dem Bundespräsidenten die Ehrenkompagnie ab. hieraus stellte er sich bereitwillig unter den Hochrusen der Photographen und des Publikums zur photographischen und liuematographischen Aufnahme zur Verfügung. Die Leutseligkeit, die der Kaiser in diesem Moment zeigte, gewann ihm im Nu die Herzen. Der brausende Beifall von allen Seiten erfreute sichtlich den Kaiser. Hierauf fuhren die Wagen vor. Der Kaiser bestieg 5.38 Uhr mit dem Bundespräsidenten den Wagen, dem zwei Dra- gonerosfiziere zur Seite ritten. Punkt 6 Uhr traf der Kaiser wohlbehalten in der Villa Ritberg ein. Auf der Villa wurde die Kaiserstandarte gehißt.
Bundespräsident Forrer, sowie die Bundesräte Hosfmann und Mottar trafen um 6.10 Uhr mit einem Teil der Eingeladenen wieder im Hotel Baur-au-Lae ein. Der ganze Zug vom Bahnhof bis zur Villa Ritberg vollzog sich in bester Ordnung. Das Publikum bereitete dem Kaiser, der überall freundlich grüßte, einen enthusiastischen Empfang, ganz besonders in der Bahnhofstraße.
Der Saal im Hotel Baur-au-Lac, in dem heute abend das Festbankett stattsindet, zeigt außer Blumenschmuck keine andere Dekoration, als eine eidgenössische und eine deutsche Fahne.
Punkt einhakb 8 Uhr ist der Kaiser mittels Automobil im Hotel Baur-au-Lac angekommen, begleitet von dem Oberstkorpskommandant Sprecher von Bernegg und wurde an der Tür des Empscmgs- salons von dem Bundespräsidenten Forrer und den Bundesräten Hosfmann und Mottar empfangen. Beim Eintritt in das Hotel spielte die Musik die deutsche Nationalhymne. Nach 5 Minuten nahmen die Gäste ihre Plätze an der prächtig geschmückten Tafel im Speisesaal ein. Der Kaiser zeigte sich von dem Empfang in Zürich überaus erfreut und drückte namentlich seine Freude aus über die ruhige Lage seines Absteigequartiers, über dessen innere Ausstattung, sowie über die schönen Parkanlagen und die herrliche Aussicht. Dem Bundespräsidenten Forrer drückte er beim Eintritt in die Villa Ritberg seine Freude aus, wieder einmal in Zürich zu sein, wo er schon einmal in seinen jungen Jahren in Begleitung seines Privat- ljehrers geweilt habe.
Die Tafel heute abend im Hotel Baur-au-Lac zählte 36 Gedecke. Der Kaiser saß in der Mitte nach der Frontseite des Saales. Links reihten sich an: Bundespräsident Forrer, Exzellenz von Bülow, Bundesrat Mottar, Fürst zu Fürstenberg, Oberstkorpskommandant Wille u. a. Rechts vom Kaiser saßen: Bundesrat Hosfmann, Generaloberst von Plessen, Regierungsrat Nägeli aus Zürich, Gras zu Eulenburg, Oberstkorpskommandant Sprecher v. Bernegg u. a.
Um 8 einhalb Uhr war das Kaiserdiner im Hotel Baur-au-Lac zu Ende. Der Kaffee wurde im Salon serviert, der ebenfalls sehr schön mit Blumenarrangements dekoriert war. Der Kaiser unterhielt sich mehreremals mit dem Obersten Wille. Kommandanten des 3. Armeekorps, der direkt von den Manövern zum Diner gekommen war. Etwas vor 9 Uhr hotten sich die Gesangvereine „Männerchor" und „Harmonie" Zürich im Hofe des Hotels zu einem Ständchen aufgestellt. Um 9 Uhr nahmen d r Kaiser, der Bundespräsident und die anderen Teilnehmer aus dem Balkon vor dem Haupteingang Platz. Die Sänger trugen vier Stücke vor und der Kaiser gab nach jedem Stück seinen
Beifall zu erkennen. Nach Schluß des Konzerts ließ sich der Kaiser die beiden Dirigenten Andreä (Männerchor) und Faßbänder (Harmonie)' vorstellen und unterhielt sich mit ihnen kürzere Zeit. Sodann wurden ihm die beiden Direktoren Lincke (Harmonie) und Thommen (Männerchor) vorge-> stellt, denen gegenüber sich der Kaiser sehr anerkennend über das Konzert aussprach. Das Konzert habe ihn sehr befriedigt und der Chorgesang, sowie die Ausführung hätten ihm sehr gefallen. Dann sprach der Kaiser über den Man- nergesang überhaupt, den er außerordentlich hoch schätze. Die Sänger brachten ein dreifaches Hoch aus den Kaiser aus: Um 9.M Uhr zog sich der Kaiser mit den übrigen Herren wieder in den Salon zurück. Kurz vor 10 Uhr begab sich der Kaiser mit dem Obersten Sprecher von Bernegg und seinem Gefolge in Automobilen unter den Hochrufen der Menge wieder in die Villa Ritberg zurück. Der Kaiser war in vorzüglicher Stimmung und äußerte sich über den Verlauf des ersten Tages seines Aufenthaltes in Zürich sehr befriedigt.
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st Zürich, 3. Sept. Prinz Adalbert von Preußen stieg heute abend incognito unter dem Namen eines Grasen von Hohenstein im Hotel Baur- au-Lac ab, reiste aber bereits heute abend wieder ab.
Vermischtes.
Z Auf der Suche nach einem Wannenbad. In
der „Opinion" liest man nachstehende erbauliche Geschichte: Saint-Lo in der Normandie ist der Sitz eines Präfekten, aber es besitzt keine Badeanstalt. Die Herren Jungen baden in der Vire, und im übrigen sind die 12 000 Einwohner der kleinen Stadt natürlich sauber. Aus Grund einer stillschweigenden Vereinbarung zwischen den Hotelbesitzern der Stadt erhalten die durchreisenden! Fremden, die in Gasthäusern wohnen, für ihre Waschungen ein Liter Wasser pro Tag. Kürzlich kam nun aber ein Reisender auf die originelle Idee, ein Bad nehmen zu wollen. Er wandte sich an die Verwaltung des städtischen Krankenhauses mit der höflichen Anfrage, ob man vielleicht — wie das in einigen Städten der Bretagne Sitte ist — für Geld und gute Worte im Hospital baden dürfe. Man führte den merkwürdigen Mann zum Hausmeister, der, nachdem er den Fall reiflich erwogen hatte, die genächtigten Worte sprach: „Wenden Sie sich gefälligst mit einer s ch ris tli ch esn Eingabe an den Direktor."! Der Reisende fand das sehr drollig, aber er dachte: „Wollen sehen, was da herauskommt" und schrieb tatsächlich die alleruntertänigste Eingabe. Das Schriftstück muß wohl überaus gewissenhaft studiert worden sein, denn die Antwort traf erst drei Tage nach der Abreise des badelustigen Reisenden ein und verfolgte ihn nun von Poststation zu Poststation, bis sie ihn endlich in Paris erreichte. Sie war im übrigen kurz und Präzis, denn sie lautete: „Dem Herrn C. wird ausnahmsweise gestattet, im Krankenhaus ein Bad zu nehmen, jedoch unter der Bedingung, daß er durch eine ärztliche Bescheinigung den Beweis erbringt, daß dieses H eilmitt e l für seinen Gesundheitszustand unbedingt notwendig ist." Also geschehen im Jahre des Heils 1912!
Handel und Verkehr.
js Srnttzart, 3. Sept. (Schlachlviehmarkl.) Zugettieb, : 151 Großvieh, 260 Kälber, 740 Schweine.
Erlös aur ' » Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual a) ausgemäfrere von 103 bis 106 Pfg., 3. Qual, d) fleischig« und ältere oov —dis — Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischig«, von 92 bis 94 Psg., 2. Qualität d) Lll«r« und weniger fleischige von 89 bis 91 Pfg., Stiere und Jungrinderl. Qual, a) ausgemästete von 104 bis 106 Pf., 3. Qualität b) fleischige von 100 bis 103 Pfg., 3. Qualüäi o) geringere von 98 bis 100 Pfg.; Kühe 1. Qual, a) jimge gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität v) älttci gemästete von 75 bis 85 Psg., 3. Qualität v) geringer« von 55 bis 65 Psg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saugkälber von 110 bis 114 Pfg. 2. Qualität b) gute Saugkälber von 105 bis 109 Pfg. 3. Qalität o) geringere Saugkälber von 98 bis 104 Pfg., Schweine 1. Qual. ») juny» fleischige 87 bis 88 Psg., 2. Qualität k) jüngere fett« 02 » 86 bis 87 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 78 dis 80 Pst. Dänisches Vieh 94 bis 97 Pfg.
js Stuttgart, 3. Sept. (Most obstmarkt.) Dem heutigen Mostobstmarkt auf dem Wilhelmsplatz waren über 1000 Zentner zugeführt. Preis 2 Mk. bis 2.20 Mk. per Ztr.
Kurzer Getreide-Wochenbericht der Preisberichtsstelle des deutschen Landwirtschaftsrats
vom 27. August bis 2. September 1912.
Es stellten sich die Preise für inländisches Getreide am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualität, wobei das Mehr (-s-) bezw. (—) Weniger gegenüber der Vorwoche in ( ) beigesügt ist, wie folgt:
Weizen Roggen Hafer
Frankfurta. M. 2l6's(-j-l'/«) 178(-j-2) 220
Mannheim 220(—2 /») 182' st—2T) 185
Straßburg 226(-s-5) 187'/z
München 230(—2) 183(—) 188(—5)
Konkurse.
Franz Häcker, Metzgermeister in Botnang. — Nikolaus Hotz, Schuhfabrikant in Ebingen. — Nachlaß des Mechanikers Frd. Burkhardt in Herrenberg.
Voraussichtliches Wetter
am Donnerstag, 5. Sept.: Vorwiegend bewölkt, einzelne kurze Regenfälle, mäßig kühl.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lank.
Truck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei in Altensteig.
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Als er fort war, netzte Binchen mit dem frischen Wasser ihr Gesicht. Dann ordnete sie ihre Toilette. Mit der Frisur wollte es nicht so recht gehen, deshalb hielt sie Umschau nach einem Spiegel, den sie auch bald an dem Pfeiler fand. Als sie fertig war, trieb sie die weibliche Neugier, sich ein klein wenig in dem Raum umzublicken, der ihr gastlich ein Nachtquartier gewährte. In wirrem Durcheinander lagen auf dem Tisch Bücher, große und kleine, dazwischen Schreibpapier, getrocknete und frische Blumen, Vergrößerungsgläser und ähnliche Dinge. In der Ecke war ein Bücherbrett, vollgepfropft mit Büchern. Ganz oben standen weitbauchige Flaschen, die tote Tiere in einer Flüssigkeit bargen. Die Titel der Bücher, von denen sie einige zaghaft betrachtete, waren ihr unbekannt, kbenso die Sprache, in der sie geschrieben waren.
Da war es ihr, als hörte sie draußen vor dem Fenster ein Geräusch. Schnell trat sie zurück aus Furcht, beim Durchstöbern fremden Eigentums ertappt zu werden. Sie nahm ihr Handtäschchen, warf schnell noch einen Blick in den Spiegel und verließ dann das Gemach, um sich zu der Schutzhütte zu begeben. Den Weg dorthin fand sie leicht.
Freundlich wurde sie vom alten Friedlieb und seinem Sohne empfangen. Vor der Hütte, im Schatten einer mächtigen Buche, stand eine Bank und davor, mit schneeweißem Linnen gedeckt, em Tisch, der ein regelrechtes Frühstück präsentierte: Kaffeekanne, Milchkännchen, Tasse mit Untersatz, Zuckerschale, ein Teller mit Brot, einer mit Butter, Messer, Kaffeelöffel — alles war da. Binchen war ganz erstaunt.
»Wie in aller Welt haben Sie das hier in der Waldein» slmkeit fertig gebracht? Das ist ja das allerliebste und appetit- «chste Tischlein-deck-dich, das ich je gesehen."
Friedlieb lächelte vielsagend.
«Leider muß ich das Verdienst von mir abweisen, ich hätte selbst mit dem besten Willen dies Ihnen hier im Walde nicht bieten können. Der tolle — o, ich wollte sagen Herr Balthasar ist heute in aller Frühe meinem Sohn fast bis in das Dorf entgegen gegangen und hat ihm genau aufgetragen, was er alles holen soll. Dann hat er sich nachher zum Teil selbst damit bepackt und hier hinaufgetragen. Dann haben wir, so gut es ging, den Tisch zusammengeflickt, die Bank hatten wir noch hier in der Hütte. Herr Balthasar hat dann selbst den Tisch für Sie gedeckt und mich unterwiesen, wie ich den Kaffee zubereiten sollte. Er ist vorzüglich, denn wir haben den Rest, der nicht mehr in die Kanne ging, selbst getrunken Den kleinen Raub werden Sie uns wohl nicht üdelnehmen."
Binchen war rot geworden. Eine solche liebevolle Fürsorge hatte sie nicht erwartet. Befangen fragte sie, wo denn jetzt Herr Balthasar sei, ob er nicht mit frühstücken wolle.
„Ja, wer kann es wissen, wo der sich jetzt befindet! Er ist wie der Wind, wan weiß nicht, von wannen er kommt, noch wo er hingeht. Als er mich abgeschickt hatte. Sie zu holen, ist er fortgegangen, denn als ich zurückkam, sah ich ihn nicht mehr. Aber wenn er auch Ihnen aus dem Wege ging und nicht mit Ihnen sprechen wollte, so meint er es doch gut mit Ihnen, wie Sie ja sehen. Uns verwundert dies über alle Maßen, da wir so etwas an ihm noch nie wahrgenommen haben. Nun aber greifen Sie ordentlich zu. Ich wünsche Ihnen einen recht gesegneten Appetit."
Binchen ließ sich auf der Bank nieder. Dem Frühstück tat sie alle Ehre an, dazwischen aber erfreuten sich Auge und Ohr an dem wundervollen Morgen. Wie ganz anders sah doch jetzt der Wald aus! Goldig spielte das Sonnenlicht durch das wogende, rauschende Blättermeer und malte zitternde, phantastische Gebilde auf den Boden. Muntere Vögel sangen ihr Morgenlied, und ein würziger Dust stieg aus Gras und Kraut
empor. Noch we harte Binchen einen solch wundervollen Morgen verlebt.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke.
„Wie ist man eigentlich auf die Idee gekommen, daß Herr Balthasar geistesgestört sein soll," fragte sie. „Hat er sich denn schon einmal bei irgendeiner Gelegenheit so benommen?"
„Nein, Fräulein, ganz sicher nicht! Das, was man so eine rechte Verrücktheit nennt, habe ich noch nie an ihm bemerkt. Aber überlegen Sie es sich doch selbst einmal! Wird ein vernünftiger Mensch mit gesunden Sinnen Herkommen in diese Waldeinsamkeit, sich in einem Trümmerhaufen vergraben und alle Menschen meiden und nur das Allernotwendigste mit ihnen sprechen? Ich bin ja auch oft allein im Walde, tagelang, das ist wahr. Aber das bringt eben mein Beruf mit sich. Ich freue mich aber jedesmal, wenn ich mit Menschen zusammenkonnne und mit ihnen sprechen kann. Im Winter bin ich auch länger in meinem Dorf, da dann sich nur ganz selten meine Gänge bis über die Nacht hinaus erstrecken. Dann gehöre ich mehr meiner Familie an. Würde Herr Balthasar bei klarem Verstände sein und nur zu seinem Vergnügen den Sommer über im Wald« wohnen, so wäre er doch nicht so menschenscheu und schweigsam."
„Wenn man seine Lebensweise so bettachtet," mischte sich nun der etwa zwanzigjährige Sohn zum ersten Male ins Gespräch, „muß man Herrn Balthasar allerdings für nicht ganz richtig im Kopfe halten. Spricht man aber mit ihm, so merkt man nichts davon. Im Gegenteil! Er ist sehr klug und gelehrt. Es gibt keinen Stein, kein Tier und keinen Halm, die er nicht ganz genau kennt. Auch die fremden, lateinischen Namen weiß er sogar davon."
Fortsetzung folgt.