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Reaaktlonu. Ver­lag lu Ultenrtelg.

Unabhängige Tageszeitung für die Vberaintsbezirke Nagold, Freudenstadt und Lalw.

Telegramm-Mr., Tannendlatt.

Nr. 1S4

Ausgabe i« Altensteig - Stadt. Montag, den 8. 3uli. ^ Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1914.

Chamberlain.

Ein Stück englischer Geschichte ist mit Joseph Chamberluin dahingegangen, nicht wegen seiner inneren Entwicklung vom radikalsten Liberalen und Lordsgegner zum ausgeprägtesten Unionisten und hartnäckigsten Vertei­diger des Oberhauses, sondern wegen seiner imperialistischen Politik als konservativer Kolonialminister. Es war im Jahre 1886, als G-ladstone von der alten Tradition der Liberalen abwich und offen für Homerule sich bekannte, da verließ der Handelsminister mit einer Anzahl anderer Liberaler den Premierminister und gründete die liberal- unionistische Partei. Gladstone mußte weichen, eine neue Aera hatte angefangen, die konservative, die mit kurzer Unterbrechung 20 Jahre währte. Das war die Zeit, in der Chamberlain der Führer war im Unterhaus. Im ersten Jahrzehnt seiner führenden Tätigkeit schaukelte er zwischen den beiden großen englischen Par­teien, den Tories und den Wighs, oder, wie wir's zu nennen pflegen, zwischen den Konservativen und den Liberalen, sich meist zu den ersteren neigend. Das war die vorbereitende Periode, die Einleitung zur Glanzzeit der Konservativen. Mit dem Eintritt Chamberlains in das konservative Ministerium Salisbury im Jahre 1895 durch Uebernahme des Kolonialministeriums ward die englische Politik auf einen anderen Boden gestellt. Acht Jahre lang hat er dieses zuerst unter Salisbury und Valfour verwaltet und zum wichtigsten Ressort gemacht

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^ Ten imperialistischen Gedanken brachte er zur Blüte. Was er wollte war ein britisches Weltreich, Mutterland und Kolonien, in sich abgeschlossen. Was die ^Entwicklung Englands zum Industriestaat verhinderte, .ganz sich selbst zu genügen ohne auf fremde Länder an­gewiesen zu sein, das wollte er ausgleichen durch Ein­weihung der landwirtschaftlich stärkeren Kolonien. Diese stn ihrer Art selbständig neben das Mutterland zu stellen, ttnd das ganze mit einer Zollmauer zu umgeben, war sein politisches Ziel. Und diesem Ziele diente auch der Büren- strieg, der, wenig erfreulich beehrend in seinen Einzel­heiten, von Chamberlains Gedankengang aus gesehen eine geschichtliche Notwendigkeit war. Tie große süd­afrikanische Union ist ein ganz öderer Wirtschaftsfaktor, uls die einzelnen Burenstätchen cs lein konnten für die Imperialistische Idee eines Chambc uis. Praktisch zum Ausdruck brachte er sein wirtschaftliches Programm zU Anfang dieses Jahrhunderts, das damals nur eine Folge Per politischen Lage erschien. Zu der gewaltig auf- zsteigenden Konkurrenz Deutschlands im Handelsverkehr stam das plötzliche Erscheinen der Bereinigten Staaten als Großmacht nach ihrem Sieg über Spanien. Rußland hatte seine Fühler nach Ostasien ausgestreckt, England stand auf sich allein angewiesen da. Chamberlain wollte nun zeigen, daß England imstande ist, allein sich zu behaupten. T-ie Kontinentalsperre, die ein Jahrhundert vorher Napoleon hereingeworfcn, wollte er nun für das ge­samte britische Reich in Anspruch nehmen. Es war ein ge­wagtes Stück, an dem seit 60 Jahren bewährten Freihandel rütteln zu wollen, aber Chamberlain ging mit solcher Energie ans Werk, daß er tatsächlich zum Ziele zu kommen schien. Ta plötzlich ereilte ihn ein Schlaganfall, der ihn dauernd dem Parlament entzog. Seine Birming- hamer ließen aber nicht von ihm, er mußte formell sein Mandat doch beibehalten, wenn er es auch nicht aus­üben konnte.-AlS,dann am Anfang dieses Jahres di«

Kunde kam, Chamberlain hat sein Mandat definitiv ab­gegeben, da wußte mau, sein Ende ist nicht mehr allzu- feru. Und doch bei großen Männern kommt auch daun noch die Todesnachricht immer überraschend. So war man auch in England eigentlich nicht darauf gefaßt, und als die Todesnachricht ziemlich verspätet bekannt wurde, im Laufe des Freitags, da konnte man merken, daß außer den Angehörigen niemand daran gedacht hatte.

Chamberlain hatte zur richtigen Zeit vom Kampfplatz weichen müssen. Die beispiellose Niederlage der Konser­vativen im Jahre 1906, die das Ende der konservativen Aera, bedeutete, hatte Chamberlain nicht niederringen können. Er war so sehr von seiner Idee durchdrungen, daß er den Glauben daran auch nach dieser Absage des Volkes nicht verlieren konnte. Er wollte sie nun erst recht in die englischen Köpfe Hineinpressen, er sah fein Merk im Geiste schon verwirklicht; das Schicksal hatte ihm einen anderen Weg gewiesen. Wäre er am Platz geblieben, er hätte nur zu bald sich von der Unmög­lichkeit einer Durchführung seines Programms über­zeugen müssen. Ter Gedanke eines britischen Weltreiches, der alle politischen und wirtschaftlichen Telle als ein Ganzes umfassen sollte, wäre em' Rovum in der ganzen Weltgeschichte gewesen. Praktisch verwirklicht hätte er für ein England ein Monopol bedeutet, für seine Kon­kurrenten auf dem Weltmarkt, insbesondere für Deutsch­land wäre er ein schwerer Schlag gewesen. Das englische Weltreich Chamberlains kam nicht und die Wege der Gegenwart sind weiter davon entfernt denn je zu einer Zeit, wo man in England anfängt, in Deutschland den notwendigen Konkurrenten anzucrkennen.

Worrn ist die rasche Wandlung zu erblicken? Ein­mal stieß er bei den eigenen Freunden auf Zweifler. Tie allgemeine liberale Weltanschauung machte Liberale und Sozialisten von vornherein zu seinen Gegnern. Das englische Volk in seiner Mehrheit konnte sich mit dem Schutzzoll nicht abfinden. Es ist auch eine Frage, ob er für England, das unter dem Freihandel einen solch ge­waltigen Aufstieg genommen, ein Glück gewesen wäre. Namentlich aber widersetzten sich die Kolonien selbst; sie sahen darin eine bevorstehende Knechtschaft seitens des Mut­terlandes. Für die Industrie Englands witterte das Volk großen Schaden und die Lebensmitteleinfuhr glaubte es erschwert. Tie Kolonien wollten und konnten auf ihre industrielle Entwicklung nicht verzichten, sie hätte sie dem Imperialismus opfern müssen. Chamberlains Imperia­lismus war aus der Mtstellung Englands um die Jahr­hundertwende geboren, mit der Beseitigung -desselben durch die Ententepolitik Eduards VII. fiel er wieder in sich zusammen. Die Einkreisung Deutschlands und der den Briten vollkommene Sieg der Japaner hatten die Wirtschaftsgefahr Englands mit sich genommen. Ein Schutzzoll schien nicht mehr nötig, der Handel blühte wieder auf. Chamberlains politische Niederlage war eine logische Konsequenz der Eduard'schen Einkreyungspolitik. Mrt der Art wie Chamberlain die Herstellung des briti­schen Weltreichs politisch und wirtschaftlich sich deckte, ist er unterlegen, aber der imperialistische Gedanke war ein zu großer, als daß er damit hätte begraben werden Dnnen. Er spukt noch heute in den Köpfen und die Liberalen sinnen, auf anderem Weg ihm näher zu kommen.

Landesnachrichten.

Wteurteig. 6. Juli 1814.

x Jungdeutschland im Feld. Am vorvergangenen Sonntag, der so sehr vom Wetter begünstigt war, zogen aus dem Enz- und Nagoldtal die Ortsgruppen Wildbad und Alten­steig des Jungdeutschlandbundes gegen einander ins Feld. Zum erstenmal war es, daß sich diese beiden Abteilungen gegenüberstanden. Die Ortsgruppe Altensteig war der gelbe Gegner und hatte die Aufgabe, Oberweiler zu besetzen und vordringenden Gegner aufzuhalten. Der rote Gegner da­gegen, dies war die Ortsgruppe Wildbad, hatte die Aufgabe, sich diesem gelben Gegner in Aichelberg gegenüberzustellen und ihn tunlichst zurückzudrängen. Als beide Abteilungen diese Orte erreicht hatten, setzte ein reger Patrouillendienst ein, der es auch bald den Führern ermöglichte, vom Gegner genaueres zu erfahren. Um 3 Uhr nachmittags erfolgte bei sonnig heißem Wetter der Angriff und zwar vonseiten von gelb gegen Aichelberg in zwei Flanken. Mit Hurra warf sich Gegner auf Gegner. Daß es dabei natürlich nicht ohne Schweißtropfen abging, dafür zeugten die gebräunten Ge­

sichter von Freund und Feind. Wie im ganzen Leben, so bewahrheitete sich auch hier das Sprichwort: »Nach getaner Arbeit ist gut ruhen/ Der zweite Akt, und er war wohl der angenehmere und gemütlichere, bestand darin, das nötige zu tun, um seinen lang gewordenen Magen zu befriedigen. Viel Spaß und Lust gabs da beim Abkochen. Anschließend daran wurde eine kleine Kritik über das Uebungsspiel von den Führern der beiden Abteilungen abgehalten. Auch sei hier noch der beiden Herren Pfarrer von Simmersseld und Aichelberg erwähnt, die mit Vergnügen dem Uebungsspiele beiwohnten. Herr Pfarrer Schmidt von Simmersfeld sprach in längeren Worten zu den Teilnehmern. Er führte auch unter anderem aus, welche Eigenschaften ein deutscher Jüng­ling sein eigen nennen müßte. Charakterfeste, Treue zu König und Reich, vor allein aber Gottesfurcht seien unter anderem die Tugenden, die keinem Deutschen fehlen sollten. Bismarcks Worte möchten jedem Deutschen als Muster gelten, nämlich:Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt." Nachdem noch ein patriotisches Lied in Ge­meinschaft gesungen, und ein letzter Gruß ausgetauscht war, zogen mit Trommelspiel und Pfeifenklang die Abteilungen von einander, die eine dem Nagold-, die andere dem Enztal zu. Jeder Teilnehmer hatte das Bewußtsein, Vergnügen und Nutzen zugleich an diesem Tage gehabt zu haben.

Füufrrrtdzwarrzigjährige Erinnerungsfeier «nd Bezirkskriegertag.

* Walddorf, 6. Juni. Gestern beging der Veteranen- und Militärverein Walddorf seine 25jährige Erin­nerungsfeier der Fahnenweihe verbunden mit dem Bezirkskriegertag. Der Ort war aus diesem Anlaß schön geschmückt. Die Beteiligung an der Feier war eine sehr große; es hatten sich etwa 30 Krieger- und Militär­vereine mit ihren Fahnen, auch zum Teil mit Musik oder Tambour eingefunden. Der festliche Tag wurde mit Böller­schießen und mit einem Festgottesdienst eingeleitet. Das Festessen, bei dem verschiedene Ansprachen gehalten wurden, fand in den beiden Gasthäusern Adler und Krone statt. Nach Ankunft der auswärtigen Vereine stellte sich der Fest­zug auf, um durch den Ort und auf den Festplatz zu ziehen. Dem Festzug ging der Radfahrerverein Walddorf mit ge­schmückten Rädern voran, hierauf folgten die Festreiter, Dragoner und Ulanen, ferner 20 hübsche Festdamen, und der festgebende Verein, dem die auswärtigen Vereine folgten. Auf dem Festplatze angekommen, brachte der Gesangverein Walddorf ein Lied zum Vortrag. Vorstand Kirn begrüßte die erschienenen Kameraden und Festgäste und gab einen kurzen Rückblick auf die 25 Jahre, die seit der Fahnenweihe verstrichen sind, wie sich der Verein gehoben habe und heute die stattliche Anzahl von 102 Mitgliedern zähle. Er schloß mit einem Hoch auf S. M. d. König. Schultheiß Ren schler begrüßte die Festgäste in einer Ansprache im Namen der Gemeinde und schloß mit einem Hoch auf den Veteranen- und Militärverein Walddorf. Hierauf folgte die Festrede, welche von Pfarrer Haller gehalten wurde, der u. a. folgendes ausführte:

Unser Veteranen- und Militärverein hat hier 3 besondere Bäume unter seine Obhut genommen: Die Friedenslinde, die Kaisereiche und die Bismarckseiche. Sie sind Wahrzeichen dafür, daß Güte und Treue einander begegnen sollen, Ge­rechtigkeit und Friede sich küssen. Dafür zu sorgen, gehört zu den schönsten Aufgaben des Vereins. Es seien ihm aber nun noch 3 andere Bäume zur Pflege empfohlen: Die 3 Tannen im Walddorfer Wappen. Sie sollen uns heute Hin­weisen auf die Treue gegen Kaiser und Reich, gegen König und Vaterland und auf die Liebe zur Heimat. Sie gedeihen am besten auf dem Boden der Gottesfurcht. Diese stärkte einst auch die Helden im Jahr 1870. Ebenso brachte es unser Kaiser in Jerusalem zum Ausdruck, als er die Erlöser­kirche weihte:Was die führenden Völker Europas geworden sind, wurden sie unter dem Zeichen des Kreuzes." Wollen wir bleiben, was wir werden dursten im Rate der Völker, dann laßt uns bleiben unter diesem Zeichen! Darin liegt der Sieg in allen Kämpfen, auch für unsere Veteranen, selbst gegen den letzten Feind. Gott gab vor 100 Jahren unserem Volke die Freiheit, vor 40 Jahren die Einigkeit: Schätzen wir beides und Haltens dankbar fest! Möge unter uns das echte Deutschland zu finden sein, wo Eide schwört der Druck der Hand und Treue aus dem Auge blitzt. Daneben lasset uns der schwäbischen Eigenart treu bleiben! Wir wollen den Mut haben zu einem entschiedenen Nein, zur Abwehr des Unrechten, aber ebenso bestimmt sei das Ja zu allem Grtten und Edlen, besonders auch das Ja unserer jungen