässiger Seite milgeleilt wird, befinden sich die an der Grenze stehenden russischen Truppen im Zustande größter Nahrungs- nol. Der Nahrungsmittel-Nachschub versagte fast vollständig und deshalb überschreiten namentlich die Kosaken die Grenze um der deutschen Bevölkerung ihre Pferde für 20 Mk. zu verkaufen, da sie Hunger leiden.

Russische Deserteure.

Berlin, 6. Aug. (Tel.) Ostpreußische Blätter melden, daß die Zahl der russischen Deserteure schon sehr groß ist. An einer Stelle der Grenze ließen sich gleich 2300 Kosaken festnehmen. Aehnliches wird von anderen Grenzplätzen gemeldet. Die Leute bitten förmlich darum, sie gefangen zu nehmen, da sie nicht in einen Krieg gegen Deutschland ziehen wollen.

Russische Nachrichten.

Petersburg, 5. Aug. Ein aus 19 Schiffen bestehendes deutsches Geschwader wurde gestern in der Richtung Memel Libau bemerkt. Im Schwarzen Meer nahmen die Russen mehrerere deutsche Handelsschiffe weg. Die Mobilmachung im Bezirk Petersburg und in Petersburg selbst wurde durch­geführt. Dank der Anstrengungen der zusammenwirkenden Militärbehörden wurden alle Reservisten gut untergebrachl und verpflegt.

Dardanellen und Bosporus wegen der russ. Flotte gesperrt.

Konstautinopel, 6. Aug. (Tel.) Infolge der von dem Kapitän eines türk. Dampfers überbrachten Nachricht, wonach die rusf. schwarze Meerflotte in der Nähe der Meer­enge gesichter wurde, sind die Dardanellen und Bosporus gesperrt und alle Lichter gelöscht worden.

Oesterreich erklärt Rußland den Krieg.

Wien, 6. Aug. (Tel.) Oesterreich! hat uunmeht ebenfalls den Krieg gegen Rußland erklärt.

und muß mich jetzt anderen Patienten widmen. Zuvor aber möchte ich gern von Ihnen hören, was Sie zu tun beabsichtigen. Der Graf Bredow-Donnersberg ist nicht der erste beste, sondern eine wichtige Persönlichkeit. Und es gibt außer Ihnen sicherlich noch ihm nahestehende Leute, die von dem Vorgefallenen unterrichtet werden müssen."

Was er sagte, war so naheliegend und selbstverständ­lich, daß sicherlich jeder andere Arzt in dieser Situation genau das nämliche gesprochen haben würde. Die Kom­tesse aber fühlte sich durch seine Worte in ein Meer von Zweifeln und Ungewißheiten gestürzt. Es schien ja nichts Einfacheres zu geben, als sofort eine Nachricht nach Schloß Donnersberg oder an den Justizrat zu senden; aber sie sagte sich sofort, daß dadurch auch Erklärungen über ihr Hiersein nötig werden würden, und daß sie es im Ver­lauf dieser Erklärungen kaum würde vermeiden können, auch den Grund anzugeben, der sie zu dem befremdlichen Stelldichein mit ihrem Stiefbruder bewogen hatte. Und die Rücksicht auf den geliebten Mann ließ sie davor zurück­schrecken.

Ist ßdenn keine Aussicht vorhanden, daß mein Halb­bruder noch einmal zum Bewußtsein erwachen wird?" fragte sie.

Oh, im Gegenteil," lautete die Erwiderung.Es ist so gut wie gewiß. Aber es wird schwerlich vor Ablauf einiger Stunden der Fall sein."

Es war nichts als di« klare Antwort auf eine klare Frage, und doch war diese im trockensten Tone gegebene Auskunft für die Entschließungen des jungen Mädchens von schwerwiegendster Bedeutung. Sie sagte sich, daß es unter solchen Umständen doch wohl besser sei, mit der Ab­sendung des Telegramms zu warten, bis sie den Ver­letzten gesprochen haben würde. Sie zweifelt« ja nicht, daß ihr diese Unterredung auf die eine oder die andere Weis« die Mittel in die Hand liefern würde, den Doktor Odemar ein für allemal von jed«n Verdacht zu reinigen. Und wenn sie diese Mittel besaß konnte sie gern vor aller Wett ver­treten, was sie getan, während vorher jede Erörterung über die Beweggründe ihres Schrittes von den Verhängnis- «ollste» Folgen für de« jungen Schriftsteller sein konnte.

Der SHÄt sing an» seine Handschuhe anzuziehea, wie

wenn er damit andeuten wollte, daß seine Zeit sehr kostbar sei, und daß er sobald als möglich fort möchte. So mußte die Komteffe denn wohl oder übel ohne wettere Ueberlegvng «neu entscheidenden Entschluß sahen, und es war eigentlich von vornherein nicht zwesielhaft gewesen» wie er ausfalle« würde.

Wenn es msgNch wäre, daß ich hier warte, so möchte ich Sie wohl um die Erlaubnis dazu bitten, Herr Doktor," sagte sie, und wie zur besseren Begründung ihres Wunsches fügte sie hinzu:

Ich möchte meiner Familie di« Aufregungen, die meine Nachricht notwendig Hervorrufen muß, gern solange als irgend möglich ersparen. Außer mir hat der Graf keinen eigentlichen Blutsverwandten als seinen Onkel, de« ich sofort benachrichtigen werde, sobald ich aus dem Munde des Kranken gehört habe, ob er mir etwa noch besondere Aufträge für diesen Oheim zu erteilen hat."

Der Doktor nahm ihre Mitteilung mit einer förmliche» Verbeugung entgegen, die ungefähr zu sagen schien, daß ihm alles recht wäre, was sie zu tun firr gut fände.

Ganz wie Sie wünschen, mein gnädiges Fräulein," erklärte er.Ich werde dafür sorgen, daß Ihnen einige Erfrischungen gebracht werden, damit Sie nicht nötig haben, das Haus zu verlassen, und ich werde Befehl geben. Sie sofort zu benachrichtigen, sobald eine Veränderung im Zu­stande des Patienten eingetreten ist."

Er verbeugte sich abermals und ging. Wohl eine halbe Stunde lang saß Edith mutterseelenallein in dein schmutzigen, muffigen Raume. Dann öffnete sich die Tür» um einen Mann einzulaffen, der ein Präsentierbrett trug. Hu ihrer Ueberraschung erkannte die Komtesse in ihm de» Kammerdiener Weigelt. Allerdings war es nur Zufall» daß sie sich eines Namens und seines Aussehens erinnerte» denn in ihrer tiefen Abneigung gegen alles, was Mit der Person ihres Stiefbruders zusammenhing, hatte sie auch diesem seinem Anhängsel bisher kaum irgendwelche Be­achtung geschenkt. Gesprochen hatte sie jedenfalls noch nie mit ihm; unter diesen veränderten Umständen aber «ußtöe wohl oder übel das Wort Ln ihn richte«...