Rcheu Besprechung verschiedener Fragen uns dem .Gebiete des Obstbaues und zur Vorbereitung der Generalversammlung statt. Nach dieser Sitzung ist gemeinschaftliches Mittagessen, woran sich dann ini gleichen Lokal um 2 Uhr die Generalversammlung umschließen wird. Aus der Tagesordnung steht außer dem Rechenschaftsbericht des Ausschusses, der Ablegung der Jahresrechnung und verschiedenen Wahlen ein Vortrag von Weinbauinspektor Mähr ken-Weinsberg über „Obstbau in abgängigen Wein bergen."
Stuttgart, 28. Jan. Die neue 4vrvzentige würrt. Staatsanleihe, von der 25 Millionen zur Zeichnung aufgelegt waren, ist, obgleich der Preis 101,60 aus 101,40 ermäßigt wurde, nicht voltgezeichnet worden, was in der Hauptsache daraus zurückzuführeii ist, daß gegenwärtig auch das Reich und Preußen mit 500 Millionen 4proz. An leihe, an den Markt gekommen sind. Die Höhe des dem Konsortium verbliebenen Betrages ist nicht bekannt.
st Stuttgart, 28. Jan. Zur Eröffnung der Ausstellung gegen die Schundliteratur hatte der Landesverband zur Bekämpfung der Schundliteratur aus heute Vormittag zahlreiche Ein iadungen irr den Vortragsaal des Landesgewerbemuseums ergehen lassen. Der Vorsitzende des Landesverbands Gewerbelehrer Baß hielt eine längere Absprache, in der er die Gefahren schilderte, denen nnsere Jugend durch die Schundliteratur ausgesetzt sei. Diesem dunklen Strom der Schmutzliteratur müsse ein Damm entgegengesetzt werden.
ss Stuttgart, 27. Jan. Dem Präsidium des ständischen Ausschuttes ist vom Finanzministerium ein erster Nachtrag zum Kinanzgesetz sür die Finanzperiode vvni I. April 1911 bis 51. März 1913 zugegangen, worin zur Herstellung von Fa- inilieuwohttungen sür niedere staatliche Beamte in Stuttgart 101 000 Mk. und zur Erbauung eines Zollamtsgebäudes 64 800 Mk. gefordert werden. In einem zweiten Nachtrag fordert das Finanzministerium 52 000 Mk. sür die Neueinrichtung der Lehrer feminare in Heilbronn und Rottweil.
st Cannstatt, 28. Jan. iSetbstmord. In dem Birkenwäldchen beim Burgholzhos wurde gestern nachmittag die Leiche einer 20 bis 25 Jahre alten Krauensversvn gefunden. Die Nachforschungen er Haben heute, daß es sich um eine gewisse Hagen- rnüller aus Zuffenhausen handelt, die sich aus unbekannten Gründen erschossen hat.
st Htilbrontt, 27. Jan. Die in der Kaiserstraße gelegene Engel-Apotheke wurde von ihrem Besitzer Dr. Karl Schweizer um den Preis von 500 000 Mark an einen Herrn aus Pommern veräußert. Bei diesen Preisen ist an eine Ablöttmg der Real- rechte in Württemberg taum zu denken.
st Hagenbach» OA. Nerkarsulm, 27. Jan. Die 11 jährige Tochter des Rieg, die mit schweren Brand wunden ins Krankenhaus nach Kochendors gebrach! wurde, ist dort gestern gestorben.
Oehringen, 28. Jan. In Psedelbach brach gestern abend in der Scheune des Bauern K. Grün Feuer aus, das an den großen Stroh- und Futter Vorräten reichliche Nahrung fand und den ganzen Bau in Asche legte. Das Wohnhaus wurde durch Feuer und Wasser G beschädigt, daß es eingerissen werden muß.
^ Mi'nsingcn, 28. Jan. In Ennabeuren ist iu einem von der Witwe Combotd bewohnten Hause
M L-r-lrucht. M
Willst du getrost durchs Leben gehn: blick über dich! Willst du nicht fremd im Leben stehn: blick um dich! Willst du dich selbst iu deinem Werte sehen: blick in dich!
Lavater.
Angelas Heirat.
Roman von L. G. Moberly.
(Fortsetzung) Nachdruck verboten.
linmiütüriich legte sie ibre.Hand fester auf Erichs Arm, und trotzdem die Lonne mir echter Augusthitze auf die Stufen schien, die zur Kirche hinaufsnbrten, schauerte sie doch noch einmal zusammen und ivars einen scheuen Blick nach rückwärts in das Innere des Gotteshauses. Aber drinnen herrschte tiefes Dunkel im Vergleich zu der sonnigen Helle draußen, und Angela, vom flimmernden Licht geblendet, konnte nichts erkennen als unklare Umrisse von Bänke:, und schattenhafte Gestalte». Dies waren der Justiz- rat mit seiner Frau und Erichs bester Freund, Rolf Stern, die dein Brautpaar folgten.
Bon der schwarzen Dame, die i» dem dunkel» Schatten neben der Tür sag, konnte Angela natürlich nichts erkennen, und so wandte üe den Blick wieder und schritt an Erichs Seite dem linrrc'u.ttu Wagen zu.
Nach dem Früiniück, an dem auch Roll teilnahm und das lehr still verlies, begleiteten der Jnstizrat und seine Frau, sowie Stern, das jung- Paar hinunter, wo der Wagen ihrer harrte, der sie zur Bahn bringen sollte. Angela harre ein modernes, taubengraues Reiiekostüm und ei»
die. westliche Giebelwcuid eingestürzt. Sie hatte infolge des Erdbebens vom 16. November Risse ge zeigt, die aber nicht beachtet wurden. Der Einsturz erfolgte mitten in der Nacht um 1 Uhr. Bei Tage hätte er schlimme Folgen haben können; so wurde niemand verletzt.
Nochmals Pfrommers Vernehmung.
ss Möhringen a. F., 27. Jan. Wie bereits gemeldet fand gestern die Tatbestandaufnahme des Doppelmörders Pfrommer hier statt. Anwesend waren Staatsanwalt Cuhorst, Untersuchungsrichter Hummel und Kriminalsekretär Weiächer. Als Pfrom mer von dem ihn hierhergebrachten geschlossenen Wagen auf den Tatort geführt wurde, fiel, wie der Filderböte berichtet, sofort allen Anwesenden seine hagere Gestalt und nicht weniger sein Verbrecherge ttcht ans. Als er mit oem Untersuchungsrichter den s. Zt. gemachten Weg wieder gehen sollte, stellte er sich, als ob er von allem nichts wüßte,, während die Zeugen ihn an der Gestalt, Gang und Kleidung so fort wieder erkannten. Hierauf wurde er in das Gasthaus zum Heilbrunnen abgesührt, wo eine große Anzahl Zeugenvernehmungen stattfanden. Pfrommer hat nämlich am Sonntag den 14. Januar, also tags vor dieser Tat, hier in verschiedenen Häusern gebettelt, was er bisher bestreiten wollte, während sämtliche Zeugen ihn an seiner Jnppe und seinem Hut, den er aus der Flucht nach der Tat Verlvreu hatte, wieder erkannten. Pfrommer gab nun zu, daß er am Sonntag hier gebettelt habe, da er es Hauff'sächlich den Leuten gegenüber, bei denen er Kaffee trnnt und die ihn, s. Zt. über dies und jenes fragten,-nicht mehr leugnen konnte, jedoch will er statt des gefundenen Huts einen braunen getragen haben. Auch konnte er sich wieder erinnern, daß er in jener Nacht von ll !2 Uhr im Gasthaus zum Bären hier war und will sein Alibi über die Mordtaten dadurch aufweisen, daß er vom Bären ans noch in der Nacht nach Schashausen OA. Böblingen gelaufen und dort morgens 5 Uhr angekommen sei, ein Bahnwärter könne dies bezeugen. Psrvmmer verwechselte jedoch den Dienstag mit Montag. Er hat überhaupt über jede an ihn gerichtete Frage ohne Besinnen sofort einen Ausweg und zwar immer mit einem gaunerhaften Lächeln. Pfrommer meinte auch n. a. warum man ihn am Tatort nicht hätte springen lassen ! ! , der Täter soll doch gesprungen sein, so könne man seinen Gang mit jenem nicht ver gleichen. Auch weiß er, daß der Täter wegen des Falls Grob nur wegen Totschlags, dagegen im Fall Forstwart Rees wegen Mord bestrast werden könne. Also kurzum, Pfrommer leugnet bis jetzt, während di-> Zeugen ihn mit dem Beweis des Wieds verkenne ns seines Hutes ustv. vielleicht doch noch zum Geständnis wie mit dem zuerst geleugneten Betteln bringen können. Die Vernehmungen datierten von vormittags 7 Uhr bis nachmittags einhalb 1 Uhr.
Ein Mord in Rechberghansen.
* Göppingen, 29. Jan. (Tel. 'An, Samstag wurde die 74 Jahre alte S chn llehre rs w itw e Eivperle im benachbarten Rechberah a'u s e n in ihrer Wohnung ermordet anfgefunden. Dis Ermordete lag mit durchschnittenem Hals vor sem nnbe- nützten Bett ans dein Zimmerbvden. Gestern war die Staatsanwaltschaft Vvn Ulm und eine große Anzahl von Landjägern hier, um die Mordtat auf- zuklären. Auch zwei Polizeihunde von Stuttgart
e» l- . :-s Hü'Heu mit grauein Schleier angelegt und sah s-.-vr lmbscb uns oerlitt in aus.
Der c l:e tt-.rr l als i:;r in den Wagen, schüttelte ihr noch einmal lräsiio die Hand und bat sie, nicht zu vergessen, daß -.ein Nm ihr immer zur Venüg-.ng stünde.
wenn sie je desselben bedürfe. Neberhaupt Haffe er, sie werde sich in jeder schwierigen Lage an ihn wenden.
Als dann auch Erich den Wagen bestiegen hatte, verabschiedete sich die Iustizrätin ebenfalls herzlich, und Angela dankte den guten alten Leuten sür alle Freundlichkeit, die sie ihr in den letzten Wochen erwic-en hatten.
Schließlich, als der Wagen sich schon >n Bewegung gesetzt hatte, rief ihnen Rolf ein „viel Glück" nach, das bckde ein wenig in Verlegenheit brackte.
'Als das Brautpaar abgefahren war, sprachen die drei Zurückgebliebenen über die Trauung und die beiden Hnupt- !>.-reiiigten dabei. Die alte Dann- sing immer wieder von Angelas reizendem Aussehen an, und der Iusiizrat meinte:
„Ich bin ja wirklich begierig, was aus der Ehe noch werden wird. Sie ist entschieden noch mehr Lotterie als die meisten Ehen, und doch bin ich froh, daß ich die beiden eigensinnigen Leutchen überredet habe, sie zu schließen."
„Aber es bleibt doch immer eine recht gewagte Sache," warf seine Fra» ein. „Sie wissen doch gar nichts voneinander und von gegenseitiger Neigung ist keine Spar. Angela ist ein so liebes, reizendes Ding, sie Hütte wirklich ein besseres Los verdient, als die Frau eines Mannes zu werden, der keinen Funken von Liebe für sie hegt. Und denke dir nur, Georg, wenn nun sie oder Herr Martens jetzt, wo es zu spät ist, jemand treffen, dem sie ihre Neigung schenken, wäre das nicht schrecklich?"
Die Frau Iustizrätin las sehr gern Romane und pflegte die Vorgänge, die sich darin abspielten, gern ins gewöhnliche Leben zu übertragen. Ihr Gatte aber lachte und streichelte ihr liebevoll die Land.
.Wir wollen kein Unheil heraufschwören, liebe Sophie," sagte er, .wer weiß, ob die beiden nicht schließlich noch
wurden herbeigeholt. Doch gelang es bisher noch nicht, Anhaltspunkte, für die Ermittlung des Täters zu finden. Da die Leiche schon Spuren der Verwesung auf weist, scheint die Tat einige Tage zurückzuliegen. Ein der Tat verdächtiger Mann ans Plüderhansen Ist verhaftet worden. Er bestreitet die Schuld. Während des ganzen Sonntags fanden Vernehmungen auf dein Rathanse in Rechberg Hansen statt. Die Getötete galt als eine vermögliche, aber geizige Frau. Ob ein Raubmord vorliegt ist noch nicht sestgestellt.
Lus dem Reiche.
js Frankfurt a. O., 37. Jan. Nach dem Zapfenstreich kam es 'gestern Abend in der Regierungsstraße zu einem Straßenkrawall, wo etwa 1000 junge Leute lärmten und skandalisierten. Als die Polizei einschritt und einen der Schreier verhaften wollte, griff die Menge die Polizei tätlich an und entriß ihr den Festgenommenen. Die Schutzleute mußten sich mit blanker Waffe der Angreifer erwehren. Erst nachdem Verstärkung angelangt war, gelang es, die Ordnung wieder herzustellen.
* Berlin, 27. Jan. Erzherzog Franz Ferdinand ist heule vormittag hier eingeiroffen. Er wurde vom Kaiser und dem Kronprinzen ans dem Bahnhof empfangen. Erzherzog Franz Ferdinand hatte sich .ans heute nachmittag fünf Uhr zum Tee auf der österreichischen Botschaft angesagt, zu dem auf seinen Wunsch auch der Reichskanzler und der Staatssekretär des Auswärtigen hinzugezogen wa reu, mit denen sich der Erzherzog eingehend unterhielt.
Is Göhren auf Rügen, 27. Jan. Durch stürmischen Eisgang wurde die große Landungsbrücke von Thiesow und Bäder gänzlich, die Göhrener Süd- und Nordstrandbrücke teilweise zerstört.
Kaisers Geburtstag.
sj Stuttgart, 27. Jan. Zur Feier des Geburtssestes des Kaisers halten die staatlichen und städtischen, sowie viele Privatgebände Fleggenschmuck angelegt. Im Anschluß an die Gottesdienste fand in der festlich geschmückten Geiverbe- halle große Paroleausgabe statt, wobei das Musikkorps des Grenadierregiments spielte. Der kommandierende General, Herzog Albrecht, brachle das Hurra auf den Kaiser aus. Während der Paroleausgabe wurden durch eine Batterie im Schloßgarien 101 Ehrenschüsse abgegeben.
* Berlin, 27. Jan. Die Geburtsfeier des Kaisers begann heute früh 8 Uhr mit dem großen Wecken, dem der Kaiser vom Schloßfenster aus beiwohnte, vom Publikum lebhaft begrüßt. Um 9 Uhr begann bei stürmischem, schneeigem Weiter die Anfahrt der Fürstlichkeiten und der Geladenen. Der Kaiser nahm zuerst die Glückwünsche der kaiserlichen Familie, des engeren Hofes und des Hauptquartiers entgegen. Anläßlich seines Geburtstages stiftete der Kaiser das preußische Verdiensikreuz in Gold mit der Krone und das preußische Verdienstkreuz in Silber mit der Krone. Gegen 10 Uhr begann der Gottesdienst in der Schloßkapelle.
* Berlin, 27. Jan. Nach dem Gottesdienst begab sich der Kaiser nach dem Weißen Saal, wo die Defiliercour begann. Ter Kaffer und die Kaiserin nahmen vor den Stufen des Thrones Aufstellung. Hinter dem Einführer des diplomatischen Korps, Vizeoberzeremonienmeister Röder schritt der Reichskanzler an dem Kaiser vorüber, der ihm die Hand schüttelte. Dann folgleu Herr r>. Kiderlen-Wächter und die Botschafter Oesterreich-Ungarns, Spaniens, Frank-
eme recht gute Ehe führen werben. Man hat schon mehr als einmal Fälle gehabt, wo Mann und Frau sich erst nach der Ehe lieben lernten, und die zwei werden doch nicht immer getrennt voneinander leben. Am Ende ist es zanz gut, daß sie es zuerst tun, vielleicht fühlen sie sich chließlich doch so einsam, daß sie sich zueinander finden. Sie haben beide so viele Vorzüge, daß es gar kein Wunder wäre, wenn sie sich in gesunder altmodischer Weise ineinander verliebten!"
„Ich hade bereits meinem Freund eine Wette vor- geschlageii, daß er sich sterblich in seine Frau verlieben würde, ehe ich sie gesehen hatte," warf Rolf hier ein, „und setzt bin ich fest davon überzeugt, daß dies Ereignis über kurz oder lang eintreten wird."
„Ich hoffe es von ganzem Herzen," sprach die alte Dame. „Ich wünsche es dem lieben Ding, daß sie recht Mcklich werden möge. Ich habe sie in der kurzen Zeit sehr ins Herz geschlossen."
Das liebe Ding saß unterdessen im Wagen an der Seite ihres Gatten, und ein ganz eigenartiges, ihr selbst kaum verständliches Glücksgefühl hatte von ihr Besitz genommen.
Aber leise mischte sich etwas wie bange Furcht hinein, wenn sie an den boshaften Blick der schönen Frau in ver Kirche dachte, und diesem unheimlichen Angstgefühl suchte sie endlich dadurch zu entrinnen, daß sie ihm Worte verlieh.
„Wer mag nur die Frau gewesen sein, die uns so lorschend betrachtete, als wir nach der Kirchentnr zu gingen?" -ragte sie nach einem langen Schweigen, währenddessen Erich sich fortwährend auf eine passende Bemerkung be- -onnen harte, ohne eine finden zu können.
„Was für eine Frau?" fragte er zerstreut, „soviel ich weiß, war außer der Frau Iustizrätin keine da."
„Doch! Es saß eine Frau, offenbar eine Dame, jung and sehr hübsch, aus einer der hintersten Bänke ganz im Schatten, und als wir vorübergingen, sah sie mich mit ranz bösartigen Singen an."