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Amtsblatt für Pfal-grafeaweller.
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Im verflossenen Monat Mai tonnte der Dreibund seinen 30- Geburtstag feiern und wie einer Las Mantellied auf s sich selber anstimme,i: „Schier dreißig Jahre bist du alt Hast manchen Sturm erlebt". Sv fest und wandelkos sich das deutsch-österreichische Bündnis, das schon einige Jabre vorher abgeschlossen worden war, während der Jahrzehnte bewährt hat, so häufig hat das irrüchterierende Verhalten Italiens Besorgnis wegen der Dauer und Festigtest des Dreibundes erweckt. BismarTk hat 'diese Entwickelung vorcnksge- sehen und nie in dem Maße auf das -treue Festhalten Italiens wie auf das Oesterreich-Ungarns gebaut. Frankreichs und Englands Liebeswerbnn- gen haben vielen Italienern beständig- den Sinn betört und sie in der irrigen Annahme bestärkt, Italien habe seiner Zugehörigkeit zum Dreibünde große militärische Lästert, aber keinerlei nennenswerte Vorteile zu danken. Die leitenden italienischen Staatsmänner wußten es besser und haben aus ihrer Kenntnis der Verhältnisse auch kein Hehl gemacht, waren aber doch oft genug zu Zugeständnissen an die Volksstimmnng genötigt. Deutschland wurde in seiner Bundestreue gleichwohl niemals wankend und behandelte trotz des Bewußt seins. der gebende Teil zu sein, den launenvollen Bundesgenossen mit Nachsicht. Man dürfte Italien eine gelegentliche Extratour nicht so übelnehmen, sagte Fürst Butow begütigend im Reichstage, nachdem die italienischen Bevollmächtigten aus der Al- geciraskonsereuz mehr aus Frankreichs Interessen als ans die des verbündeten Deutschland Bedacht nahmen. Und so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Gerade die. Gegenwart ist aber wichtig für die Gestaltung: und Fortdauer des Dreibundes. Im Laufe dieses Jahres kann nach einem Abkommen jede der drei Mächte Aendernn- gen bestimmter Punkte des Dreibundvertrages beantragen, auch befinden wir uns in dem Jahre, in dem jeder der drei Mächte .das Kündiguugs- recbt zusteht, das bis zum l. Juni 1913 ausgeübt werden muß, wenn anders der Vertrag nicht automatisch sechs Jahre weiterläuft.
Wir befinden uns daher in einer Zeit, die für den Dreibund leicht kritisch werden kann und haben um so mehr Anlaß, alle Symptome, die auf eiu Mißverstehen oder auf eine Entfremdung hindeuten, zu verfolgen. Wenn jemand, so hat Deutschland während des leidigen türtisch-italienischen Krieges die gewissenhafteste Neutralität geübt. Daß sich die öffentliche Meinung des deutschen Reiches nicht begeistert für die italienische Annek- tivn Tripolitaniens ins Zeug legte, entsprach ihrem Gerechtigkeitsgefühl. Wie den Schutz der Türken in Italien, so übernahm Deutschland auch den der Italiener in der Türkei. Und wenn der Beschluß der Ausweisung aller Italiener aus türkischem Staatsgebiete immer wieder und wieder verschoben wurde, so war das Deutschlands Bemühungen zu danken. Ebenso gebührt den deutschen Vertretern das Verdienst, wenn der nicht zu verhindern gewesene Ausweisungsbeschtuß jetzt mit einer angesichts der hochgradigen Erregung der Türkei anerkennenswerten Milde ausgesührt wird. Wenn gleichwohl italienische --.Blätter behaupten, daß die Ausweisungen nicht nur aus deutsche Anregung hin erfolgten, sondern daß auf Betreiben der deutschen Konsuln die ausgewiesenen Italiener von der türkischen Polizei auch noch schwer mißhandelt wurden, so ist das ein starkes Stück. Unerhört ist es aber, wenn italienische Abgeordnete in der Kammer solche Lügenmeldungen wiedergeben können, ohne daß ihnen die Regierung auch nur mit einer einzigen Silbe entgegentritt. Es war daher unumgänglich, daß die deutsche Reichsregierung dieses mehr als sonderbare Verhalten der leitenden Minister des verbündeten Italien durch die Erklärung an den Pranger stellte, daß die Meldungen in der leichtfertigsten Weise erfunden waren, daß sie auch den Stempel der Erfindung an der Stirn trugen,
daß die italienische Regierung sie aber gleichwohl stillschweigend paktieren ließ und ihnen damit, soweit es in ihrer Macht stand, eine amtliche Bestätigung verlieh. So scharf wie mit dieser Entgegnung waren die Meinungen von hüben und drüben noch nie ansein andergeplatzt; es war in den dreißig Jahren der stärkste Sturm, der den Dreibund traf, und es bleibt abzuwarteu, wie oder ob er ihn überwinden wird.
Cages-Rundschau.
Eine Verzögerung des Inkrafttretens der Krankenversicherung.
Mimsterialdirettor Casper hatte jüngst im Reichstag erklärt, daß die Krankenversicherung der Reichsversichermigsordnun.g voraussichtlich am l. Juli ds. Js. in Kraft treten wird. Wie der „Ins." mitgeteilt wird, ist es jetzt als ausgeschlossen zu betrachten, daß dieser Termin in Frage kommst Man wird voraussichtlich erst mit dem 1. Januar 1913 rechnen dürfen, wenn nicht auch dieser Termin noch überschritten werden muß.
Ein neuer Streitfall in der Sozialdemokratie;.
Das Göppinger Gezanke in der Sozialdemokratie geht noch lustig; weiter und schon wird von einem neuen Skandal berichtet. Westmeyer hat in Heitbronn einen Vortrag gehalten und dabei auch dem Abgeordneten Feuerstein vorgeworfen, daß sein Vater „königlicher Lakai", tatsächlich Oberkutscher, gewesen sei. Gegen : diese Herabwürdigung Feuersteins nahm das Neckarecho Stellung und wurde dafür von dem Berliner Parteivorstand gerüffelt. In einem an den Parteivorstand gerichteten Brief verteidigt nun das Neckarecho seine Angriffe auf Weftmeyer und erklärt, daß letzterer „nach den einfachsten Moralbegriffen längst erledigt sein stallte". Der Kreisvorstand des 3. Wahl kreises fordert zugleich die Parteioereine des Wahlkreises aus, von einer weiteren Verwendung West- mcyers als Vortrags und Versammlungsredner abzusehen. Des weiteren richtet der Kreisvorstand gegen Westmeyer heftige Angriffe, er beschuldigt ihn mit Bezug auf den „Aushun-gerungsbries" der wissentlichen Lüge. Von den maßgebenden Parteiinstanzen erwartet der Kreisvorstand, daß sie die nötigen Konsequenzen aus dem parteischädigenden Verhalten Westmeyers ziehen werden. Die „Schwäbische Tagwacht" stellt nun fest, daß die erwähnte Aufforderung zur Ausschaltung West- mcyers in der stvzialdemotratischen Partei wohl noch nicht Lagewesen sei und erklärt, die Parteigenossen, die die Schuld darau trügen, daß der Parteistreit kein Ende nehme, läden eine schwere Verantwortung ans sichf
Ter Sultan von Marokko
hat seine Hauptstadt verlassen und ist mit dem französischen Gesandten Negnault nach Rabat gereist Ob er dort bleiben oder was er dort trei ben wird, das weiß man noch nicht, aber es gilt den französischen Blättern als sicher, daß er nicht mehr nach Fez znrücttehren wird. Das ist ihnen jetzt auch ziemlich gleichgültig, da die Franzosen au Muley Hasid iu Fez doch keine Stütze hatten und sie schließlich nur zwischen seiner Abreise U. seiner Abdankung zu wählen hatten. Sie glauben auch, daß der Sultan durch seine Abreise das geringe Ansehen, das er noch da und dort im Lande besaß, völlig verloren hat. Er werde, ineinte herite der „Figaro", nach seiner Abreise, die unter dem Schutze der französischen Soldateil erfolgt, für die Marokkaner überhaupt nicht mehr existieren. Dann fährt das Blatt fort: „Das ist jetzt unbestreitbar und es ist besser, die Sache genau zu sehen, wie sie ist. Die Regierung konnte übrigens nicht anders handeln, als sie tat. Aber nunmehr kann man und mutz man sich aus alte Wechtelsälle vorbereiten, die diese neue Lage mit sich bringen wird. Das System der Zusammenarbeit Frankreichs mit dem Maghzen, au das man zuerst
gedacht hätte, wird notgedrungen bedeutsame Veränderungen erleiden müssen. Die von uns iu Tunesien angewandten Lösungen sind in Marokko nur unter der Bedingung verwendbar, bedeutend abge- Lndertj und angcpaßt zu werden. Es wird schwer halten, sich ganz hinter einen Sultan zu verstecken, der sich so entzieht und zu einem Scheinen wird. Man darf wohl aber für all das auf die Klugheit und die Geschmeidigkeit des Generalresidenten Lhantey rechnen." Bon diesem erzählen die Blätter jetzt nachträglich, daß er überhaupt bei Muley Hasid keinen Beistand gesunden habe und tu dieser Hinsicht in seinen Erwartungen sehr enttäuscht worden sei. Der Sultan habe sich über-, Haupt während der letzten Ereignisse in seinem Palast eingeschlosscn und sich geweigert, irgend, etwas zu tun oder sich um etwas zu kümmern, während vielleicht ein Brief von ihm an die Häuptlinge der Stämme die Lage hätte verbessern können. General Lyautey habe es nur durchsetzen können, daß er für den Augenblick auf die Abdankung verzichtet. Weiter behauptet man, Muley Hasid sei überhaupt ein durch und durch kranker Mensch, eiu Neurastheniker, init dem man nichts anfangen könne. Er wird also bereits zu den Toten geworfen. General Lyautey ist jetzt Alleinherrscher in Fez. Die militärische Lage hat sich durch die letzten Erfolge der französischen Waffen etwas gebessert, insofern als die nähere Umgebung der Hauptstadt von den Feinden gesäubert ist, aber die Aussicht aus die Unterwerfung der weiter wohnenden Stämme ist noch sehr gering. Gegenwärtig ist General Lyautey damit beschäftig^ ans den Ule was und den eingeborenen Notaln- litäten einen neuen Maghz-en, also eine neue marokkanische Regierunig, zu bilden. - Ob ihm dies gelingt, bleibt abzuawrten.
LKndeSrmchrichtm.
11. Juni.
* Amtsvcrsnnnnli'ug. Am Samstag tagte in Nagold die Amtsversamrnluiig. Es wurde eine Umlage von 90 ooo Mt. beschlossen. Zum staatk- Betrieb der Krasiwagenlinie Hetrenber g -H a i -- terbach wurde vom Bczirtsrat ein Beitrag von 25 Proz gleich 1875 Mt. verwilligt. Hiezu wurde Zustimmung erteilt. - Der Gemeinde Garrwei-- ler wurde ein Beitrag von eindrittel der nach Abzug des Staatsbeitrggs mit > 0 225 Mk. verbleibenden Kosten zum Straßenbau rin Zinsbachtal bewilligt. Der Einlagezinsfuß der
O b c r a m t s s p a r l as se wurde von 3 dreiviertel Proz. ans 1 Proz. mit Wirkung vom 1. Januar 1913 ab erhöh t. Der Frau Oberamtssparkassenkontrolleur Bnob Witwe wurde ein Gratial von jährt. Mk. 120. verwilligt. Neugeregelt wurden die Belohnungen der beiden Oberamtsbaumeister dahingehend, daß alle Funktionen ihres Dienstes gegen eiu festes Gehalt zu besorgen sind. Das Gefall ist 2800 Mt., steigend von 3 zu 3 Jahren um 300 Mt., letzte Stufe 400 Mk. bis zum Endgehalt von 5000 Mk. Hiezu kommen 700 Mk. Reisekosten- und 200 Mk. Dienstzimmer-Aversuiks" Auch erhalten die beiden Oberamtsbaumelster das Telephon eingerichtet Die 4 Verwaltungsattuare im Nebenamt erhalten eine Aufbesserung von 400, 3,50, 300 uird 500 Mk. — Das Gesuch der Straßenwärter um Erhöhung ihrer Belohnung wurde zurückgestellt. Auch die geplante Errichtung einer Distriktstierarztstelle in Altensteig. - Zum Bau eines städt. Krankenhauses in Altensteig ist die Amts- Versammlung bereit-, einen angiemessenen Beitrag zu geben Zunächst sollen die Pläne und der Ko- stenvoranscylag vorgelegt werden. Beschlossen wurde auch die Schußgelder für Raubvögel abzuschaffen. Nach dem im .Hotel „Post" einge nominellen Mittagsmahl besichtigten die Teilnehmer der Amtsvcrsammlung das seiner Vollendung, entgegengehende Gewerbeschulhaus.
Nagold, > 0 . Juni. In Firma Berg und lScbnnd. die den chnammengeüürzten Hirsch im Jahre