1906 07 aus seinen Trümmern zu einem großen, schönen Warenhaus erstehen ließ, wird sicherem Ver nehmen nach eine Aenderung in der Art eintreten, daß H. Berg ans tritt, um nach Stuttgart überzu siedeln und H, Schmid das Geschäft zunüctist allein übernehmen wird.
Nagold, 9. Juni. Zur Zeit ist hier ein Teil des Karlsruher Telegraphen Bataillons einguar tiert, dem morgen und übermorgen noch weitere Mannscb asten folgen werden. '
Nagold, IO. Juni. Dein tunstliebenden Pn blikum hat seit 8 10 Tagen die Theaterdirektion
Faaß Gelegenheit g egeben, sich in die dramatischen Dichtungen älterer und neuerer Meister zu ver senken, und so nicht bloß einige Abendstunden angenehm zn verleben, sondern auch den Schön heitssinn und die ästhetische Seite des Menschen sich neu schärfen und bilden zu lassen. Die Kämst lervruppe erfreut sich wachsender Beliebtheit, und jedermann rühmt neben der künstlerischen Aufsas suug und Widergabe der Dramen mich die schöne Ausstattung des Raums und die gute Kostümier ung. Die Ausführungen sind im Lindensaal.
s Dettenhausen, lO. Juni. Gestern abend wurde ein öjähriges Kind des Steinbrechers Schmid von dem Auto eines Stuttgarter Fabrikanten nie dergeiahre» und getötet. Dem Führer des Wagens soll keine Schuld beizumess-en sein.
!! Reutlingen, 1 0 . Juni. > (5. w ü r t t e m b. Sch mied et.ag. Gestern wurde hier in der Bum
deshalle unter Anwesenheit von Bertretern der Kreisregiernng, der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, der Handivertskammer Reutlingen, sowie -er Stadt und des Gewerbevereins Reutlingen der !5. württ. Schmiedemeisterverbandstag abg-ehalten, der von den Delegierten in 29 Innungen des Landes beschickt war. Dem Verband, gehören nach dem Geschäftsbericht gegenwärtig 35 Innungen mit insgesamt ca. 2200 Mitgliedern an. Ein Bortrag Prof. Dr. Uebel.es von der Tierärztlichen Hochschule behandelte die Haftpflicht des Hufschmieds dem Tierhalter gegenüber und umgekehrt ein Gebiet ans dem noch viele Unkenntnis herrscht. Verbands Vorsitzender Jllig sprach über die Kalkulation im Schmiedhandwerk und berichtete über die letzte Tag ung der deutschen Schmied eberufsgenosienichaft in Stettin. Handwe.rkskammersekretär - Herrmann Reutlingen erläuterte die Eingabe an Regierung und Stände betr. die gesetzliche Regelung des Snb- missronswesens, eine dahingehende Resolution wurde einstimmig angenommen. Me- Versammlung sprach sich im Anschluß an die Debatte über die Frage einer Zentrallehtschmiede sehr bedauernd über die geplante Aushebung der Tierärztlichen Hochschule Nus, die man sicher noch bereuen werde. An die Versammlung schloß sich ein gemeinsames Essen in der Bundeshalle.
st Schwenningen, lO. Juni. Gestern früh wurde der 22 Jahre alte Uhrmacher Reinhold Würthner in der vorderen Neckarstraße von dem Automobil des Fabrikanten Kienzle überfahren und so schwer verletzt, daß der Tod bald daraus eintrat. Den Chauffeur soll keine Schuld treffen.
st Stuttgart, 10. Juni. In einer am Samstag abend abgehaltenen Landesausschußsitzung! der schwäbischen Turnerschaft wurde beschlossen, dem verstorbenen Ehreukreisturnwart Prof. Keßler ein Denkmal zu errichten. Eine Kommission wurde mit der Angelegenheit betraut.
st Stuttgart, lO. Juni. Wie verlautet, besteht bei der Regierung die bestimmte Absicht, noch dem derzeitigen Landtag die nötige Forderung zur Landeswasserversorgung vorzulegen. Die Verhandlungen mit den verschiedenen Gemeinden, die sich an der Landeswasserversorgullg beteiligen wollen, sind im Gange.
st Stuttgart, 10. Juni. (Innere Mission.) Mit einein Festgottesdienst wurde gestern die Tagung der südwestdeutschen Konferenz für Innere Mission eröffnet. An den Festgottesdienst schloß sich b'in Familienabend im Reuen Vereins Haus.. Heute vormittag 9 Uhr eröffnete Prof. Dr. von Wurster Tübingen die offizielle. Tagung, Direktor Schwandner-Lndwigsburg. hielt einen Vortrag über „Die Stellung der inneren Mission zu den Bestimmungen des Borcntwurfs zu eiuem deutschen Strafgesetzbuch über Jugendstrafrecht, Alkohol- und Sittlichkeitsdelikte" An den Vortrag schloß sich eine Erörterung an. „
st Stuttgart, 10. Juni. Gesternt a'uend ein halb 8 Uhr spielte sich iir dem mit Sonntagsausflüg lern gefüllten Mittelgang des Hailptbahnhofes ein aufsehenerregender Vorfall ab. Alls dem Bahn hosabort erschien plötzlich ein vollständig nackter Mann, nur mit einem Hut aus dem Kopf, und lies in aller Gemütsruhe spazieren, zum größten Gaudium der dichtgedrängten Menschenmasfen, bis Schutzleute aus der Bahnhofpolizeiwache herbei eilten und ihn überwältigten. Seine Kleider hatte der arme Geistestrante, der früher in der Irren anstalt Winnental Wärter war, rin Bahnhofsabort abgelegt. Mit dem Sanitätswagen wurde er dem Bürgerhospital zugesührt.
st Stuttgart/ 10. Juui. Hier versuchen, wie das Reue Tagblatt berichtet, seit mehreren Tagen einige Burschen mit sollendem, anscheinend ganz einträglichen- Mittel die Gutgläubigkeit der Leute auszunützen. Zunächst werden die Adressen besonders wohltätiger Familien ausspioniert, um ihnen dann unter dem Namen einer gilt bekannten hiesigen Person wie folgst zu telephonirren: „Hier N. N. - Da ist bei mir ein lungenkranker junger Mann, dem es (je nachdem) an Kleidern, Schuh-en, an Geldmitteln fehlt, um nach dem ihm voni Arzte geratenen Kurorte .1. zu kommen. Ich werde. Ihnen den armen Menschen zuschicken und bitte Sie, ihn auch zn unterstützen". 'Dieser Schwindel macht gute Geschäfte! Es ist der Polizei gelungen, zwei der Burschen zu ergreifend Einer davpn hat das gleiche Manöver schon in anderen Städten ans geführt.
I! Stuttgart, 10. Juni. (Z u r N a ch a h mnng.) Ans der Mezirksverfamrulung der Bereinigung selbstständiger Gärtner Württembergs wurde vom Vorstand bekannt gegeben, daß in den nächsten Ta gen an die oberen Mädchenklassen der Volks- und Mittelschulen Groß-Stuttgarts zur Förderung des Gartenbaues 4000 Pflanzen verteilt werden sollen.
st Koruwgsttzieiru, M Juni. Das 2jährige Söhn- chen des Gärtners Link siel am Samstag nachmittag in ein im Garten stehendes mit Wasser ge- jülltes Faß und ertrank.
. st Lauffc u m N., 10. Juni. M o r d und S eist m o rd. Der verheiratete 38 Jahre alte Arbeiter Käst, ein etwas aufgeregter Mensch, hatte gestern nachmittag gegen 4 Uhr mit seiner Tochter einen Streit. Das Mädchen flüchtete zn ihrem Sntel, dem Wirt Käst, Wirtschaftsführer der Re
stauration z. Güterbähnhof. Als dieser zwischen Vater und Tochter vermitteln wollte, zog erfterer plötzlich einen Revolver aus der Tasche und schoß seinen Bruder in die Brust, sodaß nach wenigen Minuten der Tot eintrat. Ms der Mörder /ah, was er angerichtet hatte, schlug er in seiner Wohnung alles kurz lind klein und erschoß sich dann selbst. Der Ermordete hinterläßt eine "Witwe und drei unversorgte Kinder, chec Mörder eine "Witwe mit einem Kind. Schon gestern vormittag soll der Mörder geäußert hüben, iist seinem Hirn zwirble es durcheinander, heute passiere noch etwas.
st Läufst,, a, N., 10, Juui. Zu dem Mord und Selbstmord des Arbeiters Käst wird weiter berichtet, daß Käst schon als I8jühri.ger Bursche wegen schwerer Körperverletzung zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Er hatte sich dann dem Trünke ergeben und war als jähzornig bekannt. Der Anlaß zu der Tat war, daß seine l5- jährige Tochter, die, wie ihre Mutter häufig, von ihm mißhandelt worden war, gestern ihre Sonntagskleider anziehen wollte, was der Vater nicht duldete, andernfalls er sie zerschneiden werde. Das Mädchen ging daraufhin zu ihrem Onkel und bat ihn um Hilfe. Als sie miteinander die Treppe herauskamcn, griff der Trunkenbold kurzerhand zum Revolver und schoß ohne ein Wort zn sagen, seinen Bruder über den Hansen. Sich selbst brachte er drei Schüsse bei.
st Heilbronn, !0. Juni. i-l. württ. Glasertag.) Gestern tagte hier die 4. Hauptversammlung des Landesverbands württembergischer 'Glasermei- ster unter zahlreicher Beteiligung! der Meister von Nah und Fern. Nach den Begrüßungen gab der Vorsitzende den Geschäftsbericht, ans dem zu entnehmen ist, daß bezüglich des Anschlusses an den ZenträtverbanL noch nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen feiert. Die Mitgliederzahl sei von 235 aus über 300 gestiegen, also recht erfreulich. Den Kassenbericht erstattete Kassier W. Weber-Stuttgart. Darauf hielt Handwerkskamntersekretär Mül- ler-Heitbromi einen längeren Vortrag' über die neuen württembergischen Submissionsvorschriften. Redner kam zu dem: Schluß, daß die Vorschriften als kleine Abschlagszahlung nicht ganz abzulehnen, daß aber nicht alle Wünsche des Handwerks erfüllt worden seien. Deren Revision sei seitens der Handwerksorgaui.sati.oueu anzustreben. Im Anschluß an den Bortrag wurde eitle Resolution angenommen, in der dort der Regierung! die baldige gesetzliche Regelung der Submissionsfrage und Einhaltung der Stlbmissionsvorschriften durch die Bramtungen verlangt wird, mit dem Zusatz, daß dis Tagung nach wie vor ans dem Standpunkt der Eingabe der württemberMchen Gewerbevereine und Handwerke.rorganisationen stehe. lieber die Verhandlungen betreffend Errichtung eines wirtschaftlichen Schntzverbandes berichtete. Glasermeister Karl Mayer-Eßlingen. Danach ist das Zustandekommen eines solchen Verbandes gescheitert, dagegen wurde die Errichtung einer Einkaufsgenossenschaft erwogen. Es wurde beschlossen, die Sache dem Ausschuß zur Weiterbehandlung im Einvernehmen mit den anderen süddeutschen Verbänden zu üborweisen-
ss Backnang, 10. Juni. Das 1 einhalbjährige Kind des Fabrikarbeiters, Bay stürzte am Samstag nachmittag in den Kanal der hiesigen Spinnerei und wurde von der Strömung fortgerissen. Bis Hilfe kam, war das Kind ertrunken.
muffen oann freilich mn mir. voriieb nehmen, aber immerhin — bis Sie Gelegenheit finden —
„Frau Lütkens," unterbrach sie Melita mit warmem Aufblick, „ich danke Ihnen und danke Ihren, Neffen von ganzem Herzen für den gütigen Vorschlag, allein — ich kann nicht darauf eingehen. In meinem Innern ist — es wird mir schwer, Ihnen das einzugestehen — gleich einei offenen Wunde — eine beschämende Erinnerung geblieben, die es mir schwer — ja, geradezu unmöglich macht, Herrn Fries wieder zu begegnen. Außerdem brennt mir de, Boden Hamburgs unter den Füßen — Sie werden dag^ verstehen. I» einigen Tagen hoffe ich, nach England abreisen zu können."
„Mein armer Jung!" murmelte Frau Lütkens nach kurzem Schweigen und schob den Hut vom rechten aufs linke Ohr. „Schlimm, daß ich einfache Frau keine Ueber- redungsgabe besitze. Ich kann Sie nur herzlich bitten, doch unfern Vorschlag anzunehmen oder uns — späte, vielleicht — Gelegenheit zu geben, Ihnen beizuspringen/
„Nochmals Dank — innigen Dank, liebe Frau Lütkens, aber ich kann Ihnen kein Versprechen geben." — Es malte sich bei dieser Weigerung so viel Ungeduld und Seelenpeiri in Melitas Zügen, daß die Besucherin sich verabschieden wollte. In diesem Augenblick rieb an ihrem rauhen Mantel Cäsar seinen Kopf.
„Das ist ja ein prächtiger Rassehund," bemerkte Fra» Lütkens. „Gehört er Ihnen?"
„Ja, und er macht mir Sorge. Ich kann ihn nichl behalten und möchte ihn auch nicht fremden Leuten übergeben."
„Das trifft sich gut," rief Frau Lütkens erfreut aus „Mein Hofhund ist vor drei Tagen überfahren worden, uni ich suche eine» neuen Wächter für mein etwas abseits vom Wege liegendes Haus. Bitte, überlassen Sie mir diec anhängliche Tier, ich zahle Ihnen gern dreihundert Mar! dafür und garantiere für gute Behandlung."
Melita wollte die Bezahlung ablehnen, aber Frao Lütkens entwickelte jetzt, wo es sich um ein Geschäft handelte
Melita.
Roman von Rudolf Elcho.
(Forrsttzung) liechdruck verdaten.
Der Auftritt harte Melita so furchtbar erschreckt, daß sie, gegen die Wand gelehnt, minutenlang die Augen schloß. Ein Gefühl des Schwindels kam über sie. Dies verflog, als sie Schritte und ein Aufbellen Cäsars vernahm. Sollte der widerwärtige Verleumder und Geck zurückgekehrt sein, fragte sie sich. Die Augen öffnend, bemerkte sie eine grauhaarige Frau, die mit grellen Augen den zähnefletschenden Hund bezwingend ansah. Dieser zog sich langsam und knurrend auf seine Herrin zurück.
„Recht so." bemerkte die Besucherin freundlich, „ich liebe Hunde, die treu und wachsam sind. — Sie scheinen sich erschreckt zu haben, Fräulein Wismar, denn Ihr Gesicht ist erblaßt bis in die Lippen hinein?"
Jetzt fiel ihr Blick aus Lehmanns Hut, den Cäsar als Siegestrophüe zu betrachten schien, denn ec roilce ihn zuerst mit den Pfoten hin und her, dann aber warf er ihn Mit der Schnauze in die Luft.
Nun kicherte die alte Frau. „Da ich im Garten einem jungen Mann begegnet bin, der mit dein Hut auch den Kopf verloren zu haben schien, denn er lies querfeldein durch den dicksten Schnee, so darf ich wohl annehmen, daß Ihr Hund einen Angriff abgeschlagen hat?"
„So ist es," erwiderte Melita und sah die Besucherin zweifelnd an. „Mir scheint, daß wir uns schon begegnet find?"
„Ganz recht, Fräulein Wismar. Ich heiße Lütkens und bin die Tante von Wolfgang Fries."
„Was wünschen Sie, Frau Lütkens?" — Sie stellte die §ch8eeisigem Ton und schloß wieder die Augen. Sie schien sich von der Außenwelt abschließen zu wollen.
Durch den frostigen Empfang in Verlegenheit geratend, schob die Alte ihr Hütchen aufs Ohr; beim Anblick der
edlen, leidenden Züge und des Trauerkleides der Verwaisten aber fühlte sie sich gerührt. Sie begriff den Entstiguugs- schmerz ihres Wolsgang. Die Schönheit dieses jungen Mädchens wirkte bezaubernd, weil sie der vollendete Ausdruck Ses Seelenadels zu sein schien. In mütterlichen, Tone cniwoctete die Besucherin: „Was mich zu Ihnen führt, uebes Fräulein, ist ein Wunsch meines Neffen. Das furchtbare Unglück, das über Sie gekommen — so meint er — egen Sie ihm zur Last."
Melita bewegte oerneiueud den Kopf.
„Wäre dies doch der Fall, Fräulein Wismar, dann fiele ein Teil der Schuld auf mein Konto, denn ich habe Wolfgang stets eingeschärft, daß Aufrichtigkeit und Verläßlichkeit die besten Eigenschaften im Verkehr mit Menschen seien. Als ihn nun das Schicksal vor die Wahl zwischen Pflichterfüllung und Liebe stellte, handelte er ganz in meinem Sinne. Ich meine, ein ehrenhafter Mensch muß allemal seine Schuldigkeit tun — selbst auf Kosten seines Glückes."
Ohne die Augen aüfzuschlagen, bemerkte Melita: „Herr Fries ynt recht getan. Ich weiß jetzt, daß mein Vater nicht mehr zu retten war."
„Jetzt aber, wo so schwere Verluste Sie betroffen haben, 'mein armes Kind, da regt sich in Wolfgang und auch in mir etwas mehr als herzliches Mitleid, etwas, das dem Schuldbewußtsein nahe kommt. Wer einen zerschmetternden Schlag führen muß, den üverkommt die Empfindung, als verrichte er Henkersdienste."
„Halten Sie sich versichert, daß ich weder Ihnen noch Ihrem Neffen grolle."
„Nun, das ist schön, das freut mich. Daun werden Sie uns hoffentlich auch Gelegenheit geben, etwas zu Ihrer Erleichterung zu tun. Sie stehen, wie wir hörten, jetzt allein und mittellos in der Welt. Wollen Sie nich! mein Haus in Eimsbüttel als das Ihrige ansehen? Es bietet Ihnen zwar keinen Ersatz für Ihr schönes Heim, ist aber doch behaglich. Wenn die Gegenwart meines Neffen Sie stört, so wird er in die Stadt ziehen. Sie