ss Ulm, 6. Mai. (Königsparade.) Der König und die Königin trafen heute vormittag 9.45 Uhr mit Gefolge im Sonderzug hier ein und begaben sich alsbald auf das Parade­feld in die Friedrichsau, wo die württembergischen Truppen der Standorte Ulm und Wiblingen Aufstellung genommen hatten. Um 10 Uhr begann die-vom Kommandeur der 27. (2. württ.) Infanterie-Division, Generalleutnant Graf v. Pfeil und Klein-Ellguth kommandierte Parade. Sodann wurde im Hotel zum russischen Hof das üblicke Paradefrüh­stück eingenommen. Um 2.45 Uhr fuhr das Königspaar im Sonderzug wieder nach Stuttgart zurück.

Deutsches Reich,

* Die Geschäftslage des Reichstags. Ter Senio­renkonvent des Reichstags trat am Mittwoch nachmittag zu einer Besprechung der Geschäftslage zusammen und einigte sich dahin, zunächst den Etat für die Verwaltung des Reichsheeres durchzuberaten, doch soll als erster Punkt auf die Tagesordnung der Sitzung am Donnerstag die zweite Lesung der Besoldungsnovelle gesetzt werden. Dem Militäretat sollen der Etat des Auswärtigen Amts, so­wie der Etat des Reichskanzlers und kleinere Vorlagen wie die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige Und die Konknrrenzklausel folgen. Vom Freitag dieser Woche ab sollen die Plenarsitzungen morgens um 10 Uhr beginnen. Ueber den BeginnderFerien konnte noch nichts- in Aussicht genommen werden, weil die Art des Fortgangs der Beratungen dafür maßgebend ist. Ebensowenig geklärt ist die Frage, ob der Reichstag geschlossen oder vertagt werden soll.

* Das Schicksal der Besoldungsrrovelle. Tie Budgetkommission des Reichstags nahm am Mittwoch die gesamte Besoldungsvorlage unverändert nach den Beschlüssen erster Lesung einstimmig an. Ter Staatssekretär des Rcichsschatzamtes hatte erklärt, daß die Beschlüsse der Kommission für die Re­gierung unannehmbar seien. Tie Sorgen für d.ie Beamten teile die Regierung mit dem Reichstag. Tie Konsequenzen, die sich jedoch aus den Beschlüssen der Kommission ergeben, seien unübersehbar. Jedenfalls sei es zur Zeit unmöglich, sie zu regeln. Tie Stellung­nahme der verbündeten Regierungen sei durch einen Be­schluß des Bundesrats in ablehnendem Sinn erfolgt. Auch sei bereits in erster Lesung zum Ausdruck gebracht wor­den, daß Beschlüsse über die Vorlage hinaus diese ge­fährden und unannehmbar machen würden. Tie Red­ner aller Parteien hatten betont, daß sie an den gefaßten Beschlüssen fest halten und daß die Verantwortung für die aus der ablehnenden Haltung der Regierung entstehende Erregung in Beamtenkreisen der Regierung zufalle.

Eiu UnglncksfaU beim Geschützexerzisren.

Wiesbaden, 6. Mai. Auf dem Pforzheimer Exerzier­platz überschlug sich heute Mittag beim Geschützexerzieren ein Geschütz der 6. Batterie des hier garnisonierenden 27. Feld­artillerieregiments und begrub mehrere Kanoniere unter sich. Zwei Kanoniere wurden schwer und zwei leicht verletzt.

Auf verbotenen Wegen.

Wilhelmshafen, 6 Mai. S. M. Schiff "Zielen", das zum Schutz der Fischerei kreuzt, hat heute Nachmittag nörd­lich von Norderney den englischen FischdampferG. I). 1120" aus Grimsby, der auf verbotenem Gebiet fischte, aufgebracht und wird mit ihm heute Abend hier eintreffcn.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 6. Mlar.

Präsident Tr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 2.20 Uhr. Am Bundesratstisch ist Kriegsminister von Falkenhayn erschienen. Tie zweite Beratung des Militäretats wird fortgesetzt.

Buntes Feuilleton.

Warum brütet der Kuckuck nicht?

Von vr. Th. Zell.

So naheliegend es ist, unsere Anschauungen über Moral auf die Handlungen der Tiere zu übertragen, so muß sich doch der denkende Tierbeobachter vor einem solchen Fehler Uten. Tatsache ist es, daß das Kuckucks­weibchen nicht selbst brütet, sondern das Ausbrüten und die mühevolle Aufzucht der Jungen andern Vögeln über­läßt. Ta eine solche Handlungsweise nach menschlichen Moralbegriffen den natürlichen Mutterpflichten wider­spricht, die sonst überall für heilig gehalten werden, so ist man allgemein zu einem Berdammnngsnrteil über den Vogel bereit.

Bei ruhiger Ueberlegnng wird man zunächst fragen müssen, ob denn der Kuckuck überhaupt brüten kann. Man hat das verneint, weil er mit dem Weideviekr wandern müsse und deshalb nicht bei seinen Jungen bleiben könne. Es fehlt hier der Raum, diese Ansicht eingehend zu wider­legen. Es dürfte der Hinweis genügen, daß Stelzen und Stare, die man bei Viehherden antrifft, trotzdem ihre Jun­gen selbst großziehen. Umgekehrt hat der Kuckuck mit Weide­vieh so gut wie gar nichts zu tun. In verschiedenen Ge­genden, wo er sehr häufig ist, habe.ich ihn niemals bei Viehherden gesehen. Tagegen ist es richtig, daß er nicht imstande ist, seine Jungen allein großznziehen. Nach jahrelangen Beobachtungen besteht für mich kein Zweifel, daß ein Knckuckpaar höchstens ein Junges großziehen könnte. Ten Beweis kann ich leicht dafür liefern. Ge­wandte Vögel z. B. Bachstelzen haben von früh bis spät zu tun, um das Mundwerk von einem einzigen jungen

Abg. Rogalla von Bieberstein (Kons.): Mit Stolz sehen wir auf die glatte Durchführung unserer Wehrvorlage, die zum Staunen der ganzen Welt vor sich gegangen ist. Tie Mißhandlungen verurteilen auch wir genau so wie Sie (nach links). Tie Einsetzung eines Etatstitels zur Förderung des Sports begrüßen wir. Tie soziale Gleichstellung des Sanitätsoffizierskorps mit den -Offizieren ist nötig. Deutschland ist stets in der Lage, seinen vollen Bedarf an Militärpferden zu decken.

Abg. Müller-Meiningen (Vp.): Dem T>ank an die Verwaltung für prompte Durchführung der Wehr­vorlage schließen wir uns an. Das größte Lob gebührt aber dem deutschen Volk, das die Lasten dieser Vorlage so gern auf sich genommen hat, im Interesse des Welt­friedens. In Verbindung mit der deutschen Tnrnerschaft muß der Kriegsminister die Erstarkung des Volkes an­streben. Wir haben das Recht, uns um die Behandlung der Soldaten zu kümmern. Auch Herr Erzberger wird nicht leugnen können, daß die Behandlung unserer Re­solutionen eine an Grobheit grenzende Harmlosigkeit dar­stellt. (Heiterkeit.) Das jetzige Ehrengericht ist ein Hohn auf das- moderne Recht, ebenso das Beschwerderecht. Be­dauerlich ist, daß die ekelhasten, grausamen Soldatenmiß­handlungen eher zu-, als abnehmeu. Unsere Aufgabe ist es, die Armee den modernen Anschauungen anznpas- sen und dazu müssen zunächst die Beschlüsse des Reichs­tags respektiert werden. (Beifall links.)

Abg. Tr. Hegenscheidt (Reichsp.): Tie schnelle Durchführung der Wchrvorlage beweist auch die hervor­ragende finanzielle Kriegsbereitschaft des deutschen Vol­kes. Tie Wehrvorlage bedeutet einen ganz gewaltigen Fortschritt. An dem Palladium der kaiserlichen Kom­mandogewalt halten wir unbedingt fest. Wir sind gegen alle Soldatenmißhandlnngen, die erfreulicherweise - ab­nehmen. (Beifall rechts.)

Mg. Werner (W. Vgg.): Wenn Tr. Müller- Meiningen wünschte, daß Juden in das Offizierkorvs hineinkommen, so werden diese Leute wenig Lust dazu haben, da es andere Berufe gibt, die mehr einbringen.

Kriegsminister v. Falken Hayn: Von verschiede­nen Seiten ist mir die Notwendigkeit ans Herz gelegt worden, die leider immer noch vorkommenden Mißhand­lungen einzudämmen. In der Brust jedes Vorgesetzten lebt die Abscheu gegen dieses Vorgehen. (Bravo.) Ter Kampf gegen systematische Mißhandlungen wird in der Armee unaufhörlich geführt. Es ist also nicht richtig, die Vorgesetzten Stellen allein dafür verantwortlich zu machen. Der Vorwärts behandelte vor kurzem in einem Artikel 7 Mißhandlungsfälle von Offizieren, die sich in Jahren ereignet hätten. An demselben Tage er­hielt ich eine Zusammenstellung der Offiziere, die sich als Lebensretter betätigt haben, im ersten Vierteljahr 1914 9 Offiziere. Das erwähnt der Vorwärts nicht. Tie Vorschrift über den Wasscngebranch ist nichts weiter als eine Zusammenstellung allgemein anerkannter Rechts­annahmen zum Zwecke der Instruktion der Militäroc- fehlshaber. Sie hat Geltung für Preußen und die unter Preußischer Verwaltung stehenden, wie die in den Reichs­landen stehenden Kontingente. Solange ich Kriegsminister sein werde (Zuruf bei den Soz.: Wie lange?) das weiß ich nicht (Heiterkeit) solange wird das Pressereferat nicht zu Parteizwecken verwandt werden. Tie Einbe­rufung zur Kriegsakademie erfolgt auf Grund von Ar­beiten unter Chiffre. Ta zeigt sich, daß in der Garde von jeher der Zug zur wissenschaftlichen Ausbildung besonders ausgeprägt ist. (Schallende Heiterkeit.)

Darauf polemisierte der Kviegsminister gegen die ! Sozialdemokratie . Abg. Hägy (Elf.) stellte fest, daß i sich in Spionagefällen die elsaß-lothringische Bevölkerung stets zuverlässig erwiesen habe. In Zabern ist zu er­warten, daß Militär und Bevölkerung sich künftig gut verstehen werden. General Frhr. Langermann

Kuckuck zu stopfen. Wie sollten da die im Verhältnis zu den Stelzen ungeschickte!: und täppischen Kncknckseltern mehr leisten?

Es ist nun aber ein einfaches Rechenexempel, daß jedes Tier eine gewisse Anzahl von Nachkommen haben muß, um nicht anszusterben. Ter Adler kann mit einem Jungen jährlich auskommen, weil er außer dem Men­schen kann: Feinde hat und hundert Jahre alt wird. Tier Kuckuck als wehrloser Vogel, der etwa dreißig Jahre alt wird, gebraucht sicherlich jährlich vier Junge. Weil er diese nicht selbst großziehen kann, muß er seine Eier andern Vögeln unterschieben. Eckermann hat in seinen Gesprächen mit Goethe uns eine ausführliche Unterhal­tung über den Kuckuck mitgeteilt. Ter Lehrer war in diesem Falle Eckermann, der ein ausgezeichneter Bogel- kenner war. Eckermann ist der Ansicht, daß der Kuckuck etwa fünf Eier lege und daß die Aufzucht dieser fünf Eier auf Kosten von fünfzig unserer besten Singvögel ge­schähe. Tenn da der junge Kuckuck alles für sich bean­sprucht, so verkümmern die Stiefgeschwister. Außer­dem schreiten die Eltern nicht zu einer zweiten Brut. So ist das Opfer von zehn Insektenfressern für einen Kuckuck im ersten Augenblick allerdings erstaunlich. Ueber- legt man sich aber, daß alle diese Insektenfresser keine haarigen Raupen fressen, die gerade der Kuckuck mit Vor­liebe verzehrt, so erhält die Sache ein ganz anderes Gesicht. Würde also der Kuckuck den wohlgemeinten Ratschlägen des Menschen folgen und selbst brüten, so zöge er jährlich nur ein Junges groß. In wenigen Fah­ren wäre er ansgestorben, und die haarigen Raupen ver­wüsteten unsere Wälder.

Daß der Kuckuck gar nicht der Bösewicht ist, wie man allgemein annimmt, geht aus folgendem hervor. Seit meiner Jugendzeit habe ich von Vogelfängern und andern Vogelkennern gehört, daß der Kuckuck hin und

von Erlenkamp stellte fest, daß für die Seelsorge des polnischen Soldatenstandes genügend gesorgt sei.

Nach weiteren persönlichen Bemerkungen einiger M- geordneten vertagt sich das Haus ans morgen' mittag 2 Uhr. Tagesordnung: Antrag Speck betr. Aufwands­entschädigung für soldatenreiche Familen, Besoldungsno­velle. Schluß ffi8 Uhr.

Eröffnung der Internationalen Ausstellung für das Buchgewerbe.

Leipzig, 6. Mai.

Heute vormittag Vz12 Uhr wurde die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik, Leipzig 1914, auf dem Gelände der vorigjährigen Internationalen Ban­fachausstellung am Fuße des Völkerschlachtdenkmals in Gegenwart des Königs, des Prinzen Johann Ge­org und der Prinzessin Mathilde von Sachsen, sowie zahlreicher geladener Gäste und der Spitzen der Behörden feierlich eröffnet.

Anwesend waren u. a. die Staatssekretäre Tr. Del­brück und Tr. Sols, das gesamte sächsische Ministerium, sowie das am sachs. Hofe beglaubigte diplomatische Korps. Tie Eröffnungsfeier vollzog sich im Repräsentationshaus in der Jndustriehalle, wo der 1. Präsident der Aus­stellung, Tr. Ludwig Volkmann, die Eröffnungs­rede hielt. An die Eröffnungsfeier schloß sich eine Be­sichtigung der Ausstellung an. Auf dem Schloßplatz von Alt Heidelberg" brachten 750 Studenten dem König eine Ovation in Gestalt eines Frühschoppens und eines Salamanders dar. An die Besichtigung schloß sich nach­mittags im Weinrestaurant der Ausstellung ein Früh­stück.

In seiner Rede sagte der Präsident der Ausstellung, Tr. Ludwig Bolkmann, daß es noch vor einem Menschen­alter unmöglich gewesen wäre, an eine graphische Aus­stellung in Leipzig zu denken. Tie jetzige Ausstellung habe ihren Anlaß in dem 150jährigen Jubiläum der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buch­gewerbe in Leipzig. Ehrfurchtsvoller Tank gebühre dem König, dem Prinzen Johann Georg, sowie der Prin­zessin Mathilde. Ter Redner gedachte auch der warmen rrnd hilfreichen Aufnahme, die er bei den deutschen und den ausländischen Behörden und bei seinen Fachgenossen, die er im Interesse der Ausstellung besuchte, gefunden habe. Er schloß mit den Worten: Das eine dürfen wir mit Stolz behaupten: Nicht eine bloße Angelegenheit äußeren materiellen Erwerbs ist es, was wir hier ge­schaffen haben, sondern ein Dokument für die geistige Kultur aller Völker und Zeiten. Ein Friedenswerk wollten wir schaffen im besten Sinn des Wortes international, auf kraftvoller nationaler Basis, stolz auf das eigene Wesen und gerade darum , voller Verständnis und Achtung für das ganze Wesen ! des Nachbarn. , s

Ausland.

Des Kaisers Heimreise.

Germa, 6. Mai. (Durch Funkspruch von Bord S. M. SchiffBreslau".) DieHohenzollern" und ihre Begleit­schiffe warfen heute Nachmittag gegen 4 Uhr vor Portofino Anker, nachdem sie gestern Genua und Neapel und heute Elba passiert hatten. Der Kaiser und die Kaiserin nahmen den Tee bei dem Botschafter Dr. Fr>r. Mumm v. Schwarzen­stein im Castell San Giorgio ein. Um 6.15 Uhr erfolgte die Weiterfahrt nach Genua.

Portofino, 6. Mai. Der Kaiser und die Kaiserin sind bier an Land gegangen, begleitet von dem Botschafter von Flotow. Die Musik spielte die deutsche Hymne. Die Menge begrüßte die Majestäten mit lebhaftem Hurrah. Die Schul-

wieder brüte. Ich habe das zunächst für einen Irrtum gehalten, bis die Gebrüder Müller, die Verfasser des vor­trefflichen Werkes: Tiere der Heimat, einen solchen Fall einwandfrei feststellten. Für mich ist dabei der Umstand überzeugend, daß diese Ausnahme gelegentlich einer Rau- penplage geschah. Ist eine solche vorhanden, dann kan» der Kuckuck auch selbst brüten. Tienn der Grund, der ihn zum Unterschieben Anlaß gibt, die Unfähigkeit, die Nah­rung herbeizuschaffen, fällt in einem solchen Falle fort.

Brütet der Kuckuck selbst, so bleiben für jedes Junge zehn Insektenfresser mehr am Leben. Wir sehen, daß die Raupenplage selbst die Vermehrung der Insektenfresser hervorruft, und werden mit gerechtem Staunen darüber erfüllt, in wie einfacher Weise eine Uebervrodnltion sich selbst ihre Gegner großzieht.

Kaiser Franz Josef I. als Patient. Unter der Reihe jener Persönlichkeiten, welche sich in fortwährende!:'. Kontakt mit dem bejahrten Kaiser von Oesterreich befin­den, ist auch der Doktor Kerzl, der Leibarzt des, Mo­narchen. Cr hat diesen Posten zwar erst seit einigen Jahren inne, wußte sich aber durch die Art, wie er seine Stellung als gesundheitlicher Berater und Leiter aus­übt, das vollste Vertrauen seines kaiserlichen Herrn zu i erringen. Heute ist Doktor Kerzl am kaiserlich öfter- ! reichischen Hof der einzige Mensch, der, wann er will, i beim Kaiser Zutritt hat. Ja, er darf das Arbeitszim- ' mer des greisen Kaisers ohne jede weitere Ankündigung und ohne Klopfen an der Türe betreten. Ter Leibarzt steht ungefähr in gleichem Alter wie der Herrscher und die Natur seiner Beschäftigung hat es im Lauf der Jahre