Schreiben und seine Photographie zu überreichen, damit er wieder heimkommen könne. Jeder Tag sei kostbar. Dieser Brief scheint, wenn er echt ist, die Vermutung zu bestätigen, daß der junge Mann wirklich in die Fremdenlegion gesteckt wer­den soll, zumal auch eine Nachbarin angibt, daß sie den jungen Mann am Entführungstage zu meh­reren Herren m ein Automobil habe einsteigen sehen, das in größter Eile in der Richtung nach Backnang davongefahren sei.

ff Gmünd, 3. Sept., Einem hiesigen Fabri­kanten ging auf der Hühnerjagd unversehens das Gewehr los und die Schrotladung drang einem Jagdgenossen in den Oberschenkel und in die Hüfte. Bei einer sofortigen Operation wurde der größte Teil der Schrotkörner entfernt. Gefahr für das Leben des Verletzten besteht nicht, man hofft im Gegenteil, ihn bald wieder herzustellen.

st Kirchheim u. T., 3. Sept. Die hiesige Han­delsschule beging am Samstag und Sonntag die Feier ihres 50jährigen Bestehens. Am Sonn­tag wurde die Feier eingeleitet durch einen Got­tesdienst, an den sich ein Festzug in die Turn­halle anschloß, die in einen Speisesaal mit 350 bis 400 Gedecken umgewandelt worden war. Nach der Ankunft in der Turnhalle hieß Direktor Ahei- mer die Erschienenen willkommen, woraus Handels­lehrer Mildenberger die Festrede hielt. Als Ver­treter der Zentralstelle für Gewerbe und Handel sprach Oberamtmann Dr. Hory die Glückwünsche aus, während Regierungsassessor Schmieg der An­stalt im Namen des Oberamts Worte der Aner­kennung widmete und Stadtschultheiß Marx namens der Stadt die guten Beziehungen zwischen Schule und Stadt hervorhob. Abends fand in der Turn­halle ein Konzert statt, unterbrochen von einem Feuerwerk.

fl Bermaringen, OA. Blaubeuren, 3. Septst Letzten Sonntag einhalb 5 Uhr entlud sich über unserer Markung ein Gewitter, verbunden mit heftigem Hagel schlag, der eine Viertelstunde lang anhielt. Straßen und Plätze waren "weiß wie nach einem Schneefall. Ein Glück ist, daß bis auf den Hoben alle Früchte eingebracht sind, sonst wäre der Schaden weit größer.

st Crailsheim, 2. Sept. (Sedan-Höhein- feuer.) Aus allen Höhen der benachbarten Berge bis hinüber ins Bayerische konnten vorgestern und gestern abend Höhenfeuer beobachtet werden, die davon Kunde gaben, daß man sich auch bei uns dankbar und gerne jener großen Tage erinnert, die von so entscheidendem Einfluß auf die Ge­schicke unseres Vaterlandes gewesen waren.

st Aalen, 3. Sept. Auf dem benachbarten Erz­bergwerk Wasseralfingen verunglückte gestern nach­mittag der verheiratete Bergmann Martin Fürst von Hüttlingen dadurch, daß ein Sprengschuß vor­zeitig sich entlud. Schwerverletzt wurde Fürst in die Stephanspflege nach Wasseralfingen verbracht, wo er hoffnungslos darniederliegt.

ff Ellwangen, 3. Sept. (Konkurs.) Metzger­meister Scherz, zugleich Inhaber des bekannten! Gasthauses zum Deutschen Haus hier, hat infolge .Zahlungsschwierigkeiten den Konkurs angemeldet.

st Ellwangen, 3. Sept., Die über die Jagst fübrende alte Westhausener Brücke wird am Don-

Le fefr rr «Ht.

Der Vater straft sein Kind und fühlet selbst den Streich; Die Hart' ist ein Verdienst, wo dir das Herz zu weich.

Rückert.

Um ri» Erbe.

Familienroman von Karl Meisner.

(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.

Finster lohte es bei diesen letzten Worten in seinen Augen auf. Das unheimliche Feuer, das darin brannte, ließ Binchen erschaudern. Wieder fiel ihr der böse Ausdruckder tolle Ein­siedler" ein.

Dieser schien die unbeabsichtigte Wirkung seiner Worte zu bemerken. Er lächelte wehmütig, trübe.

Für Sie liegt gewiß in meinen eigenen Worten eine Mahnung zur Vorsicht mir gegenüber. Aber ich hoffe, diesen Jlpcen Gedanken dadurch widerlegen zu können, daß ich Sie darauf aufmerksam mache, daß ich hier die weltabgeschiedene Einsamkeit aufgesucht habe. Wer seinen Mitmenschen Schaden zufügen will, der muß sie aufsuchen, nicht vor ihnen fliehen. Wer aber von ihnen keine Enttäuschungen mehr erleiden will, der meidet sie und sucht die Stille, wie ich. Vor allen Gefahren, die Ihnen von Menschen hier drohen könnten, kann ich Sie wohl schützen, Fräulein, denn ich will den Rest der Nacht auch noch für Sie wachen. Sollte es not tun, so kann ich jederzeit den alten Friedlieb, der rüstig noch seinen Mann steht, herbei- rufen. Sie dürfen also ganz beruhigt sein. Versuchen Sie

nerstag und Freitag von einer Kompagnie Ulmer Pioniere abgebrochen und sodann mit demselben Material eine Notbrücke über die Jagst geschlagen.

Lus dem Reiche.

ff Berchtesgaden, 3. Sept. Der König der Bel­gier stattete heute dem Reichskanzler v. Bethmann Hollweg im Grand Hotel einen Besuch ab. Dann folgte der Reichskanzler mit Gemahlin einer Ein­ladung zum Diner 'beim Prinzen und der Prin­zessin Rupprecht von Bayern, an dem auch der König und die Königin von Belgien teilnakimen.

ff Köln, 3. Sept. Das Heck des Luftschiffes ,,'Z. 2.", das gegenwärtig zur Reparatur in der Halle liegt, hat sich infolge Reißens einer Auf- hängeschleife langsam gesenkt und ist dabei noch­mals beschädigt worden.

ff Hamburg, 3. Sept. Das LuftschiffHansa" landete um 12 einhalb Uhr auf dem hiesigen Flugplatz, wobei beim Einbringen in die Halle das eine Seitensteuer etwas beschädigt wurde. Die Reparatur des Steuers dürfte 12 Tage in Anspruch nehmen, da ein Ersatzsteuer aus Fried­richshafen gesandt werden muß.

Das Urteil gegen Pfarrer Traub.

* Dortmund, 3. Sept.f In der Sache gegen den Pfarrer Traub in Dortmund hat, wie wir erfahren, der Oberkirchenrat auf Entlassung Traubs aus dem Amte ohne Pension er­kannt.

Das nunmehr zum Abschluß gebrachte 'Ver­fahren hat seinen eigentlichen Grund in dem Be­kenntnis Traubs in seiner SchriftStaatschristen­tum und Volkskirche". Die westfälische Provinzial- synode sollte beleidigt worden sein. Das auf Dienst­entlassung lautende ' Erkenntnis des Oberkirchen­rats schließt ein weiteres Feststellungsverfahren! aus. Mit Traub ist wieder ein Mann aus seinem kirchlichen Amte entfernt worden, der sich in ganz besonderem Maße die Liebe und das Vertrauen einer großen Gemeinde und weiter evangelischer Kreise über diese Gemeinde hinaus erworben hat.

* Dortmund, 3. Sept.f Die Kassierer der hie­sigen Reinoldi-Gemeinde haben die Zahlungen an Pfarrer Traub bereits eingestellt. Die Kasse ist angewiesen worden, das an Traub im voraus be­zahlte Gehalt per September wieder zurückzufor­dern. Es wird beabsichtigt, ein Gnadengesuch an den König zu richten.

NNKlKNdtlKeB.

ff Bologna, 3. Sepft Ein von Florenz kom­mender Schnellzug stieß heute aus dem Bahnhof von Riola mit einem Güterwagen zusammen. 3 Personen wurden getötet und 12 verletzt. Sämt­liche sind Italiener.

^ Konstantinopel, 3. Sept. Türkische Banden töteten im Wilajet Wan 14 Armenier, schleppten 8 Frauen- fort, plünderten ein Dorf und steckten ein anderes an.

* Lissa (Posen), 3. Sept., Von den auf dem Gut Wydawy nach dem Genuß giftiger Pilze er­krankten Personen sind sieben gestorbesn, 4 sind noch schwer erkrankt.

daher nun, noch ein wenig zu schlummern. Mitternacht ist längst vorüber."

Ehe Binchen noch ein Wort der Erwiderung oder des Dankes fand, hatte er sich herumgedreht und schritt wieder der Türe zu. An derselben aber drehte er sich noch einmal um und fragte im Tone tiefster Besorgnis und Teilnahme:Ist es wahr. Sie wollen nach Schloß Liechtenberg?"

Binchen bejahte beklommen die Frage. Da traf sie wieder ein Blick, so mitleidsvoll und besorgt, daß sie sich mehr wie wundern mußte. Es war ihr, als tun sie ein großes Unrecht, das Schloß zu betreten, und doch war sie sich keiner Schuld bewußt. Seltsam! Tertolle Einsiedler" aber sagte kein Wort, schüttelte nur unmerklich den Kopf und verließ das Zimmer.

Wie fortgeflogen waren alle Schrecknisse der Nacht und der Einsamkeit. Sie dachte nicht einmal daran, die Türe wieder zu verriegeln. Aber den Gedanken an das sonderbare Benehmen ihres Gastgebers wurde sie schwer los. Wollte er sie warnen vor dem Schloß Liechtenberg und dessen Bewohnern? Lag etwas Ungehöriges darin für ein junges Mädchen, das Schloß überhaupt zu betreten? Sie faltete fromm die Hände und warf alle ihre Sorge im Gebet auf den, der der Menschen Schicksale lenkt, und ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt. Beruhigt fiel sie bald in einen friedlichen, er­quickenden Schlaf.

Lichter Sonnenschein flutete durch das grünliche Glas des Fensters und warf sonderbare Reflexe auf den Tisch und die darauf stehenden seltsamen Gegenstände. Die Lampe im Zimmer brannte immer noch. Da trat der alte Friedlieb ein. Verwundert blieb er in der Türe stehen, als er Binchen immer f noch fest schlafend im Sessel sitzen fand. Mit geradezu väter-

> lichem Wohlwollen betrachtete er die Schlafende lange Zeit.

!Was für ein herzig liebes Gesicht," dachte er,und wie

> zart und rosig die Wangen vom Schlaf gefärbt find. Die hat i sicher.in ihrem Leben noch nichts Böses getan, wird auch kein

Der Kaiser in der Schweiz.

ff Basel, 3. Sept. Um 3.31 Uhr verkündeten Kanonenschüsse die Ankunft des kaiserlichen Son­derzuges, der aus 7 Hof- und 1 Gepäckwagen bestand. Um 3^33 Uhr fuhr der Zug im Bun- desbahnhof ein. Die Perronstrecke, auf der der Zug anhielt, war durch eine grüne Hecke abge­grenzt und mit deutschen und schweizerischen Flag­gen, sowie Guirlanden dekoriert. Zur Begrüßung waren erschienen: Der deutsche Gesandte in Bern v. Bülow mit dem Militärattachee von Bismarck, der deutsche Generalkonsul in Bafel Wunderlich, die 3 zu der Person des Kaisers kommandierten schweizerischen Offiziere: Generalstabschef Oberst Sprecher von Bernegg, Oberst Audeeaud und Oberst­leutnant Wieland. Die Delegation der Basler Re­gierung bestand aus den Herren Vizepräsident Dir. Aemmer, Dr. Speiser und Dr. Burckhardt mit dem Regierungssekretär Dr. Im. Hof und dem Stan- desweibel, ferner als Vertreter der Bundes­bahnen Präsident Zingg. Sobald der Zug still- stand, verließ der Kaiser, der die Uniform der Gardejäger trug, mit seinem militärischen Gefolge den Wagen und wandte sich, ohne die Vorstellung abzuwarten, an die ihm bekannten Herren, worauf die Vorstellung der Anwesenden vor sich ging. Der Kaiser unterhielt sich zunächst mit dem Bundes­bahn-Direktor Zingg und mit den Mitgliedern der Baseler Regierung, ebenso mit den Offizieren, ins­besondere mit dem Obersten Sprecher von Bernegg. Bor der Verabschiedung sprach der Kaiser den Ba­seler Regierungsräten seine besten Wünsche für das Gedeihen der Stadt Basel aus. Um 3.(45 Uhr fuhr der Zug, in dem auch Generaldirektor Zingg und die drei schweizerischen Offiziere Platz genommen hatten, nach Zürich weiter.

ff Zürich, 3. Sept- Der K ai s e r e m Pf anfg gestaltete sich zu einer sehr herzlichen Ovation. Um 5.20 Uhr kündigte Heller Jubel das Nahen der bundesrätlichen Delegation, bestehend aus Bun­despräsident Forrer und den Herren Hoffmann und Mottar an. Neben den Kutschern saßen auf den ersten drei Wagen die Bundesweibel. Neben den Vertretern des Bundesrats fanden sich Regierungs­präsident Nägeli, Stadtpräsident Billeter, der schweizerische Gesandte in Berlin, der deutsche Generalkonsul in Zürich Faber du Faure und ver­schiedene Militärs zur Begrüßung des Kaisers ein. Bei bedecktem, aber regenlosem Himmel traf der Kaiserzug Punkt 5.20 Uhr in Zürich ein. Un­ter den Klängen der Stadtmusik entstiegen der Kaiser und seine Begleiter dem Zuge. Der Kaiser trug die Uniform des Gardejägerbataillons mit dem Abzeichen eines Generalfeldmarschalls. Der Kaiser drückte dem Bundespräsidenten und den Bundesrätsn warm die Hand und nahm durch den Bundespräsidenten unter Händedruck die Vorstell­ung der verschiedenen Militärs und der Vertreter der Behörden entgegen. Hierauf stellte der Kai­ser dem Bundespräsidenten seine Begleiter vor, welche Bundesprändent Forrer seinerseits mit war­mem Händedruck begrüßte. Beim Vorbeigehen wurde der Kaiser von den Journalisten freund­lich begrüßt. Gefolgt vom Bundespräsidenten und den anderen Herren schritt der Kaiser unter dem spontan losbrechenden Beifall der Menschenmenge zum Bahnhofplatz. Hauptmann Moser erstattete beim Betreten des Bahnhofplatzes dem Kaiser die vorgeschriebene Meldung. Der Kaiser schritt mit

Unrecht tun, da Gott sie behütet. Wie ein Engel ruht sie da. Schade um den süßen Schlaf, aber ich muß sie wecken. Ich habe keine Zeit mehr und muß weiter durch das Revier. Und mein Bub' wartet auch schon zwei Stunden, um den Weg nach dem Schloß zu machen. Und dann wird Herr V." ,,nch

froh fein, wenn er seine Wohnung wieder bekommt. Es hat mich eigentlich doch gewundert an ihm, daß er sofort auf meine Bitte einging. Wo er selbst nur die Nacht geblieben sein mag? Bei mir in der Hütte war er nicht. Gewiß hat er hier irgend­wo in der Ruine noch einen alten Raum, der Schutz gegen das Unwetter bietet, entdeckt und dort geschlafen. Luft aber will ich vorerst hier machen." Damit ging er leise auf den Zehen zum Nebengemach und öffnete weit das Fenster, daß die wür- j zige, frische Waldlust Eingang in das Zimmer fand. Dann j löschte er die Lampe und trat zurück an die Türe, jGuten Morgen wünsche ich Ihnen, Fräulein," rief er , dann mit lauter Stimme.

i Binchen erwachte aus tiefem Schlaf. Liebliche Träume mochten es sein, die sie umgaukelt hatten und noch umfangen hielten, denn sie lächelte den alten Waldwart an. Dann rieb sie sich die Augen und blickte erstaunt um sich.

Friedlieb lachte.

Ich habe Ihnen guten Morgen gewünscht, Fräulein. Wenn Sie sich aber nicht beeilen, wird der gute Kaffee kalt, der auf Sie wartet."

Binchen richtete sich auf.

Ich habe aber mal gut geschlafen," sagte sie und reichte dem Alten freundlich die Hand.Schönen guten Morgen. Und Kaffee haben Sie sogar für mich gekocht?"

Friedlieb lächelte geheimnisvoll.

Hier habe ich Ihnen einen Krug frischen Quellwafsers mitgebracht, damit können Sie sich den Schlaf aus den Augen reiben. Ich will jetzt gehen, kommen Sie aber bald nach. Ich