Lus dem Reiche.

7s Pforztftlm, 10- Jum. (Mord.- Als der 41 JakM alte Golidarbeiler Philipp Krimmer gestern nachmittag 4 Uhr nach Hanse kam und seine 39- iährige Frau wieder betrunken Vvrfand, warf er ihr einen Strick um den Hals, legte sie auf das Bett und zog solange au dem Strick bis die Frau tot war.

Ausländisches.

!s Saloniki, 10. Juni. Auf Grund eines vom deutschen Konsulat unterbreiteten Vorschlags haben die Behörden bisher 100 kranken und altersschwa­chen Italienern ausnahmsweise den Weiteraufent­halt in Saloniki gestattet. Tsie Abreise der aus- qe wiese neu Italiener vollzieht sich in größter Ord­nung ohne Zwischenfall.

!I Fez, 10. Juni. Hier herrscht weiterhin Ruhe, General Gourand toill die Umgebung von Fez voll­ständig vom Feinde säubern. Generalresident Lyau- tcy beabsichtigt, mit einer starken Kolonne nach Sesru ' zu marschieren. Der Sultan verlieh dem General Gonrand das Großkrenz des Hasidordens.

ss Santiago de CaLa, 10. Juni. Die Aufständischen haben die Stadt Sagua de Tanamo in Brsnd gesteckt. Der amerikanische Kreuzer »Nasheville" ist nach Sagua de Tanamo abgegangen.

Eine Erklärung über die österreichische Wehrreform.

II Wie», 10. Juni. Heute nachmittag versammelten sich die Obmänner der Klubs des Abgeordnetenhauses, sowie der Präsident des Abgeordnetenhauses beim Minister des Innern, der im Einvernehmen mit dem durch Krankheit am Erscheinen verhinderten Ministerpräsidenten namens der ge­samten Regierung eine Erklärung abgab, in der er betonte: das internationale Prestige der Monarchie, unsere Bündnis- sähigkeit, sowie die Sicherheit der von uns stets festgehaltenen Politik des ehrenvollen Friedens erfordert die termingemäße Inkraftsetzung der Wehrresorm. In gleicher Weise verlangen dies die militärischen Interessen. Die Aushebung muß unter allen Umständen bereits unter dem Gesichtspunkt der zwei­jährigen Dienstzeit erfolgen. Die bisher im anderen Staat der Wehrreform entgegenstehenden Schwierigkeiten erscheinen angesichts der Annahme des Gesetzes im ungarischen Abge­ordnetenhaus als behoben. Für alle verantwortlichen Fak­toren des Reiches erwachse daher die Pflicht, auch bei uns die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Vorlagen zu schaffen. Der einzig mögliche Weg zur Verwirklichung der festen Absicht der Parteien des Abgeordnetenhauses, die Durchführung der Wehrresorm zu sichern, ist die Aufstellung und die strenge Einhaltung eines präzisen Kalendariums. Die Regierung verlangt daher entsprechende Beschleunigung der Beratungen im Wehrausschuß, den Beginn der zweiten Lesung der Wehrvorlagen bis spätestens 17. Juni, sowie die Erledigung aller Lesungen bis spätestens zum 25. Juni, damit noch die terminmäßige Erledigung des Budgetprovi­soriums möglich ist.

Der Besuch des deutschen Geschwaders« in Newyorst

II Newyork, 10. Juni. Die Stabt steht voll­ständig unter dem Zeichen des Besuches des deut­schen Geschwaders, durch das heute wieder Hun­derttausende ungelockt wurden. Nach Schätzung der Polizei hatte sich gestern an den der Flotte be­nachbarten Flußusern eine Menschenmenge von etwa l Million Personen gedrängt. Die allgemeine

«me so überzeugende Beredsamkeit daß Melita endlich zweihundert Mark annahrn und sich dann von Cäsar unk seiner neuen Herrin gerührt und mit warmherzigen Worten verabschiedete.

,Und darf ich meinem armen Jungen nicht wenigsten- «inen Gruß bestellen?" Bei dieser Frage errötete Melito und senkte dann zustimmend den Kopf.-

Drei Tage später verließ sie Deutschland, um in Doktor Henry Stanfords Erziehungsanstalt als Hilfs­lehrerin einzutreten. Als der Dampfer die Elbmündung verließ, sagte sie sich: Nun liegt nicht nur die Heimat, sondern «uch die Jugend hinter dir und du steuerst einer dunklen Zukunft entgegen: Was mag sie bringen? Mit Wehmut gedachte sie der beiden jungen Männer, in deren beiden Herzen sie die Liebe geweckt hatte. Zu ihrer Verwunderung trat Wolfgangs Bild in klaren Zügen vor ihr inneres Auge, und sein Gesicht hatte jene Härte verloren, durch die sie sich bei der letzten Unterredung so verletzt gefühlt hatte, Julians schöner Blondkopf aber verschwamm im Dämmer der letzten Mondnacht, aber aus weiter, weiter Ferne glaubte sie seine weichklingende Stimme zu vernehmen. Ihre Phantasie verlieh dem junge» Barden eine Gloriole.

Die Rückkehr nach der Insel Wight brachte Melito zunächst eine schwere Enttäuschung. Sie erfuhr, daß das Brot der Dienstbarkeit gar bitter schmeckt. Beim ersten Besuch des Stanfordschen Instituts wurde ihr, Danl .der großen Summen, die der Konsul zahlte, eine Aus­nahmestellung unter de» Schülerinnen gewährt. Sie wohnte nicht im Schulhause, jvndern in der von einem Garten umschlossenen Cottage Stanfords, nahm mit dessen Familie die Mahlzeiten ein, wurde mit großer Freundlich­keit behandelt und mit Liebesversicherungen entlassen. Da­mals hatte ihr Doktor Stanford das Zeugnis ausgestellt, Saß ihre Begabung für moderne Sprachen, für Geschichte und Literatur die aller übrigen Schülerinnen weit über­rage, und daß sie sich als Klavierspielerin mit mancher Virtuosin von Ruf messen könne. Seine Gattin aber legte ihr derzeit Kosenamen bei und verkehrte mit ihr, wie mit rmer Tochter.

Stimmung geht d ahm, daß durch -den Flottenbe­such die amerikanisch-deutschen Beziehungen weiter gefestigt werden. Etwa 10 000 Personen haben den Moltke" besucht. Die Blätter widmen der Flotte seitenlange Artikel und betonen die Herzlichkeit des Empfangs und das Interesse djes^ Publikums sei größer, als bei der letzten amerikanischen Flot­tenschau der Fall gewesen sei. .

Der Ausbruch eines Vulkans.

Is Seward (Alaska), 10. Juni. Der Dampfer .Dora' kam hier am Sonntag Nachmittag vollständig mit Asche be­deckt an. Die Besatzung und die Passagiere hatten den Ausbruch des Vulkans Kalmar auf den allantischen Inseln beobachtet. Sie glauben, daß mehrere Fischerdörfer an der Meerenge von Schebikow zerstört worden sind. Nach der furchtbaren Explosion fielen Feldstücke und Asche auf das Land und verdunkelten die Sonne. Obwohl der Dampfer 70 Meilen von dem Orte der Explosion entfernt war, herrschte um 4 Uhr nachmittags völlige Finsternis. Ein Aschenregen ging nieder und bedeckte das Deck des Schiffes in dichten Mengen. Die Passagiere sind infolge der erstick­enden Atmosphäre erkrankt.

Vermischtes.

8 Das Abteil der Schweiger. Eine Neuerung^ die des Beifalls vieler Leute, besonturs einer be­stimmten Kategorie von Nervösen, sicher sein wird, soll jetzt in Frankreich, eiugesührt werden. Wie demFigaro" aus bester Quelle versichert wirch hat die Verwaltung der Westbahn beschlossen, vom 15. ds. Mts. 'ab Wagen fürNichtsprecher" einzu­stellen, d. H-. für solche Reisende, die auf der Fahrt von Mitreisenden nicht augesprochen wer­den wollen. Es werden also in der Westbahn in Zukunft neben Abteile,!'für Damen",für Nicht­raucher",für Raucher^,für Reisende mQ Hun­den" auch solchefür Nichtsprecher" vorhanden sein. Man wäre versucht, die Nachricht für die Erfind­ung eines Spaßvogels zu halten, wenn nicht ganz genaue Einzelheiten über die Linien angegeben wä­ren, auf denen die Neuerung zur Durchführung gelangen soll. Namentlich handelt es sich um die Linie Paris-Nantes. DerFigaro" hält es für ausgeschlossen, daß die Neuerung einen längeren Bestand haben wird.

8 Tie kluge Witwe. Im Anschluß an die Tat­sache, daß Frau Astor, die, wie bekannt, auf Grund des Testaments ihres bei derTitanic" Katastrophe umgekommenen Gatten nur dann in den Genuß der gesamten Erbschaft gelangt, wenn sie sich nicht mehr verehelicht, erzählt diePall Mall Gazette" von einem ähnlichen Falle, der aber eine andere, als die vom Erblasser beabsichtigte Wendung nahm'. Ein Londoner Börsenagent, der in etwas vorge­rücktem Alter eine junge Miß von achtzehn Jahren geheiratet hatte, hinterließ seiner Witwe ein Ver­mögen von 75 Millionen Francs, unter der Be dingnn.g, daß sie sich nicht wieder verheiraten würde. Andernfalls sollte das Geld dem Neffen des Verstorbenen zufallen. Was tat die Witwe? Sie heiratete den Neffen...

Handel und Verkehr.

* Unterschwandorf, 8. Juni. Bei der heute nachmittag stattgefundenen Verpachtung des Heugrases der hiesigen Jungviehweide (ca. 29 Morgen Wiesen- und Ackerfutter) wurden 1253,90 Mk. erlöst, was für den Morgen Futter­platz im Durchschnitt 43,24 Mk. ergibt.

Als sie aber an einem frostigen Muttertage hilfsbedürftig an die Stätte zurückkehrte, wo sie sich einige Monate zu­vor so wohl gefühlt hatte, schienen mit der Natur auch die Gefühle der Stanfords in der Kälte erstarrt zu sein. Der kleine nervöse Leiter der Anstalt empfing sie mit sorgenvoller Miene, beklagte den Sturz ihres Vaters und wiederholte ihr das, was er ihr bereits brieflich dargelegt hatte, daß die Einführung einer ungeprüften Lehrkraft in seine hochstehende und den besten Ruf genießende Anstalt ein großes Wagnis sei, und daß er ihr erst dann Gehalt zahlen könne, wenn es sich nach einer Probezeit heraus- itelle, daß sie das ihr geschenkte Vertrauen rechtfertige und sich nützlich erweise.

Frau Stanford empfing Melita mit vornehmer Herablassung, sprach von dem großen Opfer, das ihr Gatte bringe, und wies ihr ein kahles Stübchen im Schulhause zur Wohnung an.

In der Nacht, die diesem Empfang folgte, vergoß die Verwaiste eine Flut von Tränen. Ihre Entrüstung über das schamlose Verhalten des Heuchlerpaares wallte heiß auf, und doch mußte sie schweigen. Ihr Stolz bäumte sich gegen die erlittenen Demütigungen auf, und sie fragte sich, ob es nicht besser sei, zu sterben, als hier in Knecht­schaft zu versinken. Nachdem aber die Ausbrüche des Zornes und der Verzweiflung sich erschöpft hatten, kehrte die Ueber- legung wieder, und sie sagte sich: Es wird ein dorniger Weg werden, der zu deiner Erwerbsfähigkett führt, aber du mußt ihn beschreiten. Hier wird dir wenigstens Gelegen­heit geboten, deine geistigen Fähigkeiten weiter auszubilden - nütze sie. Harre aus, bis Julians ErlösungswortKomm!" eintrifft.

Lange bevor der nächste Tag graute, wurde Melita dem Schlaf entrissen, und die Vorsteherin des Schulhauses machte sie bei Lampenlicht mit dem Schulplan und ihren Aufgaben bekannt. Die alte Dame war ihr vordem stets höflich begegnet, jetzt schlug sie einen strengen, herrischen Ton an und kehrte fortan ihr von kecken Schülerinnen oft verspottetes sauertöpfisches Wesen auch gegen die neue Hilfslehrerin heraus.

» Stuttgart, 10. Juni. (Viehzufuhr.) Dem Schlacht­viehmarkt Groß-Stuttgarts sind im Monat Mai l. I. 2244 Rinder, 5290 Kälber, 229 Schafe und 9028 Schweine zu­geführt worden.. 2 Rinder, 50 Kälber und 45 Schweine wurden von auswärtigen Händlern aufgekauft, alle andern Tiere gelangten unter die Messer der Stuttgarter Metzger.

Stuttgart, 10. Juni. (Landesproduktenbörse.) Die ruhige Stimmung auf dem Getreidemarkte hat fast die ganze Berichtswoche angehalten und erst in den letzten Tagen trat eine wesentliche Befestigung ein, da einerseits das dringende Angebot von Argentinien und Kanada nachgelassen und andererseits nicht allein Deutschland, sondern auch Frankreick und England stärker als Käufer auftreten. Die feuchtwarme Witterung ist für den Saatenstand günstig, jedoch wäre jetzt trockenes Wetter erwünscht, da auch die Heuernte begonnen hat. Auf heutiger Börse sowie auch unter der Woche zeig­ten unsere Mühlen etwas mehr Kauflust und kamen mehr­fach Abschlüsse hauptsächlich in Laplataweizen zustande.

Wir notieren per 100 Kg. ftachtparität Stuttgart, Ge­treide und Saaten ohne Sack netto Caffa je nach Qualität und Lieferzeit:

Weizen

Mark

Mark

württ.

ftänk.

RumLmer.

Ulka

SaxonSka

Azima

Lapkata

34.35 24.75 24.2524.75

35.35 35.75

25.50 26

25.50 26.

25.50 26 34.0025.00

Kernen Futtsrgerste Hafer württ.

, Laplata Mais Donau Roggen nom.

34.35 34.75

19.50 19.75

33.35 33.-5

30.50 31

18.35 18.50

22.00 -.

Tafelgries Mk. 35.00 bis 35.50 Mehl 0 . 35.00 bis 35.50

, 1 . 34.00 bis 34.50

. 3 . 33.00 bis 33.50

. 3 . 31.50 bis 32.00

. 4 , 28.00 bis 28.50

Kleie Mk. 13.60 bis 13.50 (ohne Sack netto Kassa.)

Mitteilungen der Zeutrakverunttluugsstelle für Obstverwerttrug ru Ltuttgart, Eßlingerstraße 15 I.

Angebote in grünen Stachelbeeren und Gartenerd­beeren; Nachfragen bedeutende Mengen Kirschen, 1900 Ztr. Himbeeren von Konservefabriken und Frühobst aller Art von hiesigen und ausländischen Früchtehandlungen. Adressen von Anbietern und Abnehmern ebenso Auskunft über Marktlage, Preise, Verpackungsmaterialien jederzeit kostenlos.

Tafelobstpreise

au dem Stuttgarter EngroS-Markt am 8. Juni: Aepfel austral. 4045 Mk. per 50 Kg., Gattenerdbeeren 3055 Mk. per 50 Kg.. Kirschen, hies. u. badische 3038 Mk. per 50 Kg Kirschen italien. u. französ. 3540 Mk. per 50 Kg., Spargeln, hiesige 5560 Pfg. per Pfund, Spargeln Schwetzinger 5560 Pfg. per Pfund, Spargeln Hördter 55 Pfg. per Pfund.

Marktlage: In Erdbeeren bedeutende Zufuhr in schöner Ware, Verkauf lebhaft bei festen Preisen; die Ernte fällt nicht überreich aus, eine Zurückhaltung seitens der Käufer ist bei den augenblicklichen Preisen kaum angebracht. Hiesige Kirschen kamen nur vereinzelte Körbchen zu Mark, die fremde Zufuhr war sofort nach Ankunft geräumt. Badische und hessische Kirschen herrschen vor, treffen auch i« guter Beschaffenheit ein.

Voraussichtliches Wetter

am Mittwoch, 12. Juni: Wolkig, gewitterig, einzelne Gewitter­regen. anfangs schwül.

Verantwortlicher Redakt« ur: L Lauk, Sllteostri,.

Druck a. Bett« der W. Riekettscheo Buchdruckerei, L. Lauk. Wrackes

Es zeigte sich bald, daß Dr. Stanford auf Melitas unerprobte Lehrkraft doch mehr Vertrauen setzte, als er beim Empfang angegeben hatte, denn er wies ihr eben- soviele Unterrichtsstunden zu, wie den bezahlten Lehrerinnen.

Voll Eifer begann sie ihre Tätigkeit, diese wurde ihr aber durch die Nörgeleien der Vorsteherin und das patzige Verhalten einiger ihrer ehemaligen Mitschülerinnen er­schwert, von denen sie früher um ihrer Vorzugsstellung willen beneidet worden war.

Es kostete sie viel Geduld und Selbstbeherrschung, um Konflikte zu vermeiden, aber sie überwand sich selbst und damit auch ihre Gegnerinnen. Nach mehreren Wochen fand sie die Unterstützung Dr. Stanfords, denn der kenntnisreiche und erfahrene Pädagog sah, daß er an ihr, trotz ihrer Jugend, eine ganz vorzügliche, viel­oersprechende Lehrkraft für sein Institut gewonnen hatte. Zwar ließ er es oon Zeit zu Zeit an gelindem Tadel nicht fehlen, um sie fühlen zu lassen, daß sie noch lange nicht berechtigt sei, Gehaltsansprüche zu stellen, aber er spornte ,uch ihren Eifer durch Anerkennung an und gab ihr chätzenswerte Anleitung zum Lehrversahren.

Melita erfuhr jetzt, daß emsige Arbeit nicht nur die Zeit kürzt, sondern auch die Seelenkräfte wunderbar be­lebt. Trotz aller Verdrießlichkeiten und Entbehrungen ging das Probejahr wie im Fluge dahin. Nun erst entschloß sich Dr. Stanford, ihr ein Gehalt zu bewilligen, das knapp ausreichte, um ihre Kleidung zu beschaffen. In diesen Tagen waren ihre einzige Freude Julians Briefe. Er schrieb zwar nur selten, aber dann so liebe­warm und hofsnnngssrendig, zuweilen auch in so froh­launigen, anmutigen Versen, daß sie sich erbaut, getröstet and ergötzt fühlte. Eine große Weihnachtsfreude bereitete er ihr vor Ablauf des Probejahrs durch die Mitteilung, daß er ein Lustspiel vollendet habe, das jetzt an die Vühnen versandt und von Kennern günstig beurteilt werde. Nun endlich sah sie die Zukunft in rssiaem Licht.

Fortsetzung folgt.

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