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Landesnachrichten.

Mtenrteig, 3. Januar 1913.

* Lehrerwechsel. Mit dem Jahreswechsel hat sich eine wesentliche Aenderung in der hiesigen Volksschule dadurch vollzogen, daß zugleich zwer tüchtige Lehrer von hier schieden. Hauptlehrer Bartholom äi hat vor einigen Tagen die chm übertragene Schulstelle in Ueberberg übernommen und Hauptlehrer Böhmler siedelt in diesen Ta­gen nach Friedrichshafen am Bodensee über. Man hat beide Lehrer nur ungern aus dem hiesigen Schuldienst scheiden sehen. Herr Böhmler hat sich während seinem etwa 12jährigen hiesigen Aufent­halt auch sonst in der Öffentlichkeit verdient ge­macht und hat sich oft und gerne bei vielen An­lässen in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Dies soll auch an dieser Stelle dankbar aner­kannt werden.

* «Sparkasse Altenstoig. In dem gestrigen Ar­tikel ist zu berichtigen, daß der Reservefonds nicht 7000 Mk., sondern 70 000 Mk. betragt.

// Nagold, 2. Jan. Das Milde, srühlingsschöne Wetter der letzten Zeit hat auch manch ein Früh- linsgkind der Flora geweckt. An sonnenwarmen Abhängen findet man nicht nur das Gänse­blümchen, sondern auch die Goldnessel, den Hah­nenfuß und den Ehrenpreis in ihren bunten Klei­dern. Und die Bienlein lassen sich vom Sonnen­schein zu Ausflügen verlocken, die sie leider zu­nächst mit dem Leben bezahlen müssen.

js Bad Teinach, 2. Jan.'(Vom Pferd er­schlagen.) Gestern nachmittag wurde der 52 Jahre alte Georg Blaicher von seinem Pferde so schwer auf die Leber geschlagen, daß er im Kran- fenhause, wohin er verbracht wurde, starb.

jf Calw, 2. Jan. (Explosion.) In einem Galanterie- und Kolonialwarenladen, in dem auch Feuerwerkskörper ausgelegt waren, kam ein jun­ger Mann den Feuerwerkskörpern mit seiner Zi­garette zu nahe. Die Frösche und Schwärmer fin­gen Feuer und in einem einzigen Augenblick war das ganze Lokal in eine gewaltige Feuerwolke gehüllt, die unter ungeheurem Getöse und Gedon­ner sich Luft zu machen suchte. Wären Nachbarn nicht sofort bei der Hand gewesen, so hätte Calw eine furchtbare Sylvesternacht erlebt, da in dem Haus Terpentin-, Spiritus- und Petroleumfässer la­gern und eng von Nachbarhäusern umschlossen ist. Die unverkäuflich gewordenen Gegenstände haben einen Wert von gegen 1000 Mk.

js Freudenstadt, 3. Jan. In Straß bürg ist unser berühmter Landsmann Geh. Rat Pros. Dr. Euting nach langer Krankheit gestorben. Er war Mitbegründer und von 19001909 Direktor der Straßburger Universitäts- und Lanüesbibliothek. Seinen großen Ruf hatte er erworben als Reisen-

, der und Forscher auf dem Gebiete der syrrich- chaldäischen Sprachen. Seine letzte Ruhestätte fin­det Euting auf dem hohen Schwarzwald, wo er sich zwischen Nutzestem und Hornisgrinde oberhalb des Wildsees schon vor Jahren eine wundervoll gelegene Begräbnisstätte gesucht hat, die manchem Wanderer ins Auge fiel. Dis Beisetzung dürfte von Mitteltal aus erfolgen. ^ .

ss Rottweil, 2. Jan. Die SylvesterFacht ging nicht ohne Unfall vorbei. Ein 19jähriger Bursche verletzte sich beim Neujahrsschießen an der lin­ken Hand, an der er zwei Finger verlor. Die Schießerei war von der Behörde ausdrücklich ver­boten worden. Wer nicht hören will, muß fühlen.

st Tübingen, 2. Jan. (Neujahrsschießerei.) Der 11jährige Friedrich Kirschbaum aus Degerschlacht wurde von einem 13jährigen Jungen in Betzingen in den Kopf geschossen und - lebensgefährlich ver­letzt in die chirurgische Klinik gebracht.

st Hohelcheim, 2. Jan. (Der Erdstoß.) Das' Institut der Erdbebenwarte registrierte den bereits gemeldeten Erdstoß von 6 Uhr 44 Minuten 1 Se-" künde bis 6 Uhr 44 Minuten 11 Sekunden. Ins­gesamt dauerten die Nacherschütterungen noch bis 6 Uhr 48 Minuten. Als Herd wird die Ebinger Gegend angenommen. Die Erschütterung hatte un­gefähr die Stärke vom 4. Mai 1912.

* Stuttgart, 2. Jan. Der Gemeinderat be­schloß in seiner heutigen Sitzung, in Anerkenn­ung der Verdienste, die sich Staatsminister a. D. Dr. v. Pischek auch um die Stadt Stuttgart erwor­ben hat, die bisherige Frauenkopfstraße auf der Gänsheide, die Dr. v. Pischek bei seinen Spazier­gängen besonders gern aufsucht, Pischekstraße zu nennen.

st Stuttgart, 2. Jan. Im Neckar bei Hofen wurde durch zwei Ulanen des 20. Ulanenregiments in Ludwigsburg ein seit 6 Wochen bei diesem Re­giment vermißter Soldat gelandet, der eine schwere Wunde am Kopfe auswies, die man für Säbelhiebe hält. Man nimmt an, daß die Leiche noch nicht lange im Wasser lag. Der aufgesundene Ulan ist, laut Cannstatter Zeitung, der am 13. Mai 1892 in Binsdorf bei Sulz geborene Josef Kraft, der seit 11 November von seinem Regiment abgängig war. Die militärgerichtliche Untersuchungskommis­sion ist heute nachmittag in Hofen eingetroffen.

st Stuttgart, 2. Jan. In der Neujahrsnacht wurden insgesamt 44 Personen (i. B. 115) wegen Ruhestörung usw. zur Anzeige gebracht.

st Waiblingen, 2. Jan. In Neustadt haben trotz alljährlichen Warnungen einige junge Leute das Neujahr eingeschossen und dieses Geschäft so unge­schickt besorgt, daß der verheiratete Polizeidiener Ernst Falkenstein eine Kugel in den Unterleib er­hielt, an der er in lebensgefährlichem Zustand im hiesigen Krankenhause darniederliegt. Der Land­jäger hat sich der Schützen bereits angenommen.^

Deutsches Reich.

st Reichenberg i. Böhmen, 2. Jan. In einem hiesigen Hotel wurde heute der Finanzbeamte Franz Lang von seiner jungen Frau, die getrennt von ihrem Manne in Leipzig lebt und die auf Besuch gekommen war, betäubt und erwürgt. Hier­auf erdrosselte die Frau ihren 5jährigen Knaben und erhängte sich dann selbst am Fensterkreuz.

der Geistliche aus,io war es nickst zum Gering­sten das Werk und Verdienst des Verstorbenen, und wenn wir die Zuversicht haben dürfen im neuen Jahre, daß es gelingen werde, das Schiff un;eres Vaterlandes durch Klippen hindurch im ruhigen Fahrwasser zu halten, so gründet sich diese Hoff­nung nicht zum wenigsten darauf, daß unser Kai ser "die Steuerung dieses Schiffes in die starke Hand eines so erfahrenejn, scharfsinnigen und beson­nenen, treuen Mannes gelegt hatte, wie es der Verstorbene in so hervorragendem Maße gewesen ist. Nur kurze Zeit war es ihm vergönnt, sein hohes, verantwortungsvolles Amt zu bekleiden, aber sie genügte, um das Vertrauen, das ihn in diese Stellung berufen hatte, vollauf zu recht- fertigen. Seine Arbeitskraft schien unermüdlich und unersetzlich. Er hat sich rücksichtslos in den Dienst des deußschen Vaterlandes, von Kaiser und Reich gestellt.' Die Liebe zum deutschen Vater­lande war die Seele seines Wirkens. Er hat der Ghre und Größe unseres Deutschen Reiches nie etwas vergeben wollen, aber, weil ihm das Heil des Vaterlandes vor Augen stand, darum glaubte er, den Knoten nicht mit dem Schwerte durchhauen zu dürfen, so lange es irgend eine friedliche Lösung gab, nicht aus Furcht, sondern weil er Ge­winn und Verluist richtig abwog. Er hat alles für das Vaterland geopfert, auch seine Gesundheit. Er ist aus der schwäbischen Heimat hervorgegan­gen und hat feine schwäbische Eigenart behalten." Der Geistliche richtete sodann Worte des Trostes an die Angehörigen und schloß mit einem Gebet.

Hierauf wurde der Sarg zum Grabe getragen, gefolgt von der Trauerversammlung wie beim Ein­zug in die Kapelle. Oberhofprediger Prälat Dr. v. Kolb sprach am Grabe noch einmal ein Gebet. Hierauf trat der König als Erster an das Gr'ab und warf einen Tannenzweig hinab. Ihm folgten die Herzöge, die Vertreter der fremden Fürstlich­keiten und die übrigen Herren des Trauergefolges. Die Feier war kurz vor dreiviertel 4 Uhr beendet und schloß mit einem Choral.

. Der Reichskanzler.

Alsbald nach der Beerdigung begab sich der Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg zu Minister­präsident v. Weizsäcker und hatte mit diesem eine längere Unterredung. Um 7 Uhr abends nahm der Reichskanzler auf Einladung der Majestäten an der K. Abendtafel teil. Ferner hatten Einladungen erhalten Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker, der bayerische Ministerpräsident Frhr. v. Hertling, die beiden Staatssekretäre Krätke und Dr. Solf, der italienische Botschafter Pansa, der preußische Ge­sandte in Stuttgart v. Below-Rutzau, der baye­rische Gesandte am hiesigen Hofe, Graf Moy, und der württembergische Gesandte in Berlin, Freiherr v. Varnbühler.

jf Stuttgart, 2. Jan. Reichskanzler von Bethmann-Hollweg ist heute abend um 9.17 Uhr in Begleitung des italienischen Botschafters in Berlin, Pansa, nach Berlin zurückgereist. Die Staatssekretäre Krätke und Dr. Solf, sowie Un­terstaatssekretär Zimmermann sind ebenfalls mit dem gleichen Zuge nach Berlin zurückgereist. Als sich der Zug in Bewegung setzte, bereitete ein zahlreiches Publikum dem Reichskanzlers eine spon­tane, lebhafte Ovation.

Proben gibt es zwei, darinnen Sich der Mann bewähren muß: Bei der Arbeit recht Beginnen, Beim Genießen rechter Schluß.

Urbrrrvludruds Kirbe.

Erzählung von B. v. Winterfeld.

(Fonsetzung) Nachdruck verboten.

"Nach dem Frühstück trat man auf die Terrasse. Heideck nahm den Arm seiner jungen Frau und schritt mit ihr hie Freitreppe zum Seeufer hinab.

Weit dehnte sich die schimmernde Wasserfläche vor den Blicken aus. In den Kronen der uralten Baumgruppen an den Ufern sangen vielstimmig Drosseln, Finken, Pirole, und die Nachtigallen schlugen in blühenden Fliederbos- ketten, die die Luft mit ihrem köstlichen Duft erfüllten.

Die Zurückbleibenden sahen dem schönen Paare nach, das im Schatten der Kastanienallee verschwand.

Wie gütig wurde unser Kind geführt! Was fehlt noch zu ihrem Glück!" sagte Graf Eichen zu seiner Frau.

Diese nickte befriedigt lächelnd.Heideck ist ein präch­tiger Mann, er scheint sie auf Händen zu tragen. Das war ja.auch nicht anders zu erwarten," meinte sie.

Indessen waren Rolf und Edith schweigend weiter­gegangen. Rolf sah mit Entzücken die wunderbare Schön­heit der Natur ringsumher, doch schon die fünf Wochen seiner Hochzeitsreise hatten ihm gezeigt, daß er bei seiner zungen Frau keinen Widerhall für diese Empfindungen fand, und darum genoß er das Schöne ringsum, ohne etwas darüber zu äußern.

Nach einer Weile begann er:Liebes Herz, es hat mir wehe getan, daß du dich nicht entschließen konntest, den Gutsleuten ein Willkommenswort zu sagen. Sie hatten sicher darauf gerechnet, von ihrer jungen Herrin freundlich begrüßt zu werden." Und als Edith schwieg, bat er dEigend:Du mußt dich von jetzt ab öfters zwingen, dich den Gutsleuten zu nähern, es ist einmal deine Pflicht, und auch wenn es dir schwer wird, mir zuliebe wirst du es lernen, nicht wahr?"

Er umfaßte sie zärtlich und wollte ihr in die Augen sehen; aber sie entzog sich seiner Umarmung und schmollte: Ich bitte dich, Schatz, laß mich zufrieden mit deinen Ermahnungen und Vorschriften. Dazu habe ich doch wirk­lich nicht geheiratet, nur um' mit deinen Dorfleuten zu ver­kehren. In Eichenrode haben die Eltern das nie von mir verlangt. Hilde hat dort nur diese neue Mode eingeführt, die armen Leute zu besuchen; aber nötig hat sie es auch nicht. Es wird ja ohnehin so gut für alle gesorgt!"

Gewiß, mein Herz," begann Heideck wieder,aber es ist ein Unterschied, ob man mit Hilfe seines Geldbeutels indirekt für seine Gutsinsassen sorgt oder sorgen läßt, oder ob man ihnen durch persönlichen Verkehr, persönliche Teil­nahme wohltut, was sie oft ebensosehr schätzen, als materielle Hilfen und Wohltaten! Gott hat uns in eine so bedeutend bevorzugte Lage und Stellung gesetzt, da haben wir die Verpflichtung, die uns anvertrauten Untergebenen mtt Liebe und Vertrauen an uns zu fesseln; und nicht wahr, Liebchen, du willst mir doch dabei helfen, meine Lebensgefährtin sein überall?" Liebevoll sah er sie an.

,"^ch' Schatz, du machst dir wohl von mir eine falsche Vorstellung! Gehe du nur allein zu deinen Leuten und quäle mich nicht mit Dingen, die mir nicht liegen! Aber mache kein so finsteres Gesicht!" Bei diesen Worten streichelte sie sein Gesicht, wie sie als Braut getan, wenn sie nicht Lust hatte, seinen Wünschen nachzukommen, und wie damals konnte er den Liebkosungen seiner wunderschönen Frau mcht widerstehen. Er küßte sie und ließ das Thema fallen.

Als pe auf die Terrasse zurückkehrten, rüsteten sich

Ediths Eltern mit Hilde zur Heimfahrt. Man wollte sie zurückhalten, doch die Gräfin erklärte, ein junges Ehepaar sei am besten allein aufgehoben, und nach Umarmungen und Händedrücken rollte der Wagen Eichenrode zu.

Die Sonne sank und vergoldete scheidend die duftende, blühende, vogeldurchsungene Iunipracht. Hilde saß schwei­gend und hing ihren Gedanken nach. Ihr Herz litt unter neuen Enttäuschungen. Sie hatte sich von einer jungen Ehe ein anderes, wohl zu hohes Ideal erträumt. Wenn sie es sich überlegte, schien es ihr, als habe Heidecks Gesicht früher, ehe er verlobt war, als er ihr noch so oft ver­trauensvolles Verständnis gezeigt, einen glücklicheren Aus­druck getragen. Wie rasch war doch eigentlich alles ge­kommen! Um Weihnachten erst lernte er Edith kennen, und schon nach kaum zwei Monaten war sie seine Braut! Ob er sie wohl recht gekannt hatte? Freilich, sie war ja wunder-, wunderschön, und schon viele Männer hatten sie heiraten wollen, und immer hatte sie nicht gewollt, bis dann Heideck kam. Damals hatte Hilde ja gleich eine Veränderung an ihrer Cousine bemerkt, bis es ihr dann später klar wurde, daß sich das Schicksal zweier Menschen entschieden hatte. Und sie selber, die arme Waise, die einige Tage lang so verblendet gewesen, ein tiefes, unfaßbares Glück im Herzen aufkeimen zu fühlen meinte, sie stand nun allein abseits. Es war gut, daß der Wagen vor dem Eichenroder Herrenhause hielt und Hildes Gedanken jäh dadurch unter­brochen wurden.Nein, nur nicht grübeln!" sagte sie sich. Es gab so viel Arbeit für sie, und die wollte sie tun!

Der Sommer ging vorüber. Auf Heidburg herrschte ^ 5 6es Leben. Edith liebte Geselligkeit, und der vornehme Zuschnitt des Hauses, die Schönheit der jungen Baronin, und nicht zum wenigsten die herzliche Liebenswürdigkeit Hei- decks lockten viele Gäste, die die ausgesucht freundliche Aufnahme nicht genug rühmen konnten. Hilde wurde oft hinuntergebeten, wenn sich Besuch dort angesagt hatte, und so kam es, daß sie bald tiefer sah, als die meisten, die