könnt sei, in der betreffenden Ortschaft oder auch rrn ganzen Bezirk auf eine Bekämpfung im Sinne der Denkschrift hinzuwirken, unter Umständen selbst eine solche zu organisieren, auch über das Geschehene und etwaige mit besonderem Erfolg airgewandte Mittel zu berichten. Meldungen über das Vorhandensein einer Schnakenplage sind an das Ministerium bis jetzt nur ganz wenige erstattet worden und nur aus eurem Oberamt wurde berichtet, daß in 21 Gemeinden mit Erfolg gegen die Schnaken vorgegangen worden sei. Die wirksamste Bekämpfung der Schnaken erfolgt in ihren Winterverstecken. Es dürfte sich deshalb empfehlen. daß hievon die Bezirksbehörden derjenigen Bezirke. in denen die Schnakenplage Heuer sich gezeigt hat, Kenntnis nehmen und das Geeignete Vorkehren. Da die Desinfektoren in der Desinsektorenschule des Medizinalkollegiums auch über die Bekämpfung der Schnaken unterrichtet werden, wird es zweckmäßig sein, da und dort die Desinfektoren mit der Bekämpfung der Schnaken in einer Gemeinde zu betrauen.
ft Eßlingen, 12. Sept./ (Arbeiterbewegung.) Der Streik in der Bijouteriesabrik Huttenlocher ist nach fünfwöchiger Dauer zu Ungunsten des Metallarbeiterverbandes heute mittag beendet worden. Von der Firma wird morgen ein Teil der Arbeiter und von Montag ab der Rest des Gesamtpersonals wieder eingestellt.
ft. Gmünd, 12 .Sept.' Heute früh ereigneten sich hier auf dem rechten Remsufer unterhalb der Villa Schmidt große Rutschungen, die einen bedeutenden Schaden anrichteten.
ft Backnang, 12. Sept. Gestern abend wurde beim Häutesuchen das von der Familie Belz vermißte dreijährige Bübchen, von dem man vermutete, daß es dem Hochwasser zum Opfer gefallen ist, in der Murr unterhalb der unteren Fabrik an einem Erlenstrauch hängend ertrunken aufgefunden. Wie das- Bübchen, das nur wenige Minuten ohne Aussicht blieb, in den Bach geriet, ist ein Rätsel.
ft Molpertshaus, OA. Waldsee, 12. Sept. Bei Arbeiten in der Scheune glitt der Mesner Anton Birkenmaier mit der Leiter aus und stürzte aus beträchtlicher Höhe auf die Tenne herab. Mit schweren äußeren und inneren Verletzungen wurde er ins Spital nach Neutann übergefiihrt.
Deutscher Pfarrertag.
ft Stuttgart, 12. Sept. Der heutigen Hauptversammlung ging eine Festandacht in der Markuskirche voraus. Die Hauptversammlung fand heute unter dem Vorsitz von Stadtpfarrer Deiß- mann statt. Begrüßungsansprachen hielten Stadtpfarrer Traub namens des württ. Pfarrvereins, im Auftrag des Kultministers Konsistorialpräsident Dr. v. Habermaas, welcher ausführte, daß trotz der verschiedensten Richtungen die evangelischen -Christen wegen einiger vorhandener Differenzpunkte sich das Daseinsrecht in der Kirche nicht bestreiten lassen sollten. Der in Württemberg traditionelle versöhnliche Geist möchte sich auch über das ganze Reich ausdehnen. Für die Stadtverwaltung sprach Gem. Rot Klein, für die Stuttgarter Pfarrer Ober- komststorialrat Keeßer, für die theologische Fakultät der Tübinger Universität Prof. Dr. Traub. Präsident von Zeller hatte die Grüße der Landessynode schriftlich übermittelt und dabei auf die
M L-sefrrrcht. M
Aus bittern Meeren ziehr die Sonne süßes Wasser: So zieh' auch Liebe du aus Herzen deiner Hasser.
Friedrich Rückert.
Um rl« Erbe.
Familienroman von Karl Meisner.
(Fortsetzung ) Nachdruck verboten.
Innig drückte er Binchen die Hand, die in holder Verwirrung ihm offen ins Auge blickte. Ein Strahl reiner Freude verklärte sein Gesicht, als er ihr felsenfestes Vertrauen zu ihm sah. Dem voraufgegangenen Friedlieb rief er ein kurzes Lebewohl zu, dann bog er in einen Seitenpfad ein, Binchen noch einmal mit der Hand zuwinkend. —
Bald erreichten sie das Städtchen und gingen über das holprige Pflaster sofort zum Kronenwirt, der höchst erstaunt Binchen empfing. Sie sagte ihm, daß die Verhältnisse auf Schloß Luchtenberg ihr nicht gepaßt hätten, und daß sie sozusagen von dort entflohen sei.
„Deshalb möchte ich", schloß sie, „hier für einige Tage ein abgelegenes Stübchen haben, wo ich solange mich aufhalten kann, bis meine Verwandten mir Nachricht gegeben haben"
Der dicke Kronenwirt nickte mit dem Kopf.
„Ich habe es mir gleich gedacht, daß Sie nicht lange oben bleiben würden, Fräuleinchen Sie passen dort nicht hin. Denn was man von dem Herrn Wolny für Dinge erzählt, soll man kaum für möglich halten. Das Schloß muß ja die reinste Lasterhöhle sein. Und Sie in dem Hause eines solchen
notwendig: Einigkeit hingewiesen in einem Augenblick, da der Todfeind des Protestantismus ungestüm an die Türe des Reiches klopfe.
lieber das Jesuitengesetz
sprach Stadrpfarrer Traub-Stuttgart. Redner erinnerte an die Gegenreformation. Der Jesuitenorden wolle keinen kon fe s si o nle ll e n Frieden. Bismarck habe seine Staatsgefährlichkeit richtig erkannt. Eine besondere Gefahr bildete der Orden aber für die Schule und dis Wissenschaft. Gegen diesen Orden, der selbst eine Ausnahme sein will, müsse ein Ausnahmegesetz bestehen bleiben, er muß für das Reich und seine Kolonien ausgeschlossen bleiben. — Um den Eindruck der Rede nicht abzuschwächen, beschloß die Versammlung, von einer Diskussion Abstand zu nehmen. Hierauf wurde nachstehende von Stadtpfarrer Traub vorgeschlagene Resolution angenommen:
„Der Deutsche Pfarrerliag erklärt sich gegen die Aufhebung des Jesuiteings- setzes, sowie gegen Umdeutung seines Sin- res, wodurch den Jesuitenorden im Deutschen Reich freie Bahn geschaffen würde. Er bittet Bundesrat und Reichstag, nicht die Hand zu bieten, daß der Jesuitenorden seine für den Frieden der Konfessionen, Schule und Staat gleich gefährliche Wirksamkeit in Deutschland wieder aufnehmen kann. Er ist im Blick auf die drohende Gefahr umso mehr bereit, die wertvolle Arbeit des Evang. Bundes und des Gustav Adolf- Vereins eifrig zu fördern".
Gegen diese Resolution stimmten zwei Pfarrer.
lieber Jugendpflege sprach Direktor Bauer, lieber die einschlägigen Verhältnisse auf dem Lande machte Prof. Dr. v. Wurster-Tübingen, über die in der Stadt Pfarrer Wüterich besondere Ausführungen. Es wurde schließlich eine Erklärung angenommen, in der die kräftige Forderung der evangelischen Jugendpflege für eine Pflicht der Pfarrer und Gemeinden erklärt wurde, lieber die Gesangbuchs rage berichtete Pfarrer von der Heydt-Berlin. — Aus dem Kabinett des Königs war ein Danktelegramm eingelaufen, worin der König den Verhandlungen einen gesegneten Verlauf wünscht.
Tie Kgl. Anlagen in Stuttgart.
* Stuttgart, 12. Sept. Anläßlich der Eröffnung der neuen Königlichen Hoftheater und der neuen Schillerstraße werden die verschiedenen Teile der K. An 1 agen n e u e Be n e n nsun g en erhalten und die bisherigen „Vorschriften bezüglich des Besuchs der K. Schloßgärten" einige wesentliche Veränderungen erfahren, worauf das Publikum jetzt schon aufmerksam gemacht werden dürfte. Der oberste Teil der K. Anlagen zwischen der Schloßgartenstraße und der neuen Schillerstraße einerseits und zwischen den neuen Hoftheatern und dem K. Marstallgebäude andererseits soll künftig: K. Theaterplatz, der abgeschlossene Teil zwischen der neuen SchillerstraHe und der Wolframstraße: K. Schloß garten, der untere Teil von der Wolframstraße abwärts: K. Anlagen heißen. Der Theaterplatz wird in analoger Weise wie der K. Schloßplatz bei Tag und Nacht offen bleiben, Fahrräder jeder Art und Automobile sollen auf den Fahrwegen zugelassen, dagegen Last- und Geschäftswagen, Handkarren w. wie bisher ausge
schlechten Menschen — es tat mir ordentlich leid um Sie. Und dann — sehen Sie, Fräuleinchen, man soll nicht abergläubisch sein, aber es ist nun einmal so, als der Wagen gebrochen ist, mit dem der lahme Peter Sie hinauffahren sollte, da wußte ich gleich, was kommen würde. Und es ist fa auch so gekommen. Wie lange waren Sie oben? Ich glaube, kaum drei Wochen. Ja, ja, es gibt doch Vorbedeutungen! Und nun ein Stübchen. Das sollen Sie haben, eine Stube sogar, schön und licht, wo Sie kein Mensch stört, und sollte einer vom Schloß Herkommen und nach Ihnen fragen, den werfe ich selbst die Treppe hinunter, und wenn es der saubere Herr Wolny selbst wäre. Bleiben Sie also ruhig und unbesorgt hier, so lange es Ihnen gefällt. Heute kommen Sie aber zur rechten Zeit, um ein ordentliches Mittagessen noch bekommen zu können. Alles wird gut besorgt werden."
Damit entfernte sich der wackere Kronenwrrt. Binchen verabschiedete sich herzlich von dem alten Friedlieb, trug ihm Grüße an seinen Sohn auf und fügte hinzu: «grüßen Sie mir auch die Schutzhütte, die mir wirklich einen guten Schutz gewährt hat."-
Ungeheuer war die Aufregung in der ganzen Gegend, als bekannt wurde, daß die Staatsanwaltschaft gegen den Schloß- und Gutsbesitzer Otto Wolny sowie gegen den Notar Flebbe Anklage erhob wegen Urkunden- beziehungsweise Testaments- sälschung. Als der Tag der Verhandlung, der ungewöhnlich schnell anberaumt wurde, herankam, drängten sich die neugierigen Zuhörer in solcher Menge zu dem Sensationsprozeß, daß nicht alle zugelassen werden konnten.
Im geräumigen Verhandlungssaal saß Balthasar Dittert, völlig verändert, Haupthaar und Bart gestutzt, in mordernem Anzug, neben dem Staatsanwalt. Auf der „Armensünderbank" mußten gegen ihren Willen Wolny und Flebbe Platz nehmen
schlossen werden. Der K- Schloß garten wird wie bisher bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen, Automvbile und Fahrräder sollen aber darin nicht zugelassen werden. In den K. Anlagen wird der Verkehr auch für Automobile und Fahrräder freigegeben, jedoch sind diese nur auf den mittleren Fahrweg angewiesen, von dem seitlichen sogenannten Schlangenweg aber ausgeschlossen. Als weitere sehr zweckmäßige Neuerung ist in Aussicht genommen, daß künftig überall rechts gefahren und rechts ausgewichen wird, daß also — entgegen der bisherigen Vorschrift — in dem Theater- Platz und im Schloßgarten die östliche Fahrstraße zum Abwärtsfohren, die westliche zum Aufwärtsfohren benützt wird. Diese neue Ordnung soll mit dem 1. Oktober ds. Js. in Kraft treten.
Lus dem Reiche.
* Mannheim, 12. Sept. Der Rhein und der Neckar sind seit gestern bedeutend zurückgegangen. Der Rhein zeigt heute einen Wasserstand von 6,21 gegen 6,76 Meter gestern. Der Neckar ist von 7,22 auf 6,34 Meter gefallen. Die Befürchtung einer Hochwas'erkatastrophe ist also behoben.
" Berlin, 12. Septx Um der in Frankreich noch immer herrschenden Ansicht von der Rückständigkeit der deutschen Luftschiffahrt entgegenzutreten, ist soeben von dem Flugzeugfabrikanten E. Rumpler ein wertvoller Preis in Gestalt einer kompletten Rumpler-Taube im Werte von 25 000 Mark für denjenigen deutschen Flieger ausgesetzt worden, der auf einer Taube, einem R^mvler- Renn-Eindecker oder dem Lutzkoy-Eindecker ' mit Zweischraubenantrieb Paris erreicht. Caspar und Hirth wollen bei der jetzt eingetretenen günstigen Witterung den Flug schon in allernächster Zeit unternehmen.
Eine Schlagwetterexplosion.
* Duisburg, 12. Sept., Auf der Zeche West- ende in Duisburg-Meiderich hat sich gestern abend gegen 10 Uhr eine Schlagwetter-Explosion ereignet, der sechs Bergleute zum Opfer gefallen sind. Das Unglück ereignete sich kurz vor Beendigung der Schicht. Wahrscheinlich beim Abfeuern eines Sprengschusses haben sich Schlagwetter entzündet. Durch die Wucht der Explosion wurde der Zugang zur sechsten Sohle verschüttet, sodaß insgesamt 60 Bergleute, die in der Sohle arbeiteten, von der Außenseite abgeschnitten wurden. Ueber ihr Schicksal war man mehrere Stunden im Ungewissen. Den Rettungskolonnen, die sofort mit allem Eifer ihr Werk aufnahmen, gelang es, die Strecke freizulegen, sodaß die Eingeschlossenen ungefährdet den Ausgang finden konnten.
js Petersburg, 12. Sept. Durch allerhöchsten'. Mas ist die Reich sduma ausgelöst worden. Die Neuwahlen beginnen am 23. September. Die Eröffnung der neuen Duma findet am 28. Nov. statt.
ft Konstantinopel, 12. Sept.s In Balat am Goldnen Horn ist gestern abend ein Brand aus- gebrochen, der 35 Häuser zerstörte.
Auf dem schwarz behangenen, mit einem Kruzifix gezierter Richtertisch lag das Testament.
Nachdem die Formalitäten betreffs der Feststellung der Personalien erledigt waren, erhob sich der Staatsanwalt. Er verlaß kurz und in knappen Worten die Anklage auf Testamentsfälschung mit folgender Begründung: „Der Wortlaut des echten, unverfälschten Testaments war der: Ich vermach« Schloß und Gut Liechtenberg meinem Neffen Balthasar Dittert, den Rest meinen Neffen Otto Wolny. ' Diese Bestimmung ist, unter kluger Berücksichtigung der Sonderlichkeiten der Erblasserin, welche hin und wieder einen unverkennbaren Zug zur Ironie zeigte, obwohl ich damit in keiner Weise dem durchaus ehrenfesten Charakter der Verstorbenen etwas nachsagen will, — diese Bestimmung ist, behaupte ich, durch nachträgliche Hinzusügung des Wortes „Alt" gefälscht und in das Gegenteil verkehrt worden. Diesem Betrug kam der Umstand zu statten, daß die bekannte Ruine Alt-Lichtenberg tatsächlich noch amtlich als „Gut" geführt wird, obgleich nur ein kleines Stückchen Wald noch zu ihr gehört, wie amtlich festgestelll wurde. Diese Testamentsfälschung kann einzig und allein von den beiden Angeklagten gemeinschaftlich oder von einen von ihnen ins Werk gesetzt sein. Ein Dritter kommt durchaus nicht in Betracht. Notar Flebbe war der, welcher das Testament niederschrieb, beurkundete, aufbewahrte und auch vollstreckte. Ich stelle daher an den Notar Flebbe die Frage, ob er sich schuldig bekennt oder sonst Mitteilung machen will, wi« die Fälschung entstanden ist."
Der Gefragte erklärte kurz, er sei sich keiner Fälschung bewußt, das Testament sei wörtlich so, wie es vorliege, im Original abgefaßt.
Fortsetzung folgt. . l