And lief in den nächsten Brunnen. Obwohl sofort Hilfe bereit war, wurde die Frau tot aus dem Brunnen gezogen.
Friedrichshafen, 13. Oktober. Das Marineluftschiff „L. 1" ist heute vormittag zu der großen Fahrt, die 30—40 Stunden dauern soll, aufgestiegen. Die Reiserichtung wird nach Hamburg gehen und soll in Johannisthal beendet werden. Je nach Wind und Wetter werden die ostfriesischen Inseln, Helgoland und vielleicht die Ostsee bis Danzig besucht. Die Führung des Luftschiffes hat Graf Zeppelin selbst übernommen. An Bord des Luftschiffes befindet sich die vollständige Marinekommission. Insgesamt trägt das Luftschiff 21 Personen. Alle radiotelegraphischen Stationen des Deutschen Reiches sind in Tätigkeit und bleiben mit der drahtlosen Telegraphie des Luftschiffes in Verbindung. Beim Aufstieg herrschte dichter Nebel, in dem das Luftschiff alsbald verschwand.
Sigmaringen, 13. Oktober. Beim „Flaschenschießen", d. h. der Explosion einer mit ungelöschtem Kalk und Wasser gefüllten, fest verschlossenen Flasche ging der Schuß zu früh los und verletzte den aus einiger Entfernung zuschauenden siebenjährigen Knaben des Landwirts Reck im Gesicht so schwer, daß das eine Auge sofort auslief und auf die Erhaltung des anderen wenig Hoffnung besteht. Die Jugend von Sigmaringendorf, die sich auf so gefährliche Weise unterhält, hat damit einen bösen Denkzettel erhalten, zumal da eine Anzahl anderer Buben Verletzungen an Armen, Beinen und an der Stelle davontrug, die nachträglich noch in geeignete Behandlung genommen werden sollte.
Sprechsaal.
(Für Einsendungen unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die preßgesetzlicbe Verantwortung.)
4t Bad Liebenzell, 11. Oktober. Vor einiger Zert war im Ealwer Tagblatt ein „Rückblick auf die Saison 1912" zu lesen. Der Artikelschreiber erwähnt daselbst, daß sich Heuer das Fehlen eines Kur- und Konversationshauses so recht fühlbar gemacht habe. Unser Kür- und Badeort erfreut sich ja eines von Jahr zu Jahr wachsenden Besuches. Dies verdanken wir neben den Thermalquellen und der herrlichen Lage unseres Städtchens in der Hauptsache den Neuerungen und Verbesserungen, die das Kurwesen im letzten Jahrzehnt erfahren durfte. Ein herrlicher Kurpark steht den Kürfremden zur Verfügung. Bequeme, wohlgepflegte Waldwege laden zum Spaziergang ein. In den Bädern sind eine Reihe von Neuerungen und Verbesserungen vorgenommen worden. In Hotels, Pensionen und Privathäusern ist für gute Unterkunft gesorgt. Durch Veranstaltungen aller Art sucht die Kurverwaltung den Fremden Unterhaltung und Abwechslung zu verschaffen. Aber öfters mußten Heuer solche außerordentlichen Veranstaltungen unterbrochen werden, oder wurde noch im letzten Augenblick, nachdem schon alle Vorbereitungen zur Abhaltung getroffen waren, deren Abhaltung durch die Witterung unmöglich gemacht. Wohl flüchtete man sich, wenn der Himmel seine Schleusen unverhofft öffnete, in die schützende Wandelhalle; aber dieselbe war nicht imstande, die vielen Fremden zu fassen. Bei solcher Gelegenheit wurde das Fehlen von anderen geschützten Räumen unangenehm empfunden. Und wie primitiv sind erst die Wirtschaftseinrichtungen in den Kuranlagen. Deshalb sollte mit dem Bau eines geeigneten Hauses nicht länger gezögert werden. Dadurch würde sich nicht nur die Zahl der Fremden noch mehr heben, sondern wir würden auch ein gewählteres Kurpublikum hierher bekommen, wenn wir ein Konversationshaus hätten. In unserer Zeit erwartet man eben einmal eine derartige Einrichtung. Nun wird befürchtet, durch ein Restaurant im Kürhäus würde den übrigen Gasthöfen Abbruch getan. Dies ist jedoch kaum der Fall. In den letzten Jahren haben wir neue Hotels und Cafes bekommen und trotzdem waren die übrigen so gut besetzt wie früher. Durch die Steigerung der Frequenz wird dies immer wieder ausgeglichen. Mit Erbauung eines Kurhauses muß natürlich auch eine Erhöhung der Kurtaxe eintreten, denn dieselbe ist hier, im Vergleich zu andern Kurorten, eine sehr geringe. Einsichtige Kurgäste wundern sich, daß es möglich ist, bei solch niederer Kurtaxe den Fremden so viel zu bieten. Wohl gibt es auch solche Kurfremde, denen die jetzige Taxe schon zu hoch ist, die am liebsten gar nichts bezahlen würden; aber solche Leute hat es immer gegeben und wird es immer geben und bedürftigen Badegästen gegenüber ist die Kurverwaltung immer kulant gewesen und wird es auch in Zukunft sein.
Gerichtssaal.
Calw, 11. Oktober. Vom Kgl. Schöffengericht hier wurde der Kaufmann —g von Liebenzell zu einer Geldstrafe von Mark 20 und zur Tragung der nicht unbeträchtlichen Kosten verurteilt, weil er
dunklen und Hellen Kunsthonig als Blüten- und Waldhonig zum normalen Preis verkauft hat. Der Kunsthonig wurde ihm von hier geliefert. Der eigentliche Wert dieses Kunstprodukts ist etwa 30 Pfennig pro Pfund. Dieser Preis wird aber durch die Spesen der sogenannten Honigreisenden und Händler um fast das 3- und 4fache gesteigert. Der vorliegende Fall soll dem Honig konsumierenden Publikum zur Warnung und zur Vorsicht dienen. Wer Wert auf Naturreinheit und Echtheit des Honigs legt, scheue den etwas höheren Preis nicht und kaufe seinen Bedarf bei zuverlässigen Bienenzüchtern.
Ulm» 10. Oktober. Presseprozeß. In der sozialdemokratischen Göppinger „Freien Volkszeitung" erschienen in der Zeit, da der jetzige Schriftsteller Dr. August Thalheimer verantwortlicher Redakteur war, am 13. November 1911, am 7. Februar 1912 und am 21. Februar 1912 Einsendungen, durch die sich verschiedene Personen beleidigt fühlten. Im ersten Artikel war gegen den inzwischen verstorbenen Schultheißen und Landtagsabgeordneten Beißwanger von Geradstetten der Vorwurf „unerhörter Barbarei" erhoben worden und zwar deshalb, weil er nicht verhindert habe, daß zwei Kinder, deren Mutter eingesperrt wurde, 4 Tage und Nächte sich selbst überlasten worden seien. In Wirklichkeit ist für die Kinder nach Möglichkeit gesorgt worden; verhindert konnte freilich nicht werden, daß die Kinder nach der Mutter schrien. Weiter war gegen Schultheiß Beißwanger und den Gemeindepfleger von Geradstetten der Vorwurf erhoben worden, daß sie bei der Verteilung der aus der Vlumenspende nach Geradstetten zur Unterstützung bedürftiger Weingärtner gefallenen Summe parteiisch zu Werke gegangen seien. In Wirklichkeit ist die Liste, nach der die Verteilung der Gelder erfolgte, vom Zentralwohltätigkeitsverein festgestellt worden. Weiterhin wurde in beleidigender Weise aus Veutelsbach berichtet, daß Pfarrer Völker gegen einen Fortbildungsschüler nur deshalb beim Ortsschulrat eine strenge Bestrafung beantragt Habs, weil der Schüler dem sozialdemokratischen Arbeiterverein angehörte, und schließlich war von zwei Landjägern gesagt, daß sie durch Drohung mit Revolvern und Handschellen zwei Verdächtige zu einem Geständnis bringen wollten. Gegen Thalheimer ist wegen dieser sachlich unrichtigen und beleidigenden Auslassungen öffentlich Klage wegen Beleidigung erhoben worden. Er hielt die Vorwürfe in ihrem Kern aufrecht bis auf den ersten gegen Beißwanger. Bei diesem will er sich aus dem Gang der Voruntersuchung von der Unhaltbarkeit überzeugt haben. Er erklärte sich daher zu einer Erklärung in diesem Sinne in der „Freien Volkszeitung" bereit. Der gestrige Tag war der Zeugenvernehmung gewidmet. Der Gerichtshof verkündete heute dann das schon in Nummer 239 veröffentlichte Urteil.
Landwirtschaft und Märkte.
Landwirte, mästet Schweine! Anknüpfend an die Fleischteuerungsmaßnahmen der wllrtt. bezw. der preußischen Regierung bemerkt das von der Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft herausgegebene „Landwirtschaftliche Wochenblatt": „An unseren Landwirten liegt es nun. alles daran zu setzen, um durch Vermehrung der Viehproduktion der Fleischteuerung bald ein Ende zu bereiten uno einer Wiederholung derselben nach besten Kräften vorzubeugen; insbesondere sollte die Aufzucht von Kälbern und die Haltung und Mästung von Schweinen nachdrücklich betrieben werden. (Vgl. auch Nr. 236 ds. Bl.)
Saatenbericht der Preisberichtstelle des Deutschen Landwirtschaftsrates. Während der letzten Woche herrschte in ganz Deutschland schönes trockenes Herbstwetter, doch kamen ziemlich empfindliche Nachtfröste vor, die das Arbeiten auf den Feldern in den frühen Morgenstunden behinderten. Infolge des frühzeitigen Eintritts von Frost beeilen sich die Landwirte mit dem Aufnehmen der Kartoffeln und Rüben und da auch die Herbstbestellung drängt, so macht sich in vielen Wirtschaften Mangel an Arbeitskräften fühlbar. Was die Einwirkung der Nachtfröste auf die Hackfrüchte anlangt, so sind größere Schäden nur bei den Futterrüben entstanden, und zwar besonders dort, wo die Blätter entfernt waren und die Wurzeln frei lagen. Von den Kartoffeln sind die flach liegenden hier und da erfroren, doch ist der Schaden im ganzen nicht erheblich. Häufig wird dagegen berichtet, daß die Futterpflanzen in den kalten Nächten in stärkerem Maße gelitten haben. Die Herbstbestellung konnte trotz mancher Behinderung soweit gefördert werden, daß wenigstens die Roggenaussaat zum größeren Teile beendet ist. Weizen ist noch wenig untergebracht und man befürchtet, daß die Aussaat dieser Frucht nicht mehr in vollem Umfange wird erfolgen können. Der Aufgang der Saaten wird durch das kalte Wetter sehr zurückgehalten.
Stuttgart, 13. Oktober. Im Tafelobst ist auf dem Stuttgarter Markt der Umsatz gegenwärtig ganz
bedeutend. Die Preise für Tafeläpfel haben weiter angezogen. Die starken Fröste der letzten Woche haben das Publikum darauf aufmerksam gemach,t daß es Zeit ist, den Winterbedarf einzulegen. Geringes und schlecht behandeltes Obst wird allgemein zu teuer eingekauft. Auf tadellose Kellerware wird leider zu wenig Bedacht genommen. Der Mostobstmarkt auf dem Nordbahnhof ist stark befahren. Die Preise stellen sich im Kleinverkauf auf 3,80—4,40 Mark den Zentner. Auf dem Wilhelmsplatz kostet der Zentner 4,80—5,00 Mark.
Herrenberg, 12. Oktober. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 56 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 50—65 Mark. 28 Stück Läuferschweine; Erlös pro Paar 70—100 Mark. Verkauf: gut.
Allerlei Geschichtliches aus Stadt uud Bezirk Calw.
(Nach amtlichen Quellen zusammengestellt.)
(Fortsetzung.)
Bergorte oder Aichelberg kommt erstmals 1330 vor. lieber Rehmühle liegen die Trümmer der Burg Fautsberg (Vogelsberg), zu der außer den 5 Vergärten (Aichelberg, Hllhnerberg, Kälber- mllhle, Meistern und Rehmühle) noch Neuweiler mit Hofstett, Aichhalden und Wenden Oberamt Nagold gehörten und von der sich im 13. und 14. Jahrhundert ein kalorisches Dienstmannengeschlecht nannte. Die mit den Herren von Fautsberg verwandten Hornberg verkauften die eine Hälfte der Herrschaft 1323 an Württemberg, an das die andere von den Pfalzgrafen von Tübingen (wohl mit Calw) 1345 kam. 1476 wurde von Württemberg ein Graf Helfenstein, Domdechant zu Straßburg und 1561 der Reformator Jo h. Brenz damit belehnt. Kirchlich gehörten die Orte bis 1489 zu Ebhausen, Oberamt Nagold. Bald nach 1570 erscheint die Burg als Ruine, sie ist jetzt Eigentum des Besitzers der Mühle.
Breitenberg erscheint urkundlich erstmals im Jahre 1323. Es kam im Jahr 1364 von den Grafen von Hohenberg mit Bulach an die Rheinpfalz und von diesem 1440 an Württemberg. Die hiesige Kapelle, die 1443 genannt wird, war Filial von Effringen, 1512 wurde Breitenberg mit Ober- kollwangen zu einer eigenen Pfarrei vereinigt. Die Kirche ist mehrfach verändert worden, in ihren unteren Teilen stammt sie noch aus romanischer Zeit.
Dachtel erscheint als „Dachtela" im Codex des Klosters Hirsau, welches schon um 1100 durch die Mildtätigkeit Ludwigs von Ostelsheim, eines gräflich Calwischen Dienstmannes, ein hiesiges Gut erhielt. Den Ort selbst besaßen später die Herren von Waldeck, von deren Erben er 1413 und den folgenden Jahren an Württemberg kam. So lange Dachtel Waldeckisch war, mußten die Einwohner jedes Jahr 1 Faß Wein auf das Schloß Waldeck führen, unter württembergischer Herrschaft wurde diese Frohn in die Abgabe von 1 Pfund Heller, Weinfuhr- pfund genannt, umgewandelt. Infolge der Drangsale des 30jährigen Kriegs war Dachtel von 1640 bis 1648 Filial von Gechingen, 1648—1652 von Deckenpfronn. Die Kirche wurde 1601 an Stelle einer, alten erbaut; im Winter 1768/69 brannte sie bis auf die Mauern ab und wurde in ihrem gegenwärtigen Zustand wieder hergestellt.
Deckenpfronn» dessen Name „Pfründe des Dechanten" bedeutet, wurde um 830 samt der Kirche an das Kloster Hirsau von dem Grasen Erlafried vergabt, so meldet wenigstens eine viel spätere Aufzeichnung im Codex von Hirsau. Als „Deggenpfrum" erscheint der Ort in einer gleichzeitigen Urkunde allerdings erst im Jahr 1075; er kam mit Calw an Württemberg. Die Kirche wurde 1395 dem Kloster Hirsau einverleibt. Die sehr alte Kirche wurde 1817/18 völlig erneuert und 1866 abermals restauriert. In der sogen. „Weingartenhalde" ^ Stunde westlich vom Ort, wurde früher etwas Weinbau getrieben.
Dennjächt erscheint 1453 als „Temgehte"; es gehört seit den frühesten Zeiten zu Liebenzell, dessen Schicksale es teilte und mit diesem 1603 von Baden an Württemberg kam. In älterer Zeit war Dennjächt nach Liebenzell eingepfarrt, doch schon im 16. Jahrhundert nach Unterreichenbach.
Emberg (im 13. Jahrhundert „Ainenberg") gehörte zur Grafschaft Zavelstein und wurde mit dieser im 14. Jahrhundert württembergisch. (Forts, folgt).
Für die Schristleitunq verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A Oelschläner'schen Buckdruckerei.
Reklameteil.
Eine reizende Neuheit, welche die Kinder spielend Geschicklichkeit erlangen licht und gleichzeitig Anrcgunq verschafft, erhält auf Wunsch jeder Leser dieser Zeilen kostenfrei von Nestle's Kindermehl, G. m. h. H,, Berlin V/ 57. Es ist dies eine Ansschneidepuppe mit drei verschiedenen allerliebsten Gewändern, womit die Kinder sehr gern und lange spielen. Auf Wunsch wird auch eine Probedose des berühmten Kindermehles beigesügt.