jen Hintere Räder ihm über die Brust gingen. Er wurde schwer verletzt.

* Neuenbürg, 30. Ott. Am Lcuris.'ag und Sonn­

tag sprach der bisherige ReichSlagsabgevrduete des 7. Wahlkreises, Hr. Schiveickpardt, in Gräfenhausen. Mrkenselö und Engelsbrand. Alle drei Versamm lungen waren sehr gut besucht. i

js Waldenbuch, l. Nov. (Jagd^) Die Stei- nenbronner Gemeindejagd wurde kürzlich von 300 aus 700 Mark gesteigert. Für Jäger ist der Schön- buch immer noch ein dankbares Jagdgebiet, wenn man hört, daß aus der Waldenbucher Gemeinde­jagd kürzlich an einem Tage 23 Rehe und I Hirsch zur Strecke gebracht wurden. Wer die Postguts mobile nach Tübingen benutzt, kann ost ganze Ru­del Wild zu Gesicht bekommen. Auch auf der gestri­gen Jagd im Böblinger Staatswald wurden vier Hirsche, l2 Rehe und einige Hasen geschossen.

ff Stuttgart, t. Nov. Beim Abbruch eines Hau­ses der Uhlandstraße stürzte heute vormittag eine Wand ein. Zwei Arbeiter wurden bedeutend ver­letzt. Sie mußten nach dem Katharinenhospital über geführt werden. Die Schuld an dem Borsall soll einen Zimm-ermann treffen, der bei den Abbruch­arbeiten die nötige Vorsicht außer Acht ließ.

* Stuttgart, l. Nov. Zur Beseitigung des gro­ßen Mangels an bedeckten und offenen Güter­wagen weist die Generaldirektion der Eisenbah­nen die sämtlichen Stellen des äußeren Dienstes eindringlich auf den Ernst der Lage hin und for­dert sic auf, die geltenden Bestimmungen strengstens zu beobachten. Namentlich müssen nur Arbeits wagen, soweit irgend möglich, für den allgemeinen Verkehr innerhalb Württembergs verwendet werden. Schadhafte Wagen sind, soweit möglich, schleunigst herzustellen. Allen Aufsichtsbehörden wird zur Pflicht gemacht, den Wagendienst aufs schärfste zu über­wachen.

* Stuttgart, I. Nov. Die Genesung I. Kais. Hoh. der Herzogin Wera schreitet langsam vvr. Die Äähmuugserscheinungen der rechten Seite wollen noch nicht ganz wieder verschwinden. Doch bc- zeichneten die Aerzte den Zustand der hohen Pa tientin im allgemeinen als befriedigend.

ff Stuttgart, l. Nov. Mit der Abgabe von Kartoffeln seitens der Stadt wurde heute in der Gewerbehalle begonnen. Der Preis stellt sich auf 3,60 Mark pro Zentner inklusive Sack.

ss Stuttgart, I. Nov. Bis zur Errichtung der Bersicherungsämter und Oberversicherungsämter sind vom Ministerium des Innern die Ober ä in t e r bezw. die Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung mit dem Spruchsachen und sonstigen anfallenden Entscheidungen aus der R e i ch s v e r s i ch e r u n g betraut worden.

ff Besigheim, 1. Nvv. Heute nacht stürzte Pri- patier Joh. Fritz beim Nachhausegchen von der Brücke in die Enz hinab. Durch seine Hilferufe konnte der Verunglückte noch rechtzeitig dem Was- s-er entrissen werden. Er ist aber den Verletzungen, die er beim Sturz in die Enz erlitten hat, er­legen.

- Heilbronn, l. Nov. Der Fall Bauer kommt nun doch noch zur Verhandlung und zwar vor der Strafkammer. Auf Beschwerde der Staatsanwalt­schaft hat das Oberlandesgericht eine anderweitige Entscheidung getroffen und es soll nun Bauer, der bekanntlich beschuldigt war, au der Beseitigung der Frau Schluchter beteiligt zu sein, wegen Vergehens

gegen Paragraph 139 des Srr.G.B. vor die Straf Kammer gestellt werden. Der Paragraph 139 des Strafgesetzbuches lautet:Wer von dem Vorhaben eines Hochverrats, Münzverbrecheus, Mordes. Rau des, Menschenraubes oder eines gefährlichen Ver brechens zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaubhafte Kenntnis er­hält und es unterläßt, hiervon der Behörde oder der durch- das Verbrechen bedrohten Person zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ist, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch desselben begangen wor­den ist, mit Gefängnisstrafe zu bestrafest." Das Ge­richt nimmt also an,, daß Bauer wenigstens Kennt­nis von dem Vorhaben der Schluchter gehabt habe.

js Mühlacker, I. Nov. Dem ledigen Hilfswärter Gottlob Schmoltinger von Lienzingen wurde auf dem Bahnhof Mühlacker in der Nähe der neuen Eisenbahn brücke der linke Miß abgefahren, außer­dem erhielt er eine Quetschung am Kopf. Der Ver­unglückte wollte in den nächsten Wochen Hochzeit machen.

!! Althaufen, OA. Backnang, l. Nov. Der frühere Landjäger Seeger wurde festgenommen unter dem Verdacht, den Tod seiner Frau, die letzten Frei­tag nachmittag gestorben war, verursacht zu haben-. Eine ärztliche Untersuchung ließ Anzeichen des Er stickurigstodes erkennen. Es steht fest, daß Seeger sehr oft seine Frau mißhandelt hat. Die gerichtliche Untersuchung muß erst noch Licht in die dunkle Angelegenheit bringen.

ff Langendurg, OA. Gerabronn, 1. Nov. Die Wahl eines Stadtschnltheißen findet am 26. Nvv. statt.

st Göppingen, l. Nov. Dem Baumhändler Frey in Hattenhofen war eine auf der Weide befindliche trächtige Kuh entlaufen. Der Eigentümer machte sich andern Tags aus die Suche und traf die Vermißte im nahen Wald in Gesellschaft zweier neugeborener gesunder Kälber wohlbehalten an.

st Mm, 1 .Nov. (Zuin Fall Thalmes-ingertz Der Zusammenbruch Sali Thalmessiugers beschäftigt jetzt auch den ...Beobachter" in Stuttgart. Er schreibt dazu:Soweit bis jetzt bekannt, erleidet bei dem Fall Thaliuestinger weder die Vereinsbank noch das Publikum irgendwelchen Schaden. Wenn Herr Thal- messinger nach langen Jahren fleißiger. Arbeit an statt ein Vermögen erworben zu haben, sein Ver mögen verliert, so ist das eine für ihn und seine Familie recht traurige Sache, die jedoch kaum ver­dienten Anlaß bieet, dem Mann mit kurz­sichtigem und 'chnellferägem Urteil zum Un­glück auch noch Schuld aufznladen,. wie es jene gern tun, deren unversuchte Tugend in engem Kreis selbstgefällig sich brüstet. Der Fall Thal- messinger, der in der Geschichte der Ulmer Ban­ken seit fast einem Menschenalter vereinzelt oasteht, wird manchen. Geschäftsmann in Ulm näherer und weiterer Umgebung auch an jene Zerren erinnern müssen, als die Firma Thalmessinger ein gar wich­tiger Faktor in Hansels- und Gewerbekreisen war. Getragen von allseitigem Vertrauen, hatte die Firma Thalmessinger, die aus kleinen und beschei­densten Anfängen hervorgegangen, unter den Se­niorinhabern. dem gewichtigen Leopold und dem klugen Nathan Thalmessinger, eine weitverzweigte Kundschaft erworben. Das zuerst von ihnen, im damals kleinen und beengten Ulm gepflegte Konto- torrentgeschäst, bei welchem einzelne Firmen, nur auf ihre ehrliche Haut hin, Blanko-Kredite in be­

deutender Höhe genossen, hat reichem Gewinn-ge­tragen. Neben Thalmessinger hatten die anderen Banken lange Zeit schweren Stand, erst nach Jahren ist es ihnen gelungen, die Ausdehnung der Firma Thalmessinger einzudämmen. Die mehr oder min­der cinglücklichen Gründungen der Ulmer Industrie- Periode wie Steinfabrik Ulm, und Maysers Hut Manufaktur A.--G., Engagements in Kaliaktien ohne sichere Basis und daraus folgende Prozesse,; ver­schlangen Geld, aber all diese Fährlichkeiten konn­ten überwunden werden^ so daß von großen Ver­lusten der Firma Thalmessinger nichts publik wurde. Immerhin war jenes Subtile und unberechenbare Etwas, das öffentliche Vertrauen, infolge der da und dort Verbreiteterlon dits" über die früher moralisch und materiell völlig integre Firma, etwas schwankender geworden und man hätte meinen sol­len, daß Sali Thalmessinger angesichts des glänzen­den Abgangs, den er seiner Firma durch liebe» nähme in die württembergische Bereinsbank ver- schaft hat, sich selbst hatte von Privatgeschäften zu­rückziehen müssen, schon in Rücksicht auf feine ver- cmtwortnngsvotle Stellung."

st Jsny, >. Nov. Der 19jährige Apotheker Her­mann Börner aus Nürnberg, einziger Sohn seiner dort wohnenden Eltern, dessen Tod wir bereits be­richtet haben, ist bei einer am Sonntag unternom­menen Tour ans den Hohen Kasten abgestürzt und tödlich verunglückt. Seine Leiche ist geborgen. Er war seit 1. Oktober bei Apotheker O. Berg hier in Stellung. Die Tour unternahm er, trotzdem von verschiedenen Seiten des Neuschnees wegen abge­raten wurde.

Aus dem Gcrichtsftml.

st Stuttgart, 1. Nov. Ein tödlicher Unglücks­fall .ereignete sich am Sonntag den 7. Mai.in Cannstatt auf dem Bauplatz. Giebelwände einer zer­legbaren Bauhütte, die in einen Zaun gelehnt wa­ren, wurden vom Wind umgeworfeu und fielen auf ein ckeinhalbjähriges Kind, das daneben aus einem Balken saß. Dem Kind wurde das Schädeldach zer­trümmert. Die Giebelwände waren nicht versprießt und zu steil ausgestellt. Gegen den Bauführer wurde Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben und die Strafkammer verurteilte ihn zu zwei Wochen Ge­fängnis.

Aus dem Beirkr.

ff München, 1. Nov. Aus Anlaß des neunzigsten Namenstages empfing Prinzregent Luitpold heute früh Gratulationsbesuche. In allen Kirchen wur­den feierliche Hochämter mit Tedeum abgehalten. Nachmittags machte der Prinzregent, dessen Be­finden ein gutes ist, die gewohnte Spazierfahrt nach Nymphenburg.

st Berlin, l. Nov. Der Reichsauzeiger meldet: Dem ersten Sekretär bei der Botschaft in Paris, Bot­schaftsrat von der Langken-Wakenitz, ist der Titel und Rang eines außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten des Ministers verliehen worden.

ss Garding, 1. Nov. In der letzten Nacht ist auf dem Sand vor Westerhewer der Hamburger Schlepp­dampferAdler" gestrandet. Nach der Aussage des Kapitäns ist der Dampfer vollständig wrack gewor­den, die Mannschaft hat sich in einem Boot nach dem Leuchtturin von Westerhewer gerettet.

Das Glück ist allen gleich und gut.

Ist auch beständig heut und morgen:

Den Reichen gibt'? Furcht, Mühe, Sorgen,

Den Armen Hoffnung, Sinn und Mm.

Weckherling.

Feindliche Höfe.

Bauern-N.nnan von Paul Hantel.

(Schlug.) verboten

Am andern Tage wandert« ein alter, weltmüder Grers oo« der Landgemeinde bmunter nach der Stadt. Die Wanderung ging mühselig oonstatten, und auf manchem Lbauffeenesne ruhte der altersschwache Fuß­gänger aus. Es war der Schäfer Christian, der tn den Morgen binausschrUt und mehr als die doppelte Zeit brauchte, ehe ec am Kiele seiner Wanderung anjangte.

In der Stadt, erst am Nachmittage dort angelangt, fragte er nach dem Gerichtsgebäude und trat auch Ickm-ßlich m dasselbe ein. .Was wollen Sie?' tragt« «n Gerichrsdiener. der ihn eintreten sah.

Rubi« blickte ihm der Greis ins Gesicht und sprach dann imt schwacher, aber sicherer Stimme, .Ich bin - der Brandstifter von der Landgemeinde.'

Der Gerichtsdiener lächelte, hielt den Alten ntt euren

Harmlosen Geisteskranken, d. h. für «inen kindisch ge­wordenen Greis, und wollte ihn sanft aus dem Gerichts- gebäude westen. Christian schüttelte aber sein greise- Haupt und blieb.

Ta trat ein Assessor hinzu und fragte, was der Ml« wolle.

»Er gibt an, der Brandstifter von der Landgemeinde »u sein', gab der Gerichtsdiener lächelnd zur Antwort.

Der Herr Assessor betrachtete den Greis, lächelte auch und schüttelte mit dem Kopfe, der alte Christian aber nickte und nickte nur immer zu.

.Höchst zweifelhafte Sache!' nes der Jurist. .Aber kommen Sie mit, daß wir Ihre Aussage zu Protokoll nehmen."

In der Amtsstube, die sie bald darauf betraten, saßen noch einige andere Gerichtsmenscheu. die ebenfalls mit­leidig lächelten, als der Assessor die Aussage Christians hier zur Meldung brachte.

.Das ist ein kindisch gewordener Alter, der sich eine Nxe Idee eingeredet hat", sagte einer von den anwesenden Herren zu dem andern. .Wir wollen darauf eingehen und ein Protokoll aufsetzen, dann wird er wieder ruhig gehen."

Man stimmte bei und nahm den Alten scheinbar rn ern strenges Verhör.

, .Ihr Name?" - .Christum Balder." - .Ihr Lrtand?" - .Schäfer."

.Geboren m .?' - .Weiß niemand." - .Und

wann geboren?'

.Es mag wohl w hundert Jahre her sein."

Mit großen Augen blickten alle den Greis an denn solches Alter stößt unwillkürlich Ehrfurcht ein.

.Und sie geben an. der Brandstifter von der Land­gemeinde zu sein?"

Christian nickte.

-Und Sie melden sich erst jetzt? Warum?"

^Werl kein Unschuldiger ins Zuchtbaus wandern soll." Die Genchtsherren fingen an stutzig zu werden. -'.Ml tue Antworten waren mM öle eines SÄwülü- rmngen.

.Und weshalb haben Sre den Brand angelegt?" ,-t-es Friedens willen den Haß z» verbrennen."

-3u ^brem Alter?" .Drum wurde ick so alt."

.Und bereuen Sie es nicht?" Christian schüttelte mit dem Kopie.

Die armen Schafe mn mir leid, die ich dabei habe opfern müssen."

Die Herren cm Zunmei sahen »ich gegenseitig groß an, denn die anfangs lächerliche Sache spitzte sich lehr ernsthaft zu.

.Ich halte ine Aussagen des Alten noch immer für mehr als fragwürdig", sagte nun ein Assessor: .aber wie der Prozeß wegen der Brandstiftung steht, ist es der Gerichtsordnung nach unbedingt notwendig, daß der Alte dort oem Untersuchungsrichter vorgeführt wird."

Der kommt aber erst morgen früh", entgegnete ein anderer,und wir können den Greis doch nicht in die Uiitersuchnngszelle einsperren lassen. Selbst wenn er wirklich ein Brandstifter wäre was ich noch immer be­zweifle -. so wäre das eine gerichtliche Brutalität."

Was fangen wir aber mit dem Alten dort an?" äußerte em anderer.Den bekommen wir nicht fort."

Ul mag deute nacht m der Krankeiiabteiluug zu- druigen' wurde ihn, entgegnet.Der Alte ist wegmüde und muß zur Ruhe ein ordentliches Bett haben.'

Der Assessor klingelte einem Gerichtsdiener, üem man die betreffende Weisung gab und der den alten Christian dinaurgeleuele

Als hinter diesem die Tür ms Schloß fiel, schüttelten die Gerrchtsherren die Köpfe und meinten:Ein seltsamer Fall.' Der gestrengste Staatsanwalt muß ja bei wuier Anklage dem weißhaarigen Greise gegenüber erröten. Ein Meirich m solchem biblischen Alter steht jo moralisch außerhalb >eüer irdischen Gerichtsbarkeit "-

Als ucan am ander» Morgen den alten Schäfer dem Untersuchungsrichter vorführen wollte, lag der Greis noch im Bette und schien zu schlafen. Als man aber näher bmzMral. erkannte man, daß er tot war.

Sann war er in der Nacht gestorben, oder vielmehr er war hinübergeschlummert tn das andere Leben, denn stiller Frieden lagerte auf dem weißumrahmten, hundert­jährig durchfurchten Angesicht.